Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung von Waffenmechaniker. Eingruppierung eines Waffenmechanikers der Bundeswehr. Begriffe der besonderen Umsicht und Zuverlässigkeit
Leitsatz (amtlich)
Besonders hochwertige Arbeiten erfordern neben vielseitigem hochwertigen fachlichen Können besondere Umsicht und Zuverlässigkeit über hochwertige Arbeiten im Sinne der niedrigeren Lohngruppe hinaus. Für den Waffenmechaniker bedeutet dies, daß er ein umfangreicheres und breiteres hochwertiges fachliches Können einsetzen muß als ein Durchschnittswaffenmechaniker.
Normenkette
MTB II § 22; SV 2a Lohngruppe II (Waffenmechaniker)
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Urteil vom 13.05.1987; Aktenzeichen 10 Sa 1927/86) |
ArbG Düsseldorf (Urteil vom 07.11.1986; Aktenzeichen 8 Ca 1308/86) |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 13. Mai 1987 – 10 Sa 1927/86 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der 30-jährige Kläger ist gelernter Feinmechaniker und steht seit 7. Februar 1982 in den Diensten der Beklagten. Er wird bei der Standortverwaltung D… als Waffenmechaniker beschäftigt. Im Arbeitsvertrag haben die Parteien die Anwendung des Manteltarifvertrags für Arbeiter des Bundes (MTB II) und der diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis vereinbart. Der Kläger erhält Vergütung nach Lohngruppe III MTB II.
Seit 1. Dezember 1983 ist der Kläger als “Waffenmechaniker HLF D und KfB” in der Technischen Materialprüfung “C” eingesetzt. Dabei hat er auf Anordnung des Prüfgruppenleiters u.a. folgende Waffen selbständig anhand der einschlägigen Bestimmungen zu überprüfen:
Handwaffen
Pistole PPK P 21
Pistole P 1
Pistole P 7
Maschinenpistole MP 2
Signalpistole SigP 2A 1/A 2
Gewehr G 3
Maschinengewehr MG 1
Maschinengewehr MG 3
Maschinengewehr MG, Kaliber 50 (US)
Mörser
120 mm Mörser Brand
Haubitze
Feld-Haubitze 105 mm
Raketenwerfer
Waffenanlage Raketenwerfer SF 110
Panzerabwehrhandwaffen
Abschuß-Gerät-Granate 44 mm
Panzerabwehrbüchse 84 mm
Feldkanone
FK 20 mm
Die Materialprüfung an Waffen umfaßt mehr als 3/4 der wöchentlichen Arbeitszeit des Klägers. Auf die Prüfung von Handwaffen (gemäß Ziff. 1 und 5) entfällt mehr als die Hälfte seiner Gesamtarbeitszeit. Die einzelnen Waffen und Teile prüft der Kläger auf Risse, Verschleiß, Änderungen, Verformungen (Rohraufhauchungen), Allgemeinzustand sowie auf einwandfreies Zusammenwirken. Die Kontrolle wird mit mechanischen Meßgeräten, wie Meßuhr, Meßlehre (z. B. Verschluß-Abstandslehre) und Prüfdornen, sowie optischem Gerät (z. B. Hohlkörpersehgerät) durchgeführt. Festgestellte Mängel hat der Kläger in die “Zustands-Karte Gerät (ZKG)” einzutragen und die Bewertung jeder Beanstandung nach den Bewertungsstufen (0 = einsatzfähig; 1 = bedingt einsatzfähig; 2 = nicht einsatzfähig) zu vermerken. In den Prüfungsanweisungen für die einzelnen Waffen ist für jede Beanstandung die jeweilige Bewertungsstufe angegeben; teilweise besteht ein Bewertungsspielraum. Außerdem vermerkt der Kläger in der ZKG Instandsetzungsanweisungen und die vorgegebene Richtzeit für die Waffenmechaniker in den Instandsetzungseinheiten.
Mit Schreiben vom 15. Juni 1984 hat der Kläger erstmals von der Beklagten Lohn nach Lohngruppe I, hilfsweise nach Lohngruppe II MTB II begehrt. Hierzu hat er vorgetragen, auch wenn er nicht als Arbeitsprüfer in Eingangs- oder Ausgangsinspektionen im Sinne der Lohngruppe I Fallgruppe 9 SV 2a MTB II eingesetzt sei, stehe ihm Lohn nach dieser Lohngruppe zu, da er besonders hochwertige Prüfungsarbeiten wahrnehme, die mindestens den Anforderungen an einen Arbeitsprüfer in Eingangsinspektionen entsprächen. Jedenfalls sei er in die Lohngruppe II Fallgruppe 1.1 SV 2a MTB II einzugruppieren. Denn wegen den Vielzahl der von ihm zu prüfenden Geräte benötige er zur ordnungsgemäßen Erledigung seiner Aufgaben vielseitiges hochwertiges fachliches Können sowie besondere Umsicht und Zuverlässigkeit bezüglich der vorgeschriebenen Instandsetzungsanweisungen, was dem Sinn und Zweck der Technischen Materialprüfung “C” entspreche.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß der Kläger seit dem 1. Januar 1984 in Lohngruppe I Fallgruppe 9 SV 2a MTB II,
hilfsweise,
in die Lohngruppe II Fallgruppe 1.1 SV 2a MTB II einzureihen ist.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, da der Kläger keine Eingangsprüfung im Sinne der Lohngruppe I Fallgruppe 9 SV 2a MTB II durchführe, könne er auch nicht in diese Lohngruppe eingruppiert werden. Ebensowenig könne er Vergütung nach Lohngruppe II verlangen, da er keine besonders hochwertigen Arbeiten ausführe. Als Waffenmechaniker müsse er weder vielseitiges hochwertiges fachliches Können einsetzen noch sei für seine Arbeit eine über das normale Maß hinausgehende Umsicht und Zuverlässigkeit erforderlich. Seine Tätigkeit beschränke sich vielmehr auf eine Sicht- und Funktionsprüfung nach vorgegebenem Schema. Mit der eigentlichen Waffeninstandsetzung habe der Kläger nichts zu tun und stelle auch nicht die Gebrauchsfähigkeit der instandgesetzten Waffen fest.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat der Kläger beantragt festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihn ab dem 1. Januar 1984 nach Lohngruppe I MTB II, hilfsweise nach Lohngruppe II MTB II zu vergüten. Das Landesarbeitsgericht hat nach dem Hilfsantrag des Klägers erkannt.
Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Kläger beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat dem Hilfsantrag des Klägers mit revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Begründung stattgegeben. Die Beklagte ist verpflichtet, den Kläger ab 1. Januar 1984 nach Lohngruppe II MTB II zu vergüten. Der Kläger ist Arbeiter der Lohngruppe III Fallgruppe 1.1 MTB II mit Ausbildung nach Lohngruppe IV Fallgruppe 1 des Allgemeinen Teils und verrichtet besonders hochwertige Arbeiten im Sinne der Lohngruppe II Fallgruppe 1 des Allgemeinen Teils. Damit erfüllt er die Voraussetzungen für eine Eingruppierung nach Lohngruppe II Fallgruppe 1.1 SV 2a MTB II.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Vorschriften des Manteltarifvertrags für Arbeiter des Bundes (MTB II) in ihrer jeweiligen Fassung kraft einzelvertraglicher Vereinbarung als Vertragsrecht Anwendung. Nach § 21 Abs. 1 Buchst. a) MTB II richtet sich der Lohn nach der in den Lohngruppen angegebenen Tätigkeit. Die Lohngruppen werden nach § 22 MTB II besonders vereinbart, so daß mit dem Landesarbeitsgericht der Tarifvertrag über das Lohngruppenverzeichnis zum Manteltarifvertrag für Arbeiter des Bundes (MTB II) vom 11. Juli 1966 in der im Klagezeitraum geltenden Fassung heranzuziehen ist. Nach § 2 Abs. 1 dieses Tarifvertrags richtet sich die Eingruppierung des Klägers nach der von ihm überwiegend auszuübenden Tätigkeit, soweit sich aus den Tätigkeitsmerkmalen nichts anderes ergibt. Dabei ist der Allgemeine Teil des Lohngruppenverzeichnisses nur auf Tätigkeiten von Arbeitern anzuwenden, für die kein Sonderverzeichnis besteht oder wenn dieses für die betreffende Tätigkeit in keiner Lohngruppe ein Tätigkeitsmerkmal enthält (§ 2 Abs. 2). Für Arbeiter im Bereich des Bundesministers der Verteidigung, die – wie der Kläger – unter die SR 2a MTB II fallen, gilt insoweit das Sonderverzeichnis (SV) 2a des Teils II des Tarifvertrags über das Lohngruppenverzeichnis zum Manteltarifvertrag für Arbeiter des Bundes (MTB II).
Nach der vom Kläger für sich in Anspruch genommenen Lohngruppe II Fallgruppe 1.1 SV 2a sind zu entlohnen,
Arbeiter der Lohngruppe III Fallgruppe 1.1 … mit Ausbildung nach Lohngruppe IV Fallgruppe 1 oder 2 des Allgemeinen Teils, die besonders hochwertige Arbeiten im Sinne der Lohngruppe II Fallgruppe 1 des Allgemeinen Teils verrichten.
Die in Bezug genommene Lohngruppe III Fallgruppe 1.1 SV 2a erfaßt Arbeiter der Lohngruppe IV Fallgruppe 1 oder 2 des Allgemeinen Teils insbesondere als
…
Waffenmechaniker
soweit nicht höher eingereiht.
Der Kläger ist Arbeiter der Lohngruppe III Fallgruppe 1 1 SV 2a. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist er zu mehr als 3/4 seiner wöchentlichen Arbeitszeit und damit überwiegend als Waffenmechaniker in der Technischen Materialprüfung “C” tätig. Die weiterhin in Bezug genommene Lohngruppe IV Fallgruppe 1 des Allgemeinen Teils erfordert eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungsdauer von mindestens 2 1/2 Jahren, worüber der Kläger als gelernter Feinmechaniker ebenfalls verfügt.
Darüber hinaus erfordert die Eingruppierung nach Lohngruppe II Fallgruppe 1.1 SV 2a, daß der Kläger zeitlich überwiegend besonders hochwertige Arbeiten im Sinne der Lohngruppe II Fallgruppe 1 des Allgemeinen Teils verrichtet. Dieses Merkmal hat das Landesarbeitsgericht für den Kläger rechtsfehlerfrei bejaht.
Was unter “besonders hochwertigen Arbeiten” im Sinne der Lohngruppe II Fallgruppe 1 des Allgemeinen Teils zu verstehen ist, haben die Tarifvertragsparteien in dieser Fallgruppe der Lohngruppe II näher erläutert. Danach sind besonders hochwertige Arbeiten solche Arbeiten, die neben vielseitigem hochwertigem fachlichem Können besondere Umsicht und Zuverlässigkeit erfordern.
Diese von den Tarifvertragsparteien vorgegebene Begriffsbestimmung enthält selbst eine Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe, die aus sich heraus nicht ohne weiteres ausgelegt werden können. Insofern ist auch auf den für die Tarifauslegung maßgebenden tariflichen Gesamtzusammenhang abzustellen (BAGE 46, 308, 313 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung). Wenn die Tarifvertragsparteien danach Arbeiter der Lohngruppe IV Fallgruppe 1 oder 2 des Allgemeinen Teils als Waffenmechaniker der Lohngruppe III SV 2a zugeordnet haben, sind die Erfordernisse dieser Lohngruppe auch hinsichtlich der allgemeinen Tätigkeitsmerkmale regelmäßig als erfüllt anzusehen, falls der Arbeiter eine dem Beispiel “Waffenmechaniker” entsprechende Tätigkeit auszuüben hat. Durch Tätigkeitsbeispiele legen die Tarifvertragsparteien nämlich grundsätzlich verbindlich fest, daß die in dem Beispiel genannte Tätigkeit dem allgemein gefaßten Tätigkeitsmerkmal der betreffenden Beschäftigungs- oder Vergütungsgruppe entspricht. Sie bringen mit Tätigkeitsbeispielen erkennbar ihre Auffassung zum Ausdruck, daß die dort angeführten Tätigkeiten vorangestellte allgemeine Tätigkeitsmerkmale erfüllen, was auch den bei der Tarifauslegung besonders wichtigen Grundsätzen der Rechtsklarheit und Praktikabilität entspricht (BAG Urteil vom 14. Mai 1985 – 4 AZR 134/85 –, AP Nr. 119 zu §§ 22, 23 BAT 1975 mit weiteren Nachweisen). Zwar sind der Lohngruppe III SV 2a keine allgemeinen Tätigkeitsmerkmale unmittelbar vorangestellt. Vielmehr beginnt die Lohngruppe III, wie auch die übrigen Lohngruppen des Teils II SV 2a, jeweils mit der Überschrift “Beispiele”. Insoweit können aber die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der Lohngruppe III des Teils I – Allgemeiner Teil – herangezogen werden, da das SV 2a nur spezielle Tätigkeitsbeispiele für den von ihm erfaßten Bereich normiert, aber kein neues Lohngefüge schafft.
Nach den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen des Teils I sind in Lohngruppe III TV Lohngruppenverzeichnis nach Fallgruppe 1 Arbeiter eingruppiert, die “hochwertige Arbeiten” verrichten. Als hochwertig sind nach der ausdrücklichen Bestimmung in Lohngruppe III Arbeiten anzusehen, “die an das Überlegungsvermögen und das fachliche Geschick des Arbeiters Anforderungen stellen, die über das Maß dessen hinausgehen, was von einem Arbeiter der Lohngruppe IV Fallgruppe 1 oder 2 üblicherweise verlangt werden kann”. Danach bestimmt sich der Begriff der hochwertigen Arbeiten nach den fachlichen Anforderungen für die Tätigkeit des Arbeiters. Wenn der Arbeiter diesen fachlichen Anforderungen genügt, verrichtet er “hochwertige Arbeiten”. Diese beruhen auf dem “Können” des Arbeiters, so daß “hochwertige Arbeiten” ein “hochwertiges fachliches Können” voraussetzen. Der Begriff “hochwertig” wird sowohl in der Lohngruppe III als auch in der Lohngruppe II TV Lohngruppenverzeichnis durch die fachlichen Anforderungen an die Tätigkeit des Arbeiters und damit sein Können bestimmt. Daher entspricht der Begriff “hochwertiges fachliches Können” den Anforderungen der Lohngruppe III TV Lohngruppenverzeichnis.
Wenn die Revision demgegenüber meint, die Lohngruppe III TV Lohngruppenverzeichnis erfordere breitere fachliche Kenntnisse oder Erfahrungen und demgemäß ein vielseitiges fachliches Können, findet sich hierfür im TV Lohngruppenverzeichnis kein Anhaltspunkt. Für die Lohngruppe III TV Lohngruppenverzeichnis ist die Qualität der Arbeit und sind damit die fachlichen Anforderungen an den Arbeiter entscheidend, nicht aber seine Vielseitigkeit. Dies zeigt gerade ein Vergleich mit dem von der Revision angezogenen Senatsurteil vom 7. April 1976 – 4 AZR 158/75 – (AP Nr. 1 zu § 21 MTR Lohngruppenverzeichnis). In dieser Entscheidung hatte der Senat über die Eingruppierung in eine Lohngruppe zu entscheiden, die ausdrücklich ein “vielseitiges fachliches Können” vorsah. Dieses Merkmal fehlt im vorliegenden Fall in der Lohngruppe III TV Lohngruppenverzeichnis. Die Vielseitigkeit ist vielmehr eine gesteigerte Anforderung, die Merkmal der Lohngruppe II TV Lohngruppenverzeichnis ist.
Zutreffend folgert das Landesarbeitsgericht, daß der Kläger das allgemeine Tätigkeitsmerkmal der Lohngruppe III der “hochwertigen Arbeiten” und damit die Anforderung eines hochwertigen fachlichen Könnens erfüllt, da das Tätigkeitsbeispiel des Waffenmechanikers im Sinne der Lohngruppe III SV 2a auf ihn zutrifft. Demgegenüber erfordert die Lohngruppe II SV 2a ein “vielseitiges” hochwertiges fachliches Können. Der Begriff der Vielseitigkeit des fachlichen Könnens oder der Fachkenntnisse ist dadurch gekennzeichnet, daß er eine Erweiterung der Fachkenntnisse dem Umfange, d. h. der Quantität nach gegenüber durchschnittlichen Fachkenntnissen erfordert (vgl. BAG Urteil vom 28. April 1982 – 4 AZR 707/79 –, AP Nr. 62 zu §§ 22, 23 BAT 1975 mit weiteren Nachweisen). Auf den Handwerksberuf bezogen bedeutet dies, daß vielseitiges fachliches Können über die Erfordernisse beim Durchschnittshandwerker hinausgehende breitere fachliche Kenntnisse und Erfahrungen in dem jeweils maßgeblichen handwerklichen Beruf notwendig macht (vgl. BAG Urteil vom 7. April 1976 – 4 AZR 158/75 –, AP Nr. 1 zu § 21 MTR Lohngruppenverzeichnis). Im vorliegenden Fall bezieht sich die Vielseitigkeit auf das hochwertige fachliche Können, das der Kläger als Waffenmechaniker einsetzen muß. Demzufolge bedeutet Vielseitigkeit insoweit, daß er ein umfangreicheres und breiteres hochwertiges fachliches Können einsetzen muß als ein Durchschnittswaffenmechaniker.
Von diesem Rechtsbegriff geht auch das Landesarbeitsgericht zutreffend aus. Es behält ihn auch bei seiner Subsumtion bei und führt insoweit aus, der Kläger müsse nicht nur jede Waffe umfassend kennen, sondern habe darüber hinaus eine Vielzahl unterschiedlicher Waffentypen zu kontrollieren und ihre spezifischen Eigenarten zu beherrschen. Dies hat das Landesarbeitsgericht im einzelnen umfang- und kenntnisreich mit den bei einer sehr gründlichen Augenscheinseinnahme am Arbeitsplatz des Klägers festgestellten Tatsachen begründet. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze hat das Landesarbeitsgericht insoweit nicht verletzt. Alle Umstände des Einzelfalls sind eingehend berücksichtigt. Eine weitergehende Überprüfung steht dem Revisionsgericht nicht zu (vgl. BAG Urteil vom 7. April 1976 – 4 AZR 158/75 –, AP Nr. 1 zu § 21 MTR Lohngruppenverzeichnis mit weiteren Nachweisen).
Demgegenüber kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, die Tätigkeit des Klägers beschränke sich auf eine reine Sicht- und Funktionsüberprüfung. Denn ein Prüfer, der Anweisungen zur Instandsetzung erteilt und dafür die Richtzeit vorgibt, muß auch die für die eigentliche Instandsetzung notwendigen Fachkenntnisse vorhalten.
Das Merkmal “der besonderen Umsicht” ist von den Tarifvertragsparteien nicht näher bestimmt. Daher ist insoweit vom allgemeinen Sprachgebrauch auszugehen “Umsichtig” handelt, wer bedacht, überlegt, alle Umstände bedenkend vorgeht (vgl. Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Bd. 6, 1984, S. 375). Besonders umsichtig handelt danach derjenige an den gesteigerte Anforderungen an seine Überlegungen gestellt werden. Von diesem Rechtsbegriff geht auch das Landesarbeitsgericht zutreffend aus und hält an ihm bei seiner Subsumtion fest. Es führt insoweit im einzelnen aus, weshalb an den Kläger besondere Anforderungen an seine Überlegungen bei der Prüfung von Waffen gestellt werden. Zusammenfassend führt das Landesarbeitsgericht aus, wann der Kläger die Waffe auf Mängel zu überprüfen und die Beanstandungen in der Zustands-Karte Gerät (ZKG) zu dokumentieren habe und obendrein unter Festlegung der Arbeitswert-Werte Instandsetzungsanweisungen erteilen und schließlich die Bewertungsstufe festlegen müsse, müsse er mit Rücksicht einmal auf die Schützensicherheit, die bei nicht sorgfältiger Mängelfeststellung gefährdet werde, andererseits aber auch im Hinblick auf die Einsatzfähigkeit einzelner Truppeneinheiten in außergewöhnlicher Weise sorgfältig und umsichtig sein. Daher konnte das Landesarbeitsgericht mit dieser Begründung rechtsfehlerfrei das Merkmal der besonderen Umsicht bejahen.
Wenn die Revision demgegenüber rügt, das Landesarbeitsgericht habe sich insoweit auf die Tätigkeitsdarstellung des Vorgesetzten des Klägers gestützt, die von der Beklagten substantiiert bestritten worden sei, so greift dieser Einwand nicht durch. Das Landesarbeitsgericht hat die Tätigkeitsdarstellung des Vorgesetzten des Klägers nur unterstützend für seine Feststellungen und Wertungen herangezogen. Insoweit beruht das Urteil nicht auf der von der Beklagten in diesem Rechtsstreit stets bestrittenen Bewertung durch den Vorgesetzten des Klägers.
Zum Merkmal der Zuverlässigkeit kann zwar vergleichsweise auch auf den Klammerzusatz zur VergGr. VIb Fallgruppe 4a des Teils I der Anlage 1a zum BAT zurückgegriffen werden, in dem es heißt: “Besondere Zuverlässigkeit liegt vor, wenn die fachliche Aufsicht auf ein Mindestmaß beschränkt werden kann”. Aber insoweit kann dieser Klammerzusatz nur einen Anhaltspunkt für den Begriff der Zuverlässigkeit bieten. Denn es ist zu berücksichtigen, daß im vorliegenden Fall nicht “besondere Zuverlässigkeit”, sondern nur “Zuverlässigkeit” gefordert ist. Der MTB II enthält keine nähere Begriffsbestimmung. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch bedeutet zuverlässig “so beschaffen, daß man sich auf ihn, darauf verlassen kann, vertrauenswürdig, verläßlich” (Brockhaus/ Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Bd. 6, 1984, S. 895). Auf eine Tätigkeit bezogen bedeutet dies, daß der Arbeiter keiner besonderen Kontrolle bedarf, weil man sich auf ihn verlassen kann. Wenn das Landesarbeitsgericht im Hinblick auf den Klammerzusatz zur VergGr. VIb Fallgruppe 4a BAT davon ausgeht, daß die fachliche Aufsicht über den Arbeiter auf ein Mindestmaß beschränkt werden könne, stellt es eher zu strenge Anforderungen an den Begriff der Zuverlässigkeit. Dies wirkt sich vorliegend nicht zu Lasten der Beklagten aus. Im Rahmen seiner Subsumtion behält das Landesarbeitsgericht den von ihm aufgestellten zu strenge Anforderungen stellenden Begriff der Zuverlässigkeit bei und führt aus, daß wegen der besonderen Fachkunde und Umsicht des Prüfers – des Klägers – die fachliche Aufsicht auf ein Mindestmaß beschränkt sei. Mit dieser Begründung konnte das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei das Merkmal der Zuverlässigkeit bejahen. Dies wird von der Revision auch nicht beanstandet.
Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.
Unterschriften
Dr. Neumann, Dr. Freitag, Dr. Etzel, Prieschl, Prof. Dr. Knapp
Fundstellen
Haufe-Index 872431 |
RdA 1988, 191 |