Entscheidungsstichwort (Thema)
Bereitschaftsdienst in Saudi-Arabien
Orientierungssatz
Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft; Vergütung für Bereitschaftsdienst; übliche Vergütung für Ärzte bei Gesellschaft für technische Zusammenarbeit bei Einsatz in Saudi-Arabien.
Normenkette
AZO § 7; BGB § 612
Verfahrensgang
Hessisches LAG (Entscheidung vom 28.01.1987; Aktenzeichen 10 Sa 1435/85) |
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 07.08.1985; Aktenzeichen 7 Ca 775/84) |
Tatbestand
Aufgrund des mit der Beklagten abgeschlossenen befristeten Auslandsarbeitsvertrages vom 7. September 1983 war der Kläger mit Wirkung ab 1. Oktober 1983 für die Dauer von zwei Jahren als Oberarzt (Deputy Chief of Surgery) im King-Khaled-Hospital in Tabuk/Saudi-Arabien tätig, einem nach deutschem Muster errichteten Modellkrankenhaus, das die Beklagte in Zusammenarbeit mit dem Königreich Saudi-Arabien bei der Errichtung, Organisation und beim Betrieb zu betreuen hat.
Nach § 3 des Arbeitsvertrages errechnet sich die Vergütung des Klägers aus VergGr. VIII/Führungszuschlag, Stufe 2 der Regelung über die außertariflichen Auslandsmitarbeiter nebst einer freiwilligen Zulage in Höhe von 500,-- DM, die durch den Änderungsvertrag Nr. 1 mit Wirkung vom 1. April 1984 auf 800,-- DM erhöht wurde. Der monatliche Verdienst des Klägers belief sich ohne die steuerfreien Auslandszulagen bis zum 31. März 1984 auf 5.542,00 DM und betrug ab 1. April 1984 5.842,00 DM brutto. Die für die Auslandsmitarbeiter der Beklagten geltenden Regelungen in ihrer jeweiligen Fassung, insbesondere den Manteltarifvertrag (MTV-GTZ-A), haben die Parteien in § 5 des Arbeitsvertrages ergänzend vereinbart. Eine gesonderte Regelung über die Ableistung von Bereitschaftsdiensten und deren Abgeltung enthält der Arbeitsvertrag nicht.
In dem Fernschreiben der Beklagten vom 29. Mai 1984 heißt es dazu:
"Betr.: Abgeltung von Ruf- und Bereitschaftsdienst
Hiermit möchten wir Ihnen eine für alle Krankenhäuser
gleichlautende Regelung in dieser Angelegenheit unterbreiten
und Sie bitten, bis Freitagvormittag,
01.06.1984, eine entsprechende Stellungnahme an das
GTZ-Büro in Riad zu geben....
1. Ziel der Regelung
--------------------
Wo immer möglich, sind diese Dienste durch Freizeit
auszugleichen, nur wenn dies nicht möglich ist,
erfolgt finanzielle Abgeltung.
......
10 % der in Rufbereitschaft verbrachten Zeit werden
durch Freizeit ausgeglichen. Es kann eine Kumulierung
solcher Zeiten bis zu einem ganzen Tag erfolgen. Wird
der Mitarbeiter während der Rufbereitschaft in Anspruch
genommen, ist diese Zeit exakt zu erfassen, der
entsprechende Beleg ist vom Director of GMT abzuzeichnen.
Diese Zeit wird zu 100 % durch Freizeitausgleich
kompensiert.
3. Regelung des Bereitschaftsdienstes
-------------------------------------
Definition: Dienste außerhalb der Regelarbeitszeit,
für die permanente Anwesenheit am Arbeitsplatz angeordnet
ist.
Abgeltung: In den Dienstplänen ist zu versuchen, soweit
möglich, einen Freizeitausgleich zu 50 % einzuplanen.
Wenn dies nicht möglich ist, sollte schon im Dienstplan,
der mit dem saudischen Direktor abzustimmen ist,
die finanzielle Abgeltung vorgesehen und genehmigt
werden.
In diesem Fall wird die Bereitschaftsdienststunde
(zu 50 %) vergütet nach der Formel
Gehalt (Grundvergütung + Führungszuschlag + evtl.
freiwillige Zulage)
------
195 (monatl. Regelarbeitszeit in Stunden)
Die Projektverwaltung erstellt Belege, aus denen die
abzugeltende Stundenzahl hervorgeht, der Director of
GMT zeichnet diese ab. Die Ausrechnung und Auszahlung
erfolgt durch die Zentrale quartalsweise.
....."
Im Antwortschreiben vom 2. Juni 1984, das auch der Kläger unterzeichnet hat, wird darauf hingewiesen, daß die im King-Khaled-Hospital geleisteten Dienste als Bereitschaftsdienste zu bewerten und zu vergüten seien, da die diensthabenden deutschen Ärzte sich im Bereich des Arbeitsplatzes, d.h. auf dem Krankenhausgelände, an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufhalten müßten, um erforderlichenfalls unverzüglich innerhalb von Minuten ihre volle Arbeitstätigkeit aufnehmen zu können. Es sei den Ärzten untersagt, während ihres Dienstes das Krankenhausgelände zu verlassen; sie müßten sich ständig am Telefon in ihrer Wohnung aufhalten.
Daraufhin teilte die Beklagte unter dem 9. Juli 1984 mit:
"Es hat sich erwiesen, daß einheitlich über die 3
Standorte eine verbindliche Regelung gefunden werden
mußte, wie Ruf- bzw. Bereitschaftsdienst abzugelten
ist. Die jetzt gefundene und abgestimmte Regelung
wurde ihnen vorab anläßlich der Dienstreise von
Herrn Dr. K bereits erläutert. Wir bitten Sie,
diese Regelung im Team bekanntzugeben und entsprechend
zu verfahren.
1. Definitionen
---------------
Während des Rufbereitschaftsdienstes hält sich der
Mitarbeiter verfügbar, er ist zwar leicht zu erreichen,
aber nicht unbedingt am Arbeitsplatz.
Demgegenüber gilt als Bereitschaftsdienst die Dienstzeit
außerhalb der Regelarbeitszeit für die permanente
Anwesenheit am Arbeitsplatz angeordnet ist.
Der Projektleiter legt im Vorhinein fest, welche
Art von Diensten zu leisten ist.
2. Die geleisteten Dienste sind nach Möglichkeit innerhalb
eines Monats durch Gewährung von Freizeit auszugleichen.
Dabei gelten folgende Berechnungsformeln:
10 % der in Rufbereitschaft verbrachten Zeit werden
durch Freizeit ausgeglichen. Wird der Mitarbeiter
während der Rufbereitschaft in Anspruch genommen,
ist diese Zeit exakt zu erfassen; der entsprechende
Beleg ist vom Director of GMT abzuzeichnen. Diese Zeit
wird zu 100 % durch Freizeitausgleich kompensiert.
50 % der in Bereitschaftsdienst verbrachten Zeit
wird durch Freizeit ausgeglichen unabhängig davon,
wieviel Arbeitsanfall in dieser Zeit auftritt.
Es kann eine Kumulierung der Freizeit erfolgen.
Die Abwicklung sollte lokal, das heißt nicht im
Zusammenhang mit Heimaturlaub erfolgen."
Mit der am 11. Dezember 1984 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage, der Beklagten am 20. Dezember 1984 zugestellt, begehrt der Kläger Vergütung für die in der Zeit von Oktober 1983 bis September 1984 geleisteten Bereitschaftsdienste, die der Kläger mit 50 % pro Stunde bei einem Monatsverdienst von 11.775,00 DM mit 36.318,57 DM beziffert (11.775 : 195 x 601,5).
Dazu hat der Kläger vorgetragen, bereits bei der Einstellung sei ihm zugesagt worden, seine wöchentliche Arbeitszeit betrage höchstens 40 Stunden und es fielen keinerlei Bereitschaftsdienste an. Im Gegensatz dazu habe er von Anfang an bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 45 Stunden Bereitschaftsdienste ableisten müssen, bei denen er, ungeachtet der unterschiedlichen Bezeichnungen in den Dienstplänen, sich nahezu ständig im Krankenhaus habe aufhalten müssen, wo er auch ein eigenes Zimmer gehabt habe. Ein Freizeitausgleich sei wegen der personellen Unterbesetzung nicht möglich gewesen. Erst ab Frühjahr 1985 sei für die Chirurgie eine besondere Form der Rufbereitschaft eingeführt worden. Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte müsse die von ihm geleisteten Bereitschaftsdienste nach den für die Angestellten im öffentlichen Dienst in der Bundesrepublik nach dem BAT geltenden Grundsätzen gesondert vergüten und könne sich dabei nicht auf die in § 43 MTV vorgesehene Sonderleistungspauschale berufen, die vor dem Hintergrund der Bestimmungen der AZO lediglich 60 zusätzliche Arbeitsstunden pro Jahr abgelte. Mit dem Fernschreiben vom 29. Mai 1984 habe die Beklagte die finanzielle Abgeltung aller nicht durch Freizeit auszugleichenden Bereitschaftsdienste akzeptiert und müsse sich an der dort vorgeschlagenen Regelung auch für die Vergangenheit nach den Grundsätzen billigen Ermessens festhalten lassen. Auf die mangelnde Schriftform könne sich die Beklagte nicht berufen. Ohne gesonderte Vergütung für die geleisteten Bereitschaftsdienste müsse letztlich auch von einer sittenwidrigen Ausnutzung der Arbeitskraft des Klägers ausgegangen werden. Die von der Beklagten ab Juli 1984 ausgegebenen Formblätter zur Gewährung von Freizeitausgleich habe der Kläger nicht ausgefüllt, da sie allein der Erfassung von Rufbereitschaft gedient hätten.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger
36.318,57 DM nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung
zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und dazu vorgetragen, dem Kläger stehe der geltend gemachte Vergütungsanspruch nicht zu. Auf die Bestimmungen der Arbeitszeitordnung könne sich der Kläger schon aufgrund des geltenden Territorialitätsprinzips nicht berufen. Ebensowenig sei der BAT anwendbar. Vielmehr gelte der MTV-GTZ, wonach Überstunden nicht gesondert zu vergüten und mit der Sonderleistungspauschale abgegolten seien. Für zusätzliche Arbeitsleistungen sehe § 18 MTV eine freizeitorientierte Regelung vor. Weitere Zahlungsansprüche seien nach § 45 MTV ausgeschlossen. Eine Zusatzvereinbarung, die im übrigen der Schriftform bedurft hätte, sei nicht getroffen worden. Der diesbezügliche Schriftwechsel habe nur der Vorabstimmung mit den Direktoren der Krankenhäuser für eine mit den saudischen Partnern zu treffende Vergütungsvereinbarung gedient, die bedauerlicherweise nicht zustandegekommen sei. Daraufhin habe man die in dem Fernschreiben vom 29. Mai 1984 niedergelegte generelle Regelung in Form von Freizeitausgleich getroffen, die seitdem praktiziert werde. Im Gegensatz zu den anderen Mitarbeitern und Kollegen habe der Kläger mit seiner Weigerung, die ausgegebenen Formblätter auszufüllen, den vorgesehenen Freizeitausgleich jedoch bewußt vereitelt. Daher sei es unbillig, wenn der Kläger nunmehr statt der nicht in Anspruch genommenen Abgeltung durch Freizeit einen finanziellen Ausgleich fordere. Ausweislich der vom Kläger vorgelegten Dienstpläne sei er überwiegend auch nur zur Rufbereitschaft eingeteilt gewesen, bei der er sich in seinem privaten Appartement habe aufhalten und anderweitig beschäftigen können. Schließlich habe die Beklagte vom Kläger aufgrund seiner leitenden Funktion einen die übliche Arbeitszeit übersteigenden Einsatz auch ohne zusätzliche Vergütung erwarten dürfen. Ein krasses Mißverhältnis sei in Anbetracht der Höhe der Vergütung nicht erkennbar.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Beklagte zur Zahlung von 8.065,64 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung aus dem sich ergebenden Nettobetrag verurteilt und die Klage im übrigen abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision begehrt der Kläger den Differenzbetrag zur ursprünglichen Klageforderung. Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Der Revision war teilweise stattzugeben. Im übrigen mußte sie zurückgewiesen werden. Nachdem die Beklagte gegen das Berufungsurteil keine Revision eingelegt hat, soweit es der Klage stattgegeben hat, geht es in der Revisionsinstanz nur noch darum, ob dem Kläger für die Zeit von Oktober 1983 bis September 1984 über den zuerkannten Betrag von 8.065,64 DM hinaus weitere 28.252,93 DM brutto zustehen. Das ist zum überwiegenden Teile nicht der Fall.
Ein Anspruch des Klägers auf zusätzliche Vergütung der von ihm geleisteten Bereitschaftsdienste kann sich, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend feststellt, nur als vertraglicher Anspruch ergeben. Der MTV für die Auslandsmitarbeiter der Beklagten enthält weder Vorschriften über eine Verpflichtung zur Ableistung von Bereitschaftsdiensten noch eine dahingehende Vergütungsregelung. Tariflich sind vielmehr nur Arbeitszeit und Überstunden geregelt. Nach § 17 Abs. 1 MTV ist die regelmäßige Arbeitszeit unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse vom Projektleiter zu regeln und darf im Kalenderjahr 2080 Stunden nicht übersteigen, es sei denn, daß die Gegebenheiten des Projekts oder Regelung im Einsatzland eine höhere Stundenzahl erfordern. Arbeitszeiten, die über die maßgebliche Stundenzahl hinausgehen, sind nach § 18 Abs. 1 Satz 1 MTV Überstunden und werden nicht gesondert vergütet, sondern sind durch die Sonderleistungspauschale des § 43 MTV mit abgegolten. Diese Sonderleistungspauschale beträgt 960,-- DM. Das ist jedoch nur eine Regelung für Arbeitsleistung, also für Arbeitszeiten und gegebenenfalls Arbeitsbereitschaft, nicht jedoch für Bereitschaftsdienste, d.h. für echte Bereitschaft und Rufbereitschaft. Insoweit ist auch kein Rückschluß daraus möglich, daß schon Überstunden grundsätzlich zusätzlich nicht vergütet werden sollen und deshalb erst recht Bereitschaftsdienste nicht gesondert zu vergüten seien, da Bereitschaftsdienste im Verhältnis zur Arbeit keine geringere Leistung, sondern ein aliud darstellen. Das gilt jedenfalls nach dem MTV, in dem echte Bereitschaft und Rufbereitschaft überhaupt nicht angesprochen sind.
Auch der Arbeitsvertrag mit dem Kläger vom 7. September 1983 und der Änderungsvertrag vom 17. Mai 1984 enthalten keine ausdrückliche Bestimmung über die Ableistung von Bereitschaftsdiensten und deren Vergütung. Trotzdem hat der Kläger von Anfang an Bereitschaftsdienste geleistet und ist im Klagezeitraum zu den in den Dienstplänen aufgeführten Bereitschaftsstunden tatsächlich herangezogen worden. Dabei ist es unbeachtlich, ob der Kläger hierzu verpflichtet war oder nicht, da zusätzliche Leistungen hinsichtlich der Vergütung grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Gültigkeit der Vereinbarung zu vergüten sind (BAGE 5, 86, 93 = AP Nr. 1 zu § 2 TOA; BAGE 8, 25 = AP Nr. 5 zu § 7 AZO; BAGE 22, 144, 148 = AP Nr. 12 zu § 15 AZO). Auch wenn die Ableistung von Bereitschaftsdiensten gegen geltende Bestimmungen verstoßen sollte, bleibt das für den Vergütungsanspruch unbeachtlich, zumal selbst verbotene Mehrarbeit wie zulässige Mehrarbeit zu bezahlen ist.
Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat aber danach der Kläger einen vertraglichen Anspruch auf gesonderte Vergütung für die von ihm geleisteten Bereitschaftsdienste. Zwar kann sich der Kläger insoweit nicht auf das Telex vom 29. Mai 1984 berufen, das eine finanzielle Abgeltung für den Fall vorsehen wollte, daß Freizeitausgleich nicht möglich war. Darin ist nämlich noch kein Angebot an den Kläger zu sehen, worauf bereits das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat. Hiermit sollte vielmehr nur eine interne Abstimmung vorgenommen werden. Das ergibt sich auch aus dem Antwortschreiben vom 2. Juni 1984, das der Kläger in seiner Funktion als Deputy Chief mitunterzeichnet hat. Zutreffend geht jedoch das Landesarbeitsgericht davon aus, daß sich aus dem Schreiben vom 9. Juli 1984 eine Regelung über den Ausgleich geleisteter Bereitschaftsdienste ergibt. In diesem Schreiben heißt es ausdrücklich, daß darum gebeten wird, diese Regelung im Team bekanntzugeben und entsprechend zu verfahren. Das Landesarbeitsgericht nimmt an, daß dadurch aufgrund einseitiger freiwilliger Erklärung an die Belegschaft eine Art Gesamtzusage zustandegekommen sei, die zu einer betrieblichen Übung führe. Damit ist eine die Mitarbeiter begünstigende Regelung zustande gekommen, die Bestandteil der Einzelarbeitsverträge geworden ist. Gegen diese Beurteilung sind rechtliche Bedenken nicht zu erheben. Ein pauschalierter Freizeitausgleich für geleistete Bereitschaftsdienste ist möglich (BAGE 25, 426 = AP Nr. 2 zu § 19 MTB II; BAGE 8, 25 = AP Nr. 5 zu § 7 AZO) und ist insbesondere für Bereitschaftsdienste durch Ärzte und medizinisches Personal auch sonst tariflich ausdrücklich vorgesehen. Allerdings enthält die vorliegende Regelung nicht die Möglichkeit einer finanziellen Abgeltung für geleistete Bereitschaftsdienste, sondern nur den Freizeitausgleich.
Gleichwohl kann mit dem Landesarbeitsgericht davon ausgegangen werden, daß trotzdem eine Vergütung geleisteter Bereitschaftsdienste vorzunehmen ist. Allerdings folgt dies nur aus § 612 BGB, wonach eine Vergütung als stillschweigend vereinbart anzunehmen ist, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Das gilt entsprechend, wenn ein Arbeitnehmer über den Rahmen der vertraglichen Regelung des Arbeitsvertrages hinaus zusätzliche Dienste leistet, für die eine Vergütungsregelung fehlt oder wenn eine Arbeitsvergütung nicht den vollen Gegenwert für die erbrachte Dienstleistung darstellt. Dabei ist ein objektiver Maßstab unter Berücksichtigung der Verkehrssitte und der Stellung der Beteiligten anzulegen, ohne daß es auf die individuelle Meinung der Parteien ankommt (vgl. BAGE 38, 194, 197, 198 = AP Nr. 33 zu § 612 BGB; BAGE 19, 126, 128 = AP Nr. 1 zu § 611 BGB Leitende Angestellte). Ein solcher Fall ist hier gegeben.
Die Leistung der Bereitschaftsdienste war den Umständen nach nur gegen gesonderte Vergütung zu erwarten, da sie durch das vertragliche vereinbarte Gehalt nicht mit abgegolten war. Der Kläger war nicht Chefarzt, sondern nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts Oberarzt. Die Beklagte hat auch im Verlaufe der Vorverhandlungen, worauf das Landesarbeitsgericht zutreffend hinweist, selbst zu erkennen gegeben, daß sie eine gesonderte Vergütung für angemessen und sachgerecht hält, soweit Freizeitausgleich nicht möglich ist. Zu einem späteren Zeitpunkt ist auch für das deutsche Personal in den Krankenhäusern in Saudi-Arabien eine Arbeitszeitregelung getroffen worden, in der ersatzweise ein finanzieller Ausgleich für Bereitschaftsdienste und Rufbereitschaftszeiten vorgesehen ist. Auch der erhebliche Umfang der vom Kläger geleisteten Bereitschaftsdienste spricht für eine gesonderte Vergütungspflicht.
Da die Höhe der Vergütung nicht bestimmt ist, kommt es nach § 612 Abs.2 BGB in Ermangelung einer Taxe auf die übliche Vergütung an, die als vereinbart anzusehen ist. Unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse im Einsatzland und des vorliegenden Projektes kann insoweit auf die Bestimmungen des BAT zur Vergütung der ärztlichen Bereitschaftsdienste nicht zurückgegriffen werden, zumal es im vorliegenden Fall an jeglichen Feststellungen über den Umfang der in den Bereitschaftszeiten tatsächlich erbrachten Arbeitsleistungen fehlt. Anhaltspunkt für die übliche Vergütung ist daher lediglich die von der Beklagten ursprünglich selbst angestrebte, dann allerdings in der Anordnung vom 9. Juli 1984 wieder weggelassene Regelung über die ersatzweise finanzielle Abgeltung geleisteter Bereitschaftsdienste, wie sie nach der vom Kläger vorgelegten Arbeitszeitregelung mit Wirkung vom 1. Februar 1985 tatsächlich eingeführt wurde. Das Landesarbeitsgericht hat dazu auch festgestellt, daß die Differenzierung zwischen Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst sowie deren Bewertung mit 10 bzw. 50 v.H. als Arbeitszeit insgesamt eine angemessene und den beiderseitigen Interessenlagen Rechnung tragende Regelung nach § 315 BGB darstelle. Das entspricht auch der allgemeinen rechtlichen Bedeutung der Begriffe Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft. Bereitschaftsdienst liegt vor, wenn der Arbeitnehmer sich für Zwecke des Betriebes an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufzuhalten hat, um erforderlichenfalls seine volle Arbeitstätigkeit aufnehmen zu können (BAGE 8, 25 = AP Nr. 5 zu § 7 AZO). Bereitschaftsdienst ist danach keine volle Arbeitsleistung, sondern eine Aufenthaltsbeschränkung, die mit der Verpflichtung verbunden ist, bei Bedarf unverzüglich tätig zu werden (vgl. BAG Urteil vom 9. August 1978 - 4 AZR 77/77 - AP Nr. 5 zu § 17 BAT; BAG Urteil vom 27. Februar 1985 - 7 AZR 552/82 - AP Nr. 12 zu § 17 BAT, jeweils m.w.N.). Unter diesen Umständen kann die von der Beklagten vorgegebene Bewertung der Bereitschaftsdienste als Maßstab für die finanzielle Abgeltung aller nicht durch Freizeit ausgleichbaren Bereitschaftsdienste zugrunde gelegt werden.
Zutreffend geht aber das Landesarbeitsgericht davon aus, daß ein Anspruch des Klägers für die Monate Oktober und November 1983 wegen Versäumung der tariflichen Ausschlußfrist nicht mehr besteht. Nach § 46 MTV sind Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag innerhalb einer Ausschlußfrist von 12 Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen. Dazu gehört auch der Anspruch auf Vergütung für Bereitschaftsdienste. Entgegen der Auffassung der Revision handelt es sich auch insoweit um Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis. Zutreffend ist dazu auch vom Landesarbeitsgericht die Fälligkeit dieser Ansprüche nach § 21 MTV beurteilt worden. Auch ein Anspruch nach § 612 BGB ist nach § 614 BGB mit Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte für die Vergütung fällig. Der Kläger konnte auch rechtzeitig noch innerhalb der Ausschlußfrist seinen Anspruch beziffern und geltend machen. Das war jedenfalls nach Ablauf der monatlichen Zeitabschnitte der Fall. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben ist entgegen der Auffassung der Revision insoweit nicht ersichtlich. Der Kläger ist nicht von der Beklagten dazu veranlaßt worden, seine Klageforderung nicht rechtzeitig geltend zu machen. Auch wenn bis Mai 1984 in mehreren Gesprächen eine Regelung in Aussicht gestellt wurde, ist doch zu berücksichtigen, daß jedenfalls nach dem Schreiben vom 9. Juli 1984 Klarheit bestand und von diesem Zeitpunkt an noch ausreichend Zeit innerhalb der Ausschlußfrist zur Geltendmachung gewesen ist.
Auch für die Monate Juli bis September 1984 hat das Landesarbeitsgericht die Klage zutreffend abgewiesen, weil die Geltendmachung insoweit rechtsfehlerfrei vom Berufungsgericht als rechtsmißbräuchlich betrachtet worden ist. Das Landesarbeitsgericht begründet dies damit, daß aufgrund der Anordnung der Beklagten über den Freizeitausgleich ohne eine Möglichkeit zur finanziellen Abgeltung auch für den Kläger ein verbindlicher neuer Rechtszustand eingetreten sei und von dieser Zeit an Formblätter zur Anmeldung des Freizeitausgleiches ausgegeben worden sind, von denen allein der Kläger keinen Gebrauch machte, da er die neue Regelung nicht akzeptiert und von Anfang an die Absicht verfolgt habe, die Beklagte nur auf finanzielle Abgeltung sämtlicher Zusatzdienste in Anspruch zu nehmen. Der Einwand des Klägers, die Formblätter auszufüllen, sei lediglich eine Obliegenheit, nicht aber Rechtsmißbrauch, zumal in den Formblättern nur eine Rubrik für Rufbereitschaft vorgesehen gewesen sei, während der Kläger nur Bereitschaftsdienste geleistet habe, wird vom Landesarbeitsgericht als nur vorgeschoben angesehen, da der Kläger vor Ableistung weiterer Zusatzdienste durch einfache Rückfrage mühelos hätte Aufklärung schaffen können, was er jedoch geflissentlich unterlassen habe. Unter diesen Umständen konnte das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei davon ausgehen, daß der Kläger nunmehr nicht anstelle eines gegebenenfalls möglichen Freizeitausgleiches Abgeltung in Geld verlangen könne. Der Kläger hat auch nach seinem eigenen Vorbringen nicht einmal versucht, Freizeitausgleich zu erlangen, sondern nur pauschal behauptet, Freizeitausgleich sei wegen personeller Unterbesetzung nicht in Frage gekommen. Nachdem aber die Beklagte vorgetragen hat, andere Ärzte hätten von der Möglichkeit des Freizeitausgleiches Gebrauch gemacht und allein der Kläger habe sich geweigert, die Formblätter auszufüllen, hätte es für einen schlüssigen Vortrag der Angabe von Einzeltatsachen dafür bedurft, warum gerade beim Kläger für die von Juli bis September 1984 geleisteten Bereitschaftsdienste ein Freizeitausgleich nicht möglich gewesen sein soll. Wenn der Kläger sich demgegenüber darauf beruft, die Beklagte habe aus den Dienstplänen die Bereitschaftsdienstzeiten ersehen können und zu keiner Zeit Freizeitausgleich angeboten, den Kläger vielmehr zu weiteren Bereitschaftsdiensten eingeteilt, kann das zu keiner anderen Beurteilung führen, da die Beklagte nicht zur Vorleistung verpflichtet ist, indem sie dem Kläger von sich aus zusätzliche Freizeit einräumte. Auch die Einteilung zu weiteren Bereitschaftsdiensten schließt nicht aus, daß ein Ausgleich in Freizeit während normaler Arbeitszeit möglich gewesen wäre.
Für die damit noch verbleibenden Monate Dezember 1983 bis Juni 1984 ist das Landesarbeitsgericht von 679 abgeleisteten Zusatzstunden ausgegangen. Hierzu schätzt das Landesarbeitsgericht, daß der Kläger in dieser Zeit zu 75 % Bereitschaftsdienst und zu 25 % Rufbereitschaft durchgeführt habe. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Revision zu Recht mit der Begründung, er habe zu 100 % Bereitschaftsdienste abgeleistet. Das Landesarbeitsgericht stellt nämlich selbst unter Hinweis auf das Schreiben des ärztlichen Direktors vom 18. Januar 1984 und das auch vom Kläger mitunterzeichnete Schreiben vom 2. Juni 1984 sowie den Vermerk des Verwaltungsleiters vom 15. Mai 1984 fest, daß die diensthabenden Ärzte auch während des sogenannten "On call-Dienstes" aufgrund der besonderen Verhältnisse im Krankenhaus effektiv gebunden gewesen seien, weil sie notwendigerweise im Krankenhausgelände hätten bleiben müssen, Kommunikationssysteme nicht bestanden hätten und sie nur im Krankenhausgelände erreichbar gewesen seien. Damit steht aber fest, daß ohne Rücksicht auf die unterschiedliche Bezeichnung "On call" sowie "Stand by" generell eine Aufenthaltsbeschränkung auf das Krankenhausgelände bestand, so daß insgesamt sich Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft inhaltlich gleichstanden. Dagegen könnte man zwar einwenden, daß für den Kläger die Möglichkeit bestand, sich auch in der eigenen Wohnung auf dem Krankenhausgelände aufhalten zu können. Darauf kann es aber nicht entscheidend ankommen, da die Aufenthaltsbeschränkung grundsätzlich in gleicher Weise bestand. Die Anordnung, sich an einem bestimmten Ort, hier auf dem Krankenhausgelände, aufhalten zu müssen, steht einer Rufbereitschaft entgegen, die durch die freie Wahl des Aufenthaltsortes gekennzeichnet ist (vgl. BAG Urteil vom 28. April 1971 - 4 AZR 538/68 - AP Nr. 2 zu § 611 BGB Arbeitsbereitschaft; BAG Urteil vom 3. Dezember 1986 - 4 AZR 7/86 - AP Nr. 1 zu § 30 MTB II, mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Damit muß die Aufenthaltsbeschränkung auch aus Rechtsgründen zu einem Bereitschaftsdienst führen und kann nicht als Rufbereitschaft angesehen werden, so daß der vom Landesarbeitsgericht vorgenommene pauschale Abzug in Höhe von 25 % für Rufbereitschaft nicht gerechtfertigt ist. Mit Recht wird insoweit auch beanstandet, daß die Voraussetzungen des § 287 ZPO für diese Aufteilung kaum vorliegen.
Hat aber damit der Kläger in der noch offenstehenden Zeit Bereitschaftsdienste geleistet, ohne daß ihm dafür Freizeitausgleich gewährt wurde, ist die Klage noch insoweit als begründet anzusehen, als das Landesarbeitsgericht für 25 % der vom Kläger geleisteten Bereitschaftsstunden nur eine Vergütung für Rufbereitschaft gewährt hat. Danach ist für Dezember 1983 von 41,5 Stunden, für Januar und Februar 1984 von 44 bzw. 45,5 Stunden, mithin von 131 Stunden auszugehen. An dem vom Landesarbeitsgericht zugrunde gelegten Stundensatz aus Grundvergütung plus Führungszuschlag und freiwilliger Zulage : 195 ändert sich insoweit nichts, so daß sich ein Betrag von 3.723,02 DM (= 131 Std. x 28,42 DM) ergibt. Für März 1984 ergibt sich aufgrund der Aufstockung des Grundgehalts und der Führungszulage ein Stundensatz von 29,38 DM, bei 61,5 vergütungspflichtigen Bereitschaftsstunden mithin 1.806,87 DM sowie für die Monate April bis Juni 1984 bei 147 Stunden und einem Stundensatz von 30,98 DM ein Betrag von 4.554,06 DM. Damit steht dem Kläger für die Monate Dezember 1983 bis Juni 1984 Bereitschaftsdienstvergütung in Höhe von 10.083,95 DM zu, was abzüglich der vom Landesarbeitsgericht zugesprochenen 8.065,64 DM noch einen Betrag von 2.018,31 DM ausmacht.
Eine darüber hinausgehende Einbeziehung des Kaufkraftausgleiches ist entgegen der Auffassung der Revision nicht begründet. Nach § 2 des Vergütungstarifvertrages Nr. 6 vom 24. Juni 1983 besteht die Vergütung aus der Grundvergütung, dem funktionsbedingten Führungszuschlag und etwaigen freiwilligen Zulagen sowie der Auslandsvergütung. Der Kaufkraftausgleich ist nach § 4 Abs. 3 Vergütungstarifvertrag Teil der Auslandsvergütung. Aus der von der Beklagten am 29. Mai 1984 gegebenen Berechnungsformel, die das Landesarbeitsgericht zugrunde gelegt hat, ergibt sich im einzelnen, was in die Berechnung der Bereitschaftsdienstvergütung einbezogen werden soll. Dazu gehört die Auslandsvergütung, die zur Abgeltung der mit dem Auslandseinsatz verbundenen besonderen Aufwendungen dient, nicht. Diese besonderen Aufwendungen erhöhen sich auch nicht dadurch, daß zusätzliche Bereitschaftsdienste abgeleistet werden, so daß von einem zusätzlichen Betrag von insgesamt 2.018,31 DM auszugehen ist, der dem Kläger über den bereits ausgeurteilten Betrag hinaus damit zuzusprechen war.
Dementsprechend waren die Kosten unter den Parteien aufzuteilen und die über diesen Betrag hinausgehende Revision zurückzuweisen (§§ 97, 92 ZPO).
Dr. Neumann Dr. Etzel Dr. Freitag
Prieschl Prof. Dr. Knapp
Fundstellen