Entscheidungsstichwort (Thema)
Gleichbehandlung bei Alterssicherung
Leitsatz (redaktionell)
Es verstößt gegen den Gleichheitssatz des Art 3 GG, durch Tarifvertrag die Anrechnung übertariflicher Lohnteile allein für altersgesicherte Arbeitnehmer an das Einvernehmen mit dem Betriebsrat zu binden.
Orientierungssatz
1. Auslegung des § 6 (Alterssicherung) des Manteltarifvertrages für Arbeiter und Angestellte in der Metallindustrie Südwürttemberg-Hohenzollern vom 20.5.1980.
2. Der Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG ist dann verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache folgender oder sonstwie einleuchtender Grund für die tarifvertragliche Differenzierung nicht finden läßt, die getroffene Regelung also willkürlich ist.
Normenkette
TVG § 1; GG Art. 3 Abs. 1
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 02.03.1983; Aktenzeichen 2 Sa 161/82) |
ArbG Reutlingen (Entscheidung vom 04.10.1982; Aktenzeichen 3 Ca 468/82) |
Tatbestand
Der am 25. Februar 1924 geborene Kläger ist seit 4. April 1964 bei der Beklagten als Arbeiter beschäftigt. Beide Parteien sind Mitglieder der tarifschließenden Verbände der Metallindustrie für Südwürttemberg-Hohenzollern.
Durch den Manteltarifvertrag für Arbeiter und Angestellte in der Metallindustrie in Südwürttemberg-Hohenzollern vom 20. Mai 1980 (MTV), der am 1. Juli 1980 in Kraft trat, wurde eine Alterssicherung eingeführt. Danach haben Arbeitnehmer, die im 55. Lebensjahr stehen oder älter sind und dem Betrieb oder Unternehmen wenigstens ein Jahr lang angehören, Anspruch auf Verdienstsicherung. Diese Verdienstsicherung bezieht sich auf den Effektivlohn oder das Effektivgehalt. Nach der Effektivvergütung wird der Alterssicherungsbetrag als Garantievergütung ermittelt.
In den Jahren nach Abschluß des Manteltarifvertrags hat die Beklagte Tariflohnerhöhungen ganz oder teilweise auf die von ihr gezahlten übertariflichen Zulagen unterschiedslos bei verdienstgesicherten und nicht verdienstgesicherten Arbeitnehmern angerechnet. Die sich daraus ergebenden Effektivlöhne hat sie durch Aushang im Betrieb jeweils bekannt gemacht. Der Betriebsrat erklärte am 17. Februar 1982 Verhandlungen über die Anrechnung übertariflicher Zulagen bei verdienstgesicherten Arbeitnehmern für gescheitert und verlangte die Wiederherstellung des alten Zustands (Weiterzahlung der übertariflichen Zulagen in bisheriger Höhe).
Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger den Unterschiedsbetrag zwischen der bei Inkrafttreten des MTV gezahlten übertariflichen Zulage und der tatsächlich gewährten übertariflichen Zulage für die Zeit vom 1. Dezember 1980 bis zum 31. August 1982 in Höhe von insgesamt 1.834,07 DM brutto. Der Kläger hält die Anrechnung der Tariflohnerhöhungen auf die übertarifliche Zulage bei verdienstgesicherten Arbeitnehmern für unzulässig. Denn die tarifliche Verdienstsicherung beruhe auf dem Effektivlohn einschließlich der übertariflichen Zulagen. Zudem fehle es an einem nach § 6.1.1 MTV erforderlichen Einvernehmen mit dem Betriebsrat über die Anrechnung der Zulagen auf Tariflohnerhöhungen.
Der Kläger hat demgemäß beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger
1.834,07 DM brutto Restlohn für die Zeit
vom 1. Dezember 1980 bis zum 31. August
1982 zuzüglich 4 % Zinsen auf den Nettobe-
trag seit Klagezustellung zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat erwidert, sie sei zur Anrechnung der übertariflichen Zulagen auf die Tariflohnerhöhungen berechtigt gewesen. Bei der Anrechnung habe sie ältere und jüngere Arbeitnehmer stets gleich behandelt. Die Tarifnorm, die die Anrechnung von übertariflichen Zulagen auf Tariflohnerhöhungen von der Zustimmung des Betriebsrats abhängig mache, sei wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 GG unzulässig, weil sie zu unterschiedlichen Mindestlöhnen für verdienstgesicherte Arbeitnehmer führe. Außerdem stelle diese tarifliche Vorschrift einen unzulässigen Eingriff in tarifunabhängige (übertarifliche) Lohnbestandteile dar.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen.
Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage mit Recht abgewiesen. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung von 1.834,07 DM brutto für die Zeit vom 1. Dezember 1980 bis zum 31. August 1982 zu. Denn die Beklagte durfte übertarifliche Zulagen auch bei verdienstgesicherten Arbeitnehmern auf Tariflohnerhöhungen anrechnen. Die tarifliche Vorschrift des MTV Metallindustrie Südwürttemberg-Hohenzollern, die eine solche Anrechnung von der Zustimmung des Betriebsrats abhängig macht, ist unwirksam. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte bei den jeweiligen Tariflohnerhöhungen über die Anrechnung der Zulagen Einvernehmen mit dem Betriebsrat erzielte, wie sie meint.
Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit der Manteltarifvertrag für Arbeiter und Angestellte in der Metallindustrie in Südwürttemberg-Hohenzollern vom 20. Mai 1980 (MTV) mit unmittelbarer und zwingender Wirkung Anwendung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG). Der Kläger erfüllt unstreitig die tatsächlichen Voraussetzungen für die tarifliche Verdienstsicherung, weil er im Klagezeitraum das 54. Lebensjahr vollendet hatte und dem Betrieb der Beklagten bereits mehr als ein Jahr lang angehörte (§ 6.1 MTV). In die danach dem Kläger zustehende tarifliche Verdienstsicherung (garantierter Alterssicherungsbetrag) sind nach Maßgabe des § 6 MTV auch übertarifliche Zulagen, die vom Arbeitgeber gezahlt werden, einbezogen und sind insoweit Bestandteil des garantierten Alterssicherungsbetrags. Das ist rechtlich zulässig. Die Zulagen selbst werden dadurch nicht mit tarifrechtlicher Wirkung abgesichert, sondern können wie bei allen Arbeitnehmern bei späteren Tariflohnerhöhungen nach allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen ganz oder teilweise verrechnet werden (BAG 33, 83 = AP Nr. 9 zu § 4 TVG Effektivklausel). Hierbei bedarf es zur Anrechnung keiner Anrechnungserklärung des Arbeitgebers. Vielmehr wirkt sich eine Tariflohnerhöhung auf den Bestandteil des Alterssicherungsbetrags, der vor der Tariflohnerhöhung im übertariflichen Bereich lag, in der Weise aus, daß der bisher übertarifliche Bestandteil nach der Tariflohnerhöhung in der Höhe des Erhöhungsbetrags nicht mehr als übertariflicher Bestandteil, sondern als tariflicher und deshalb unabdingbarer Bestandteil des Alterssicherungsbetrages anzusehen ist. Der übertarifliche Bestandteil des Alterssicherungsbetrags verringert sich damit bei Tariflohnerhöhungen mangels gegenteiliger vertraglicher Vereinbarung automatisch um den Betrag der Tariflohnerhöhung (vgl. BAG 38, 118, 122 = AP Nr. 47 zu § 242 BGB Gleichbehandlung; BAG Urteil vom 8. Dezember 1982 - 4 AZR 481/80 -, AP Nr. 15 zu § 4 TVG Übertariflicher Lohn und Tariflohnerhöhung).
Eine Erhöhung des tariflichen Alterssicherungsbetrags tritt nach dem hier maßgebenden MTV danach nur dann ein, wenn aufgrund einer Tariflohnerhöhung der neue, auf dem Tariflohn basierende und deshalb unabdingbare Alterssicherungsbetrag den bisherigen effektiven Alterssicherungsbetrag unter Einschluß seiner übertariflichen Bestandteile übersteigt oder wenn im Betrieb die Tariflohnerhöhung voll oder teilweise auf den Effektivlohn aufgestockt wird. Dies ist in § 6.10 und § 6.11 MTV ausdrücklich vorgeschrieben, entspricht allgemeinen tarifrechtlichen Grundsätzen und ist daher unbedenklich zulässig.
Der Kläger kann jedoch von der Beklagten nicht verlangen, daß sie die Tariflohnerhöhungen auf seinen effektiven Alterssicherungsbetrag aufstockt und damit den bisherigen übertariflichen Bestandteil des Alterssicherungsbetrags in unveränderter Höhe weiterzahlt. Dies wäre rechtlich nur möglich, wenn die Parteien eine entsprechende Vereinbarung getroffen hätten oder die Beklagte den Arbeitnehmern ihres Betriebs generell die Tariflohnerhöhung auf den Effektivlohn aufstockte. Beide Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor. Vielmehr hat die Beklagte bei den nach Inkrafttreten des MTV eingetretenen Tariflohnerhöhungen jeweils erklärt, daß sie die Lohnerhöhungen ganz oder teilweise auf die von ihr gezahlten übertariflichen Zulagen anrechne. Die verdienstgesicherten Arbeitnehmer hat sie von dieser Anrechnung nicht ausgenommen. Damit greift der allgemeine Grundsatz ein, daß durch die Tariflohnerhöhung sich der übertarifliche Bestandteil des Alterssicherungsbetrags des Klägers automatisch verringerte, insoweit keine Erhöhung des effektiven Alterssicherungsbetrags eintrat und der Kläger eine Aufstockung seines Alterssicherungsbetrags nur in dem Umfang verlangen kann, wie die Beklagte den Tariflohn durch neu festgesetzte übertarifliche Zulagen aufstockte. Diesen Anspruch hat die Beklagte erfüllt. Weitergehende Ansprüche stehen dem Kläger nicht zu.
Die von der Beklagten mit der Neufestsetzung der (nunmehr geringeren) übertariflichen Zulagen zulässigerweise durchgeführte völlige oder teilweise Anrechnung bisheriger übertariflicher Zulagen auf die Tariflohnerhöhung kann von den Tarifvertragsparteien - beschränkt auf die verdienstgesicherten Arbeitnehmer - nicht verboten, eingeschränkt oder an bestimmte weitere Voraussetzungen, wie z. B. die Zustimmung des Betriebsrats, geknüpft werden. Die entgegenstehende Vorschrift des § 6.11 Abs. 2 MTV ist unwirksam. Diese Tarifnorm lautet:
"Werden übertarifliche Lohn-/Gehaltsbestand-
teile zulässigerweise auf tarifbedingte Erhö-
hungen des Lohnes/Gehalts angerechnet, so
kann eine solche Anrechnung bei den Arbeit-
nehmern mit Anspruch auf Verdienstsicherung
nur im Einvernehmen mit dem Betriebsrat er-
folgen. Eine solche Anrechnung wirkt sich
auch auf den Alterssicherungsbetrag aus."
Diese Tarifnorm, die eine nach allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen zulässige Anrechnung übertariflicher Lohnbestandteile auf Tariflohnerhöhungen bei verdienstgesicherten Arbeitnehmern an das Einvernehmen mit dem Betriebsrat knüpft, während es bei den nicht verdienstgesicherten Arbeitnehmern bei der Anrechnung nach allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen ohne Einschränkung verbleibt, verstößt gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Auch die Tarifvertragsparteien sind an diesen Verfassungsgrundsatz gebunden (vgl. BAG 1, 258 = AP Nr. 4 zu Art. 3 GG; BAG 4, 133 = AP Nr. 18 zu Art. 3 GG; BAG 15, 228 = AP Nr. 87 zu Art. 3 GG; BAG 29, 122 = AP Nr. 111 zu Art. 3 GG; BAG 35, 43 = AP Nr. 45 zu § 242 BGB Gleichbehandlung; Wiedemann/Stumpf, TVG, 5. Aufl. 1977, Einl. Rz 57 ff.). Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache folgender oder sonstwie einleuchtender Grund für die tarifvertragliche Differenzierung nicht finden läßt, die getroffene Regelung also willkürlich ist (BAG 35, 43 = AP Nr. 45 zu § 242 BGB Gleichbehandlung; BAG Urteil vom 6. Februar 1980 - 4 AZR 158/78 -, AP Nr. 7 zu § 1 TVG Rückwirkung, im Anschluß an BVerfGE 1, 14, 52, 12, 341, 348; 18, 38, 46; 24, 220, 228; 33, 367, 384). Tatsächliche Gleichheiten oder Ungleichheiten der zu ordnenden Lebensverhältnisse müssen unberücksichtigt geblieben sein, die so bedeutsam sind, daß sie bei einer am allgemeinen Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise hätten beachtet werden müssen (BAG 38, 118, 129 = AP Nr. 47 zu § 242 BGB Gleichbehandlung).
Die von den Tarifvertragsparteien durch die Regelung des § 6.11 Abs. 2 MTV vorgenommene Differenzierung zwischen verdienstgesicherten und nicht verdienstgesicherten Arbeitnehmern bei der Anrechnung übertariflicher Zulagen auf Tariflohnerhöhungen ist willkürlich, entbehrt jeder sachlichen Berechtigung und führt zu einer grundlegenden Schlechterstellung der nicht verdienstgesicherten Arbeitnehmer mit erheblichen, dauernden Nachteilen, so daß die tarifliche Differenzierung auch unter Berücksichtigung der durch die Verfassung garantierten Tarifautonomie vor dem Gleichheitssatz keinen Bestand haben kann (vgl. BAG 38, 118, 129 f. = AP Nr. 47 zu § 242 BGB Gleichbehandlung). Durch die Anrechnung oder Nichtanrechnung von übertariflichen Zulagen auf Tariflohnerhöhungen wird die Höhe der effektiven Vergütung der Arbeitnehmer für geleistete Arbeit bestimmt. Zweck der Effektivvergütung ist Entgelt für geleistete Arbeit. Es gibt keinen einleuchtenden Grund dafür, bei der Bemessung des Entgelts und der Festlegung der Entlohnungsgrundsätze verdienstgesicherte Arbeitnehmer besser zu stellen als nicht verdienstgesicherte Arbeitnehmer. Die Verdienstsicherung hat mit der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nichts zu tun. Für die Festsetzung eines Alterssicherungsbetrags für ältere Arbeitnehmer, der diesen unabhängig vom tatsächlich erzielten Entgelt nach den allgemeinen Lohnregelungen als Mindestverdienst garantiert ist, besteht ein einleuchtender Grund, weil die Leistungskraft der Arbeitnehmer mit zunehmendem Alter oft nachläßt und Tarifvertragsparteien deshalb berechtigterweise den Lebensstandard dieser Arbeitnehmer durch eine Alterssicherungsregelung erhalten können. Wenn die weitere Entwicklung des Alterssicherungsbetrags dann aber an Lohnerhöhungen anknüpft, entspricht eine Differenzierung zwischen verdienstgesicherten und nicht verdienstgesicherten Arbeitnehmern nur dann dem Gleichheitssatz, wenn die Differenzierung sich entweder mit der Arbeitsleistung, für die das Entgelt gewährt wird, oder mit den besonderen Verhältnissen der verdienstgesicherten Arbeitnehmer rechtfertigen läßt.
Das ist vorliegend zu verneinen. Nach der Verdienstsicherungsregelung des MTV wird einem Arbeitnehmer der an einem bestimmten Stichtag zustehende Tariflohn zuzüglich übertariflicher Zulagen auf Dauer gesichert (Alterssicherungsbetrag), wobei tarifbedingte Lohnerhöhungen auch zu einer Erhöhung des Alterssicherungsbetrags führen (vgl. § 6.10 MTV). Kommt mit dem Betriebsrat kein Einvernehmen über eine Anrechnung der übertariflichen Lohnbestandteile auf Tariflohnerhöhungen zustande, so würde bei einer Anwendung von § 6.11 Abs. 2 MTV ein verdienstgesicherter Arbeitnehmer einen höheren Lohn erzielen als ein nicht verdienstgesicherter Arbeitnehmer mit derselben Qualifikation, die der verdienstgesicherte Arbeitnehmer beim Eintritt der Verdienstsicherung besaß, auf dem gleichen Arbeitsplatz. Damit würde den verdienstgesicherten Arbeitnehmern ein höherer Lebensstandard gewährleistet als vergleichbaren nicht verdienstgesicherten Arbeitnehmern. Dies geht über den Zweck einer Alterssicherung hinaus.
Da § 6.11 MTV wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG unwirksam ist, kann offenbleiben, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen durch eine Tarifnorm - wie hier geschehen - Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei Vergütungsfragen erweitert werden können (vgl. hierzu Fitting/Auffarth/Kaiser, BetrVG, 14. Aufl. 1984, § 88 Rz 3 mit weiteren Nachweisen). Auch wenn dies zu bejahen ist, hat der Senat Bedenken, ob - unabhängig von dem hier vorliegenden Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG - Tarifvertragsparteien die Anrechnung übertariflicher Lohnbestandteile auf Tariflohnerhöhungen von einem Einvernehmen mit dem Betriebsrat abhängig machen können. Denn durch eine solche Regelung greifen Tarifvertragsparteien ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung in die individuelle Gestaltung des Einzelarbeitsvertrags ein, indem durch die Verweigerung der Zustimmung des Betriebsrats zur Anrechnung übertariflicher Lohnbestandteile auf Tariflohnerhöhungen einzelvertragliche Ansprüche auf Weiterzahlung bisheriger übertariflicher Zulagen begründet würden. Eine solche Regelung kommt einer begrenzten Effektivklausel sehr nahe, die nach ständiger Senatsrechtsprechung unzulässig ist (vgl. BAG 20, 308 = AP Nr. 7 zu § 4 TVG Effektivklausel). Die Frage braucht hier aber nicht weiter vertieft zu werden, da bereits der Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG zur Unwirksamkeit von § 6.11 MTV führt.
Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.
Dr. Neumann Dr. Feller Dr. Etzel
Koerner Dr. Apfel
Fundstellen
DB 1985, 1239-1239 (LT1) |
BlStSozArbR 1985, 214-215 (T) |
NZA 1985, 663-665 (LT1) |
AP § 4 TVG, Nr 16 |
AR-Blattei, Gleichbehandlung im Arbeitsverhältnis Entsch 75 (LT1) |
ArbuR 1985, 127-127 (T) |
EzA, (LT1) |