Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung: Sozialarbeiterin in sozial-psychiatrischer Beratungsstelle

 

Leitsatz (amtlich)

Die Tätigkeit einer Sozialarbeiterin mit staatlicher Anerkennung und Zusatzqualifikation “Soziotherapie” in einer sozialpsychiatrischen Beratungsstelle der sozialmedizinischen Abteilung eines Gesundheitsamtes einer Großstadt erfüllt im allgemeinen nicht das Merkmal der “Bedeutung” i.S.d. Fallgruppen 15, 16 der VergGr. IVa der Vergütungsgruppen für den Sozial- und Erziehungsdienst der Anlage 1a zum BAT/VKA.

 

Normenkette

BAT 1975 §§ 22-23; VergGr. Vb, IVb, IVa “Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst” der Anlage 1a zum BAT/VKA vom 19. Juni 1970 i.d.F. vom 24. April 1991

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Urteil vom 05.09.1995; Aktenzeichen 9 Sa 586/95)

ArbG Kassel (Urteil vom 08.12.1994; Aktenzeichen 4 Ca 46/94)

 

Tenor

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die tarifgerechte Eingruppierung der Klägerin, insbesondere noch darüber, ob die Klägerin ab 1. Dezember 1992 Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IVa BAT/VKA hat.

Die am 22. Mai 1958 geborene Klägerin erwarb am 18. Juli 1979 den Grad einer Diplom-Sozialarbeiterin (FH) und ist seit dem 1. August 1980 berechtigt, die Berufsbezeichnung “staatlich anerkannte Sozialarbeiterin” zu führen. 1987/88 nahm sie an einer Weiterbildung des “Instituts für Soziotherapie” in Fritzlar der Gesellschaft für Berufspädagogik teil und erwarb den Titel einer “Soziotherapeutin”. Aufgrund des Arbeitsvertrages vom 8. Juni 1988 steht sie seit dem 15. Juni 1988 in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten, zunächst mit einem Beschäftigungsumfang von 20 Stunden in der Woche, in der Zeit vom 9. Januar bis 24. August 1989 und seit dem 1. September 1989 vollzeitbeschäftigt. Ab 1. Januar 1995 arbeitete sie 32 Stunden wöchentlich (Zusatzvertrag vom 19. Dezember 1994), dann ab 1. Juli 1996 wieder “Vollzeit”. Ab 2. September 1996 ist sie nach § 50 BAT im Sonderurlaub.

§ 2 des Arbeitsvertrages vom 8. Juni 1988 lautet:

“Das Arbeitsverhältnis regelt sich nach den Vorschriften des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) vom 23. Februar 1961 und den Tarifverträgen, die ihn ergänzen, ändern oder ersetzen. Änderungen vorstehend genannter Bestimmungen gelten vom Tage des Inkrafttretens auch für dieses Arbeitsverhältnis.”

Die Klägerin war zunächst im Rahmen des Jugendamtes der Beklagten in dem von der Beklagten unterhaltenen “S…-Jugendzentrum”, seit dem 1. September 1989 in einem Übergangswohnheim für Aussiedler des Sozialamtes der Beklagten eingesetzt. Seit dem 1. Juli 1992 ist sie in der “sozial-psychiatrischen Beratungsstelle” für Erwachsene der sozial-medizinischen Abteilung des Gesundheitsamtes der Beklagten beschäftigt. Zur sozial-medizinischen Abteilung des Gesundheitsamtes gehören noch die sozialpsychiatrische Beratungsstelle für Kinder und Jugendliche und die Behindertenberatungsstelle. In der Hygieneabteilung ist die AIDS-Beratungsstelle angesiedelt.

In der “Arbeitsplatzbeschreibung zur Feststellung der Eingruppierung eines Angestellten nach § 22 BAT” vom 14. August 1992 betreffend die Klägerin heißt es:

Arbeitsvorgänge

Nr.

kurze Beschreibung

Anteil an Gesamtzeit in v.H.

1.

Klientenbezogene Sozialarbeit

1.1

Zielgruppe

Chronisch und akut psychisch schwer kranke Menschen, Behinderte und gerontopsychiatrische Patienten, Personen in Konfliktsituationen unter Berücksichtigung ihres sozialen Umfeldes und Personen mit schweren Persönlichkeitsstörungen.

Neben den o.a. Zielgruppen fällt ein nicht geringer Anteil des Arbeitsaufwandes auf chronische Suchtmittelabhängige, die wegen des erheblichen Grades ihrer Störung aus allen anderen Betreuungsketten herausfallen. Bei allen Patientengruppen handelt es sich überwiegend um Personen vor oder nach einer stationären, teilstationären Maßnahme, die vielfach freiheitsentziehenden Maßnahmen (nach Bürgerlichem Recht, Unterbringungsrecht) unterliegen.

Bei allen Patientengruppen besteht die Gefahr der Verwahrlosung oder sie ist bereits eingetreten.

1.2

Sozialarbeiterische Beratung und Betreuung

40 %

 – 

Psychosoziale Einzel- und Gruppenberatung und kontinuierliche sozial-therapeutisch orientierte Betreuung von chronisch psychisch Kranken

 – 

Beratung Angehöriger, Freunde und Beteiligter zur Stützung des unmittelbaren sozialen Umfeldes des Betroffenen, auch bei krisenhaften Situationen

 – 

Krisenintervention als zeitlich begrenztes sozialarbeiterisches Handeln, ggf. unter Einbeziehung anderer Fachgruppen, zur Abwendung einer akuten Gefahrensituation (Herausfinden des auslösenden Ereignisses nach Art, Umfang, Bedeutung und betroffenen Personen mit dem Ziel der Problemlösung).

Vertretung der Stadt K… im Unterbringungsverfahren nach dem Hess. Freiheitsentziehungsgesetz (HFEG)

1.3

Koordination

30 %

 – 

Koordination (Entwicklung, Abstimmung, Begleitung und Unterstützung) der Durchführung von Rehabilitations-, Therapie- oder Eingliederungsplänen unter Einbeziehung unterschiedlicher Fachgruppen und Dienste unter Beachtung sozialrechtlicher Zuordnung solcher Maßnahmen

 – 

Stadtteil- und gemeinwesensorientierte Beratungsarbeit zur Verbesserung der Akzeptanz der zu Betreuenden in ihrem sozialen Umfeld

1.4

Erstellung von sozialarbeiterischen Gutachten (Sozialberichte)

10 %

Sozialberichte zu Sozialrechtssachen, insbesondere zu Fragen der Hilfen in besonderen Lebenslagen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG)

Sozialberichte in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit bei Betreuungssachen und freiheitsentziehenden Maßnahmen nach dem Landesunterbringungsrecht

2.

Förderung von Netzwerken

5 %

2.1

Entwicklung von Kooperationsfragen im Arbeitsfeld mit Institutionen der psychosozialen Versorgung und beteiligten Verwaltungen mit dem Ziel der Weiterentwicklung eines Verbundsystems

Mitwirkung in Kooperationsgremien

Mitwirkung bei Öffentlichkeits- und Fortbildungsveranstaltungen im Fachbereich

3.

Praktikantenanleitung

5 %

4.

Schwerpunkt:

Wohnen und betreutes Wohnen für psychisch Kranke

10 %

 – 

Kontakte zu Trägern des sozialen Wohnungsbaus

 – 

Förderung unterschiedlichster Wohnmöglichkeiten für psychisch Kranke

 – 

Beteiligung an der Fachdiskussion

 – 

Zusammenarbeit mit Institutionen, Gremien, Einzelpersonen, die mit obiger Problematik befaßt sind.

Im Rahmen der sozial-psychiatrischen Beratungsstelle betreut die Klägerin einen Bezirk im Gebiet der Beklagten, der etwa 40.000 Einwohner umfaßt. Sie arbeitet überwiegend mit einem Personenkreis, der psychische Störungen und psychiatrische Krankheitsbilder aufweist. Dazu gehören Personen in schweren psychosozialen Belastungs- und Konfliktsituationen, mit chronischen Belastungs- und Konfliktsituationen, mit chronischen Psychosen, geronto-psychiatrischen Krankheitsbildern, mit schweren Persönlichkeitsstörungen oder mit schwerer Suchtproblematik und sozialen und körperlichen Folgeschäden, die ihre finanziellen und persönlichen Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln können oder durch Suchtmittelmißbrauch in lebensbedrohliche Situationen kommen. Bei diesem Personenkreis wird die Klägerin auch im Rahmen der Krisenintervention tätig, wenn der allgemeine soziale Dienst, Beratungsstellen, niedergelassene Ärzte oder sonstige Institutionen keine Möglichkeit der Hilfe mehr haben. In diesen Fällen hat sie eine vorläufige medizinische Diagnose und eine Sozialanamnese vorzunehmen mit der anschließenden Entscheidung, ob Hilfe nötig, ambulante Hilfe ausreichend oder stationäre Hilfe oder sogar eine Einweisung in ein psychiatrisches Krankenhaus nach dem Hessischen Freiheitsentziehungsgesetz (HFEG) in Betracht kommen. Sie überwacht den Übergang von der Krisenintervention zur Betreuung in Koordination mit dem zuständigen Sozialarbeiter. Ebenso wird sie bei HIV-Infizierten oder an AIDS Erkrankten gerufen, wenn die “normale” Hilfe nicht mehr funktioniert. Daneben hat die Klägerin die Angehörigen oder Bezugspersonen der Kranken zu betreuen oder zu beraten, ferner Personen im Auftrag von anderen Behörden und Gerichten sozial-psychiatrisch zu begutachten. Mit Schreiben vom 16. Februar 1994 bevollmächtigte die Beklagte die Klägerin, für die Beklagte alle Anträge nach dem Gesetz über die Entziehung der Freiheit geisteskranker, geistesschwacher, rauschgift- oder alkoholsüchtiger Personen (HFEG) vom 19. Mai 1952 – GVBl S. 111 – bei den zuständigen Amtsgerichten zu stellen und die Beklagte in den Unterbringungsverfahren vor diesen Gerichten zu vertreten sowie alle erforderlichen Erklärungen rechtsverbindlich für die Beklagte abzugeben. Weiterhin wurde sie ermächtigt, im Sinne des § 10 HFEG die sofortige Ingewahrsamnahme anzuordnen und zu vollziehen.

Im Gesundheitsamt der Beklagten finden seit 15 Jahren in vierzehntägigem Rhythmus eine psychiatrische Fortbildung durch Fachärzte und außerdem eine sonstige Fortbildung durch Ärzte und Psychoanalytiker statt.

Die Klägerin erhielt zunächst Vergütung nach VergGr. Vb, dann nach VergGr. IVb. Aufgrund eines Beschlusses des Magistrats der Beklagten aus dem Jahre 1974 erhielten die in der sozialpsychiatrischen Beratungsstelle eingesetzten Sozialarbeiter ab 1. August 1974 eine persönliche Zulage in Höhe von zwei Dritteln des Unterschiedsbetrages zwischen den VergGr. IVb und IVa BAT. Diese Zulage wurde durch Beschluß des Magistrats der Beklagten vom 26. Mai 1986 wieder gestrichen und im Wege der Besitzstandswahrung nur noch an diejenigen weitergezahlt, die sie bereits erhielten.

Mit Schreiben vom 1. Oktober 1991 verlangte die Klägerin von der Beklagten erfolglos Vergütung nach VergGr. III BAT rückwirkend zum 1. Januar 1991. Die Beklagte vertrat die Auffassung, daß die Klägerin in VergGr. IVb Fallgruppe 17 eingruppiert sei. Für die Zeit ab 1. Juli 1992 hielt sie die VergGr. IVb Fallgruppe 16 der Vergütungsgruppen für den Sozial- und Erziehungsdienst für maßgebend. Mit einem Brief vom 10. Juli 1992, dessen Eingang bei der Beklagten nicht festgestellt werden konnte, beantragte die Klägerin erneut höhere Bezahlung, diesmal nach VergGr. IVa BAT. Sie sei in VergGr. IVa Fallgruppe 15 ab dem 1. Juli 1992 eingruppiert. Nachdem die Klägerin unter dem 7. Juni 1993 der Beklagten eine Kopie des Schreibens vom 10. Juli 1992 übersandt hatte, lehnte die Beklagte das Begehren der Klägerin mit Schreiben vom 19. Juli 1993 ab. Mit der beim Arbeitsgericht am 19. Januar 1994 eingegangenen Klage hat die Klägerin ihr Ziel weiterverfolgt, ab 1. Juli 1992 nach VergGr. IVa BAT/VKA vergütet zu werden.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie benötige Kenntnisse auf den Rechtsgebieten der Geschäftsfähigkeit, des Betreuungsgesetzes und der Unterbringungsangelegenheiten, des Hessischen Freiheitsentziehungsgesetzes, des Bundessozialhilfegesetzes, der Vorschriften zur Eingliederung Behinderter, des Rentenrechts einschließlich der Voraussetzungen für Ausländer und des Arbeitsförderungsgesetzes und darüber hinaus ein ganz besonderes spezielles und komplexes Erfahrungswissen über den Umgang mit den genannten, besonders gefährdeten oder bereits verwahrlosten Personen. Sie habe nicht nur die psychische Betreuung zu regeln, sondern gegebenenfalls auch finanzielle Hilfen zu veranlassen. Bei stationärer Behandlung erstelle sie in Kooperation mit den behandelnden Ärzten und Therapeuten den Therapieplan. Die besondere Schwierigkeit ihrer Tätigkeit ergebe sich aus folgendem: Während es in der Regel möglich sei, mit dem Personenkreis der Protokollerklärung Nr. 12 durch ein Gespräch in Kommunikation zu treten, seien die von ihr zu betreuenden psychisch Kranken außerstande oder nur eingeschränkt in der Lage, ohne Hilfe für sich zu sorgen. In allen Fällen, in denen die zahlreichen vergleichbaren Organisationen, wie der Bewährungshilfeverein, AIDS-Beratungsstellen und Sozialarbeiter für Heimbewohner und Übergangswohnheime aufgrund besonderer Krisensituationen nicht mehr weiterkämen, werde die sozial-psychiatrische Beratungsstelle eingeschaltet. Auch die Beklagte verlange eine Zusatzqualifikation ihrer Mitarbeiter in der sozial-psychiatrischen Beratungsstelle. Jeder Mitarbeiter des Teams, in dem sie arbeite, müsse über entsprechende Kenntnisse psychoanalytischen Denkens verfügen, um bei Fallbesprechungen und in der Therapieplanung theoretisch folgen zu können, diese Theorie als Arbeitsgrundlage für sich selbst verwenden und das Fachgespräch mit den Kollegen führen zu können. Die Klägerin werde mit Entscheidungsnotwendigkeiten über die ganze Breite eines am Rechts- und Wirtschaftsleben teilnehmenden Menschen konfrontiert. Dabei werde ihre Tätigkeit noch dadurch erschwert, daß auch ein betreuter Klient neben seinem Betreuer rechtswirksame Erklärungen abgeben könne. Nur aufgrund ihrer Zusatzausbildung zur Soziotherapeutin sei sie in der Lage, diese Aufgabe zu erfüllen. Die Bedeutung ihrer Tätigkeit folge aus den Auswirkungen, die derart gestörte Personen auf die Allgemeinheit hätten, und daraus, daß es kaum eine andere Tätigkeit gebe, die gravierender und umfassender in private Lebensverhältnisse eingreife. Ihre Tätigkeit habe insofern eine entscheidende Bedeutung für den weiteren Lebensweg der Patienten. Bei der Erstellung von Sozialberichten müsse die gesamte Lebenssituation der zu Beurteilenden überprüft und zusammengefaßt werden.

Nachdem das Arbeitsgericht im Hinblick auf § 70 BAT dem Begehren der Klägerin erst ab 1. Dezember 1992 entsprochen hatte, hat sie zuletzt beantragt

festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin für die Zeit vom 1. Dezember 1992 Vergütung nach VergGr. IVa BAT zu zahlen nebst 4 % Zinsen auf die sich seit dem 1. Dezember 1992 jeweils ergebenden Nettovergütungsdifferenzen zur VergGr. IVb, jeweils seit dem 15. eines jeden Monats, beginnend ab 15. Dezember 1992.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Heraushebung der Tätigkeiten der Klägerin durch fachlich herausragende Anforderungen sei nicht gegeben. In der Protokollerklärung Nr. 12 werde der Personenkreis berücksichtigt, zu dem die von der Klägerin zu betreuenden Personen gehörten.

Das Arbeitsgericht hat der Sache nach dem Klagebegehren der Klägerin ab 1. Dezember 1992 entsprochen und im übrigen die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der beklagten Stadt das arbeitsgerichtliche Urteil geändert und die Klage in vollem Umfange abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren zuletzt gestellten Antrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage, soweit über sie mangels Anschlußberufung der Klägerin zu entscheiden war, im Ergebnis zutreffend abgewiesen.

  • Die Klage ist zulässig. Es handelt sich um eine Eingruppierungsfeststellungsklage, die im öffentlichen Dienst allgemein üblich ist und gegen deren Zulässigkeit nach ständiger Rechtsprechung des Senats keine Bedenken bestehen (vgl. z.B. Urteil vom 19. März 1986 – 4 AZR 470/84 – AP Nr. 114 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Der Feststellungsantrag ist auch insoweit zulässig, als er Zinsforderungen zum Gegenstand hat (vgl. z.B. Senatsurteil vom 21. Januar 1970 – 4 AZR 106/69 – BAGE 22, 247, 249 = AP Nr. 30 zu §§ 22, 23 BAT).
  • Die Klage ist jedoch nicht begründet.

    • Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft einzelarbeitsvertraglicher Inbezugnahme der Bundes-Angestelltentarifvertrag und die ihn ergänzenden Tarifverträge in der für den Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) geltenden Fassung Anwendung.
    • Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt damit davon ab, ob mindestens die Hälfte der die gesamte Arbeitszeit der Klägerin ausfüllenden Arbeitsvorgänge den Tätigkeitsmerkmalen der von ihr als gegeben angesehenen VergGr. IVa des 6. Tarifvertrages zur Änderung der Anlage 1a zum BAT (Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst) vom 19. Juni 1970 in der Neufassung des Tarifvertrages zur Änderung der Anlage 1a zum BAT vom 24. April 1991, in Kraft ab 1. Januar 1991, entspricht (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT).

      • Auszugehen ist daher von dem von der Senatsrechtsprechung entwickelten Begriff des Arbeitsvorgangs. Diesen hat der Senat verstanden als eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten (BAGE 51, 59; 51, 282; 51, 356 = AP Nr. 115, 116 und 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975; ständige Rechtsprechung des Senats). Dabei ist es zwar rechtlich möglich, daß die gesamte Tätigkeit des Angestellten nur einen Arbeitsvorgang bildet, wenn der Aufgabenkreis nicht weiter aufteilbar und nur einer einheitlichen rechtlichen Bewertung zugänglich ist (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z.B. Urteil vom 10. Juli 1996 – 4 AZR 139/95 – AP Nr. 29 zu §§ 22, 23 BAT Sozialarbeiter). Tatsächlich trennbare Tätigkeiten mit unterschiedlicher Wertigkeit können jedoch nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefaßt werden (Urteil vom 10. Juli 1996 – 4 AZR 139/95 –, aaO).
      • Von diesen Grundsätzen ist auch das Landesarbeitsgericht ausgegangen. Es hat sich nach dem Tatsachenvortrag der Klägerin nicht in der Lage gesehen, einen Arbeitsvorgang oder Arbeitsvorgänge zu bilden. Es hat aber in seiner Hilfsbegründung unterstellt, daß die Betreuung der psychisch oder geriatrisch Kranken mit Zusammenhangstätigkeiten als “ein Arbeitsvorgang” oder als “Arbeitsvorgänge” mit mindestens 50 % oder 33 1/3 % der Arbeitszeit der Klägerin anzusehen sei. Es spricht viel dafür, daß die “klientenbezogene Sozialarbeit”, soweit sie aus “sozialarbeiterischer Beratung und Betreuung” und “Koordination” besteht, die nach der Arbeitsplatzbeschreibung 70 % der Arbeitszeit der Klägerin ausmachen, ein Arbeitsvorgang ist. Denn die “Koordination” bezieht sich anders als bei anderen Beratungsstellen nicht auf “Planen initiierender Arbeitsorganisation und des -ablaufs, Bedarfserhebung, Planung, Antragstellung von Ausstattungs- und Arbeitsmittelbedarf, Supervision und Fortbildungen, Koordinieren und Kooperieren zwischen Verwaltung und Abteilung, Mitwirkung bei Personalangelegenheiten, Anlegen, Strukturieren von Verzeichnissen, Dateien, Ordnern” (vgl. die Arbeitsplatzbeschreibung für eine Sozialarbeiterin in der Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche, Eltern und Familien im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie des sozial-psychiatrischen Dienstes einer Stadt in Nordrhein-Westfalen, Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 3. Mai 1995 – 18 Sa 1820/94 – EzBAT §§ 22, 23 BAT F. 1 Sozialdienst VergGr. IVa Nr. 14), sondern auf die Klienten, wie der erläuternde Text zur “Koordination” in der Arbeitsplatzbeschreibung zeigt und was sich auch aus dem Schriftsatz der Klägerin vom 12. Juni 1995 ergibt. Ob die auch unter “klientenbezogene Sozialarbeit” aufgeführte “Erstellung von sozialarbeiterischen Gutachten (Sozialberichte)” mit weiteren 10 % der Arbeitszeit hinzuzurechnen ist, kann offen bleiben. Das Landesarbeitsgericht meinte, nicht entscheiden zu können, weil aus dem Vortrag der Klägerin nicht ersichtlich sei, ob sich das auf denselben gleichartigen Personenkreis bezieht oder auf andere Personen, die die Klägerin sonst nicht zu betreuen hat. Dafür, daß es sich um die von der Klägerin betreuten Personen handelt, spricht der Gesamtzusammenhang der Arbeitsplatzbeschreibung. Ob die gesamten unter dem Begriff “klientenbezogene Sozialarbeit” aufgeführten Tätigkeiten einen einzigen großen Arbeitsvorgang bilden oder nicht, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Denn der Klägerin steht bei jedem denkbaren Zuschnitt der Arbeitsvorgänge nach ihrem eigenen Tatsachenvortrag kein Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IVa BAT/VKA zu. Deshalb braucht der Senat auf die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts und der Revision zur Frage des Arbeitsvorgangs oder zur Frage der Arbeitsvorgänge nicht einzugehen. Auf die nach der Arbeitsplatzbeschreibung nur 5 % der Arbeitszeit der Klägerin ausmachende “Förderung von Netzwerken” und die nur 10 % der Arbeitszeit belegende Tätigkeit “Wohnen und betreuendes Wohnen für psychisch Kranke”, die die Klägerin nach ihrem Vortrag selbständig erarbeitet und begleitet und insoweit auch das Gesundheitsamt der beklagten Stadt nach außen vertritt, kommt es nicht an, auch wenn sie insoweit Grundsatzfragen bearbeiten sollte, die für die Merkmale der VergGr. IVa Fallgruppe 15, 16 der Vergütungsgruppen für den Sozial- und Erziehungsdienst stehen könnten. Denn diese Arbeitsvorgänge wären für die tarifliche Eingruppierung der Klägerin nur von Bedeutung, wenn sie zumindest ein Drittel der Gesamtarbeitszeit der Klägerin einnehmen würden und nicht nur 15 % wie nach der Arbeitsplatzbeschreibung.
      • Für die Eingruppierung der Klägerin sind die speziellen Tätigkeitsmerkmale für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst der Anlage 1a zum BAT/VKA maßgebend. Diese haben, soweit sie für den Rechtsstreit von Bedeutung sind, folgenden Wortlaut:

        “Vergütungsgruppe Vb

        10. Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.

        Vergütungsgruppe IVb

        16. Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, mit schwierigen Tätigkeiten.

        (Diese Angestellten erhalten nach vierjähriger Bewährung in dieser Fallgruppe eine monatliche Vergütungsgruppenzulage in Höhe von 6 der Grundvergütung der Stufe 4 der Vergütungsgruppe IVb. Bei der Berechnung sich ergebende Bruchteile eines Pfennigs unter 0,5 sind abzurunden, Bruchteile von 0,5 und mehr sind aufzurunden. Die Vergütungsgruppenzulage gilt bei der Bemessung des Sterbegeldes (§ 41) und des Übergangsgeldes (§ 63) als Bestandteil der Grundvergütung.)

        Vergütungsgruppe IVa

        15. Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 16 heraushebt.

        16. Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, deren Tätigkeit sich mindestens zu einem Drittel durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 16 heraushebt.

        Protokollerklärungen:

        12. Schwierige Tätigkeiten sind z.B. die

        a) Beratung von Suchtmittel-Abhängigen,

        b) Beratung von HIV-Infizierten oder an AIDS erkrankten Personen,

        c) begleitende Fürsorge für Heimbewohner und nachgehende Fürsorge für ehemalige Heimbewohner,

        d) begleitende Fürsorge für Strafgefangene und nachgehende Fürsorge für ehemalige Strafgefangene,

        e) Koordinierung der Arbeiten mehrerer Angestellter mindestens der Vergütungsgruppe Vb.”

      • Die Tätigkeitsmerkmale der von der Klägerin für sich in Anspruch genommenen VergGr. IVa Fallgruppe 15 oder 16 der Vergütungsgruppen für den Sozial- und Erziehungsdienst bauen auf der VergGr. IVb Fallgruppe 16 auf, die ihrerseits die Erfüllung der Anforderungen der VergGr. Vb Fallgruppe 10 voraussetzt. Zunächst müssen die Voraussetzungen der Ausgangsfallgruppe erfüllt sein. Anschließend sind die weiteren Merkmale der darauf aufbauenden höheren Vergütungsgruppen zu prüfen (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z.B. Urteil vom 10. Juli 1996 – 4 AZR 139/95 –, aaO, m.w.N.). Dabei genügt eine pauschale Überprüfung, soweit die Parteien die Tätigkeit der Klägerin als unstreitig ansehen und die Beklagte die Tätigkeitsmerkmale als erfüllt erachtet.
      • Das Landesarbeitsgericht hat nicht geprüft, ob die Klägerin die Voraussetzungen der VergGr. Vb Fallgruppe 10 erfüllt. Das kann der Senat nachholen. Die dazu erforderlichen Feststellungen hat das Landesarbeitsgericht getroffen. Die Klägerin ist Sozialarbeiterin mit staatlicher Anerkennung. Diesem Berufsbild entspricht ihre Tätigkeit. Die Betreuung chronisch und akut psychisch schwerkranker Menschen, behinderter und gerontopsychiatrischer Patienten, Personen in Konfliktsituationen unter Berücksichtigung ihres sozialen Umfeldes und Personen mit schweren Persönlichkeitsstörungen sowie chronisch Suchtmittel-Abhängiger (Arbeitsplatzbeschreibung Ziff. 1.1) gehört zum Aufgabenbereich einer Sozialarbeiterin. Auch diese Tätigkeit hat die Veränderung des Betreuten, seiner Lebenslage und Lebensqualität, die Lösung aus unnötiger Abhängigkeit und Überwindung von Sozialisationsdefiziten als Ziel des beruflichen Handelns: Psychisch Kranken und anderen soll geholfen werden und ihnen die Möglichkeit eröffnet werden, ein normales Leben zu führen (vgl. Urteile des Senats vom 25. Oktober 1995 – 4 AZR 495/94 – AP Nr. 21 zu §§ 22, 23 BAT Sozialarbeiter und vom 10. Juli 1996 – 4 AZR 139/95 –, aaO).
      • Die Klägerin erfüllt auch die Voraussetzungen der VergGr. IVb Fallgruppe 16, da sie “schwierige Tätigkeiten” im Sinne dieser Fallgruppe ausübt, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat.

        Das Merkmal der schwierigen Tätigkeit im Sinne der Fallgruppe 16 der VergGr. IVb haben die Tarifvertragsparteien in der Protokollerklärung Nr. 12 durch konkrete Beispiele erläutert. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist dann, wenn eines dieser Tätigkeitsbeispiele zutrifft, auch das Merkmal des Oberbegriffs erfüllt (vgl. Senatsurteil vom 10. Juli 1996 – 4 AZR 139/95 –, aaO, m.w.N.). Wird kein Tätigkeitsbeispiel erfüllt, ist auf den allgemeinen Begriff zurückzugreifen, wobei dann aber dessen Bestimmung von den Maßstäben der Beispielstatbestände aus zu erfolgen hat; die Tarifvertragsparteien haben mit den Beispielen Maß und Richtung für die Auslegung des allgemeinen Begriffs vorgegeben (Senatsurteil vom 10. Juli 1996 – 4 AZR 139/95 –, aaO, m.w.N.).

        Die Betreuung psychisch Kranker entspricht nicht direkt einem der in der Protokollerklärung Nr. 12 aufgeführten Beispiele. Die Tätigkeit der Klägerin kann jedoch mit der Beratung von Suchtmittel-Abhängigen, von HIV-Infizierten oder an AIDS erkrankten Personen oder mit der nachgehenden Fürsorge für ehemalige Heimbewohner verglichen werden. Wie bei den in der Protokollerklärung Nr. 12 genannten Personengruppen ist auch bei den in der sozial-psychiatrischen Beratungsstelle zu betreuenden psychisch kranken Personen typischerweise von besonders vielgestaltigen oder umfangreichen nicht nur sozialen Problemen auszugehen. Die Tätigkeit der Klägerin hebt sich insoweit aus der Normal- oder Grundtätigkeit eines Sozialarbeiters dadurch heraus, daß ihre Tätigkeit sich auf Menschen bezieht, die nicht nur allgemeine Sozialisationsdefizite aufweisen, sondern in erster Linie besondere Probleme, wie z.B. das Leben mit ihrer Krankheit, zu bewältigen haben. Die von der Klägerin wahrgenommenen Tätigkeiten zur Betreuung von psychisch Kranken entsprechen ihrer Wertigkeit nach den von den Tarifvertragsparteien in der Protokollerklärung Nr. 12a - d gewählten Beispielen und sind auch unter das allgemeine Tätigkeitsmerkmal zu subsumieren (vgl. Urteile des Senats vom 25. Oktober 1995 – 4 AZR 495/94 –, aaO und vom 10. Juli 1996 – 4 AZR 139/95 –, aaO). Die von der Klägerin zu leistende Hilfestellung stellt zumindest dieselben Anforderungen wie die Betreuung von Angehörigen der in der Protokollerklärung Nr. 12 genannten Problemgruppen, zumal nach der Arbeitsplatzbeschreibung auch chronisch Suchtmittel-Abhängige von der Klägerin zu betreuen sind, “die wegen des erheblichen Grades ihrer Störung aus allen anderen Betreuungsketten herausfallen” (Arbeitsplatzbeschreibung Ziff. 1.1 Abs. 2), also eine Problemgruppe angesprochen ist, die auch in der Protokollerklärung Nr. 12 erwähnt ist.

      • Dem Landesarbeitsgericht ist auch darin zu folgen, daß die Klägerin die Heraushebungsmerkmale der VergGr. IVa Fallgruppen 15, 16 nicht erfüllt. Ihrem Vorbringen kann jedenfalls nicht entnommen werden, daß sich ihre Tätigkeit aus der VergGr. IVb Fallgruppe 16 durch ihre Bedeutung heraushebt. Ob sie auch hier durch “besondere Schwierigkeit” herausgehoben ist, kann somit dahinstehen. Damit kommt es auf die insoweit erfolgten Angriffe der Revision gegen das Berufungsurteil nicht an.
      • Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, die Heraushebung durch die “Bedeutung” sei nicht dargelegt. Insofern werde nicht ersichtlich, wieso die Bedeutung der Tätigkeit der Klägerin über die Beratung und Betreuung der in der Protokollerklärung Nr. 12 genannten Personengruppen hinausgehe.

        Das ist im Ergebnis zutreffend.

        Die “Bedeutung” der Tätigkeit im Sinne des Heraushebungsmerkmals der VergGr. IVa Fallgruppen 15 und 16 ist dann gegeben, wenn sich die Tätigkeit des Sozialarbeiters deutlich wahrnehmbar aus derjenigen der VergGr. IVb Fallgruppe 16 heraushebt. Mit dem Merkmal der “Bedeutung” sind die Auswirkungen ihrer Tätigkeit angesprochen. Die gesteigerte Bedeutung kann sich aus der Art oder der Größe des Aufgabengebietes sowie aus der Tragweite für den innerdienstlichen Bereich und für die Allgemeinheit ergeben (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Urteil vom 10. Juli 1996 – 4 AZR 139/95 –, aaO, m.w.N.).

        Bei diesem Merkmal handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Die revisionsrechtliche Prüfung ist deshalb darauf beschränkt, ob das Landesarbeitsgericht vom zutreffenden Rechtsbegriff ausgegangen ist, ob es diesen bei der Subsumtion beibehalten hat, ob ihm bei seiner Anwendung Verstöße gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze unterlaufen sind und ob es alle entscheidungserheblichen Umstände berücksichtigt hat (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Urteil vom 10. Juli 1996 4 AZR 139/95 –, aaO, m.w.N.).

        Diesem Prüfungsmaßstab halten die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts im Ergebnis stand. In die VergGr. IVb Fallgruppe 16 sind Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit mit schwierigen Tätigkeiten eingruppiert. Was die Tarifvertragsparteien unter “schwierigen Tätigkeiten” verstehen, haben sie in der Protokollerklärung Nr. 12 beispielhaft erläutert. Zwar behandelt diese unmittelbar nur das Tatbestandsmerkmal der “schwierigen” Tätigkeiten. Durch deren Einordnung in die VergGr. IVb Fallgruppe 16 ist aber auch deren Bedeutung von den Tarifvertragsparteien eingruppierungsrechtlich bestimmt worden. Daraus folgt, daß die in der Protokollerklärung Nr. 12 aufgeführten schwierigen Tätigkeiten ihrer Bedeutung nach, soweit es auf diese für eine Heraushebung ankommt, solche der VergGr. IVb Fallgruppe 16 sind.

        Dies ist für das Merkmal der gesteigerten Bedeutung im Sinne der Heraushebungsmerkmale der VergGr. IVa Fallgruppe 15 und Fallgruppe 16 zu berücksichtigen. Auswirkungen der Tätigkeit des Sozialarbeiters, die die in der Protokollerklärung Nr. 12 aufgeführten Tätigkeiten haben, oder, soweit kein Beispiel erfüllt ist, den Auswirkungen dieser Tätigkeiten entsprechen, erfüllen nicht das Heraushebungsmerkmal der gesteigerten Bedeutung im Sinne der VergGr. IVa Fallgruppen 15 und 16 (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Urteil vom 10. Juli 1996 – 4 AZR 139/95 –, aaO). Dies hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt.

        Die Klägerin hat vorgetragen, die “Bedeutung” ihrer Tätigkeit sei darin zu erkennen, daß die Zielgruppe, an die sich die Tätigkeit richte, wegen des erheblichen Grades ihrer gesundheitlichen Störungen aus allen anderen Betreuungsketten herausfalle, weil diese Personen dort nicht mehr als behandelbar beurteilt würden. Betrachte man die Auswirkungen, die derart massiv gesundheitlich gestörte Personen auf die Öffentlichkeit hätten, so werde deutlich, wie wichtig deren Betreuung für die Allgemeinheit sei. Hinzu komme, daß kaum eine andere Tätigkeit vorstellbar sei, die umfassender und zugleich gravierender in private Lebensverhältnisse einwirke. Hier sei neben den Eingriffen in das Vermögen des Betreuten die Auswirkung auf die Gesundheit oder gar das Leben des Betreuten durch entsprechende Einwilligungserklärungen in Heilbehandlungen ebenso denkbar wie unmittelbare Grundrechtseingriffe, wie beispielsweise die Veranlassung oder Genehmigung von freiheitsentziehenden Unterbringungen. Neben der existentiellen Bedeutung für den Betreuten seien besondere Auswirkungen durch die große Zahl der heute sichtbaren Problemfälle und die insofern gegebene Betreuungsnotwendigkeit für das Zusammenleben in unserer Gesellschaft erkennbar. Auch aus volkswirtschaftlicher Sicht seien eine erfolgreiche Betreuung und Therapie zwingend notwendig und von erheblicher Bedeutung. Die Klägerin habe auch den Übergang von der Krisenintervention zur sozial-psychiatrischen Betreuung, der fließend sei, zu überwachen und führe die Koordination mit dem zuständigen Sozialarbeiter durch. Bei gegebenenfalls notwendiger stationärer Behandlung habe sie den Therapieplan in Kooperation mit den behandelnden Ärzten und Therapeuten zu erstellen, die Entlassung gegebenenfalls vorzubereiten und den Übergang in eigenständiges Leben – soweit möglich – zu unterstützen. Dies wiederum werde durch sozial-therapeutische Einzel- und Gruppengespräche, die angeboten würden, sowie in anderen Fällen durch Planung und Organisation der Unterbringung in einem Altenheim begleitet. Gegebenenfalls sei eine langfristige Betreuung zu veranlassen und dafür ein entsprechender Betreuer zu suchen.

        Damit ist die “Bedeutung” im Tarifsinne nicht belegt.

        Auch die begleitende Fürsorge für Heimbewohner und die nachgehende Fürsorge für ehemalige Heimbewohner (Protokollerklärung Nr. 12c) haben erhebliche Auswirkungen auf die Betroffenen. Der Sozialarbeiter ist in diesem Fall häufig die einzige Bezugsperson. Da die Heimbewohner ihren alltäglichen Problemen eher hilflos gegenüberstehen, haben die Dienste des Sozialarbeiters ein besonderes Gewicht. Zwar ist der Sozialarbeiter in einem Heim – anders als die Klägerin – nicht ermächtigt, Entscheidungen in persönlichen Angelegenheiten der Klienten zu treffen. Angesichts der besonderen Situation der Betroffenen kann er die Lebensgestaltung der Bewohner jedoch ebenfalls erheblich beeinflussen. Im übrigen kann die Klägerin die für den Betreuten wesentlichen Entscheidungen nur mit Genehmigung des Gerichts treffen. Die Initiative für derartige Entscheidungen geht zwar von der Klägerin aus. Ihre eigentliche Tragweite für den Betreuten erlangen diese Maßnahmen aber erst mit der gerichtlichen Entscheidung. Über die Unterbringung nach dem HFEG entscheidet nicht die Klägerin, sondern das Gericht auf Antrag der Verwaltungsbehörde. Dabei mag die Klägerin “initiativ” werden, und es mag Grundlage für Antrag und Entscheidung des Gerichts ihr Gutachten sein. Die Möglichkeit des eigenen Eingriffs in die Lebenssituation der Klientel durch Einweisung in Kliniken, Unterbringung in Heimen ist ihr am Ende nicht eingeräumt. Auch bei der vorläufigen Unterbringung nach § 10 HFEG ist nach dessen Satz 2 unverzüglich eine richterliche Entscheidung über die Zulässigkeit und Fortdauer der sofortigen Ingewahrsamnahme herbeizuführen. Daß die jeweils richtige Behandlung oder Therapie für den weiteren Lebensverlauf der Patienten “entscheidende Bedeutung” habe, belegt nicht die “Bedeutung” im Tarifsinne. Auch die begleitende Fürsorge für Strafgefangene und Heimbewohner muß “richtig” sein.

        Auch die Revisionsbegründung zeigt keine weiteren Gesichtspunkte auf, die das Merkmal der “Bedeutung” zu belegen vermöchten.

        Die Revision begnügt sich insoweit mit der Wiederholung der bisherigen Argumente. Auch gegenüber den in der Protokollerklärung Nr. 12 genannten Problemgruppen wird in Erfüllung staatlicher Fürsorgepflichten in akuter Gefährdung befindlichen Personen Hilfe zuteil. Auch insoweit werden akute soziale Konfliktsituationen entschärft und damit nicht nur den unmittelbar Betroffenen, sondern auch dem Umfeld und damit der Allgemeinheit geholfen. Auch Angehörige der in der Protokollerklärung Nr. 12 genannten Problemgruppen stellen ein latentes Gefährdungspotential für die Allgemeinheit dar, und ob die Klägerin “deshalb” auch in sogenannten sozialen Brennpunkten der Stadt vornehmlich tätig wird, erscheint im Hinblick auf Ziff. 1.1 der Arbeitsplatzbeschreibung zum einen immerhin als fraglich – psychisch schwerkranke Menschen, Behinderte und gerontopsychiatrische Patienten sind nicht auf soziale Brennpunkte einer Großstadt beschränkt – und ist zum anderen nicht belegt. Was der Hinweis auf die Arbeit in der Entwicklung von Therapie- und Rehabilitationsplänen für die Zielgruppe anbelangt, ist sie nach der Arbeitsplatzbeschreibung auf die von der Klägerin betreuten Personen bezogen, geht also in ihrer Tragweite nicht über die Bedeutung der Betreuung von Heimbewohnern hinaus. Daß die Klägerin darüber hinaus etwa Grundsatzfragen in rechtserheblichem Umfange bearbeitet, ist nicht quantifiziert, von “Förderung von Netzwerken” abgesehen, die aber nur 5 % der Arbeitszeit der Klägerin belegt. Das gilt auch für die aus der Arbeitsplatzbeschreibung aufgegriffene “stadtteil- und gemeinwesenorientierte Beratungsarbeit zur Verbesserung der Akzeptanz der zu Betreuenden in ihrem sozialen Umfeld”, soweit sie nicht personenbezogen sein sollte, wovon im Hinblick auf den Oberbegriff “klientenbezogene Sozialarbeit” der Arbeitsplatzbeschreibung auszugehen ist.

        Eine gegenüber den Tätigkeiten, die unter die VergGr. IVb Fallgruppe 16 fallen, gesteigerte Bedeutung der Tätigkeit der Klägerin ist auch sonst nicht erkennbar (vgl. auch die Urteile des Senats vom 25. Oktober 1995 – 4 AZR 495/94 – AP Nr. 21 zu §§ 22, 23 BAT Sozialarbeiter, zu II 5 der Gründe; vom 10. Juli 1996 – 4 AZR 139/95 –, aaO, zu 4.5.2 der Gründe).

        Damit hat die Klägerin keinen Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IVa BAT/VKA ab 1. Dezember 1992.

  • Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
 

Unterschriften

Schaub, Schneider, Friedrich, E. Wehner, v. Dassel

 

Fundstellen

Haufe-Index 893910

RdA 1998, 61

RiA 1998, 289

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