Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung von Fernmelderevisor
Leitsatz (redaktionell)
Eingruppierung von Fernmelderevisor; Abgrenzung von allgemeinen zu besonderen Fallgruppen nach Spezialität; Begriff des einschlägigen Lehrberufs; Tätigkeiten eines Fernmelderevisors.
Normenkette
BAT 1975 §§ 22-23
Verfahrensgang
Hessisches LAG (Urteil vom 12.01.1989; Aktenzeichen 9 Sa 257/86) |
ArbG Gießen (Urteil vom 22.01.1986; Aktenzeichen 3 Ca 471/85) |
Tenor
Auf die Revision des beklagten Landes werden die Urteile des Landesarbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 12. Januar 1989 – 9 Sa 257/86 – und des Arbeitsgerichts Gießen vom 22. Januar 1986 – 3 Ca 471/85 – aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten den Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der 48jährige Kläger steht seit 1. Juli 1981 in den Diensten des beklagten Landes. Er hat im Jahre 1969 die Prüfung als Elektroinstallateurmeister abgelegt. Danach wurde er von seinem Arbeitgeber, einem Unternehmen der Privatwirtschaft, als sogenannter Fernmelderevisor eingesetzt. Im Jahre 1980 bewarb er sich bei dem beklagten Land um eine durch Zeitungsinserat ausgeschriebene Stelle als „Fernmeldetechniker”. Mit Schreiben vom 13. April 1981 erteilte das beklagte Land dem Kläger unter dem Betreff „Einstellung als Fernmeldetechniker/Fernmeldeelektroniker” eine Zusage für eine Einstellung zum 1. Juli 1981. Hierzu hatte der Personalrat zuvor zugestimmt. Die Parteien haben die Anwendung des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) auf das Arbeitsverhältnis einzelvertraglich vereinbart. Der Kläger erhielt zunächst Vergütung nach Vergütungsgruppe V c BAT. Seit 1. Oktober 1988 wird er aufgrund höherwertiger Tätigkeit nach Versetzung höher vergütet.
Der Kläger war bis zu seiner Versetzung allein zuständig für die technische Betreuung des Fernmeldewesens einschließlich der Bereiche Brandschutz, Katastrophenschutz und Rettungsdienst mit Krankentransport im Bereich des Regierungspräsidenten … und der Bereiche F. O. und M. Ihm oblagen im einzelnen folgende Tätigkeiten mit folgenden zeitlichen Anteilen an der Gesamtarbeitszeit:
- Eigenverantwortliche Wartung und Instandsetzung der Notruffernsprechanlagen, System 73, und Funküberleitsysteme (28 %);
- Wartung und Instandsetzung von Funkabfrageeinrichtungen (8 %);
- Wartung und Instandsetzung von Funkrelaisstellen, die über Sonderfernsprechleitungen mit den Leitfunk- oder Leitstellen verbunden sind – 2 Einrichtungen (2 %);
- Amtshilfe im erweiterten Katastrophenschutz (Planung von neu aufzubauenden OB-Telefonanlagen, Entstörung der OB-Telefonanlagen, Einweisung des Bedienungspersonals in die Funktion der OB-Telefonanlagen, Überprüfung der Sirenensteuerung und Erstellen des Mess- und Prüfprotokolls bei Neueinrichtungen (8 %));
- Mess- und Prüfprotokolle erstellen, wenn sie von der Bundespost für das Notrufsystem 73 nach § 27 der Fernsprechordnung, Verwaltungsanweisung 2, übertragungstechnische Eigenschaften gefordert werden (15 %);
- Berechtigungsprüfung an den Notrufanlagen zusammen mit den Beamten der DBP durchführen (3 %);
- Schalt- und Stromlaufpläne für 15 Fernmeldeeinrichtungen selbständig erstellen bei notwendigen Änderungen (5 %);
- Verantwortliche Abnahme des Notrufsystems 73 einschließlich des Fernmeldedrahtnetzes sowie elektronischer Führungs- und Einsatzhilfen nach Neuaufbau (16 %);
- Selbständige Bearbeitung von Verwaltungsvorgängen (2 %);
- Eigenverantwortliche technische Ausführung von Arbeiten nach Erlassen HMdI und anschließende schriftliche Berichterstattung an HMdI (3 %);
- Eigenverantwortliche Ersatzteilbeschaffung mit anschließender Rechnungsprüfung „fachtechnisch und rechnerisch richtig” – Handkäufe (1 %);
- Anfordern und Auswerten von Angeboten für Großersatzteile, anschließend durchzuführende Beschaffung (bis 2.000,– DM in eigener Verantwortung, über 2.000,– DM mit Genehmigung des HMdI) (5 %);
- Eigenverantwortliche Entscheidung über Fremdvergabe von Reparaturarbeiten und Überwachung der ordnungsgemäßen Ausführung (3 %);
- Führen einer Anlagenkartei über die Fernmeldeeinrichtungen (1 %).
Der Kläger arbeitete allein. Seine Vorgesetzten waren Juristen.
Mit Schreiben vom 8. September 1981 teilte das beklagte Land (Regierungspräsident …) dem Kläger mit:
„Nachdem im Zusammenhang mit Ihrer Eingruppierung mit dem Hessischen Minister des Innern klärende Gespräche stattgefunden haben, teile ich Ihnen mit, daß Sie aufgrund des Ihnen übertragenen Tätigkeitsbereichs in die Vergütungsgruppe V c, Fallgruppe 1 des Teils II L, Unterabschnitt I „Techniker” eingruppiert werden. Eine Änderung in der Höhe ihrer Vergütung ist hiermit nicht verbunden. Einen Bewährungs- oder Zeitaufstieg sieht die o.a. Fallgruppe nicht vor.”
Mit Schreiben vom 18. November 1982 beantragte der Kläger gegenüber dem beklagten Land seine Eingruppierung nach Vergütungsgruppe V b BAT. Hierzu führte er aus:
„Bei dem Einstellungsgespräch wurde mir von Herrn Ministerialrat H. zugesagt, bei Bewährung und Absolvierung der erforderlichen Fachlehrgänge in die Vergütungsgruppe BAT V b aufzusteigen. Nach erfolgreichem Besuch der Fachkurse bei S., SE …, Ablegen des Sprechfunkzeugnisses an der Feuerwehrschule Kassel sowie Erlangung der Erlaubnis der Oberpostdirektion Frankfurt/Main zur Wartung und Instandsetzung der Fernsprechnebenstellanlage des Regierungspräsidenten … bitte ich Sie, mich in die Gruppe BAT V b Fallgruppe 1 einzugruppieren.”
Das beklagte Land lehnte das Begehren des Klägers mit der Begründung ab, er sei als Fernmelderevisor im tariflichen Sinne anzusehen und als solcher zutreffend eingruppiert.
Der Kläger hat vorgetragen, er sei nach den tariflichen Tätigkeitsmerkmalen für Techniker und nicht nach den Tätigkeitsmerkmalen für Fernmelderevisoren einzugruppieren. Er habe Sonderanlagen zu betreuen gehabt, wofür ein Fernmelderevisor nicht ausgebildet sei. Der Fernmelderevisor warte Serienanlagen aufgrund vorliegender Pläne. Dabei handele es sich um eine mehr schematische Arbeit. Seine Ansprechpartner seien jedoch Fachingenieure gewesen. Um die ihm obliegenden Aufgaben erfüllen zu können, habe er zusätzlich einschlägige Lehrgänge besucht. Insoweit sei ihm bei der Einstellung auch zugesagt worden, daß nach Einarbeitung und dem Besuch von Fachlehrgängen ein Aufstieg nach Vergütungsgruppe V b BAT möglich sei.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger ab 1. Juni 1982 Vergütung nach der Vergütungsgruppe V b nach dem Tarifvertrag L Angestellte in technischen Berufen zu zahlen.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat vorgetragen, eine verbindliche Zusage einer Höhergruppierung nach Vergütungsgrupppe V b BAT sei dem Kläger nicht erteilt worden. Seine Tätigkeit habe der Tätigkeit eines Fernmelderevisors entsprechen entsprechenden speziellen Fallgruppen zu vergüten sei. Bei den dem Kläger obliegenden Instandsetzungs- und Wartungsarbeiten habe es sich um typische Arbeiten eines Fernmelderevisors gehandelt. Der Hinweis in dem Schreiben des Beklagten vom 8. September 1981 auf die Vergütungsgruppe für Techniker beruhe auf einem Irrtum, weil das Land insoweit die Sonderregelungen für den fernmeldetechnischen Dienst übersehen habe. Der Kläger könne auch nicht nach den Tätigkeitsmerkmalen für Meister eingruppiert werden. Insoweit habe er noch nicht einmal schlüssig dargelegt, daß er entsprechende Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppe V b BAT erfülle.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß es der Klage nur für die Zeit bis 30. September 1988 stattgegeben hat.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt das beklagte Land seinen Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile und zur Klageabweisung. Das beklagte Land ist nicht verpflichtet, dem Kläger für die Zeit ab 1. Juni 1982 bis 30. September 1988 Vergütung nach Vergütungsgruppe V b BAT zu zahlen. Denn der Kläger erfüllt kein Tätigkeitsmerkmal dieser Vergütungsgruppe.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) kraft einzelvertraglicher Vereinbarung Anwendung. Danach kommt es für die Eingruppierung des Klägers darauf an, ob zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals der Vergütungsgruppe V b BAT erfüllen (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT). Hierbei ist unter einen Arbeitsvorgang eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten zu verstehen (BAGE 51, 59, 65 = AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975 mit weiteren Nachweisen). Dazu bedarf es aber ausreichender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zur Verwaltungsübung, zu etwaigen Zusammenhangstätigkeiten, zu dem jeweiligen Arbeitsergebnis sowie dazu, ob und inwieweit die jeweiligen Arbeitseinheiten tatsächlich abgrenzbar und rechtlich selbständig bewertbar sind (BAGE 30, 229 = AP Nr. 6 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Daran fehlt es vorliegend. Das ist jedoch unschädlich, da nach der unstreitigen Tätigkeitsbeschreibung während mehr als der Hälfte der Arbeitszeit des Klägers selbständig zu bewertende Arbeitseinheiten anfallen, die höchstens nach Vergütungsgruppe V c BAT zu bewerten sind, so daß der Anspruch des Klägers auf Vergütung nach Vergütungsgruppe V b BAT unbegründet ist.
Zu den insoweit rechtlich selbständig zu bewertenden Arbeitseinheiten des Klägers gehören die Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten (Tätigkeitsbeschreibung zu 1 bis 3) und die Erstellung der Meß- und Prüfprotokolle (Tätigkeitsbeschreibung zu 5). Diese Tätigkeiten nehmen insgesamt 53 v. H. der Arbeitszeit des Klägers in Anspruch. Sie sind von den übrigen Tätigkeiten des Klägers tatsächlich abgrenzbar, wie die unstreitige Tätigkeitsbeschreibung ausweist. Die Wartungs- und Instandssetzungsarbeiten sowie die Erstellung der Meß- und Prüfprotokolle sind rechtlich selbständig zu bewerten, weil diese Tätigkeiten von den speziellen Tätigkeitsmerkmalen für Fernmelderevisoren erfaßt werden. Sie dürfen daher nicht mit anderen Tätigkeiten der Tätigkeitsbeschreibung, die nicht zum Aufgabenbereich von Fernmelderevisoren gehören, zusammen bewertet und zu einem Arbeitsvorgang zusammengefaßt werden.
Für die Eingruppierung sind folgende Tätigkeitsmerkmale des Teils II Abschnitt P. („Angestellte im fernmeldetechnischen Dienst und im Fernmeldebetriebsdienst”) Unterabschnitt I („Angestellte im fernmeldetechnischen Dienst”) der Anlage 1 a zum BAT heranzuziehen:
Vergütungsgruppe V b
Angestellte im fernmeldetechnischen Dienst als Fernmelderevisoren, denen mindestens sechs Fernmelderevisoren durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt sind.
(Hierzu Protokollnotizen Nrn. 1 und 2)
Vergütungsgruppe V c
1. Angestellte im fernmeldetechnischen Dienst als Fernmelderevisoren mit besonders schwierigen Tätigkeiten (z.B. Funktionskontrollen einschließlich Eingrenzen und Beseitigen von Fehlern in Nebenstellenanlagen ab Baustufe III gemäß der Fernmeldeordnung der Deutschen Bundespost mit mindestens 800 Anschlußeinheiten). (Hierzu Protokollnotizen Nrn. 1 und 2)
2. Angestellte im fernmeldetechnischen Dienst als Fernmelderevisoren, die sich dadurch aus der Vergütungsgruppe VI b herausheben, daß sie an elektronischen Geräten selbständig Funktionsprüfungen durchführen und Fehler beseitigen, wenn dabei schwierige Messungen vorzunehmen sind. (Hierzu Protokollnotizen Nrn. 1, 2, 3 und 4).
…
Protokollnotizen:
Nr. 1: |
Fernmelderevisoren sind Angestellte mit Lehrabschlußprüfung in einem einschlägigen Lehrberuf mit Tätigkeiten, die die Fähigkeit voraussetzen, Funktionen und Schaltungsabläufe von Fernmeldeanlagen verschiedener Systeme (Bautechniken) an Hand technischer Schaltungsunterlagen (z.B. Stromlaufplänen, Montageplänen, Zeitdiagrammen, Datenflußplänen) so zu erkennen, daß sie in der Lage sind, solche Fernmeldeanlagen selbständig instandzuhalten und instandzusetzen. |
Nr. 2: |
Angestellte ohne Lehrabschlußprüfung in einem einschlägigen Lehrberuf, die eine verwaltungseigene Prüfung in einem anerkannten einschlägigen Lehrberuf abgelegt haben oder denen im Bereich des Bundesministers der Verteidigung die ATN-Stufe 7 in einem einschlägigen Lehrberuf zuerkannt worden ist, werden bei der Eingruppierung den Angestellten mit Lehrabschlußprüfung in einem einschlägigen Lehrberuf gleichgestellt. |
Der Kläger ist Angestellter im fernmeldetechnischen Dienst, weil er unstreitig technische Aufgaben an Fernmeldeanlagen zu erfüllen hat. Entgegen seiner Auffassung und entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist er darüber hinaus auch Fernmelderevisor im tariflichen Sinne. Mach dem Grundsatz der Spezialität, der nicht nur bei Tarifkonkurrenzen gilt (vgl. hierzu Wiedemann/Stumpf, Tarifvertragsgesetz, 5. Aufl. 1977, § 4 Rz 165), sondern der auch bei der Auslegung von Tarifverträgen zu berücksichtigen ist und der besagt, daß eine spezielle Regelung einer allgemeinen Regelung vorgeht, sind Angestellte, die mit ihrer überwiegenden Tätigkeit Tätigkeitsmerkmale eines Fernmelderevisors erfüllen, nach diesen Tätigkeitsmerkmalen und nicht nach den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen für technische Angestellte, für Angestellte in technischen Berufen oder für Meister einzugruppieren. Der Grundsatz der Spezialität hat auch in der Vorbemerkung Nr. 1 zu allen Vergütungsgruppen des BAT seinen Niederschlag gefunden, wonach für Angestellte, die außerhalb der Tätigkeitsmerkmale der Fallgruppen 1 und 1 a bis 1 e des Allgemeinen Teils mit besonderen Tätigkeitsmerkmalen aufgeführt sind, die Tätigkeitsmerkmale dieser Fallgruppen weder in der Vergütungsgruppe, in der sie aufgeführt sind, noch in einer höheren Vergütungsgruppe gelten.
Nach der Protokollnotiz Nr. 1 zum Teil II Abschnitt P Unterabschnitt I der Anlage 1 a zum BAT ist für die Tätigkeit eines Fernmelderevisors erforderlich, daß er die Lehrabschlußprüfung in einem einschlägigen Lehrberuf besitzt. Dies ist vorliegend zu bejahen. Unter einer einschlägigen Lehrabschlußprüfung ist nach der Senatsrechtsprechung eine Abschlußprüfung zu verstehen, die den betreffenden Arbeitnehmer befähigt, diejenigen Arbeiten sachgerecht ausführen zu können, die in seinem Aufgabenbereich üblicherweise anfallen (vgl. BAGE 42, 86 = AP Nr. 128 zu § 1 TVG Auslegung). Daran anknüpfend ist unter einem „einschlägigen Lehrberuf” im Sinne der Protokollnotiz Nr. 1 ein Beruf zu verstehen, der den Arbeitnehmer befähigt, die Tätigkeiten eines Fernmelderevisors sachgerecht auszuüben (BAG Urteil vom 27. November 1985 – 4 AZR 280/84 – AP Nr. 110 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Hierbei ist aber zu beachten, daß es eine Berufsausbildung zum Fernmelderevisor noch nicht gibt. Deshalb muß es für den Begriff des „einschlägigen Lehrberufs” genügen, wenn die entsprechende Berufsausbildung ein Grundlagenwissen vermittelt, das für die Tätigkeit eines Fernmelderevisors benötigt wird. Insoweit kommen verschiedene Berufe als einschlägige Lehrberufe in Betracht, wovon auch die Protokollnotiz Nr. 1 ausgeht, wenn sie keinen bestimmten Lehrberuf bezeichnet, sondern von „einem einschlägigen Lehrberuf” spricht. Der Fernmelderevisor im tariflichen Sinne ist nach früherem Recht ein besonders qualifizierter Fernmeldemechaniker, der die in der Protokollnotiz Nr. 1 aufgeführten Fähigkeiten besitzt. Fernmeldemechaniker gehörten zur Berufsgruppe der Elektriker (vgl. S. 44 und 45 des Verzeichnisses der anerkannten Ausbildungsberufe und des Verzeichnisses der zuständigen Stellen vom 27. Juli 1983 – Beilage zum Bundesanzeiger Nr. 183 vom 29. September 1983 –). Als einschlägiger Lehrberuf eines Fernmelderevisors kann daher die Ausbildung zu einem Beruf der Berufsgruppe der Elektriker angesehen werden. Hierzu gehört der Kläger als ausgebildeter Elektroinstallateur.
Auch nach neuem Recht besitzt der Kläger die Lehrabschlußprüfung in einem einschlägigen Lehrberuf. Den Beruf des Fernmeldemechanikers gibt es nicht mehr (§ 10 der Verordnung über die Berufsausbildung zum Fernmeldeanlagenelektroniker/zur Fernmeldeanlagenelektronikerin vom 28. Dezember 1987 – BGBl I, S. 2834).
An seine Stelle ist der Beruf des Fernmeldeanlageneletronikers gebreten, für dessen Ausbildung die Verordnung vom 28. Dezember 1987 gilt. Auch für den Beruf des Elektroinstallateurs gibt es eine neue Ausbildungsverordnung vom 11. Dezember 1987 (BGBl I, S. 2634). Beide Berufe gehören zu den sogenannten handwerklichen Elektroberufen, für die für das erste Ausbildungsjahr die gleiche berufliche Grundbildung vorgesehen ist (vgl. Blätter zur Berufskunde, Band 1 – II B 101, 5. Aufl. 1989, S. 1; vgl. ferner die Verordnung über die Anrechnung eines schulischen Berufsgrundbildungsjahres, einer einjährigen und einer zweijährigen Berufsfachschule auf die Ausbildungszeit in den handwerklichen Elektroberufen vom 31. Mai 1988 – BGBl I, S. 719). Das Ausbildungsberufsbild des Elektroinstallateurs und des Fernmeldeanlagenelektronikers ist in vielen Punkten identisch und im übrigen ähnlich (vgl. § 4 Elektroinstallateur – Ausbildungsverordnung und § 4 Fernmeldeanlagenelektroniker – Ausbildungsverordnung). Demgemäß ähneln sich auch die Prüfungen, in denen z.B. für beide Ausbildungsberufe Kenntnisse der Elektrotechnik, Schaltungstechnik und Meßtechnik verlangt werden (§ 8 Elektroinstallateur – Ausbildungsverordnung und § 8 Fernmeldeanlagenelektroniker – Ausbildungsverordnung). Das Installieren, Inbetriebnehmen, Warten, Inspizieren und Instandsetzen von elektrischen Anlagen sowie das Messen elektrischer Größen gehört zum Berufsbild beider Ausbildungsberufe (§ 4 Elektroinstallateur – Ausbildungsverordnung und § 4 Fernmeldeanlagenelektroniker – Ausbildungsverordnung). Diese Tätigkeiten bilden auch die Grundlage der Tätigkeit eines Fernmelderevisors.
Damit erweist sich der Elektroinstallateur auch nach dem neuen Ausbildungsberufsbild als einschlägiger Lehrberuf im Sinne der Protokollnotiz Nr. 1 für den Fernmelderevisor.
Auch die weitere Voraussetzung der Protokollnotiz Nr. 1, daß der Angestellte mit Tätigkeiten befaßt ist, die die Fähigkeiten voraussetzen, Funktionen und Schaltungsabläufe von Fernmeldeanlagen verschiedener Systeme anhand technischer Schaltungsunterlagen so zu erkennen, daß er in der Lage ist, solche Fernmeldeanlagen selbständig instandzuhalten und instandzusetzen, erfüllt der Kläger. Die von ihm wahrgenommene Instandhaltung, die mit dem Begriff Wartung synonym ist (vgl. Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Band 6, 1984, S. 662), und die Instandsetzung von Fernmeldeanlagen gehört zum Aufgabenbereich eines Fernmelderevisors, wobei die Protokollnotiz Nr. 1 nicht nach der Schwierigkeit der Tätigkeit und den Anforderungen an die Kenntnisse des Angestellten differenziert. Wenn das Landesarbeitsgericht demgegenüber meint, die Instandsetzung und die Instandhaltung von Fernmeldeanlagen im Sinne der Protokollnotiz Nr. 1 seien nur solche Tätigkeiten, die von einem Angestellten mit einem einschlägigen Lehrabschluß verlangt werden könnten, in dem Abstellen auf die Lehrabschlußprüfung liege eine Begrenzung des Tätigkeitsbereichs nach unten und auch nach oben, so übersieht es, daß die Protokollnotiz Nr. 1 gerade nicht verlangt oder sich darauf beschränkt, daß der Angestellte mit der Lehrabschlußprüfung in einem einschlägigen Lehrberuf mit entsprechenden Tätigkeiten betraut wird, wie es die Tarifvertragsparteien des BAT sonst ausdrücklich normieren, wenn sie eine entsprechende Tätigkeit verlangen (vgl. z.B. für Angestellte in technischen Berufen: Teil. II Abschnitt L Unterabschnitt I Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1, VI b Fallgruppe 1 der Anlage 1 a zum BAT). Vielmehr haben die Tarifvertragsparteien vorliegend statt der „entsprechenden Tätigkeit” die von einem Fernmelderevisor geforderte und erwartete Tätigkeit in der Protokollnotiz Nr. 1 umschrieben, ohne insoweit nach weiteren Schwierigkeitsgraden und dem Kenntnisstand zu differenzieren. Damit wird zum Beispiel sogar eine Tätigkeit mit Ingenieurzuschnitt, die den Anforderungen der Protokollnotiz Nr. 1 entspricht, von dieser erfaßt.
Ob dies sinnvoll ist oder es sachgerechter wäre, bei der Eingruppierung von Fernmelderevisoren nach den Anforderungen an die Tätigkeit mehr zu differenzieren, als dies von den Tarifvertragsparteien bisher vorgesehen ist, haben die Gerichte für Arbeitssachen nicht zu beurteilen. Aus den speziellen Tätigkeitsmerkmalen für Angestellte im fernmeldetechnischen Dienst ist nämlich der Wille der Tarifvertragsparteien ersichtlich geworden, alle Angestellten im fernmeldetechnischen Dienst, die als Fernmelderevisoren anzusehen sind, zu erfassen. Hierbei sehen die Tarifvertragsparteien eine Steigerung der Eingruppierung, ausgehend von der Vergütungsgruppe IX b – und dann entsprechend höheren Anforderungen an die Tätigkeit der Fernmelderevisoren – bis zur Vergütungsgruppe V b BAT vor. Wenn die Anforderungen an die Tätigkeit von Fernmelderevisoren in bestimmten Bereichen besonders hoch sind, ist es Sache der Tarifvertragsparteien, dem durch die Schaffung entsprechender Tätigkeitsmerkmale Rechnung zu tragen. Den unterschiedlichen Anforderungen an die Tätigkeit der Fernmelderevisoren haben die Tarifvertragsparteien vorliegend sehen dadurch Rechnung getragen, daß nach Vergütungsgruppe V c BAT Fallgruppe 1 nur Fernmelderevisoren mit „besonders schwierigen Tätigkeiten” vergütet werden. Es kann jedoch nicht Aufgabe der Gerichte sein, sich an die Stelle der Tarifvertragsparteien zu setzen und den Fernmelderevisoren unter Außerachtlassung des Spezialitätsprinzips eine weitere Höhergruppierung nach allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen (für Angestellte in technischen Berufen oder für Meister) zu ermöglichen. Dies wäre ein unzulässiger Eingriff in die Tarifautonomie.
Auch soweit der Kläger Messungen vorzunehmen und Meß- und Prüfprotokolle zu erstellen hat (Tätigkeitsbeschreibung zu 5) geht es um die ordnungsgemäße Instandhaltung der Fernmeldeanlage. Das Prüfen und Überwachen des technischer Zustandes von Fernmeldeanlagen, die Durchführung von Funktionsprüfungen einschließlich Messungen zählen die Tarifvertragsparteien auch ausdrücklich zum Aufgabenbereich eines Fernmelderevisors (vgl. Vergütungsgruppe V c Fallgruppen 2 und 3). Zu seiner Tätigkeit bei der Erstellung von Meß- und Prüfprotokollen hat der Kläger selbst bei einer Befragung durch das Landesarbeitsgericht erklärt, es gehe bei diesen Überprüfungen unter anderem darum, ob die von der Post geforderten Berechtigungen eingehalten seien (z.B. Querverbindung von Feuerwehr zu Polizei oder umgekehrt). Darüber hinaus gehe es aber auch um die technische Prüfung, ob die im Postsystem zugrundeliegenden Werte eingehalten würden. Dies ist eine typische Wartungs-(Instandhaltungs-)Aufgabe. Da der Kläger somit während seiner überwiegenden Arbeitszeit mit Tätigkeiten befaßt ist, die nach den Tätigkeitsmerkmalen des Teils II Abschnitt P. Unterabschnitt I der Anlage 1 a zum BAT zu bewerten sind, kann er eine höhere Vergütung als Vergütung nach Vergütungsgruppe V c BAT für den Klagezeitraum nicht beanspruchen.
Der Kläger hat als unterlegene Partei gemäß § 91 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Unterschriften
Dr. Neumann, Dr. Freitag, Dr. Etzel, Schaible, Prieschl
Fundstellen