Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung einer Teamverantwortlichen bei der TKK. Abgrenzung der Tätigkeitsbeispiele „Sachbearbeiter/innen mit besonderer Aufgabenstellung” der VG 5 und 6 TKT und „Arbeitsbereichsleiter/innen” der VG 7 und 8 TKT. Auslegung der Anforderungen „Führung und Leitung” in Protokollnotiz Nr. 12 zur Anlage 1 zum TKT
Orientierungssatz
1. Die Tatbestandsmerkmale „Führung und Leitung” in Protokollnotiz Nr. 12 der Anlage 1 zum TKT als Teil der Aufgabe von „Arbeitsbereichsleitern/Arbeitsbereichsleiterinnen” der VG 7 und 8 TKT beschreiben verschiedene Anforderungen. Der Begriff der „Führung” bedeutet eine primär personenbezogene, der der „Leitung” eine primär tätigkeitsbezogene Aufgabe.
2. Der Teamverantwortliche bei der TKK als Fachvorgesetzter von sechs oder sieben Sozialversicherungsfachangestellten erfüllt nicht die Anforderung der „Führung” dieser Mitarbeiter iSd. Protokollnotiz Nr. 12 zur Anlage 1 zum TKT.
Normenkette
TVG § 1; Tarifvertrag der Techniker-Krankenkasse (TKK) i.d.F. vom 22. April 1985 (TKT); Anlage 1 zum TKT i.d.F des Änderungstarifvertrages 02/94 vom 22. April 1994, in Kraft getreten am 1. Mai 1994, VG 5 bis 8; Protokollnotiz Nrn. 3; Protokollnotiz Nr. 12
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 27. Juli 2000 – 7 Sa 8/00 – wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten um die tarifgerechte Vergütung der Klägerin.
Die der Deutschen Angestelltengewerkschaft (DAG – jetzt: Ver.di) angehörende Klägerin ist seit dem 1. April 1986 bei der Beklagten, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 10./20. Februar 1986 als Sachbearbeiterin tätig. Für das Arbeitsverhältnis der Parteien gilt kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit der Tarifvertrag der Techniker-Krankenkasse in der Fassung vom 22. April 1985 (TKT).
Die in der Geschäftsstelle B. beschäftigte Klägerin wurde ab 1. August 1991 zunächst kommissarisch, ab 1. Februar 1992 sodann auf Dauer als Sachbearbeiterin mit besonderer Aufgabenstellung (nachfolgend: SBmbA) eingesetzt. Sie war seit dem 1. April 1990 in VG (Vergütungsgruppe) 5 der Anlage 1 zum TKT eingruppiert. Seit dem 1. August 1991 erhielt sie eine Zulage „zur VG 6”. Seit dem 1. Februar 1992 ist die Klägerin in die VG 6 eingruppiert.
Beginnend ab Mai 1991 wurden in der damaligen O. Geschäftsstelle der Beklagten und zum 1. Juli 1993 auch in der damaligen W. Geschäftsstelle, die zwischenzeitlich zusammengelegt worden sind, das sog. „Teamsystem” eingeführt. Bis zur Einführung dieses „Teamsystems” stand ein Arbeitsbereichsleiter (ABL), der in VG 7 als Eingangsstufe mit der Möglichkeit des Bewährungsaufstiegs in die VG 8 eingruppiert war, einem in VG 5 als Eingangsstufe mit der Möglichkeit des Bewährungsaufstiegs in die VG 6 eingruppierten SBmbA sowie weiteren sieben Sozialversicherungsfachangestellten, eingruppiert in die VG 3 – 5, vor. Nach der durch das Teamsystem eingeführten neuen Struktur leitet ein ABL nunmehr drei Arbeitsgruppen. Diese Arbeitsgruppen bestehen jeweils aus einem SBmbA sowie mindestens sechs, häufig jedoch auch sieben diesem SBmbA nachgeordneten Sachbearbeitern aus dem Bereich der Sozialversicherung und dem Bereich „Allgemeine Verwaltung”. Der ABL ist nach der durch das Teamsystem neu eingeführten Struktur damit etwa für die dreifache Anzahl der ihm zuvor unterstellten Mitarbeiter verantwortlich. Die bei der Beklagten bestehende Personalvertretung stimmte der Einführung des Teamsystems zum 1. Juli 1993 in der damaligen W. Geschäftsstelle der Beklagten nur unter der Bedingung zu, daß die ABL neuer Prägung eine Zulage „analog der Vergütung” nach VG 8 – 9 TKT, die „Teamverantwortlichen”, dh. die SBmbA neuer Prägung, eine Zulage „analog der Vergütung” nach VG 6 – 7 TKT erhielten. Die Klägerin erhielt die Zulage analog zu der Vergütung nach VG 7 TKT bis zum 31. Dezember 1998. Ab dem 1. Januar 1999 führte die Beklagte das Organisationsmodell „Geschäftsstelle 98” ein.
Bis zum 25. Juli 1999 waren der Klägerin vier Sozialversicherungsfachangestellte (Endvergütung VG 5) und drei Sachbearbeiter Allgemeine Verwaltung (Endvergütung VG 4) nachgeordnet. Seit dem 26. Juli 1999 ist sie zu 60 % ihrer Arbeitszeit für die Wahrnehmung von Aufgaben als Personalrätin freigestellt und leistet in den verbleibenden 40 % ihrer Arbeitszeit seitdem keine Tätigkeit mehr als SBmbA in ihrem Arbeitsbereich.
Nach der Stellenbeschreibung für ABL mit Stand November 1995 ist der ABL für die Führung der ihm nachgeordneten Mitarbeiter verantwortlich. Als Führungsaufgaben unter dem Stichwort „Ziel der Planstelle” sind folgende Aufgaben genannt:
- Ziele setzen und planen
- Koordinieren und Kooperieren
- Delegieren und Informieren
- Fördern und Motivieren
- Kontrollieren und Beurteilen.
Gemäß der Stellenbeschreibung haben die ABL unter Beachtung der „Grundsätze der Führung und Zusammenarbeit” ua. folgende Aufgaben selbst wahrzunehmen:
- Festlegung des Personaleinsatzes und der Mitarbeiterausbildung
- Veranlassung von Mitarbeitergesprächen
- Durchführung von Leistungs- und Verhaltensvergleichen
- die Durchführung der allgemeinen Revision und Erfolgskontrolle
- Unterbreitung von Vorschlägen bzw. die Vorlage von Beurteilungen bei Personalentscheidungen
- Unterstützung und Einarbeitung der Teamverantwortlichen.
Die in der Stellenbeschreibung der ABL genannten „Grundsätze der Führung und Zusammenarbeit” enthalten unter der Überschrift „Führen” folgenden Grundsatz:
Sinn allen Führens in der TK ist es, die Mitarbeiter so einzusetzen und zu motivieren, daß sie in hoher Leistungsbereitschaft ein Höchstmaß an Fachkenntnissen und Fertigkeiten einsetzen und mit möglichst geringem Materialaufwand in kürzester Zeit optimale Ergebnisse erzielen und sich dabei beruflich und menschlich voll entfalten können. Hieraus erwachsen als wesentliche Führungsaufgaben: Ziele setzen und planen, koordinieren und kooperieren, delegieren und informieren, fördern und motivieren, kontrollieren und beurteilen.
Die für die damalige Tätigkeit der Klägerin maßgebende Stellenbeschreibung „Teamverantwortliche” Stand November 1995 führt als „Ziel der Planstelle” auf:
Der Teamverantwortliche soll seinen für ihn zuständigen Arbeitsbereichsleiter von fachbezogenen Aufgaben entlasten, damit dieser sich auf die grundsätzlichen Führungsaufgaben konzentrieren kann.
Der Teamverantwortliche ist daher der Fachvorgesetzte aller Teammitarbeiter.
Daraus ergeben sich im Einzelnen folgende Fachaufgaben:
- Beraten und Informieren
- Koordinieren und Kooperieren
- Kontrollieren und Beurteilen.
Der TV ist für seine zur Arbeitserledigung notwendige fachliche Weiterbildung verantwortlich.
Der Teamverantwortliche hat gem. der Stellenbeschreibung ua. folgende Aufgaben selbst wahrzunehmen:
- Festlegung der im Team zu leistenden Arbeiten
- Festlegung der Eingangspost
- Vermittlung der fachbezogenen Mitarbeiterausbildung
- Beratung der Teammitarbeiter bei schwierigen Fällen
- die Bearbeitung von Einzelfällen auf Weisung des ABL.
Mit ihrer Klage erstrebt die Klägerin die Feststellung des Anspruchs auf Vergütung nach VG 8 ab 1. Januar 1999, dessen Voraussetzungen sie nach den an sie gestellten Anforderungen und nach der Bewährung über drei Jahre erfülle. Sie hat die Auffassung vertreten, die Begriffe „Führung und Leitung” in der Protokollnotiz Nr. 12 zur Anlage 1 TKT seien in austauschbarer und ununterscheidbarer Weise aufeinander bezogen definiert. Ein Bedeutungsunterschied zwischen „Führen” und „Leiten” bestehe nicht. Ebenfalls sei der Wortsinn von „Führung” und „Leitung” deckungsgleich. Folglich hätten auch die Tarifvertragsparteien die Begriffe synonym bezogen auf ein einheitliches Tarifmerkmal verwandt, das die fachliche Anleitungsbefugnis und fachliche Verantwortlichkeit gegenüber den nachgeordneten Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen bezeichne.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin ab dem 1. Januar 1999 Vergütung nach VG 8 der Anlage 1 zum „Tarifvertrag der Techniker-Krankenkasse” (in der Fassung vom 22. April 1985) – Änderungstarifvertrag Nr. 02/94 zum „Tarifvertrag der Techniker-Krankenkasse” – zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, die Merkmale „Führung” und „Leitung” in der Protokollnotiz Nr. 12 seien nicht gleichzusetzen. Der Begriff der „Führung” werde von ihr für die Wahrnehmung der disziplinarischen Führung verwendet, der Begriff „Leitung” stehe für die fachliche Leitung. Der Klägerin seien als SBmbA keine Führungsaufgaben übertragen gewesen, sie habe nicht die Tätigkeit eines ABL ausgeübt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Mit ihrer vom Senat durch Beschluß vom 25. Oktober 2000 – 4 AZR 732/00 – zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Mit Recht haben die Vorinstanzen die Klage abgewiesen.
I. Die als Eingruppierungsfeststellungsklage zulässige Klage ist unbegründet. Die der Klägerin auf Dauer übertragene Tätigkeit als SBmbA erfüllt nicht das Tätigkeitsbeispiel „Arbeitsbereichsleiter/innen” der VG 7 und 8 iVm. der Protokollnotiz Nr. 12 zur Anlage 1 zum TKT, mit dessen von ihr behaupteter Erfüllung sie ihre Klage allein begründet.
1. Für das Arbeitsverhältnis gilt der TKT mit dessen Anlagen 1 und 2 kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit unmittelbar und zwingend (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG). § 10 Abs. 1 TKT bestimmt:
§ 10
Eingruppierung
(1) Der Angestellte wird nach den im Gruppenplan vereinbarten Tätigkeitsmerkmalen (Anlage 1) eingruppiert.
…
§ 10 Abs. 2 TKT verweist hinsichtlich der Höhe der Vergütung auf die Anlage 2.
Die Anlage 1 zum TKT in der am 1. Mai 1994 in Kraft getretenen Fassung des Änderungstarifvertrages 02/94 zum TKT vom 22. April 1994 lautet, soweit hier vorrangig von Interesse:
Vergütungsgruppe 5
Tätigkeiten, die gründliche und vielseitige Fachkenntnisse sowie in nicht unerheblichem Umfang Selbständigkeit und Verantwortung – auch für die Tätigkeit anderer – erfordern, z.B.
Eingangsvergütungsgruppe für:
…
Sachbearbeiter/innen mit besonderer Aufgabenstellung (s. Protokollnotiz Nr. 3)
…
Aufstiegsvergütungsgruppe für:
…
Vergütungsgruppe 6
Tätigkeiten, die Selbständigkeit, Erfahrungen und Verantwortung – auch für die Tätigkeit anderer – erfordern, z.B.
Eingangsvergütungsgruppe für:
…
Aufstiegsvergütungsgruppe für:
Sachbearbeiter/innen mit besonderer Aufgabenstellung und guten Leistungen – nach 3jähriger Tätigkeit
…
Vergütungsgruppe 7
Tätigkeiten mit erhöhtem Schwierigkeitsgrad, die Selbständigkeit und Verantwortung – auch für die Tätigkeit anderer – erfordern, z.B.
Eingangsvergütungsgruppe für:
…
Arbeitsbereichsleiter/innen (s. Protokollnotiz Nr. 12)
…
Aufstiegsvergütungsgruppe für:
…
Vergütungsgruppe 8
Tätigkeiten, die sich durch den Schwierigkeitsgrad und das Maß der Verantwortung aus der Vergütungsgruppe 7 herausheben, z.B.
Eingangsvergütungsgruppe für:
…
Aufstiegsvergütungsgruppe für:
…
Arbeitsbereichsleiter/innen mit guten Leistungen – nach 3jähriger Tätigkeit
…
II. Protokollnotizen zur Anlage 1 TKT
…
3. Sachbearbeiter/in mit besonderer Aufgabenstellung – SBmbA – VG 5 – 6 Außendienstsachbearbeiter/in mit besonderer Aufgabenstellung – SBADmbA,–,
SB/SBAD mbA sind Mitarbeiter/innen der Ausführungsebene, die überwiegend nach Vorgabe Aufgaben mit herausgehobenem Schwierigkeitsgrad aus dem Bereich der Sozialversicherung oder aus anderen Fachgebieten bearbeiten. Die Aufgaben umfassen umfangreiche, teilweise nicht immer eindeutige Sachverhalte, deren Bearbeitung in der Regel jedoch aus bisherigen, gleichartigen Sachverhalten ableitbar ist. Es existieren Rechtsvorschriften und TK-interne Arbeitsanweisungen.
Zur Aufgabenerledigung ist der Abschluß einer Sozialversicherungsfachausbildung bzw. einer gleichwertigen TK-Ausbildung bzw. Fachausbildung erforderlich.
…
12. Arbeitsbereichsleiter/innen – ABL – VG 7 – 8
Die Aufgabe umfaßt die Führung und Leitung von Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen, von denen in der Regel mindestens zwei bis in die Endvergütungsgruppe 5 eingruppiert werden können. Die Befugnisse und Vollmachten beziehen sich auf umfangreiche Sachverhalte. Es existieren Anweisungen und Vorschriften.
…
2. Die Tarifvertragsparteien haben den abstrakten Merkmalen der Vergütungsgruppen jeweils Beispiele zugeordnet. Zwar sind diese Beispiele in der Protokollnotiz Nr. 26 Abs. 2 und 3 von den Tarifvertragsparteien als „Tätigkeitsmerkmale” bezeichnet, nach denen gem. § 10 Abs. 1 TKT der Angestellte eingruppiert wird. Daraus folgt jedoch nicht, daß es für die Eingruppierung der Angestellten nach dem TKT nicht auf die abstrakten Merkmale der Oberbegriffe ankommt. Denn die Zuordnung der Beispiele zu den Oberbegriffen ist durchgängig nicht abschließend, wie die den letzteren jeweils angefügte Abkürzung „z.B.” zeigt. Die abstrakten Oberbegriffe sind daher – nach Maßgabe der in der Protokollnotiz Nr. 26 zur „Eingruppierung neuer Tätigkeiten” vereinbarten Bestimmungen – heranzuziehen, wenn die Anlage 1 zum TKT kein einschlägiges Beispiel enthält.
Haben die Tarifvertragsparteien abstrakten Merkmalen einer Vergütungsgruppe in einer Vergütungsordnung konkrete Beispiele angefügt, sind die allgemeinen Erfordernisse der betreffenden Vergütungsgruppe regelmäßig schon dann als erfüllt anzusehen, wenn der Arbeitnehmer eine den Beispielen entsprechende Tätigkeit auszuüben hat. Durch Tätigkeitsbeispiele legen die Tarifvertragsparteien grundsätzlich fest, daß diese Tätigkeiten den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen der betreffenden Beschäftigungs- oder Vergütungsgruppe entsprechen. Sie bringen mit Tätigkeitsbeispielen erkennbar ihre Auffassung zum Ausdruck, daß die dort angeführten Tätigkeiten die vorangestellten allgemeinen Tätigkeitsmerkmale erfüllen. Dies entspricht auch den bei der Tarifauslegung besonders wichtigen Grundsätzen der Rechtsklarheit und Praktikabilität, denen die Tarifvertragsparteien bei der Abfassung von Tarifnormen im allgemeinen gerecht werden wollen(ständige Rechtsprechung des Senats, zB 21. Oktober 1987 – 4 AZR 49/87 AP TVG § 1 Tarifverträge: Druckindustrie Nr. 19 = EzA TVG § 4 Druckindustrie Nr. 13 mwN).
3. Die Klägerin stützt ihre Forderung nur auf das Beispiel „Arbeitsbereichsleiter/innen” der VG 7 und 8 in Verb. mit der dazu von den Tarifvertragsparteien vereinbarten Protokollnotiz Nr. 12 zur Anlage 1 zum TKT. Streitig ist zwischen den Parteien allein, ob die Anforderung der „Führung” der ihr nachgeordneten Mitarbeiter durch die Tätigkeit der Klägerin erfüllt ist.
4. Dies hat das Landesarbeitsgericht verneint. Es hat angenommen, in der Tarifstruktur seien keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, daß die Tarifvertragsparteien mit den Begriffen „Führung und Leitung” einen einheitlichen synonymen Begriff verwendet hätten, der die fachliche Anleitungsbefugnis und die fachliche Verantwortlichkeit gegenüber nachgeordneten Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen bezeichne. Der Begriff „Führung” umfasse vielmehr – wie sich auch aus den „Grundsätzen der Führung und Zusammenarbeit” ergebe – neben der leitenden auch planende, koordinierende und kontrollierende Tätigkeit. Die „Leitung” sei daher nur ein Bruchteil des mit der Führung zusammenhängenden Aufgabenspektrums. Die Ausführungen der Klägerin ließen nicht erkennen, daß sie – als SBmbA – Führungsaufgaben wahrnehme. Dem folgt der Senat im Ergebnis.
5. Die Klägerin rügt die Auslegung der Tatbestandsmerkmale „Führung und Leitung” durch das Landesarbeitsgericht als fehlerhaft. Das Landesarbeitsgericht habe verkannt, daß ein Bedeutungsunterschied zwischen Führen und Leiten nicht bestehe. Beide Begriffe seien synonym und auch von den Tarifvertragsparteien bezogen auf ein einheitliches Tarifmerkmal verwandt. Der Begriff beinhalte im Ergebnis nichts anderes als „Ausübung von Vorgesetztenfunktionen”. Dies werde bereits daraus deutlich, daß die Anlage 1 zum TKT das Tarifmerkmal „Führung und Leitung” bis in untere Vergütungsgruppen hinein verwende. So gehöre „Führung und Leitung” auch zu den Tätigkeitsmerkmalen des in die VG 3/4 eingruppierten Arbeitsgruppenleiters, der mit Sicherheit nur „delegierte” Führungskompetenzen niedrigen Niveaus ausübe.
6. Diese Ansicht der Klägerin ist mit den Regelungen des TKT nicht vereinbar.
a) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und der Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Läßt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt(zB Senat 21. Juli 1993 – 4 AZR 468/92 – BAGE 73, 364).
b) Die Auslegung der tariflichen Tatbestandsmerkmale „Führung und Leitung” durch die Klägerin wird dem Wortlaut des Tarifvertrages nicht gerecht. Nach diesem sind die genannten Tatbestandsmerkmale nicht als einheitliche Anforderung iSd. „Ausübung von Vorgesetztenfunktionen” auszulegen.
aa) Zwar werden in der deutschsprachigen Management-Terminologie die Begriffe Führung und Leitung nicht einheitlich verwendet. Vielmehr werden diese in der Tat teils synonym, teils aber auch differenzierend gebraucht. Während eine Gruppe von Autoren für einen synonymen Gebrauch der Begriffe plädiert, machen andere erhebliche Unterschiede, vor allem was die Reichweite der Begriffe anbetrifft. Dabei wird Führung überwiegend als Oberbegriff für Leitung verwandt. Im funktionalen Sinne wird der Begriff Leitung zur Bezeichnung sachbezogener Funktionen herangezogen(Stähle Management 1980 S 45 mwN).
bb) Gegen einen synonymen Gebrauch der Begriffe Führung und Leitung in der Protokollnotiz Nr. 12 spricht der Umstand, daß die Tarifvertragsparteien beide Begriffe kumulativ in Form einer Aufzählung (Führung „und” Leitung) als Anforderungen in der Protokollnotiz Nr. 12 aufführen. Hätte für die Tarifvertragsparteien nach ihrem Begriffsverständnis kein Unterschied zwischen den Begriffen Führung und Leitung bestanden, wäre es ausreichend gewesen, nur einen dieser Begriffe zu nennen oder, um dieses Verständnis deutlich erkennbar auszudrücken, als einheitliches Merkmal die Anforderungen zB als „Führung bzw. Leitung”, „Führung/Leitung” oder „Führung (Leitung)” zu gestalten. Sie hätten, wenn damit eine einheitliche Anforderung iSv. „Ausübung von Vorgesetztenfunktionen” aufgestellt werden sollte, wie die Klägerin meint, auch einen einheitlichen Tarifbegriff verwenden können, etwa den der „Unterstellung” oder der „fachlichen Unterstellung” von Mitarbeitern. Diese Tarifbegriffe werden den Tarifvertragsparteien geläufig sein, denn sie finden sich in der Vergütungsordnung zum BAT, die den Tarifvertragsparteien bekannt ist, wie die Verwendung einer Reihe von abstrakten Merkmalen in den Oberbegriffen der Anlage 1 zum TKT zeigt (zB „gründliche Fachkenntnisse”, „gründliche und vielseitige Fachkenntnisse”, Heraushebung durch „das Maß der Verantwortung”).
cc) Bei der danach gebotenen Differenzierung zwischen den Begriffen „Führung” und „Leitung” erscheint deren Bestimmung durch das Arbeitsgericht(gestützt jeweils auf Brockhaus Enzyklopädie Bd. 8 und 13 beide Stand 1996), der das Landesarbeitsgericht der Sache nach gefolgt ist, als zutreffend. Dieses versteht unter dem Begriff der Führung die „planende, leitende, koordinierende und kontrollierende Tätigkeit von übergeordneten und überlegenen Mitgliedern einer Gruppe, einer Organisation oder einem größeren Kollektiv gegenüber untergeordneten, unterlegenen Mitgliedern”. Unter „Leitung” wird demgegenüber „die Steuerung ausführender Tätigkeiten mit Hilfe der Planung, Entscheidung, Durchsetzung und Kontrolle” verstanden. Danach beinhaltet der Begriff der Führung primär personenbezogene, der der Leitung primär tätigkeits- und daher mehr sachbezogene Funktionen. Letzterem entspricht die Verwendung des Begriffs „Leitung” – wenn nicht als Synonym von „Führung” verstanden – im deutschen Managementschrifttum, in dem der Begriff der Leitung vielfach im funktionalen Sinne zur Bezeichnung sachbezogener Funktionen herangezogen wird(Stähle aaO).
dd) Mit dieser Bestimmung der tariflichen Rechtsbegriffe „Führung” und „Leitung” geht die Klägerin einig. Sie führt in der Revision aus, sie habe bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, daß sie diesen Begriffsbestimmungen durchaus folgen könne, nicht jedoch dem Schluß, den das Landesarbeitsgericht aus ihnen ziehe. Denn das Landesarbeitsgericht habe nicht gesehen, daß nach diesen Begriffsbestimmungen ein Unterschied zwischen „Führen” und „Leiten” nicht bestehe. Dabei verkennt die Klägerin, daß die in der obigen Bestimmung des Begriffes „Führung” aufgeführten Tätigkeiten personenbezogene Handlungen beschreiben, diejenigen in der Bestimmung des Begriffs „Leitung” hingegen die sachbezogene Steuerung von „Tätigkeiten”, zB Arbeitsanleitungen, Arbeitsanweisungen zum Inhalt haben.
ee) Gegen diese differenzierende Auslegung der Tarifbegriffe „Führung” und „Leitung” spricht auch nicht der Umstand, daß sich diese tariflichen Anforderungen auch in der Protokollnotiz Nr. 9 zur VG 3 beim Tätigkeitsbeispiel „Arbeitsgruppenleiter/innen” finden. Auch diesen können stellenspezifische Führungsaufgaben in ihrem Aufgabenbereich zugewiesen sein. Darauf hat das Landesarbeitsgericht zutreffend hingewiesen. Die Klägerin übersieht auch, daß die Anforderungen an die Führungs- und Leitungsaufgaben in den verschiedenen Vergütungsgruppen unterschiedlich gestaltet sind. Während die Aufgabenerledigung der „Arbeitsgruppenleiter/innen” der VG 3 „im einzelnen durch Vorgaben” bestimmt ist (Protokollnotiz Nr. 9), was sich, da insoweit keine Einschränkung gemacht ist, auch auf deren Führungsaufgaben bezieht, „existieren” diesbezüglich beim Arbeitsgruppenleiter der VG 5 „Anweisungen und Vorschriften” (Protokollnotiz Nr. 10), während dies beim Sachgebietsleiter der VG 8 nur noch „in der Regel” der Fall ist (Protokollnotiz Nr. 14), hinsichtlich des Leiters/der Leiterin Fachreferat mit besonderer Aufgabenstellung der VG 10 überhaupt nicht mehr (Protokollnotiz Nr. 16).
7. Dem differenzierenden Begriffsverständnis der Tatbestandsmerkmale „Führung” und „Leitung” entsprechen die unterschiedlichen Aufgaben der Stelle des ABL als Führungskraft und derjenigen des SBmbA als „Ausführungskraft” (vgl. Protokollnotiz Nr. 3 zur Anlage 1 zum TKT). Die Aufgaben des ABL sind primär personenbezogen, die des SBmbA primär tätigkeits-/sachbezogen. Die Unterschiede zwischen den Tätigkeiten des ABL und des SBmbA hat das Landesarbeitsgericht überzeugend herausgearbeitet. Diese Ausführungen greift die Revision nicht an. Danach erfüllt die der Klägerin auf Dauer übertragene Tätigkeit als SBmbA nicht die Anforderung der „Führung” von Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen, die für die Eingruppierung in VG 7 und 8 von der Protokollnotiz Nr. 12 zur Anl. 1 zum TKT aufgestellt wird.
8. Der in diesem Rechtsstreit und der Parallelsache mehrfach gegebenen Anregung des Landesarbeitsgerichts, die Eingruppierungsregelung des TKT im Hinblick auf die Änderungen der Organisationsstruktur der Beklagten zu überarbeiten, hat der Senat nichts hinzuzufügen.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Schliemann, Bott, Friedrich, Fieberg, Jürgens
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 07.11.2001 durch Freitag, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
NZA 2002, 583 |
ZTR 2002, 331 |
PersR 2002, 361 |
NJOZ 2002, 1214 |