Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewährungsaufstieg: Technischer Angestellter. Eingruppierung eines Ingenieurs im Tiefbauamt einer Stadt
Leitsatz (amtlich)
- Es bleibt offen, ob die Rechtsprechung des Zehnten Senats (Urteile vom 28. Mai 1997 und vom 11. Juni 1997 – 10 AZR 383/95 – n.v., – 10 AZR 724/95 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen), nach der der Arbeitgeber darzulegen hat, warum und inwieweit die bisherige Bewertung der einzelnen Tätigkeiten fehlerhaft war, wenn er eine Eingruppierung korrigieren will (korrigierende Rückgruppierung), auf den Bewährungsaufstieg übertragen werden kann, wenn der Arbeitgeber die Richtigkeit der Eingruppierung in die Vergütungsgruppe leugnet, aus der der Arbeitnehmer im Wege der Bewährung in die nächsthöhere Vergütungsgruppe aufsteigen will.
Es widerspricht in aller Regel nicht dem Grundsatz von Treu und Glauben, § 242 BGB, wenn sich der Arbeitgeber aus Anlaß der möglichen Teilnahme eines Angestellten am Bewährungsaufstieg darauf beruft, die bisherige Bewertung der Tätigkeit des Angestellten sei unzutreffend, er erfülle die Voraussetzungen der Ausgangsvergütungsgruppe nicht.
Etwas anderes kann dann gelten, wenn dem Arbeitnehmer mehrfach bestätigt wird, er sei zutreffend originär in eine bestimmte Vergütungsgruppe eingruppiert und dies erst im Zuge der Einführung eines Bewährungsaufstiegs geleugnet wird.
Normenkette
BAT/VKA § 23b; Anlage 1a (Angestellte in technischen Berufen) VergGr. II Fallgr. 1b, VergGr. III Fallgr. 1, VergGr. III Fallgr. 1b, VergGr. III Fallgr. 1c, VergGr. IVa Fallgr. 1, VergGr. IVb Fallgr. 1, VergGr. Vb Fallgr. 1 BAT/VKA i.d.F. vom 24. April 1991; BGB § 242
Verfahrensgang
Tenor
- Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 28. November 1995 – 9 Sa 297/95 – aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hanau vom 7. Dezember 1994 – 1 Ca 696/93 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Tenor zu Ziff. 1 zur Klarstellung wie folgt neu gefaßt wird:
Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 1. Februar 1991 Vergütung nach Vergütungsgruppe II BAT zu zahlen nebst 4 % Zinsen seit dem 21. Januar 1994 aus der Summe der rückständigen Nettodifferenzbeträge für die Zeit vom 1. Februar 1991 bis zum 20. Januar 1994 sowie – jeweils ab Fälligkeit – aus den danach fällig gewordenen oder fällig werdenden Nettodifferenzbeträgen.
- Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darum, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die Zeit ab dem 1. Februar 1991 Vergütung nach VergGr. II BAT/VKA zu zahlen.
Der am 10. Mai 1940 geborene Kläger legte am 14. Februar 1970 an der Staatlichen Ingenieurschule Frankfurt am Main die Prüfung zum Ingenieur in der Fachrichtung Ingenieurbau ab und ist seitdem berechtigt, die Bezeichnung “Ing. (grad.)” zu führen. Er trat am 26. Oktober 1970 in die Dienste der Beklagten. Die Beklagte setzt ihn auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 21. Oktober 1970 als technischen Angestellten im Tiefbauamt ein. Der Kläger ist Mitglied der Gewerkschaft Öffentliche Dienste Transport und Verkehr. Die Beklagte ist Mitglied des Arbeitgeberverbandes der Hessischen Gemeinden und Kommunalverbände, der seinerseits Mitglied der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) ist.
Der Kläger erhielt zunächst Vergütung nach VergGr. IVb BAT/VKA.
Mit Schreiben vom 18. Mai 1972 wandte der Kläger sich mit der Bitte an die Beklagte, ihm Vergütung nach VergGr. IVa BAT zu zahlen. In dem Schreiben heißt es unter anderem:
“Bei meiner Einstellung vor fast zwei Jahren wurde mir zugesagt, daß ich nach der Probezeit in die 4a aufrücken werde und bei Einarbeitung die Sachgebietsleitung übernehmen könne.
…
Das mir von seiten der Stadt unterbreitete Angebot hat mich vor zwei Jahren bewogen, auf andere finanziell bessere Stellen zu verzichten.
…
Diese für mich unangenehmen und finanziell empfindlichen Vorfälle bedrücken mich sehr und ich bitte Sie deshalb, falls keine endgültige Einigung erzielt werden kann – mit einer vorläufigen Regelung bin ich nicht einverstanden – mich fristgerecht aus meinem Arbeitsverhältnis zu entlassen.”
Entsprechend einem “Nachtrag zum Arbeitsvertrag” vom 10. Juli 1972 erhielt der Kläger dann für die Zeit ab dem 1. Februar 1972 Vergütung nach VergGr. IVa.
Durch den Tarifvertrag zur Änderung und Ergänzung der Anlage 1a zum BAT (Angestellte in technischen Berufen) vom 15. Juni 1972 übertrugen die Tarifpartner die Tätigkeitsmerkmale der Fallgruppe 1 der VergGr. IVa BAT in die Fallgruppe 1 der … VergGr. III.
Die “Vorprüfung” bei der “Vorauswertung des Tarifvertrages für Angestellte in technischen Berufen vom 15.6.1972” durch die Beklagte ergab am 12. Oktober 1972 “als zutreffende Vergütung” des Klägers die Vergütung nach VergGr. III Fallgruppe 1.
Der Kläger erhielt zunächst ab dem 1. Juli 1972 eine persönliche Zulage in Höhe der Vergütungsdifferenz zwischen VergGr. IVa und III BAT und ab dem 1. Januar 1973 Vergütung nach VergGr. III BAT. Durch Magistratsbeschluß vom 24. April 1973 wurde der Kläger “mit Wirkung vom 1.1.1973 nach Vergütungsgruppe III höhergruppiert”.
Nach den Arbeitsverteilungsplänen des Amtes 66 (Tiefbauamt) Stand 23. Juni 1982 sowie Stand 18. April 1983 arbeitete der Kläger in dem Sachgebiet 6600 – Grundsatzfragen, Entwurf und Planung – als Sachbearbeiter mit der Stellennummer 6021.6, zuständig für Verkehrsplanung, Planung stadteigener Tiefbaumaßnahmen (Straßen, Entwässerung und Brücken); Vorentwürfe, Entwürfe, Ausführungszeichnungen schwieriger Art; Erarbeitung von Kostenvoranschlägen; Massen- und Kostenermittlungen. Am 13. September 1991 wurde für das Tiefbauamt ein neuer Arbeitsverteilungsplan in Kraft gesetzt. Der Bereich “Entwurf und Planung” wurde dem Sachgebiet 6601 zugeschlagen. Dessen Sachgebietsleiter ist der stellvertretende Amtsleiter. Der Kläger wurde mit einem weiteren Sachbearbeiter diesem Sachgebiet zugewiesen. Nach dem Arbeitsverteilungsplan Stand 16. November 1992 sind dem Kläger folgende Aufgaben übertragen: “Planung städtischer Tiefbaumaßnahmen (Straßen, Brücken und Entwässerung); Vorentwürfe, Entwürfe; Erarbeitung von Kostenvoranschlägen; Massen- und Kostenermittlungen; Bearbeitung von Lärmschutzmaßnahmen; Bearbeitung von Zuschußanträgen”.
Der Kläger erstellte die Arbeitsplatzbeschreibung vom 2. Dezember 1991. Er legte den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Oktober 1991 zugrunde. Seine Arbeitsaufgaben unterteilte er in (1.) Unterhaltung von Ingenieurbauwerken (verantwortlicher Sachbearbeiter für Unterhaltung, Überwachung und Prüfung von 30 Ingenieurbauwerken – 40 % der Arbeitszeit), (2.) Planung und Bauleitung von Brückenbauwerken (40 %), (3.) Erarbeitung von Bauplänen (20 %). Die Arbeitsplatzbeschreibung trägt unter dem Wort “Geprüft” eine Unterschrift. Im dem dem Kläger durch den Oberbürgermeister der beklagten Stadt ausgestellten Zwischenzeugnis vom 13. Oktober 1992 wird “die baureife Bearbeitung und Planung größerer Ingenieurbauwerke” hervorgehoben. Außerdem wird darauf hingewiesen, daß er vertretungsweise für die genannten Projekte auch als Bauleiter eingesetzt wurde. Der Kläger zählt zahlreiche Bauvorhaben auf, bei denen er nach seinem Vortrag maßgeblich beteiligt war, und zwar auch für die Zeit ab 1980. Eine genaue Beschreibung der angefallenen Arbeitsaufgaben fehlt jedenfalls für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 1990.
Nachdem durch den Tarifvertrag zur Änderung der Anlage 1a zum BAT/VKA vom 24. April 1991 in Kraft ab dem 1. Januar 1991 ein Bewährungsaufstieg nach VergGr. II aus VergGr. III eingeführt worden war, beantragte der Kläger mit Schreiben vom 30. Juli 1991 erfolglos rückwirkend für die Zeit ab dem 1. Januar 1991 “die Höhergruppierung von BAT III/Fallgruppe 1 in BAT II/Fallgruppe 1b”. Sowohl “Vorauswertung” vom 12. September 1991 und “Auswertung” vom 6. März 1992 “des Tarifvertrages für Angestellte in technischen Berufen … i.d. Fassung vom 24.04.1991” durch die Beklagte ergaben “als zutreffende Vergütungsgruppe BAT III Fallgruppe 1b” “mit den tariflichen Tätigkeitsmerkmalen: 1/3 besondere Schwierigkeit und Bedeutung, Bewährung 6 Jahre”.
Mit der beim Arbeitsgericht am 29. Dezember 1993 eingegangenen und am 20. Januar 1994 der beklagten Stadt zugestellten Klage verfolgt der Kläger, der seit dem 1. Mai 1992 eine widerrufliche tarifliche Zulage von 200,00 DM brutto im Monat erhält, sein Begehren für die Zeit ab 1. Februar 1991 weiter.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er erfülle die Voraussetzungen der VergGr. II der Vergütungsgruppen für Angestellte in technischen Berufen. Seine Tätigkeit hebe sich mindestens zur Hälfte durch “besondere Schwierigkeit und Bedeutung” aus einer Tätigkeit, die “besondere Leistung” erfordere, heraus. Soweit ihm im September 1991 Aufgaben entzogen worden seien, könne dies nicht bei der Bewertung berücksichtigt werden. Im September 1991 seien ihm die “Amtsleitervertretungsfunktion” und die Stellung als “erster Sachbearbeiter” oder als “erster Planungsingenieur” entzogen worden. Damit sei er nicht einverstanden gewesen. Mangels Beteiligung des Personalrats sei dieser teilweise Entzug von Zuständigkeiten unwirksam.
Im übrigen habe Einigkeit darüber bestanden, daß er mit Tätigkeiten der VergGr. III BAT beschäftigt und entsprechend vergütet werden solle. Das gelte jedenfalls für die Zeit ab dem 1. Juli 1973. Wenn die Beklagte ihn vertragswidrig mit geringerwertigen Tätigkeiten beauftragt habe, sei es ihr verwehrt, sich darauf zu berufen. Nachdem die Beklagte ihm ausdrücklich bestätigt habe, er erledige zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Tarifvertrages am 1. Januar 1991 jedenfalls zu 1/3 seiner Tätigkeit Aufgaben, die das Erfordernis der besonderen Schwierigkeit und Bedeutung erfüllten, obliege es der Beklagten, die Arbeitsvorgänge und deren Zeitanteile konkret zu bezeichnen, bei denen die Heraushebung fehlen solle.
Soweit sich die Beklagte darauf berufen wolle, der Kläger sei nicht in erforderlichem zeitlichen Umfang mit Tätigkeiten der VergGr. III Fallgruppe 1 BAT beschäftigt worden, verstoße sie angesichts der dargestellten Umstände gegen das Prinzip von “Treu und Glauben”. Der Kläger werde seit dem 1. Januar 1973 von der Beklagten nach VergGr. III BAT eingruppiert und bezahlt. Nunmehr, nach über 20 Jahren, meine die Beklagte, dem Kläger vorhalten zu können, er sei zu hoch eingruppiert und habe niemals in ausreichendem zeitlichen Umfang Tätigkeiten der VergGr. III Fallgruppe 1 verrichtet. Das Vorgehen der Beklagten sei deshalb unter dem Gesichtspunkt von “Treu und Glauben” zu beanstanden, weil die Beklagte mit ihrem jetzigen Verhalten in Widerspruch gerate zu ihrem früheren Verhalten zu Beginn des Jahres 1973 und auch zu ihrem Verhalten während der letzten 20 Jahre. Sie habe den Kläger im Glauben gelassen und gehalten, er werde tarifgerecht nach VergGr. III bezahlt und beschäftigt. Hierdurch habe sie den Kläger wiederum davon abgehalten, gegebenenfalls eine tarifgerechte Beschäftigung nach VergGr. III BAT einzufordern und durchzusetzen. Nach Maßgabe des Grundsatzes von Treu und Glauben sei es der Beklagten verwehrt, sich selbst widersprüchlich zu verhalten.
Der Kläger hat beantragt,
- festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, an ihn rückwirkend ab dem 1. Februar 1991 Vergütung nach VergGr. II zu zahlen,
- die Beklagte zu verurteilen, die nachzuzahlenden Nettodifferenzbeträge ab dem 20. Januar 1994 und die nach Klageerhebung fällig werdenden Nettodifferenzbeträge jeweils ab monatlicher Fälligkeit mit 4 % zu verzinsen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat zunächst die Ansicht vertreten, der Kläger weise bereits nicht zu mindestens 50 % “besondere Leistungen” i.S.d. Protokollerklärung Nr. 8 zu Anlage 1a BAT/VKA aus. Es handele sich überwiegend um Routinearbeiten. Die Tätigkeit erfülle jedenfalls nicht zu einem Drittel die Anforderungen der “besonderen Schwierigkeit und Bedeutung”. Die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit umfasse nicht die gesamte Planung der Bauleitung eines Bauwerks. Insbesondere habe er nicht die Tragwerksplanung (Statik), die Vermessungsarbeiten und die Bodengutachten erbracht. Insoweit sei der Kläger nur als sachverständiger Bauherr aufgetreten. Als besonders schwierig könne nur der Bau der H… gelten. Während der Beschäftigungszeit seien Baumaßnahmen mit einem derartigen Schwierigkeitsgrad maximal zu 10 % vorgekommen. Die übrigen Arbeiten entsprächen allenfalls der Honorarzone IV der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure. Amtsleiterfunktionen habe der Kläger nie wahrgenommen, er habe vielmehr nur in Einzelfällen den stellvertretenden Amtsleiter bei dessen Verhinderung vertreten. Erster Sachbearbeiter sei nach dem Arbeitsverteilungsplan von 1983 der damalige weitere Sachbearbeiter und jetzige Vorgesetzte des Klägers gewesen.
Den Wegfall der Verkehrsplanung habe der Kläger widerspruchslos hingenommen. Jedenfalls handele es sich hierbei – ebenso wie bei den entzogenen Hilfstätigkeiten eines technischen Zeichners – nicht um “eingruppierungswirksame” Tätigkeiten. An sich habe es sich bei der Änderung des Aufgabenverteilungsplanes um eine sprachlich vereinfachte Darstellung gehandelt. Der Personalrat sei bei der Änderung des Arbeitsverteilungsplanes ordnungsgemäß beteiligt worden.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Der Kläger hat seit dem 1. Februar 1991 Anspruch auf Vergütung nach VergGr. II BAT/VKA.
I. Die Klage ist zulässig. Es handelt sich um eine Eingruppierungsfeststellungsklage, die im öffentlichen Dienst allgemein üblich ist und gegen deren Zulässigkeit nach ständiger Senatsrechtsprechung Bedenken nicht bestehen (vgl. nur BAG Urteil vom 29. Januar 1986 – 4 AZR 465/84 – AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Soweit Zinsen begehrt werden, ist der entsprechende Antrag als Feststellungsantrag zulässig (vgl. z.B. Senatsurteil vom 21. Januar 1970 – 4 AZR 106/69 – BAGE 22, 247, 249 = AP Nr. 30 zu §§ 22, 23 BAT).
II. Die Klage ist auch begründet.
Der Kläger hat Anspruch auf Vergütung nach VergGr. II BAT/VKA ab 1. Februar 1991. Seit diesem Zeitpunkt ist der Kläger von der beklagten Stadt so zu stellen, als ob er die Merkmale der VergGr. II Fallgruppe 1b erfüllt. Auch die begehrten Zinsen stehen dem Kläger zu. Der Tenor war insoweit lediglich zur Klarstellung neu zu fassen.
1. Der Kläger hat einen tariflichen Anspruch auf Zahlung von Vergütung nach VergGr. II BAT/VKA.
a) Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der BAT/VKA in der jeweils geltenden Fassung kraft beiderseitiger Tarifbindung Anwendung. Die Vergütung des Klägers richtet sich nach der Anlage 1a zum BAT/VKA (Angestellte in technischen Berufen).
b) Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt damit davon ab, ob der Kläger spätestens am 1. Februar 1991 die Voraussetzungen für einen Bewährungsaufstieg in VergGr. II erfüllt hat, d.h. grundsätzlich Ausübung einer der VergGr. III Fallgruppe 1 n.F. entsprechenden Tätigkeit, Ablauf der Bewährungszeit und tatsächliche Bewährung.
Die Möglichkeit des Bewährungsaufstiegs aus VergGr. III Fallgruppe 1 n.F., die der VergGr. III Fallgruppe 1 a.F. entspricht, in VergGr. II Fallgruppe 1b ist durch die Tarifvertragsparteien mit Wirkung ab 1. Januar 1991 eingeführt worden.
Die Übergangsvorschrift des § 6 des Tarifvertrages zur Änderung der Anlage 1a zum BAT vom 24. April 1991 lautet:
“Für die Angestellten, die am 31. Dezember 1990 in einem Arbeitsverhältnis gestanden haben, das am 1. Januar 1991 zu demselben Arbeitgeber fortbestanden hat, gilt für die Dauer dieses Arbeitsverhältnis folgendes:
1. …
2. Hängt die Eingruppierung oder der Anspruch auf eine Vergütungsgruppenzulage nach diesem Tarifvertrag von der Zeit einer Tätigkeit oder von der Zeit einer Bewährung in einer bestimmen Vergütungs- und Fallgruppe oder von der Zeit einer Berufstätigkeit ab, ist die vor dem 1. Januar 1991 zurückgelegte Zeit vorbehaltlich der nachstehenden Nr. 3 so berücksichtigt, wie sie zu berücksichtigen wäre, wenn dieser Tarifvertrag bereits seit dem Beginn des Arbeitsverhältnisses gegolten hätte.”
Die unter Ziffer 3 der Übergangsvorschrift vorgesehenen eingeschränkten Anrechnungsmöglichkeiten bei bestimmten Fallgruppen betreffen den Bewährungsaufstieg aus der VergGr. III Fallgruppe 1 (Angestellte in technischen Berufen) nicht.
c) Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es danach unter anderem darauf an, ob mindenstens die Hälfte der die Gesamtarbeitszeit des Klägers ausfüllenden Arbeitsvorgänge während des Bewährungszeitraums den Tätigkeitsmerkmalen der VergGr. III Fallgruppe 1 BAT entsprochen hat (§ 22 Abs. 1, Abs. 2 Unterabs. 1 und Unterabs. 2 Satz 1 BAT).
aa) Dabei ist von dem durch die Senatsrechtsprechung entwickelten Begriff des Arbeitsvorgangs auszugehen, nämlich einer unter Hinzuziehung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer vernünftigen, sinnvollen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbaren und rechtlich selbständig bewertbaren Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten (BAGE 51, 59, 65 = AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975, m.w.N.).
Dabei ist es zwar rechtlich möglich, daß die gesamte Tätigkeit des Angestellten nur einen Arbeitsvorgang bildet, wenn der Aufgabenkreis nicht weiter aufteilbar und nur einer einheitlichen rechtlichen Bewertung zugänglich ist (BAG Urteil vom 30. Januar 1985 – 4 AZR 184/83 – AP Nr. 101 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Tatsächlich trennbare Tätigkeiten mit unterschiedlicher Wertigkeit können jedoch nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefaßt werden (BAG Urteil vom 20. Oktober 1993 – 4 AZR 45/93 – AP Nr. 172 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
bb) Das Landesarbeitsgericht hat keine Arbeitsvorgänge gebildet, sondern dahinstehen lassen, ob – entsprechend der Auffassung des Arbeitsgerichts – von einem Arbeitsvorgang auszugehen ist oder – wie der Kläger meint – von drei Arbeitsvorgängen. In beiden Fällen seien die Voraussetzungen für eine Eingruppierung in VergGr. III nicht erfüllt.
Es begegnet keinen Bedenken, wenn der Kläger seine Tätigkeit in die Aufgabenbereiche Unterhaltung von Ingenieurbauwerken, Planung und Bauleitung von Brückenbauwerken und Bearbeitung von Ausbauplänen einteilt. Arbeitsergebnis sind die Erhaltung der Verkehrssicherheit und Standfestigkeit der Bauwerke, die Planung und Ausführung bis zur endgültigen Abwicklung der Bauvorhaben (vgl. hierzu Urteile des Senats vom 9. Juli 1997 – 4 AZR 177/96 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen sowie vom 6. Juni 1984 – 4 AZR 218/82 – AP Nr. 90 zu §§ 22, 23 BAT 1975) sowie die Erstellung von Entwürfen. Im Urteil vom 9. Juli 1997 (– 4 AZR 177/96 –) hat der Senat das Vorliegen eines Arbeitsvorganges bei der Durchführung von Bauarbeiten der Versorgungstechnik auf den Gebieten der HLS-Technik für einen Fall bejaht, in dem der Angestellte von der Feststellung und Bearbeitung des technischen Zustandes von Anlagen, über die Einschätzung des Objekts in bezug auf Wärmeschutz und Lüftungszeiten, Rückschlüssen auf die Funktionsweise der Anlage bis zur Anleitung und Abstimmung der Arbeiten mit dem für das Sachgebiet zuständigen Techniker alle Aufgaben wahrnahm. Im Urteil vom 6. Juni 1984 (– 4 AZR 218/82 – aaO) hat der Senat einen Arbeitsvorgang für einen Mitarbeiter im Amt für Straßen- und Brückenbau bejaht, der von der Erstellung von Ausschreibungen über die Prüfung der Angebote und Ausarbeitung der Vergabevorschläge, die Überwachung der rechtzeitigen Bereitstellung der Baugrundstücke, die technische und vertragliche Überwachung aller Bauarbeiten (Bauleitung) sowie der Abrechnung und Aufstellung der Brückenbücher alle Aufgaben wahrnahm. Die entsprechende innere Verzahnung liegt bei den dem Kläger übertragenen Aufgaben der Planung städtischer Tiefbaumaßnahmen (Straßen, Brücken und Entwässerung), deren Vorentwürfen sowie der Entwürfe, der Erarbeitung von Kostenvoranschlägen, der Massen- und Kostenermittlung sowie der Bearbeitung von Zuschußanträgen und der Mitarbeit bei der Bauleitung vor. Vergleichbares gilt für die Erarbeitung von Ausbauplänen.
Die vom Kläger angenommenen Zeitanteile (40/40/20) hat die Beklagte bestätigt. Eine weitere Verbindung aller Aufgaben zu einem Arbeitsvorgang ist angesichts der unterschiedlichen Arbeitsergebnisse nicht möglich.
d) Für den Vergütungsanspruch des Kläger kommt es auf folgende Eingruppierungsmerkmale an:
Vergütungsgruppe II:
Ingenieure
1 b. Technische Angestellte mit technischer Ausbildung nach Nr. 2 der Bemerkung zu allen Vergütungsgruppen und langjähriger praktischer Erfahrung sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, mit langjähriger praktischer Erfahrung, deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung oder durch künstlerische oder Spezialaufgaben aus der Vergütungsgruppe IVa Fallgruppe 1 heraushebt, nach zehnjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe III Fallgruppe 1.
…
Vergütungsgruppe III:
Ingenieure
1. Technische Angestellte mit technischer Ausbildung nach Nr. 2 der Bemerkung zu allen Vergütungsgruppen und langjähriger praktischer Erfahrung sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, mit langjähriger praktischer Erfahrung, deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung oder durch künstlerische oder Spezialaufgaben aus der Vergütungsgruppe IVa Fallgruppe 1 heraushebt.
…
1 b. Technische Angestellte mit technischer Ausbildung nach Nr. 2 der Bemerkung zu allen Vergütungsgruppen und langjähriger praktischer Erfahrung sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, mit langjähriger praktischer Erfahrung, deren Tätigkeit sich zu mindestens einem Drittel durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung oder durch künstlerische oder Spezialaufgaben aus der Vergütungsgruppe IVa Fallgruppe 1 heraushebt, nach sechsjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe IVa Fallgruppe 1a.
1 c. Technische Angestellte mit technischer Ausbildung nach Nr. 2 der Bemerkung zu allen Vergütungsgruppen sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, deren Tätigkeit sich durch besondere Leistungen aus der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 1 heraushebt, nach achtjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe IVa Fallgruppe 1.
…
Vergütungsgruppe IVa:
Ingenieure
1. Technische Angestellte mit technischer Ausbildung nach Nr. 2 der Bemerkung zu allen Vergütungsgruppen sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, deren Tätigkeit sich durch besondere Leistungen aus der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 1 heraushebt. (Hierzu Protokollerklärung Nr. 8)
…
Vergütungsgruppe IVb:
Ingenieure
1. Technische Angestellte mit technischer Ausbildung nach Nr. 2 der Bemerkung zu allen Vergütungsgruppen und entsprechender Tätigkeit nach sechsmonatiger Berufsausübung nach Ablegung der Prüfung sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, nach sechsmonatiger Ausübung dieser Tätigkeiten. (Hierzu Protokollerklärung Nr. 11)
…
Vergütungsgruppe Vb:
Ingenieure
1. Technische Angestellte mit technischer Ausbildung nach Nr. 2 der Bemerkung zu allen Vergütungsgruppen und entsprechender Tätigkeit während der ersten sechs Monate der Berufsausübung nach Ablegung der Prüfung sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben. (Hierzu Protokollerklärung Nr. 11)
…
Protokollerklärungen:
…
Nr. 8 Besondere Leistungen sind z.B.:
Aufstellung oder Prüfung von Entwürfen, deren Bearbeitung besondere Fachkenntnisse und besondere praktische Erfahrung oder künstlerische Begabung voraussetzt, sowie örtliche Leitung bzw. Mitwirkung bei der Leitung von schwierigen Bauten und Bauabschnitten sowie deren Abrechnung.
Nr. 11 Entsprechende Tätigkeiten sind z.B.:
1. Aufstellung oder Prüfung von Entwürfen nicht nur einfacher Art einschließlich Massen-, Kosten- und statischen Berechnungen und Verdingungsunterlagen, Bearbeitung der damit zusammenhängenden laufenden technischen Angelegenheiten – auch im technischen Rechnungswesen –, örtliche Leitung oder Mitwirkung bei der Leitung von Bauten und Bauabschnitten sowie deren Abrechnung;
…
Die Tätigkeitsmerkmale der genannten Fallgrupppen bauen aufeinander auf. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist bei Aufbaufallgruppen zunächst zu prüfen, ob der Kläger die allgemeinen Anforderungen der niedrigeren Vergütungsgruppen, hier der VergGr. Vb bzw. IVb Fallgruppe 1 BAT erfüllt und anschließend, ob die weiterführenden Merkmale der darauf aufbauenden höheren VergGr. IVa Fallgruppe 1, III Fallgruppe 1 sowie II Fallgruppe 1b BAT (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. nur Urteil vom 24. September 1980 – 4 AZR 727/78 – BAGE 34, 158 = AP Nr. 36 zu §§ 22, 23 BAT 1975) vorliegen.
Das Landesarbeitsgericht nimmt an, der für seinen Klageanspruch in vollem Umfang darlegungs- und gegebenenfalls beweispflichtige Kläger habe keine hinreichenden Tatsachen dafür dargelegt, daß bei der von ihm auszuübenden Tätigkeit seit dem 1. Februar 1981 – mindestens – zur Hälfte Arbeitsvorgänge angefallen seien, die die Tätigkeitsmerkmale der VergGr. III Fallgruppe 1 erfüllten, aus der er in die VergGr. II Fallgruppe 1b im Wege der Bewährung aufgestiegen sein wolle. Das hat es im einzelnen ausgeführt. In der Tat spricht einiges dafür, daß es jedenfalls für den Bewährungszeitraum an hinreichenden Darlegungen des Klägers fehlt, die in die Lage versetzen, Arbeitsvorgänge zu bilden und ihre Zeitanteile zu erkennen.
Bei einer Eingruppierungsfeststellungsklage hat der Kläger nach den allgemeinen Grundsätzen des Zivilprozesses und materiellen Rechts je nach Lage und Erfordernis des Einzelfalles diejenigen Tatsachen vorzutragen und im Bestreitensfalle zu beweisen, aus denen der rechtliche Schluß möglich ist, daß er die im Einzelfall für sich beanspruchten tariflichen Tätigkeitsmerkmale unter Einschluß der darin vorgesehen Qualifizierungen erfüllt (Senatsurteil vom 4. Mai 1994 – 4 AZR 447/93 – ZTR 1994, 507, m.w.N.).
Für den Bewährungsaufstieg gilt nach der Rechtsprechung des Senats nichts anderes. Nach der eindeutigen Regelung in VergGr. II Fallgruppe 1b nimmt der Angestellte nur dann am Bewährungsaufstieg aus VergGr. III in die VergGr. II teil, wenn er sich zuvor zehn Jahre lang in einer Tätigkeit im Sinne der VergGr. III Fallgruppe 1 bewährt hat. Dabei kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob der Angestellte formell in die Ausgangsvergütungsgruppe eingruppiert worden ist. Entscheidend für den tariflichen Anspruch ist vielmehr, ob er mit seiner auszuübenden Tätigkeit die tariflichen Merkmale erfüllt oder nicht. Dabei begründet die tatsächliche Vergütung des Angestellten nicht einmal eine Vermutung dafür, daß die von ihm auszuübende Tätigkeit den tariflichen Tätigkeitsmerkmalen entspricht (vgl. Urteil des Senats vom 31. März 1971 – 4 AZR 200/70 – AP Nr. 10 zu § 23a BAT). Der Arbeitgeber darf die tarifliche Mindestvergütung des Angestellten nochmals überprüfen und sich darauf berufen, er sei übertariflich bezahlt und sei daher nicht im Wege der Bewährung aufgestiegen (Urteil des Senats vom 28. März 1979 – 4 AZR 446/77 – AP Nr. 19 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Nimmt man hinzu, daß die Mitteilung, die auszuübende Tätigkeit des Angestellten erfülle die Anforderungen einer bestimmten Vergütungsgruppe, in der Regel nur die Äußerung einer Rechtsansicht darstellt (Urteil des Senats vom 27. Februar 1980 – 4 AZR 237/78 – AP Nr. 30 zu §§ 22, 23 BAT 1975; Urteil des Senats vom 24. September 1980 – 4 AZR 727/78 – BAGE 34, 158 = AP Nr. 36 zu §§ 22, 23 BAT 1975; vgl. Urteil des Senats vom 21. Juli 1993 – 4 AZR 486/92 – AP Nr. 10 zu § 1 TVG Tarifverträge: Luftfahrt), reicht es im Grunde aus, wenn der Arbeitgeber im Prozeß um die Vergütung aus einer Vergütungsgruppe, in die der Angestellte im Wege der Bewährung aufgestiegen sein will, die Eingruppierung in die Ausgangsvergütungsgruppe leugnet oder bestreitet, es lägen Tätigkeiten vor, die die Merkmale der Ausgangsvergütungsgruppe erfüllten. Es kann dahinstehen, ob an dieser Rechtsprechung uneingeschränkt festzuhalten ist. Es wäre denkbar, die volle Darlegungslast für das Vorliegen der Merkmale der Ausgangsvergütungsgruppe erst dann wieder dem Angestellten zuzuweisen, wenn der Arbeitgeber darlegt, daß und inwiefern ihm ein Irrtum bei der Eingruppierung in die Ausgangsvergütungsgruppe unterlaufen ist. Immerhin verlangt der Zehnte Senat für die korrigierende Rückgruppierung, daß der Arbeitgeber im einzelnen vortragen muß, warum und inwieweit die von ihm selbst erstellte Tätigkeitsdarstellung und die vorgenommene Bewertung der einzelnen Tätigkeiten fehlerhaft war und deshalb korrigiert werden muß, wenn sich der Arbeitnehmer darauf beruft, die Tätigkeiten und ihr Umfang hätten sich nicht geändert (Urteil vom 28. Mai 1997 – 10 AZR 383/95 – n.v.). Hat der Arbeitgeber die Tätigkeitsmerkmale einer bestimmten Lohngruppe als erfüllt angesehen, ist er zwar grundsätzlich berechtigt, eine irrtümlicherweise vorgenommene Eingruppierung zu korrigieren, muß aber darlegen, welcher Irrtum bei der ursprünglich vorgenommenen Eingruppierung unterlaufen ist. Dabei muß der Arbeitgeber entweder einen Rechtsirrtum dartun oder substantiiert die Tatsachen vortragen, die eine fehlerhafte Eingruppierung des Arbeitnehmers begründen (Urteil vom 11. Juni 1997 – 10 AZR 724/95 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen).
Es spricht einiges dafür, diese Rechtsprechung zur korrigierenden Rückgruppierung auf den Bewährungsaufstieg zu übertragen. Dann hätte der Arbeitgeber vorzutragen, daß und warum die Voraussetzungen der Ausgangsvergütungsgruppe, aus der der Arbeitnehmer aufsteigen will, nicht zutreffen. Erst dann obläge es dem Arbeitnehmer, dieser Auffassung entgegenzutreten. Auch könnte im Hinblick auf einen erteilten Nachweis der Tätigkeit(en) und/oder der Vergütungs-/Fallgruppe im Sinne des Nachweisgesetzes vom 20. Juli 1995 (BGBl I S. 946) die Darlegungs- und Beweislast des Arbeitnehmers im Falle eines geltend gemachten Bewährungsaufstiegs in einem anderen Lichte zu sehen sein.
Darauf kommt es aber hier deswegen nicht entscheidend an, weil der Kläger entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts deswegen einen tariflichen Anspruch auf die begehrte Vergütung hat, weil die beklagte Stadt aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Falles gegen Treu und Glauben, § 242 BGB, verstößt, und zwar in seiner Erscheinungsform des mißbräuchlichen widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium), wenn sie sich darauf beruft, der Kläger erfülle die Voraussetzungen der Ausgangsvergütungsgruppe nicht.
Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger habe keine hinreichenden Tatsachen dafür vorgetragen, daß ausnahmsweise ein Verstoß gegen Treu und Glauben gegeben sei, nachdem nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts es in aller Regel nicht dem Grundsatz von Treu und Glauben widerspreche, wenn der Arbeitgeber sich darauf berufe, der Angestellte sei tarifwidrig in die Ausgangsvergütungsgruppe eingruppiert und nach ihr bezahlt worden.
Dem folgt der Senat nicht.
Das Landesarbeitsgericht hat nicht berücksichtigt, daß der Kläger mit Schreiben vom 18. Mai 1972 der Sache nach eine Änderungskündigung ausgesprochen hat, mit der er erreichte, daß er ab 1. Februar 1972 Vergütung nach VergGr. IVa BAT/VKA erhielt. Diese Vergütung wurde in einem “Nachtrag zum Arbeitsvertrag” vom 10. Juli 1972 festgehalten. Es handelte sich nicht etwa um eine Zulagenregelung. Nachdem der Kläger zunächst nur eine persönliche Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen den Vergütungsgruppen IVa und III BAT erhalten hatte, wurde er mit Schreiben vom 25. April 1973 mit Wirkung vom 1. Januar 1973 unter Wegfall der bisher gewährten persönlichen Zulage “in die VergGr. III BAT eingewiesen”. Das beruhte auf der “Vorauswertung” vom 12. Oktober 1972, nach der sich “als zutreffende VergGr.: III/Fallgr. 1” ergeben hatte. Der Arbeitsvertrag des Klägers wurde entsprechend geändert. Der Kläger wurde nach VergGr. III BAT/VKA über 17 Jahre lang bezahlt, als die beklagte Stadt anläßlich der Änderung der Tätigkeitsmerkmale für technische Angestellte durch den Änderungstarifvertrag vom 24. April 1991 mit Wirkung ab 1. Januar 1991 zu dem Ergebnis kommt, der Kläger erfülle die Voraussetzungen der VergGr. III nicht originär, sondern nur die der VergGr. IVa mit Bewährungsaufstieg in die VergGr. III. Damit ist ein Fall des treuwidrigen widersprüchlichen Verhaltens gegeben. Widersprüchliches Verhalten ist rechtsmißbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist (BGHZ 94, 344, 354; BGH Urteil vom 20. März 1986 – III ZR 236/84 – NJW 1986, 2104). So liegt es hier. Der Kläger hat im Vertrauen darauf, originär in VergGr. III eingruppiert zu sein, eine entsprechende Eingruppierungsklage oder eine Klage auf Beschäftigung mit Tätigkeiten, die originär unter die VergGr. III fallen, unterlassen. Wenn dem Kläger dann im Rahmen der Einführung eines Bewährungsaufstiegs mitgeteilt wird, er erfülle die Voraussetzungen der Ausgangsvergütungsgruppe nicht und nehme daher nicht am Bewährungsaufstieg teil, so ist dies ein rechtsmißbräuchliches widersprüchliches Verhalten der beklagten Stadt. Das hat zur Folge, daß sich die beklagte Stadt nicht mit Erfolg darauf berufen kann, wegen fehlender Erfüllung der Tätigkeitsmerkmale der Ausgangsvergütungsgruppe sei ein Bewährungsaufstieg für den Kläger nicht gegeben. Sie kann dem Kläger schlechterdings nicht mehr erfolgreich ansinnen, für mindestens zehn zurückliegende Jahre die Erfüllung der Tätigkeitsmerkmale der Ausgangsvergütungsgruppe vorzutragen. Vielmehr muß die beklagte Stadt den Kläger so behandeln, als habe er mindestens zehn Jahre lang die Voraussetzungen der Ausgangsvergütungsgruppe erfüllt. Die beklagte Stadt durfte den Kläger nicht jahrelang als originär in VergGr. III befindlich ansehen und danach vergüten und dann bei Einführung eines Bewährungsaufstiegs aus dieser Vergütungsgruppe unter Hinweis darauf, der Kläger sei nur im Wege der Bewährung in die VergGr. III gelangt, ihm den per 1. Januar 1991 erfolgten Bewährungsaufstieg absprechen und die zur Zahlung anstehende Vergütung aus dem Bewährungsaufstieg verweigern. Der Kläger kann sich nach Treu und Glauben darauf berufen, daß er in die VergGr. II im Wege der Bewährung gelangt ist.
Nach alledem kann sich die beklagte Stadt wegen der besonderen Umstände des vorliegenden Falles nicht mit Erfolg darauf berufen, daß wegen fehlender Erfüllung der Merkmale der Ausgangsvergütungsgruppe ein Aufstieg in die VergGr. II im Wege der Bewährung nicht erfolgt ist.
2. Ob der Kläger aufgrund seines Arbeitsvertrages einen Anspruch auf Teilnahme am Bewährungsaufstieg in die VergGr. II hat, etwa weil arbeitsvertraglich eine Beschäftigung mit Tätigkeiten, die originär unter die VergGr. III fallen, vereinbart worden wäre, braucht der Senat nicht mehr zu prüfen.
Der Kläger hat damit Anspruch auf Vergütung nach VergGr. II BAT ab 1. Februar 1991.
III.1. Die auf Nettobeträge beschränkte Zinsforderung ist begründet (§ 291, § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB), allerdings erst ab dem auf die Rechtshängigkeit des Zahlungsanspruches folgenden Tag – § 187 Abs. 1 BGB entsprechend – (BGH Urteil vom 24. Januar 1990 – VIII ZR 296/88 – NJW-RR 1990, 518, 519; Palandt/Heinrichs, BGB, 56. Aufl., § 187 Rz 1), also ab dem 21. Januar 1994.
Das Arbeitsgericht hat insoweit den Antrag des Klägers zutreffend als Feststellungsklage ausgelegt und wollte ihm in vollem Umfang stattgeben, ohne darüber hinauszugehen, wie sich aus den Entscheidungsgründen ergibt. Dem hat der Senat durch eine entsprechende Formulierung Rechnung getragen.
2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Schaub, Schneider, Friedrich, Hecker, Gotsche
Fundstellen
Haufe-Index 884860 |
BB 1998, 224 |
FA 1998, 68 |
NZA 1998, 557 |
RdA 1998, 127 |
RiA 1998, 287 |