Entscheidungsstichwort (Thema)
Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Gewährung der Erwerbsunfähigkeitsrente
Orientierungssatz
Die Tarifvorschrift des § 62 MTArb dient einerseits dem Schutz des Arbeitnehmers, der aus gesundheitlichen Grünen nicht mehr in der Lage ist, seine bisherige Tätigkeit zu verrichten und bei dem bei einer Fortsetzung der Tätigkeit die Gefahr einer weiteren Verschlimmerung seines Gesundheitszustandes besteht. Andererseits will die Tarifvorschrift dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers Rechnung tragen, sich von einem Arbeitnehmer zu trennen, der gesundheitsbedingt nicht mehr in der Lage ist, seine nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Leistung zu erbringen und für den ein zumutbarer leistungsgerechter Arbeitsplatz nicht zur Verfügung steht. Ein von den Tarifparteien anerkanntes Bedürfnis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht danach nicht, wenn der Arbeitnehmer einen leistungsgerechten Arbeitsplatz einnehmen und dort nach dem von Rentenversicherungsträger festgestellten Leistungsvermögen seinen arbeitsvertraglichen Pflichten noch genügen kann.
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 19. Juni 1998 - 3 Sa 2220/97 - wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses aufgrund einer tarifvertraglichen Beendigungsvorschrift, über einen Anspruch des Klägers auf Beschäftigung und Entgelt sowie hilfsweise über einen Anspruch auf Abschluß eines Arbeitsvertrags.
Der 1942 geborene Kläger ist seit dem 27. Mai 1987 bei dem beklagten Land als Straßenwärter beim Straßenbauamt O beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Manteltarifvertrag Arbeiterinnen und Arbeiter des Bundes und der Länder (MTArb) vom 6. Dezember 1995 Anwendung.
In dessen § 62 ist ua. bestimmt:
(1) Wird durch Bescheid eines Rentenversicherungsträgers festgestellt, daß der Arbeiter berufsunfähig oder erwerbsunfähig ist, endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid zugestellt wird, wenn der Arbeiter eine außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung bestehende Versorgung durch den Arbeitgeber oder durch eine Versorgungseinrichtung erhält, zu der der Arbeitgeber Mittel beigesteuert hat. ...
...
(3) Liegt bei einem Arbeiter, der Schwerbehinderter im Sinne des Schwerbehindertengesetzes ist, in dem Zeitpunkt, in dem nach den Absätzen 1 und 2 das Arbeitsverhältnis wegen Berufsunfähigkeit endet, die nach § 22 des Schwerbehindertengesetzes erforderliche Zustimmung der Hauptfürsorgestelle noch nicht vor, endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Tages der Zustellung des Zustimmungsbescheides der Hauptfürsorgestelle.
(4) Wird ein Arbeiter, dessen Arbeitsverhältnis nach Absatz 1 oder 2 infolge Berufsunfähigkeit geendet hat, weiterbeschäftigt, ist mit ihm ein neuer schriftlicher Arbeitsvertrag zu schließen. Dieses Arbeitsverhältnis kann mit einer Frist von zwei Wochen zum Monatsschluß gekündigt werden. § 37 Abs. 2 sowie die §§ 57 und 58 werden nicht angewendet.
..."
Der Kläger ist herzkrank. Durch Bescheid des Arbeitsamts O vom 5. Oktober 1994 wurde er den Schwerbehinderten gleichgestellt. Sein Grad der Behinderung beträgt 30. Der Kläger war in der Folgezeit nicht mehr in der Lage, als Straßenwärter zu arbeiten. Auf seinen Antrag vom 16. Januar 1996 gewährte ihm die Landesversicherungsanstalt Hannover mit Bescheid vom 5. November 1996 eine Rente wegen Berufsunfähigkeit mit Wirkung ab dem 1. November 1995. Am 21. November 1996 erteilte ihm ein Arzt für Allgemeinmedizin eine "ärztliche Bescheinigung", nach der der Kläger "im Rahmen seines medizinischen Leistungsvermögens" ab dem 25. November 1996 arbeitsfähig sei. Der Kläger meldete sich daraufhin zum Arbeitsantritt beim Straßenbauamt O; zu einer Weiterbeschäftigung kam es jedoch nicht. Am 26. November 1996 stellte sich der Kläger beim Betriebsarzt des beklagten Landes vor. Dieser kam zu dem Ergebnis, der Kläger sei nicht mehr mit den für Straßenwärter und Kraftfahrer typischen Tätigkeiten belastbar, könne aber noch Tätigkeiten mit geringen körperlichen Anforderungen ohne Hebebelastung ausführen, beispielsweise als Bote im Amt, Telefonist oder Wachmann in vollschichtiger Tätigkeit.
Auf Antrag des beklagten Landes vom 27. November 1996 erteilte das Niedersächsische Landesamt für zentrale soziale Aufgaben - Hauptfürsorgestelle - gemäß § 22 iVm. §§ 15 ff. SchwbG mit Bescheid vom 3. Februar 1997 die Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Gegen den ihm am 7. Februar 1997 zugegangenen Bescheid erhob der Kläger Widerspruch. Mit Schreiben vom 12. Februar 1997 teilte das beklagte Land dem Kläger mit, sein Arbeitsverhältnis sei durch den Rentenbescheid und die Zustimmung der Hauptfürsorgestelle, die beim Straßenbauamt am 7. Februar 1997 eingegangen sei, mit Ablauf des 7. Februar 1997 gemäß § 62 Abs. 1 und 3 MTArb iVm. § 22 SchwbG beendet. Daraufhin erweiterte der Kläger am 25. Februar 1997 seine seit dem 24. Januar 1997 anhängige Beschäftigungsklage um den Feststellungsantrag und den Hilfsantrag.
Am 23. Juni 1997 teilte das beklagte Land dem Kläger mit, bei der Autobahnmeisterei H werde eine befristete Stelle als Telefonist frei. Es handelte sich laut Stellenbeschreibung vom 20. Juni 1997 um eine ab dem 1. November 1997 freie Stelle; der Einsatz sollte befristet bis zur Umstrukturierung des Fernmeldebetriebsnetzes, längstens bis zum 31. Dezember 1998 erfolgen. Dabei war ein täglicher Schichtdienst vorgesehen, der rund um die Uhr geleistet werden mußte (Früh-, Spät- und Nachtschicht). Bei Interesse des Klägers sei allerdings zuvor eine Stellungnahme des Arbeitsmedizinischen Dienstes einzuholen. Dieser stellte in seinem Untersuchungsbericht vom 13. August 1997 ua. fest, daß der Kläger für einen Einsatz als Telefonist in einer Fernmeldezentrale (Notrufzentrale) einer Autobahnmeisterei nicht geeignet sei.
Daraufhin übertrug das beklagte Land dem Kläger die Stelle nicht. Im Juli 1997 bat das beklagte Land zahlreiche andere Landesbehörden mit Sitz in O um Stellungnahme, ob ein freier, für den Kläger geeigneter Dienstposten zur Verfügung stehe. Alle angeschriebenen Behörden teilten mit, daß ein entsprechender Arbeitsplatz nicht zur Verfügung stehe.
Der Kläger hat vorgetragen, seine Herzerkrankung sei weitgehend ausgeheilt. Die Tätigkeit eines Straßenwärters könne er noch ausüben. Seine Leistungseinschränkung beziehe sich nur auf einige wenige Tätigkeiten, insbesondere das "nicht selten" vorkommende Arbeiten an Böschungen (Schneiden und Abtransport von Gras und Gehölz). Die Einschätzung des Betriebsarztes vom 26. November 1996, nach welcher der Kläger nicht mehr mit den für Straßenwärter und Kraftfahrer typischen Tätigkeiten belastbar sei, sei unrichtig. Für die Tätigkeit als Telefonist bei der Autobahnmeisterei H sei der Kläger gesundheitlich geeignet, sofern er vom Nachtdienst befreit werde. Der vorhergehende Stelleninhaber habe nur während 10 bis 20 % seiner Gesamtarbeitszeit Nachtschichten geleistet. Es sei dem beklagten Land ohne weiteres möglich, den Dienstplan so zu ändern, daß für den Kläger eine nachtdienstfreie Stelle geschaffen werde. Im übrigen verfüge das beklagte Land über mindestens 1.000 Stellen, auf denen es Telefonisten und Telefonistinnen beschäftige. Das beklagte Land sei verpflichtet, bei den Behörden des gesamten Bundeslandes einen für ihn geeigneten leidensgerechten Arbeitsplatz zu suchen und ggf. durch eine zulässige Ausübung des Direktionsrechts freizumachen, soweit dies nicht in erheblichem Maße in den Vertrag eines anderen Arbeitnehmers eingreife. Diese Anforderungen seien namentlich auch im Hinblick darauf zu stellen, daß der Kläger infolge seiner Gleichstellung dem besonderen Schwerbehindertenschutz unterfalle und einen erhöhten Anspruch auf Förderung gemäß § 14 SchwbG habe.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers bei dem beklagten Land Niedersachsen nicht am 7. Februar 1997 geendet hat; das Arbeitsverhältnis besteht fort,
2. das beklagte Land Niedersachsen zu verurteilen, dem Kläger Arbeit als Telefonist bei der Autobahnmeisterei H/Straßenbauamt zu gewähren bzw. ihn anderenorts wahlweise als Telefonist, Wachmann, Pförtner oder Boten im Amt einzusetzen,
3. hilfsweise: Das beklagte Land Niedersachsen zu verurteilen, mit ihm mit Wirkung ab dem 7. Februar 1997 einen schriftlichen (Fortsetzungs-)Arbeitsvertrag gemäß § 62 Abs. 4 Satz 1 MTArb zu schließen, welcher mit einer Kündigungsfrist von zwei Wochen zum Monatsschluß gekündigt werden kann, und auf welchen § 37 Abs. 2 sowie die §§ 57 und 58 MTArb nicht angewendet werden (§ 62 Abs. 4 Satz 2 und 3 MTArb),
4. das beklagte Land Niedersachsen zu verurteilen, an ihn für die Zeit vom 8. Februar bis zum 30. April 1997 12.500,00 DM Vergütung brutto abzurechnen und auszuzahlen.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat im wesentlichen vorgetragen, der Kläger sei nach wie vor nicht in der Lage, als Straßenwärter zu arbeiten. Durch die Untersuchung des Arbeitsmedizinischen Dienstes vom 26. November 1996 sei nachgewiesen, daß der Kläger nicht mehr mit den straßenwärtertypischen Tätigkeiten belastbar sei. Für die gesundheitlich allein in Betracht kommenden Tätigkeiten als Bote im Amt, Telefonist oder Wachmann könne dem Kläger kein freier Arbeitsplatz angeboten werden, da sämtliche derartigen Arbeitsplätze entweder besetzt oder nicht verfügbar seien. Bei der Autobahnmeisterei H könne der Kläger nur im Rahmen der Früh- und Spätschichten eingesetzt werden, was auf Dauer zu einer Überlastung der übrigen vier Bediensteten führe, da diese die Nachtschichten des Klägers zusätzlich übernehmen müßten.
Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageziele weiter. Das beklagte Land beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Anträge des Klägers zu Recht zurückgewiesen.
A. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist nach § 62 Abs. 1 und Abs. 3 MTArb iVm. § 22 SchwbG mit Ablauf des 7. Februar 1997 beendet.
I. Die Tarifvorschriften enthalten auflösende Bedingungen, die eingetreten sind. Der Kläger ist nach dem bestandskräftigen Bescheid der LVA Hannover vom 5. November 1996 berufsunfähig. Die aufgrund seiner Gleichstellung erforderliche Zustimmung der Hauptfürsorgestelle ist am 3. Februar 1997 erteilt. Der Bescheid ist den Parteien am 7. Februar 1997 zugestellt.
II. Für den Kläger bestand weder am 7. Februar 1997 eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit noch war zu diesem Zeitpunkt absehbar, daß in der unmittelbar folgenden oder in absehbarer Zeit eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Kläger entstehen könnte.
1. Der Sinn und Zweck der Tarifvorschriften, die wie § 62 MTArb die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Berufsunfähigkeit vorsehen, bedürfen nach der ständigen Rechtsprechung des Senats einer einschränkenden Auslegung (vgl. BAG 28.Juni 1995 - 7 AZR 555/94 - AP BAT § 59 Nr. 6 = EzA BGB § 620 Nr. 134; 9.Oktober 1991 - 6 AZR 443/89 - ZTR 1992, 425 f.). Danach dient die Tarifvorschrift einerseits dem Schutz des Arbeitnehmers, der aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, seine bisherige Tätigkeit zu verrichten und bei dem bei einer Fortsetzung der Tätigkeit die Gefahr einer weiteren Verschlimmerung seines Gesundheitszustands besteht. Andererseits will die Tarifvorschrift dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers Rechnung tragen, sich von einem Arbeitnehmer zu trennen, der gesundheitsbedingt nicht mehr in der Lage ist, seine nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Leistung zu erbringen und für den ein zumutbarer leistungsgerechter Arbeitsplatz nicht zur Verfügung steht (BAG 28. Juni 1995 - 7 AZR 555/94 - AP BAT § 59 Nr. 6 = EzA BGB § 620 Nr. 134, zu I 3 b der Gründe mwN). Ein von den Tarifparteien anerkanntes Bedürfnis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht danach nicht, wenn der Arbeitnehmer einen leistungsgerechten Arbeitsplatz einnehmen und dort nach dem vom Rentenversicherungsträger festgestellten Leistungsvermögen seinen arbeitsvertraglichen Pflichten noch genügen kann. Mit dieser einschränkenden Auslegung haben die Tarifparteien einen Sachgrund geregelt, der den von Verfassungs wegen gebotenen Anforderungen der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle genügt. Danach sind die staatlichen Gerichte gehalten, den Arbeitnehmer von einer grundlosen, den staatlichen Kündigungsschutz umgehenden Verlust des Arbeitsplatzes zu bewahren und damit einen Ausgleich der kollidierenden Grundrechtspositionen der Arbeitsvertragsparteien zu finden (vgl. BAG 11. März 1998 - 7 AZR 101/97 - AP BAT § 59 Nr. 8 = EzA BAT § 59 Nr. 5, zu 2 c der Gründe mwN). Deshalb stellt das Vorliegen von Berufsunfähigkeit für sich gesehen keinen eine auflösende Bedingung rechtfertigenden Sachgrund dar. Ansonsten bliebe die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Freiheit der Berufsausübung eines Arbeitnehmers unbeachtet, an einem von ihm gewählten Arbeitsplatz festzuhalten, dessen Anforderungen er trotz eines gesundheitlich eingeschränkten Leistungsvermögens genügt. Demgegenüber ist das Interesse des Arbeitgebers, sich von einem Arbeitnehmer allein deswegen zu trennen, weil er einen Anspruch aus der gesetzlichen Rentenversicherung wegen Berufsunfähigkeit in Anspruch nimmt, nicht schützenswert. Verlangt der Arbeitnehmer trotz des Bezugs seiner Rente wegen Erwerbsminderung vom Arbeitgeber seine Weiterbeschäftigung, hat der Arbeitgeber zu prüfen, ob das vom Rentenversicherungsträger festgestellte Leistungsvermögen für eine vertragsgemäße Beschäftigung, ggf. auf einem anderen freien Arbeitsplatz ausreicht (vgl. BAG 28. Juni 1995 - 7 AZR 555/94 - AP BAT § 59 Nr. 6 = EzA BGB § 620 Nr. 134, zu I 3 b, 4 der Gründe; 11. März 1998 - 7 AZR 101/97 - AP BAT § 59 Nr. 8 = EzA BAT § 59 Nr. 5, zu 2 d der Gründe). Das gilt erst recht für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines Mitarbeiters, der den besonderen Schutz des § 14 Abs. 2 SchwbG in Anspruch nehmen kann. Läßt sich eine solche Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nicht feststellen, ist ein sachlicher Auflösungsgrund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Ausspruch einer Kündigung gegeben, weil der Arbeitgeber den leistungsgeminderten Arbeitnehmer nicht mehr beschäftigen kann.
2. So verhält es sich im Streitfall.
a) Der Kläger konnte seinen Beruf als Straßenwärter nicht mehr ausüben. Davon ist das Landesarbeitsgericht im Anschluß an die ungerügte Würdigung des Arbeitsgerichts zu Recht ausgegangen, nachdem der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen, er könne weiter als Straßenwärter arbeiten, im Berufungsrechtszug nicht weiterverfolgt hat. Auch die Revision hat insoweit keine Rüge erhoben.
b) Eine die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hindernde Beschäftigungsmöglichkeit bestand auch nicht als Telefonist bei der Autobahnmeisterei H. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, daß eine etwaige Beschäftigungsmöglichkeit auf der Telefonistenstelle in H schon deshalb außer Betracht bleiben muß, weil der Arbeitsplatz im Zeitpunkt der Zustellung der Entscheidung der Hauptfürsorgestelle nicht frei war und das Freiwerden dieser Stelle am 7. Februar 1997 noch nicht absehbar war. Allein dieser Zeitpunkt ist maßgeblich. Auch bei einer einschränkenden Auslegung tariflicher Beendigungstatbestände, die auf das Vorhandensein freier Arbeitsplätze abstellt, muß aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse in dem Zeitpunkt, zu dem der Tarifvertrag die Beendigung vorsieht, feststehen, ob die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingetreten ist oder nicht. Die Rechtssicherheit erfordert, daß die Frage der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht von später eintretenden, nicht absehbaren Umständen abhängt, sondern allenfalls durch die Notwendigkeit einer gerichtlichen Beweisaufnahme über die zu jenem Zeitpunkt bestehenden tatsächlichen Verhältnisse zeitweilig im Unklaren bleibt. Auf die weitere Begründung des Landesarbeitsgerichts, der Kläger habe die in H erforderlichen Nachtschichten nicht leisten können, kommt es daher nicht mehr an.
c) Schließlich kann auch der Hinweis des Klägers auf sonstige beim beklagten Land bestehende Beschäftigungsmöglichkeiten (als Pförtner, Telefonist, Wachmann oder Bote) der Klage nicht zum Erfolg verhelfen. Zwar mag es sein, daß es im Zeitpunkt der vom Tarifvertrag vorgesehenen Beendigung des Arbeitsverhältnisses beim beklagten Land einen für den Kläger geeigneten freien Arbeitsplatz gegeben hat, auf den der Kläger hätte versetzt werden können. Eine derartige Weiterbeschäftigungsmöglichkeit wäre indessen nur dann rechtserheblich gewesen, wenn der Kläger spätestens im Zeitpunkt der tarifvertraglich vorgesehenen Beendigung des Arbeitsverhältnisses das konkrete Verlangen nach einer Weiterbeschäftigung auf einem bestimmten Arbeitsplatz geäußert hätte. Das gilt jedenfalls in den Fällen, in denen der Arbeitnehmer durch seinen Rentenantrag die Voraussetzungen für den Eintritt der auflösenden Bedingung selbst geschaffen hat.
aa) In aller Regel darf der Arbeitgeber davon ausgehen, daß der Arbeitnehmer, der einen Rentenantrag wegen verminderter gesundheitlicher Leistungsfähigkeit stellt und dessen Arbeitsverhältnis nach einem für ihn geltenden Tarifvertrag im Falle des Erfolges seines Antrags endet, kein Interesse an seiner Weiterbeschäftigung hat und die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zumindest in Kauf nimmt. Denn der Eintritt der auflösenden Bedingung beruht allein auf einem Betreiben des Arbeitnehmers. Die Beendigungsregelung des Tarifvertrags bezweckt gerade auch seinen Schutz. Im Regelfall braucht der Arbeitgeber daher mit einem Weiterbeschäftigungsverlangen des Arbeitnehmers nicht zu rechnen und mithin auch nicht von sich aus zu prüfen, welche Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bestehen. Es kommt hinzu, daß der Arbeitgeber oft keine Kenntnis vom Rentenantrag seines Arbeitnehmers hat, bevor dieser ihn über die Zustellung des Rentenbescheids unterrichtet. Darüber hinaus kann der Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit regelmäßig auch nicht prüfen, weil ihm das konkrete Leistungsvermögen des erwerbsgeminderten Arbeitnehmers nicht bekannt ist. Es ist daher eine den Arbeitnehmer in seinem eigenen Interesse treffende Obliegenheit, mit dem Arbeitgeber bereits sehr frühzeitig in Verbindung zu treten, wenn er beabsichtigt, trotz eines Erfolgs seines Rentenantrags auf einem anderen Arbeitsplatz weiterbeschäftigt zu werden. Etwas anderes gebietet auch nicht § 14 Abs. 2 SchwbG. Der Arbeitgeber kann seiner gesteigerten Förderungspflicht nach § 14 Abs. 2 SchwbG nur nachkommen, wenn er darüber informiert wird, wie er den Mitarbeiter trotz bestehender Berufsunfähigkeit noch einsetzen kann.
bb) Im vorliegenden Fall hat der Kläger sogar seine eingeschränkte Weiterbeschäftigung als Straßenwärter erst unmittelbar vor dem für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses maßgeblichen Zeitpunkt der Zustellung des Zustimmungsbescheids der Hauptfürsorgestelle mit seinem Klageantrag vom 22. Januar 1997 verlangt. Andere konkrete Vorstellungen über eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit hat er bis zu diesem Zeitpunkt nicht geäußert. Vor diesem Zeitpunkt hatte das beklagte Land daher keinen Anlaß zur Annahme, der Kläger strebe auch eine bestimmte anderweitige Beschäftigung an. Demzufolge brauchte das beklagte Land damals auch entsprechende Bemühungen noch nicht zu unternehmen. Auf spätere Bemühungen des beklagten Landes kommt es angesichts der erforderlichen Rechtssicherheit nicht an.
d) Das Land mußte für den Kläger auch keine freie Stelle schaffen, um die tariflich vorgesehene Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu verhindern. Der Kläger übersieht, daß nicht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung im Streit steht. Das Ultima-ratio-Prinzip kann im Einzelfall zur Folge haben, daß eine Kündigung sozial ungerechtfertigt ist, weil die Möglichkeit der Weiterbeschäftigung auf einen durch Ausübung des Direktionsrechts frei zu machenden Arbeitsplatz nicht genutzt wurde. Soweit geht die ergänzende, von Verfassungs wegen gebotene Auslegung einer tariflichen Beendigungsnorm nicht. Sie führt lediglich zu dem ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal, daß die Beschäftigung des Berufsunfähigen auf einem zumutbaren freien Arbeitsplatz nicht möglich sein darf.
B. Da das Arbeitsverhältnis der Parteien beendet ist, hat der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung von Arbeit. Ebenso entfällt ein Anspruch auf Vergütung für die Zeit ab 8. Februar 1997.
Schließlich hat der Kläger auch nicht den hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Abschluß eines neuen Arbeitsvertrags nach § 64 Abs. 4 MTArb. Der Kläger hat zu keiner Zeit über den 8. Februar 1997 hinaus weitergearbeitet.
C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Dörner Steckhan Schmidt
Niehues Hökenschnieder
Fundstellen
ZTR 2001, 270 |
br 2001, 204 |