Entscheidungsstichwort (Thema)

Alternativer Gesellschafter als Arbeitnehmer

 

Leitsatz (redaktionell)

Arbeitnehmereigenschaft in alternativer Gesellschaft; Parallelprozeß zu 4 AZR 467/90

 

Normenkette

BGB § 611; TVG § 1 Tarifverträge: Bau; BRTV-Bau § 1; Verfahrenstarifverträge-Bau

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Urteil vom 16.02.1990; Aktenzeichen 14/5 Sa 806/85)

ArbG Wiesbaden (Urteil vom 08.05.1985; Aktenzeichen 3 Ca 5229/84)

 

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 16. Februar 1990 – 14/5 Sa 806/85 – wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Sie zieht nach näherer tariflicher Regelung die Beiträge der baugewerblichen Arbeitgeber zu den Sozialkassen des Baugewerbes ein. Sie begehrt mit drei verschiedenen Klagen Auskunftserteilung und Zahlung von Beiträgen für die Zeiträume September bis Dezember 1983, Januar bis April 1984 und Mai bis September 1984. Im vorliegenden Rechtsstreit geht es um den Zeitraum Januar bis April 1984 für alle mitarbeitenden Gesellschafter-Geschäftsführer der Beklagten.

Die Beklagte unterhält einen in der Rechts form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung betriebenen Betrieb, in welchem insbesondere Zimmererarbeiten ausgeführt werden. Sie versteht sich als eine alternative Gesellschaft, in der alle Beschäftigten unabhängig von ihrer Stellung im Betrieb gleichberechtigt und gleichverpflichtet sind. Im Klagezeitraum des vorliegenden Rechtsstreits Januar bis April 1984 waren bei ihr nur Gesellschafter-Geschäftsführer tätig.

In dem für alle Mitarbeiter geltenden Vertrag heißt es:

(1) Der Betrieb der Ö. Baugesellschaft mbH ist ein selbstverwalteter Betrieb. Alle Mitarbeiter sind unabhängig von ihrer formalen Stellung als Gesellschafter, Geschäftsführer oder nur als Angestellter gleichberechtigt und gleich verantwortlich. Die Geschäftsführer besitzen keine hervorgehobene Stellung gegenüber anderen Mitarbeitern.

(2) Alle Mitarbeiter üben alle im Betrieb anfallenden Arbeiten aus. Eine Arbeitsteilung, insbesondere in geistige und körperliche Arbeit, findet nicht statt.

(3) Jeder Mitarbeiter übernimmt turnusmäßig für drei Monate die Buchhaltung, wobei jeweils ein neuer Mitarbeiter eingearbeitet wird, so daß letztlich alle Mitarbeiter in der Lage sind, die Buchhaltung selbständig zu führen.

(4) Jeder Mitarbeiter übernimmt abwechselnd die Leitung und Organisation einer Baustelle. Nach Absprache kann auch eine Baustelle von mehreren Mitarbeitern gemeinsam geleitet und organisiert werden.

(5) Die Organisation einer Baustelle beinhaltet alle anfallenden Arbeiten, so

  • Vorgespräche und Verhandlungen mit Architekten und Bauherrn
  • Erstellen eines Kostenvoranschlages
  • Ausfüllen eines Leistungsverzeichnisses bei Ausschreibungen
  • Einrichtung der Baustelle
  • Einkauf von Materialien und Geräten
  • Überwachung, Aufteilung und Ausführung der durchzuführenden Arbeiten
  • Erstellung der Rechnungen und Abrechnungen

(6) Neue und unerfahrenere Mitarbeiter werden durch ältere eingearbeitet. Die erste Organisation einer Baustelle durch einen unerfahreneren Mitarbeiter soll in Zusammenarbeit mit einem erfahreneren Mitarbeiter durchgeführt werden.

(7) Bei der Organisation einer Baustelle ist der leitende Mitarbeiter zu allen Handlungen mit Wirkung für und gegen die Gesellschaft generalbevollmächtigt, d.h. von keinem anderen Mitarbeiter bzw. Geschäftsführer weisungsabhängig. Dabei bedarf es auch keines Plenumsbeschlusses. Soweit erforderlich hat ein Geschäftsführer seine Unterschrift unter Verträge und Schreiben des jeweiligen Mitarbeiters zu leisten.

(8) Wer als Angestellter beschäftigt, aber nicht als Gesellschafter eingetragen ist, kann die Stellung als Gesellschafter auf seine Aufforderung hin erwerben. Das weitere Verfahren wird durch Gesellschaftsvertrag geregelt, wobei die Gesellschafterversammlung verpflichtet ist, den Mitarbeiter als neuen Gesellschafter aufzunehmen.

(9) Die Mitarbeiter sind zum vollen Einsatz ihrer Arbeitskraft verpflichtet. Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt z. Zt. 35 Stunden. Das Monatsgehalt beträgt z. Zt. einheitlich 1.500,– DM netto. Überstunden werden je nach Arbeitsbelastung und nach den jeweiligen Anforderungen ohne gesonderte Vergütung geleistet. Sind über längere Zeit ausreichende finanzielle Mittel zur Zahlung der Gehälter nicht verfügbar, so wird das Monatsgehalt reduziert, ohne daß späterhin ein Ausgleich stattfindet. Eine Ausnahme kann im Plenum beschlossen werden.

(10) Auf Antrag eines Mitarbeiters kann das Plenum die Verkürzung seiner Arbeitszeit unter Kürzung seines Monatsgehalts beschließen.

(11) Zweimal wöchentlich tritt das Plenum aller Mitarbeiter zusammen. Aufgaben des Plenums sind

  • Besprechung der verschiedenen Arbeiten und Probleme
  • Schlichtung eventueller Auseinandersetzungen zwischen den Mitarbeitern
  • Verfügungen und Verpflichtungen, die über die Organisation einer Baustelle hinausgehen, etwa hinsichtlich des Anlagevermögens,
  • Einstellung neuer Mitarbeiter
  • Entlassung von Mitarbeitern
  • Verlängerung oder Verkürzung der Arbeitszeit
  • Erhöhung oder Kürzung des Monatsgehaltes
  • Einstellung oder Entlassung von Geschäftsführern

(12) Das Plenum entscheidet durch einstimmigen Beschluß. Bei der Entlassung eines Mitarbeiters oder eines Geschäftsführers ist der Betroffene nicht abstimmungsberechtigt.

(13) Die Geschäftsführer sind unabhängig ihrer formalen Stellung nur auf Weisung und mit Genehmigung des Plenums berechtigt, Verpflichtungen für die Gesellschaft einzugehen.

Bis Ende August 1983 wurde die Beklagte durch zwei Geschäftsführer vertreten. Hinsichtlich der übrigen „Beschäftigten” bis zu diesem Zeitpunkt ist die Beklagte rechtskräftig zur Zahlung der entsprechenden Beiträge durch das Arbeitsgericht Wiesbaden, Urteil vom 2. November 1983 – 3 Ca 2393/83 – bzw. das insoweit nicht angefochtene Urteil vom 8. Mai 1985 – 3 Ca 477/84 – verurteilt worden. Ab 5. September 1983 wurden die restlichen vier Mitarbeiter ebenfalls zu alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführern unter Befreiung der Beschränkungen nach § 181 BGB bestellt und dementsprechend am 12. September 1983 in das Handelsregister eingetragen.

Für den Klagezeitraum Januar bis April 1984 des vorliegenden Rechtsstreits verlangt die Klägerin noch Beiträge für gewerbliche Arbeitnehmer in Höhe von insgesamt 10.475,73 DM hinsichtlich der zu dieser Zeit bei der Beklagten tätigen Gesellschafter-Geschäftsführer.

Sie hat die Auffassung vertreten, sämtliche Mitarbeiter ab September 1983 seien ungeachtet ihrer Bestellung und Eintragung als Geschäftsführer nach wie vor als gewerbliche Arbeitnehmer anzusehen. Sie hätten nur eine formale Organstellung; ihre Bestellung zu Geschäftsführern sei schon nach dem Konzept der Beklagten überflüssig, da sie dadurch keine weiteren Rechte oder Pflichten erhalten hätten, denn entscheidend sei allein das Kollektiv. Die unternehmerische Leitung der Beklagten und die Verantwortung habe allein das Plenum. Bei der Vielzahl der Geschäftsführer einerseits, der geringen Größe des Betriebes der Beklagten andererseits, beanspruche die organschaftliche Tätigkeit jeden einzelnen Geschäftsführer arbeitszeitlich nur geringfügig, dagegen machten die nicht organschaftlichen Tätigkeiten mindestens 80 % aller Arbeitszeiten aus. Darüber hinaus bestehe nach dem Konzept der Beklagten kein Interessengegensatz i.S. eines Gegnerbezuges zwischen den verschiedenen Mitarbeitern der Beklagten.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 10.475,43 DM zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, alle Mitarbeiter seien tatsächlich gleichberechtigt und vollverantwortlich gewesen. Sie hätten alle anfallenden Arbeiten entsprechend den Regelungen des Mitarbeitervertrages gleichberechtigt und eigenverantwortlich ausgeführt. Ihre Bestellung zu Geschäftsführern sei daher nur konsequent und lediglich formaler Ausdruck der ohnehin bestehenden tatsächlichen Gegebenheiten.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin nach der Vernehmung mehrerer Zeugen zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren zuletzt gestellten Antrag weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet, weil die hier in Frage kommenden Mitarbeiter der Beklagten jedenfalls keine Arbeitnehmer im Sinne von § 1 Abs. 3 der Sozialkassentarifverträge sind.

I.1. Mit dem Landesarbeitsgericht ist von § 2 Abschnitt 1 Ziff. 6 des für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages über das Verfahren für den Urlaub, den Lohnausgleich und die Zusatzversorgung im Baugewerbe vom 12. November 1960 i.d.F. vom 30. Oktober 1975 auszugehen, der die Auskunftspflicht der tarifunterworfenen Arbeitgeber regelt und dessen Geltungsbereich dem BRTV-Bau entspricht (§ 1). Da die Beklagte im Klagezeitraum unstreitig arbeitszeitlich überwiegend bauliche Leistungen im Sinne des § 1 Abs. 2 BRTV-Bau erbracht hat, waren die tariflichen Merkmale hinsichtlich des betrieblichen Geltungsbereichs gegeben.

Die von der Klägerin nach diesen Verfahrenstarifverträgen geforderten Beiträge sind jedoch nur für diejenigen Arbeitnehmer abzuführen, auf die sich ihr persönlicher Geltungsbereich erstreckt. Hinsichtlich der gewerblichen Arbeitnehmer bestimmt § 1 Abs. 3 VTV:

„Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung über die Rentenversicherung der Arbeiter (RVO) versicherungspflichtige Tätigkeit ausüben.”

Hinsichtlich der Angestellten, Poliere und Schachtmeister bestimmt § 1 Abs. 3 des Tarifvertrages über das Verfahren für eine zusätzliche Alters- und Invalidenbeihilfe für technische und kaufmännische Angestellte sowie für Poliere und Schachtmeister des Baugewerbes vom 30. Oktober 1975 i.d.F. vom 28. Dezember 1979:

„Technische und kaufmännische Angestellte sowie Poliere und Schachtmeister, die unter den persönlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages über eine zusätzliche Alters- und Invalidenbeihilfe im Baugewerbe vom 28. Dezember 1979 fallen.”

Der Tarifvertrag über eine zusätzliche Alters- und Invalidenbeihilfe im Baugewerbe vom 28. Dezember 1979 bestimmt schließlich in § 1 Abs. 3 seinen persönlichen Geltungsbereich wie folgt:

„Personen, die als Arbeitnehmer eine nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung über die Rentenversicherung der Arbeiter oder des Angestellten-Versicherungsgesetzes in seiner jeweils geltenden Fassung versicherungspflichtige Tätigkeit ausüben.

Ausgenommen sind die unter § 5 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 und Abs. 3 des BetrVG fallenden Personen.

Nicht erfaßt werden ferner Angestellte, deren regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit weniger als 20 Stunden beträgt.”

Für beide Gruppen kommt es damit nach dem für die Tarifauslegung maßgebenden Wortlaut und dem Gesamtzusammenhang der tariflichen Regelungen (BAGE 46, 308, 313 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung) darauf an, ob es sich bei den beschäftigten Gesellschafter-Geschäftsführern der Beklagten um deren Arbeitnehmer handelt (vgl. auch BAG Urteil vom 28. November 1990 – 4 AZR 198/90 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen).

2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats werden damit vom persönlichen Geltungsbereich der Verfahrenstarifverträge die Beschäftigten erfaßt, die eine von der RVO über die Rentenversicherung der Arbeiter oder von dem Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) erfaßte Tätigkeit ausüben. Dagegen ist es unerheblich, ob im Einzel fall Versicherungspflicht besteht und entsprechende Beiträge an die jeweilige Rentenversicherung abzuführen sind (BAGE 59, 346, 348 und BAGE 60, 183, 186 = AP Nrn. 99 und 100 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Nach den insoweit nicht angefochtenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sind die bei der Beklagten tätigen Personen vorwiegend mit Zimmererarbeiten beschäftigt. Sie üben also eine gewerbliche und damit versicherungspflichtige Tätigkeit aus.

3. Sie sind jedoch entgegen der Auffassung der Revision keine Arbeitnehmer, da sie nicht persönlich abhängig sind.

a) Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines Vertrages in persönlicher Abhängigkeit Dienste leistet. Wie der Vertrag bezeichnet ist, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unerheblich (vgl. BAGE 19, 324, 329 = AP Nr. 6 zu § 611 BGB Abhängigkeit; BAGE 34, 111, 118 = AP Nr. 37 zu § 611 BGB Abhängigkeit; BAG Urteil vom 14. Februar 1974 – 5 AZR 298/73 – AP Nr. 12 zu § 611 BGB Abhängigkeit, m.w.N.). Dem ist die Literatur gefolgt (vgl. Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 6. Aufl., § 36 I 3, S. 154; Kraft/Konzen, Die Arbeiterselbstverwaltung im Spannungsverhältnis von Gesellschafts- und Arbeitsrecht, 1978, S. 39/40; Galperin/Löwisch, BetrVG, 6. Aufl., § 5 Rz 6).

b) Nach dem Mitarbeitervertrag sind alle Mitarbeiter unabhängig von ihrer formellen Stellung gleichberechtigt und gleichverantwortlich. Sie üben alle im Betrieb anfallenden Arbeiten einschließlich der Verwaltungs- und Organisationsarbeiten aus. Danach sind die einzelnen Mitarbeiter nicht etwa als Arbeitnehmer der beklagten GmbH zu verstehen, sondern eher als Mitglieder einer sog. Eigengruppe, d.h. einer Mehrheit von Arbeitnehmern, die sich zu gemeinsamer Arbeitsleistung aus eigener Initiative zusammengeschlossen hat und als Gruppe ihre Dienstleistung dem Arbeitgeber/Auftraggeber anbietet (vgl. hierzu Schaub, a.a.O., § 183 III, m.w.N.). Im vorliegenden Fall tritt nur die GmbH als solche mit den Auftraggebern in vertragliche Beziehungen, wobei es unerheblich ist, ob es sich im Einzelfall um einen Werk-, Dienst- oder Dienstverschaffungsvertrag handelt. Denn in jedem Fall entstehen dadurch keine arbeitsrechtlichen Beziehungen zwischen den einzelnen Mitarbeitern der Beklagten und ihren Auftraggebern. Deren Arbeitspflicht beruht vielmehr allein auf dem Gruppeninnenverhältnis, also gesellschaftsrechtlichen Verpflichtungen (Schaub, a.a.O., § 183 IV; Staudinger/Nipperdey/Mohnen, BGB, 11. Aufl., Vorbem. zu § 611 Rz 275). Damit sind sie jedoch nicht persönlich abhängig. Dies gilt für den hier fraglichen Zeitraum, in dem alle Mitarbeiter unstreitig Gesellschafter und gleichzeitig zu Geschäftsführern bestellt waren, um so mehr, als sie dadurch zu Organen der Beklagten bestellt wurden.

c) Das Landesarbeitsgericht hat hierzu, insoweit von der Revision nicht angegriffen, festgestellt, sämtliche Geschäftsführer der Beklagten seien auch organschaftlich tätig geworden. Die Regeln des Mitarbeitervertrages hinsichtlich der Rechte und Pflichten, Arbeitsteilung usw. seien auch in die Praxis umgesetzt worden. Alle Mitarbeiter seien berechtigt gewesen, die mit der Annahme eines Auftrags verbundenen rechtsgeschäftlichen Handlungen für und gegen die Beklagte vorzunehmen. Ebenso seien die Verwaltungstätigkeiten von allen abwechselnd und eigenständig ausgeführt worden, dies gelte selbst für die Erstellung der Bilanz. Zwar seien alle relevanten Entscheidungen durch das Kollektiv getroffen worden, doch nahmen die Geschäftsführer dadurch gerade die ihnen durch die Organstellung eingeräumte Entscheidungsbefugnis wahr. Die Bestellung sämtlicher Mitarbeiter zu Geschäftsführern sei lediglich der äußere Ausdruck der Tatsache gewesen, daß alle Mitarbeiter des Kollektivs gleichberechtigt und gleichverantwortlich gewesen seien. An diese Feststellungen ist der Senat gebunden (§ 561 ZPO). Hinzu kommt, daß sämtliche Gesellschafter-Geschäftsführer der Beklagten alleinvertretungsberechtigt waren, nach Ziff. 12 des „Mitarbeitervertrages” das Plenum durch einstimmigen Beschluß zu entscheiden hatte, nach Ziff. 9 unbezahlte Überstunden bei Bedarf zu leisten waren und sich die Höhe der Vergütung an den erwirtschafteten finanziellen Mitteln orientierte. Damit liegt zwar eine Abhängigkeit im organschaftlichen Bereich, nicht jedoch im arbeitsrechtlichen Sinne vor (vgl. hierzu auch G. Hueck, Zur arbeitsrechtlichen Stellung des GmbH-Geschäftsführers in ZfA 1985, 25 f., 29, 30, 31, m.w.N.). Dies gilt im vorliegenden Fall insbesondere auch deshalb, weil jeder Mitarbeiter-Gesellschafter und -Geschäftsführer wegen des nicht nur theoretischen, sondern auch praktizierten Grundsatzes der Einstimmigkeit im Plenum bestimmenden Einfluß auch auf seine eigene Rechtsstellung auszuüben in der Lage ist – mit Ausnahme seiner eigenen Entlassung. Aber gerade diese Ausnahme ist nicht Ausfluß einer persönlichen Abhängigkeit im arbeitsrechtlichen Sinne, sondern Folge der kooperationsrechtlichen Beziehungen zwischen zwei Organen der Beklagten (G. Hueck, a.a.O., S. 30). Eine Unterordnung unter ein irgendwie geartetes Weisungsrecht der Beklagten als Arbeitgeber läßt sich daher nicht feststellen, vielmehr sind alle als Unternehmer zu bezeichnen, obwohl sie überwiegend körperlich gearbeitet haben und nicht als Organ.

4. Zu Unrecht beruft sich die Revision darauf, die Bestellung zu Geschäftsführern sei rechtsmißbräuchlich, weil sie nur dazu dienen solle, Beitragspflichten gegenüber der Klägerin zu umgehen. Dieser Einwand würde von vornherein nur dann durchgreifen, wenn durch die Bestellung zwingende Arbeitnehmerschutzrechte umgangen würden oder die Beklagte dadurch einerseits Beitragsfreiheit erreichen wollte, gleichwohl aber Leistungen der Klägerin in Anspruch nehmen würde. Das ist hier aber ersichtlich nicht der Fall. Im übrigen steht es jedem Bürger frei, seine Rechtsbeziehungen in der für ihn günstigsten Weise zu regeln und die ihm am meisten zusagenden Gestaltungsformen zu wählen (BAG Urteil vom 28. November 1990, a.a.O.).

II. Die weiteren prozessualen Rügen der Klägerin hat der Senat geprüft, aber als nicht begründet erachtet (§ 565 a ZPO).

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Schaub, Für Richter am BAG Schneider, der sich in Urlaub befindet Schaub, Dr. Freitag, Müller-Tessmann, Kamm

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1070637

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