Entscheidungsstichwort (Thema)
Einweisung und Überwachung der Arbeitnehmer von Nachunternehmen als baugewerbliche Tätigkeit
Leitsatz (amtlich)
Die Einweisung, Überwachung und Kontrolle von Arbeitnehmern eines Nachunternehmens ist als eigene baugewerbliche Tätigkeit des von der ZVK in Anspruch genommenen Betriebes anzusehen, wenn die Arbeitnehmer Arbeiten ausführen, die vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV erfaßt werden, der Nachunternehmer vom Betrieb mit diesen Arbeiten beauftragt worden ist und ohne die Tätigkeit des Nachunternehmens die Bauarbeiten von eigenen Arbeitnehmern durchgeführt werden müßten (Fortführung der Rechtsprechung in dem Urteil vom 26. Mai 1993 – 10 AZR 310/92 – n.v.).
Normenkette
TVG § 1 Tarifverträge: Bau; Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) vom 12. November 1986 i.d.F. vom 6. Januar 1989 und vom 22. Dezember 1989 § 1 Abs. 2 Abschn. II, § 24
Verfahrensgang
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte im Klagezeitraum einen Baubetrieb im Sinne der Sozialkassentarifverträge des Baugewerbes unterhalten hat und daher zur Beitragszahlung an die Klägerin verpflichtet ist.
Die Klägerin ist die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes VVaG (im folgenden: ZVK). Sie ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes. Sie nimmt die Beklagte nach Maßgabe der Sozialkassentarifverträge des Baugewerbes auf Zahlung der tarifvertraglichen Beiträge für die gewerblichen Arbeitnehmer für den Zeitraum von Dezember 1988 bis Februar 1990 in Anspruch.
Die Beklagte unterhielt bis zum 28. Februar 1990 einen Betrieb, der mit den Tätigkeiten “Ausführen von Brandschutzarbeiten (Holz- und Bautenschutz)” im Gewerberegister eingetragen war. Zwischen den Parteien ist nach Durchführung der Beweisaufnahme vor dem Berufungsgericht unstreitig geworden, daß im Betrieb der Beklagten in den Jahren 1988 bis Februar 1990 von den Arbeitnehmern D…, M… und L… im Lager durch Bestreichen von Mineralfaserplatten mit Brandschutzfarbe Brandschutzmaterialien für bestimmte Bauobjekte und Brandschutzkissen angefertigt sowie Lüftungs- und Kabelkanäle aus Promatec hergestellt wurden; diese Materialien wurden anschließend an die entsprechenden Baustellen transportiert und dort von Subunternehmern eingebaut. Die Arbeitnehmer T… und B… wiesen die mit der Montage der Brandschutzmaterialien beschäftigten Arbeitnehmer der Subunternehmer in die Arbeit ein und beaufsichtigten diese; ferner machten sie das Aufmaß und ließen die Arbeiten von der Baustellenleitung abnehmen.
Die ZVK ist der Ansicht, mit diesen Tätigkeiten unterfalle die Beklagte dem betrieblichen Geltungsbereich des in der jeweiligen Fassung für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrags über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) vom 12. November 1986.
Die maßgebenden Vorschriften der VTVe lauten – soweit hier von Interesse – wie folgt:
Ҥ 1 Geltungsbereich
…
Abschnitt II
Betriebe, die soweit nicht bereits unter Abschn. I erfaßt, nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerblich bauliche Leistungen erbringen, die – mit oder ohne Lieferung von Stoffen oder Bauteilen – der Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen.
…”
Die ZVK trägt vor, die Beklagte habe an ihre Mitarbeiter mindestens die im einzelnen behaupteten Entgelte bezahlt und monatlich mindestens zwei gewerbliche Arbeitnehmer beschäftigt. Gefordert werde daher ein Mindestbetrag.
Die ZVK hat beantragt
die Beklagte zur Zahlung von 21.354,74 DM zu verurteilen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, ihr Betrieb sei kein baugewerblicher im Sinne der Sozialkassentarifverträge; sie werde auch nicht zur produktiven Winterbauförderung herangezogen. Die betrieblichen Tätigkeiten beträfen zu 60 % der Arbeitszeit den Handel mit Brandschutzmaterialien und Brandschutzsystemen, zu 20 % die Entwicklung und Herstellung von Brandschutzsystemen sowie deren Veräußerung und zu 20 % die Überwachung des Einbaus von Brandschutzsystemen durch Subunternehmer. Gewerbliche Arbeitnehmer seien nur bis Dezember 1989 beschäftigt worden, im übrigen hätten die von ihr beschäftigten Arbeitnehmer im Angestelltenverhältnis gestanden. Die von der ZVK vorgetragene Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer werde ebenso bestritten wie die behaupteten Bruttolöhne für 1988 und 1989. Außerdem seien die Forderungen der ZVK verwirkt bzw. verjährt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat dem Zahlungsantrag der ZVK auf deren Berufung hin nach Vernehmung der Zeugen G… M…, M… L…, J… T… und L… B… stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die ZVK bittet, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Der Betrieb der Beklagten wird mit den aufgrund der Beweisaufnahme vom Landesarbeitsgericht festgestellten, arbeitszeitlich überwiegenden – jetzt unstreitigen – Tätigkeiten vom betrieblichen Geltungsbereich des für allgemeinverbindlich erklärten VTV in der jeweils gültigen Fassung erfaßt. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht daher der Klage stattgegeben.
Das Landesarbeitsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt, mit den unstreitigen Tätigkeiten der Arbeitnehmer im Betrieb der Beklagten falle diese unter den betrieblichen Geltungsbereich des VTV. Der Anspruch der ZVK auf Zahlung der Sozialkassenbeiträge folge aus § 24 Abs. 1 des VTV vom 12. November 1986, für 1989 in der Fassung vom 6. Januar 1989 und für 1990 in der Fassung vom 22. Dezember 1989. Im Betrieb der Beklagten seien im Klagezeitraum arbeitszeitlich überwiegend bauliche Leistungen im Sinne der allgemeinen Bestimmungen des § 1 Abs. 2 Abschn. II VTV erbracht worden. Als bauliche Leistungen seien insbesondere die von den Arbeitnehmern T… und B… sowie teilweise auch L… auf den Baustellen durchgeführten Überwachungs-, Anleitungs- und Kontrolltätigkeiten in bezug auf die Arbeitnehmer von Subunternehmern anzusehen, da deren Zweck darauf gerichtet war, die ordnungsgemäße Durchführung der Montage der Brandschutzmaterialien sicherzustellen. Unerheblich sei, daß die beaufsichtigten Arbeitnehmer nicht solche der Beklagten waren, sondern Arbeitnehmer des Subunternehmers. Dabei hat das Landesarbeitsgericht sowohl im Tatbestand seiner Entscheidung wie in der Begründung festgestellt, daß es sich um Subunternehmer der Beklagten gehandelt habe. Als bauliche Tätigkeiten seien ebenso anzusehen die Anlieferungsarbeiten der Brandschutzmaterialien, da der Transport dazu diene, die vom Betrieb selbst durchgeführten baulichen Leistungen vor Ort erst zu ermöglichen. Weiter sei auch die Herstellung der Brandschutzmaterialien als bauliche Leistung i.S.v. § 1 Abs. 2 Abschn. II VTV anzusehen, weil diese Brandschutzmaterialien dazu bestimmt waren, an den Baustellen montiert zu werden und somit für konkrete, vom Betrieb selbst durchgeführte bauliche Leistungen “vor Ort” Verwendung fänden. Da somit alle im Betrieb der Beklagten durchgeführten Tätigkeiten (Überwachung, Transport, Herstellung) bauliche Leistungen darstellten, komme es auf den zeitlichen Anteil der einzelnen Arbeitsvorgänge nicht an.
Es könne rechtlich auch nicht beanstandet werden, daß die ZVK (lediglich) einen Mindestbeitrag verlange. Wie jedem Gläubiger eines Zahlungsanspruchs stehe es auch der ZVK frei, im Klagewege nicht den gesamten geschuldeten Betrag zu verlangen, sondern lediglich einen Mindestbetrag. Der Behauptung der ZVK, es seien in jedem Monat des Klagezeitraums mindestens zwei gewerbliche Arbeitnehmer beschäftigt gewesen, die mindestens die von der ZVK behaupteten monatlichen Verdienste erzielt hätten, sei die Beklagte nicht ausreichend entgegengetreten. Die Berechnung der Beitragsforderung und die Heranziehung statistischer Angaben über die Monatsverdienste von Arbeitnehmern der Baubranche sei nicht zu beanstanden. Im übrigen habe die Beweisaufnahme ergeben, daß im gesamten Klagezeitraum mindestens jeweils zwei gewerbliche Arbeitnehmer beschäftigt worden sind. Die Beitragsforderungen der ZVK seien auch nicht verjährt.
Der Senat folgt dem Landesarbeitsgericht im Ergebnis sowie auch weitgehend in der Begründung seiner Entscheidung.
Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht erkannt, daß der ZVK die geltend gemachten Sozialkassenbeiträge nach § 24 Abs. 1 des VTV vom 12. November 1986, für das Jahr 1989 in der Fassung vom 6. Januar 1989 und für das Jahr 1990 in der Fassung vom 22. Dezember 1989, zustehen.
Der Betrieb der Beklagten wird mit den in der Berufungsinstanz nach der Beweisaufnahme unstreitig gewordenen Tätigkeiten vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV in der jeweiligen Fassung erfaßt. Da der VTV jeweils für allgemeinverbindlich erklärt worden ist, gilt er für die Beklagte unabhängig von deren Mitgliedschaft in dem tarifvertragschließenden Arbeitgeberverband mit unmittelbarer und zwingender Wirkung (§ 5 Abs. 4 i.V.m. § 4 Abs. 2 TVG).
- Dabei ist das Landesarbeitsgericht von der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ausgegangen, wonach ein Betrieb als Ganzes unter den betrieblichen Geltungsbereich des VTV fällt (§ 1 Abs. 2 Abschn. VI VTV), wenn in ihm arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten ausgeführt werden, die unter die Abschnitte I bis V des § 1 Abs. 2 VTV fallen. Auf handels- oder gewerberechtliche Kriterien –, z.B. die Eintragung in das Handelsregister – kommt es dabei ebensowenig an, wie auf wirtschaftliche Gesichtspunkte, z.B. Umsatz oder Verdienst (BAG Urteil vom 23. August 1995 – 10 AZR 105/95 – AP Nr. 193 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau, m.w.N.). Werden in dem Betrieb arbeitszeitlich überwiegend eine oder mehrere der in den Beispielen des Abschnitts V des § 1 Abs. 2 VTV genannten Tätigkeiten ausgeführt, fällt der Betrieb unter den betrieblichen Geltungsbereich des VTV, ohne daß die Erfordernisse der allgemeinen Merkmale der Abschnitte I bis III geprüft werden müssen (BAGE 45, 11 = AP Nr. 60 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Können die Tätigkeiten nicht den Beispielen in § 1 Abs. 2 Abschn. V VTV zugeordnet werden, kommt es darauf an, ob der Betrieb nach den Abschnitten I bis III vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV erfaßt wird. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat, ist maßgeblich auf die Zweckbestimmung des Betriebes abzustellen (BAG Urteil vom 24. August 1994 – 10 AZR 974/93 – AP Nr. 183 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; BAG Urteil vom 22. November 1995 – 10 AZR 500/95 – n.v.). Für die den Betrieb prägende Zweckbestimmung ist der Zweck der Gesamtleistung entscheidend.
Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, daß die im Betrieb der Beklagten unstreitig durchgeführten Arbeiten nach § 1 Abs. 2 Abschn. II VTV als bauliche Leistungen anzusehen sind. Danach gelten als Betriebe des Baugewerbes solche, die nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerblich bauliche Leistungen erbringen, die – mit oder ohne Lieferung von Stoffen oder Bauteilen – der Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. zuletzt Urteil vom 22. Januar 1997 – 10 AZR 223/96 – zur Veröffentlichung vorgesehen) ist ein Bauwerk erst dann erstellt und damit baulich vollendet, wenn es in vollem Umfange seinen bestimmungsgemäßen Zweck zu erfüllen in der Lage ist. Zur Erstellung eines Bauwerks zählt daher nicht nur die Fertigstellung des Rohbaus, sondern auch der vollständige Ausbau, wie er vom Bauherrn in Auftrag gegeben worden ist. Zu diesen Arbeiten gehören auch – wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat – alle diejenigen Arbeiten, die an einem Gebäude im Rahmen des vorbeugenden Brandschutzes vorgenommen werden. Seinen bestimmungsgemäßen Gebrauch erfüllt ein Bauwerk nämlich erst dann, wenn auch die für einen ordnungsgemäßen Brandschutz erforderlichen Maßnahmen durchgeführt worden sind.
Dem Landesarbeitsgericht kann darin gefolgt werden, daß die Tätigkeiten der Arbeitnehmer T… und B…, die mit der Montage der Brandschutzmaterialien beschäftigten Arbeitnehmer von Subunternehmern in die Arbeit einzuweisen, diese Arbeitnehmer zu beaufsichtigen, das Aufmaß zu machen und den Einbau der Brandschutzmaterialien von der Baustellenleitung abnehmen zu lassen bauliche Leistungen i.S.v. § 1 Abs. 2 Abschn. II VTV sind. Dabei ist maßgeblich für die Qualifizierung dieser Tätigkeiten als bauliche Leistungen der Beklagten, daß es sich – wie das Landesarbeitsgericht ausdrücklich festgestellt hat – bei den Subunternehmern um solche der Beklagten handelt. Die Einweisung, Überwachung und Kontrolle von Arbeitnehmern von Subunternehmern kann nur dann als eigene bauliche Tätigkeit im Betrieb der Beklagten angesehen werden, wenn diese Subunternehmer von der Beklagten mit den Montagearbeiten beauftragt worden sind, die ohne die Tätigkeit der Subunternehmer von eigenen Arbeitnehmern durchgeführt werden müßten. Die von den Subunternehmern erbrachten Leistungen müssen daher im Zusammenhang mit eigenen Montagearbeiten im streitigen Betrieb stehen (BAG Urteil vom 26. Mai 1993 – 10 AZR 310/92 – n.v.). Die Beklagte hat gegen die Feststellung des Landesarbeitsgerichts, die Subunternehmer seien solche der Beklagten gewesen, weder eine Tatbestandsberichtigung beantragt noch eine Verfahrensrüge erhoben; das Revisionsgericht ist daher nach § 561 Abs. 2 ZPO an die Feststellung des Landesarbeitsgerichts gebunden.
Im übrigen beruht diese Feststellung des Landesarbeitsgerichts auf der durchgeführten Beweisaufnahme. So hat der Zeuge M… auf Vorhalt ausdrücklich erklärt: “Mit Subunternehmern meine ich Firmen, die im Auftrag der Beklagten arbeiteten.” Auch die Aussagen der Zeugen T… und B… über den Umgang mit den Subunternehmern sprechen dafür, daß es sich um Subunternehmer der Beklagten gehandelt haben muß.
Ist somit davon auszugehen, daß die von den Arbeitnehmern T…, B… und L… an den Baustellen ausgeführten Überwachungs-, Anleitungs- und Kontrolltätigkeiten in bezug auf die Arbeitnehmer der Subunternehmer, die die von der Beklagten angelieferten Materialien montierten, nach ihrer Zwecksetzung als bauliche Tätigkeit i.S. des VTV anzusehen sind, ist dem Landesarbeitsgericht weiter darin zu folgen, daß die Herstellung der einzubauenden Brandschutzmaterialien und deren Transport zu den Baustellen mit diesen Bauarbeiten in Zusammenhang stehen und damit den baulichen Leistungen zuzuordnen sind. Der Betrieb der Beklagten ist daher insgesamt als Baubetrieb anzusehen (BAG Urteil vom 13. März 1996 – 10 AZR 721/95 – AP Nr. 194 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).
Wie der Senat bereits in dem Urteil vom 8. Februar 1995 (– 10 AZR 289/94 – n.v.) ausgeführt hat, ist der Transport von Baumaterial zu Baustellen als eine für die sachgerechte Ausführung der baulichen Leistungen notwendige Nebenarbeit ebenfalls als baugewerbliche Arbeit i.S. des § 1 Abs. 2 Abschn. II VTV zu qualifizieren (BAGE 55, 78 = AP Nr. 81 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).
Gleiches gilt für die Herstellung der Brandschutzmaterialien im Lager der Beklagten für die einzelnen Bauobjekte durch die Arbeitnehmer D…, M… und L…. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts waren die im Lager der Beklagten hergestellten Brandschutzteile dazu bestimmt, an den Baustellen unter Anleitung und Aufsicht der Arbeitnehmer T…, B… und teilweise L… von Subunternehmern der Beklagten eingebaut zu werden. Somit ist auch die Anfertigung und Herstellung der Brandschutzmaterialien als Neben- bzw. Vorarbeit der Montage der Brandschutzmaterialien diesen baulichen Tätigkeiten zuzuordnen. Daß diese Tätigkeiten im Lager der Beklagten durchgeführt werden, steht der Annahme von baulichen Tätigkeiten nicht entgegen. Die Qualifizierung eines Betriebes als Betrieb des Baugewerbes i.S. des § 1 Abs. 2 VTV erfordert nicht, daß die Bautätigkeiten ausschließlich oder überwiegend “vor Ort” erfolgen (BAG Urteil vom 22. November 1995 – 10 AZR 500/95 – n.v.). Da der Zweck der betrieblichen Tätigkeit der Beklagten darauf gerichtet ist, die Brandschutzmaterialien auf den Baustellen mit eigenen Subunternehmern und unter Aufsicht eigener Mitarbeiter zu montieren, ist auch das Vorfertigen der Bauteile bauliche Leistung nach § 1 Abs. 2 Abschn. II VTV.
Ist der Betrieb der Beklagten damit nach § 1 Abs. 2 Abschn. II VTV als Ganzes als Baubetrieb im Sinne der Sozialkassentarifverträge des Baugewerbes anzusehen, schuldet die Beklagte nach § 24 Abs. 1 des VTV in der jeweils geltenden – für allgemeinverbindlich erklärten – Fassung die von der ZVK begehrten Beiträge.
Die von der ZVK angestellte Berechnung der Klageforderung und die Höhe der geltend gemachten Sozialkassenbeiträge ist nicht zu beanstanden. Die ZVK hat die Klageforderung auf der Grundlage von im Klagezeitraum durchgehend beschäftigten zwei gewerblichen Arbeitnehmern berechnet. Das ist schon deswegen nicht zu beanstanden, weil die Beweisaufnahme ergeben hat, daß während des gesamten Klagezeitraums mindestens zwei gewerbliche Arbeitnehmer im Betrieb der Beklagten beschäftigt waren.
Die von der ZVK vorgenommene und vom Landesarbeitsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegte Berechnung der Beitragsforderung auf der Grundlage der tariflichen Löhne im Baugewerbe begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Zwar sind die Lohntarifverträge im Baugewerbe im streitigen Zeitraum nicht allgemeinverbindlich gewesen. Nach § 612 BGB kann die ZVK aber – mangels konkreter Auskünfte der beklagten Baufirma – von den üblichen Löhnen ausgehen; das sind die Tariflöhne. Hinsichtlich der gewerblichen Arbeitnehmer ist die ZVK von der Beweisaufnahme ausgegangen, wonach im Klagezeitraum durchgehend mindestens zwei gewerbliche Arbeitnehmer beschäftigt waren. Soweit die ZVK Mindestbeträge geltend macht, ist das – wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat – nicht zu beanstanden.
Der Einwand der Beklagten, die Beitragsansprüche der ZVK seien verjährt bzw. verwirkt, greift nicht durch. Beitragsforderungen der ZVK verjähren nach § 197 BGB nach vier Jahren. Die Ansprüche der ZVK sind schon deswegen nicht verjährt, weil die Verjährung durch die fristgemäße klageweise Geltendmachung unterbrochen worden ist (§ 209 Abs. 1 BGB). Die Ansprüche der ZVK sind auch nicht verwirkt. Entgegen der Auffassung der Beklagten läßt sich aus den angeführten Umständen das neben dem Zeitmoment erforderliche Umstandsmoment für eine Verwirkung der Beitragsansprüche nicht herleiten. Soweit die Beklagte vorträgt, daß der ZVK das Prüfungsergebnis des Landesarbeitsamtes Niedersachsen-Bremen über die Nichtheranziehung der Beklagten zur Winterbau-Umlage im Jahre 1990 bekannt geworden sei und die ZVK ihre Pflichten gegenüber der Beklagten im Rahmen des Beitragseinziehungsverfahrens verletzt habe, ist dies nicht geeignet, die Verwirkung der Beitragsansprüche der ZVK zu begründen bzw. das Verfahren der ZVK als unzulässige Rechtsausübung zu bewerten.
Nach allem war die Revision der Beklagten gegen das klagestattgebende Berufungsurteil zurückzuweisen.
- Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Matthes, Hauck, Böck, Bacher, Burger
Fundstellen
Haufe-Index 893879 |
NZA 1997, 1353 |