Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückforderung von Krankengeldzuschüssen und anteiliger Jahressonderzahlung gemäß § 22 Abs. 4 TVöD-AT bei rückwirkender Bewilligung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Wegfall des Krankengeldzuschusses bei Erhalt einer Rente
Leitsatz (amtlich)
§ 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT, wonach der Krankengeldzuschuss nicht über den Zeitpunkt hinaus gezahlt wird, von dem an der Beschäftigte eine Rente erhält, gilt auch bei Erhalt einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Orientierungssatz
1. Ab dem Zeitpunkt des Erhalts einer Rente wegen Erwerbsminderung (§ 43 SGB VI) endet nach § 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT die Zahlung des Krankengeldzuschusses.
2. Maßgeblich ist der Tag, der im Bescheid des Rentenversicherungsträgers als der des Rentenbeginns bezeichnet ist. Unbedeutend ist dabei, welches Datum der Rentenbescheid trägt, wann er dem Beschäftigten zugegangen ist und ob ihm die Rente tatsächlich ausgezahlt worden ist.
3. § 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT will einen Doppelbezug von Krankengeldzuschuss und Rentenleistung für denselben Zeitraum ausschließen. Bei rückwirkender Rentenbewilligung hat der Beschäftigte den bereits erhaltenen Krankengeldzuschuss gemäß § 22 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 1 TVöD-AT zurückzuzahlen.
4. Es konnte offenbleiben, ob eine Erwerbsminderung in einem untrennbaren Zusammenhang mit einer Behinderung iSd. § 1 AGG steht. § 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT bewirkt auch dann keine Diskriminierung behinderter Menschen. Behinderte, die arbeitsunfähig sind und eine Rente wegen Erwerbsminderung erhalten, werden nicht gegenüber arbeitsunfähigen Nichtbehinderten mit Anspruch auf Krankengeldzu-schuss benachteiligt. Es besteht keine vergleichbare Situation. Die Rentenbezieher erhalten eine eigenständige finanzielle Unterstützung. Zudem unterfällt nur das Arbeitsverhältnis der Erwerbsgeminderten den Regelungen des § 33 Abs. 2 und Abs. 3 TVöD-AT.
5. Mangels nachteiliger Ungleichbehandlung behinderter Menschen verstößt § 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT nicht gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG.
6. § 22 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 1 TVöD-AT bezieht sich nicht nur auf überzahlten Kran-kengeldzuschuss, sondern auch auf „sonstige Überzahlungen”. Dies betrifft ua. die Jahressonderzahlung nach § 20 TVöD-AT, weil diese gemäß § 20 Abs. 4 Satz 1 iVm. Satz 2 Nr. 2 TVöD-AT mit dem Krankengeldzuschuss verknüpft ist.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 3 S. 2; AGG §§ 1, 3 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 7 Abs. 1-2; SGB VI § 43 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 Sätze 2-3; TVöD-AT i.d.F. des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 31. März 2008 § 20 Abs. 4 S. 1; TVöD-AT i.d.F. des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 31. März 2008 § 20 Abs. 4 S. 2 Nr. 2; TVöD-AT i.d.F. des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 31. März 2008 § 22 Abs. 2 S. 1; TVöD-AT i.d.F. des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 31. März 2008 § 22 Abs. 4 S. 2; TVöD-AT i.d.F. des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 31. März 2008 § 22 Abs. 4 S. 4; TVöD-AT i.d.F. des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 31. März 2008 § 33 Abs. 2; TVöD-AT i.d.F. des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 31. März 2008 § 33 Abs. 3; BGB §§ 387, 389; SGB V § 50 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2, Abs. 2 Nr. 2; SGB X § 103 Abs. 1, § 107 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 15. April 2015 – 7 Sa 1242/14 – wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Berechtigung der Beklagten zur Rückforderung von Krankengeldzuschüssen und einer anteiligen Jahressonderzahlung.
Die Klägerin ist bei der beklagten Stadt seit dem 1. Juli 1993 als Angestellte beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach den Regelungen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) vom 13. September 2005 im Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA). § 22 Abs. 1 Satz 1 TVöD-AT sieht vor, dass Beschäftigte, die schuldlos durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an der Arbeitsleistung verhindert werden, bis zur Dauer von sechs Wochen Entgeltfortzahlung nach der in § 21 TVöD-AT geregelten Bemessungsgrundlage erhalten. Gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 TVöD-AT erhalten die Beschäftigten nach Ablauf dieses Zeitraums für die Zeit, für die ihnen Krankengeld oder entsprechende gesetzliche Leistungen gezahlt werden, einen Krankengeldzuschuss in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen den tatsächlichen Barleistungen des Sozialleistungsträgers und dem Nettoentgelt. Der Krankengeldzuschuss wird nach § 22 Abs. 3 Satz 1 TVöD-AT bei einer Beschäftigungszeit von mehr als drei Jahren längstens bis zum Ende der 39. Woche seit dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit gezahlt. § 22 Abs. 4 TVöD-AT regelt in der Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 31. März 2008 den Anspruch auf Krankengeldzuschuss mit Wirkung ab dem 1. Juli 2008 weiterhin wie folgt:
„(4) |
1Entgelt im Krankheitsfall wird nicht über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus gezahlt; § 8 EFZG bleibt unberührt. 2Krankengeldzuschuss wird zudem nicht über den Zeitpunkt hinaus gezahlt, von dem an Beschäftigte eine Rente oder eine vergleichbare Leistung auf Grund eigener Versicherung aus der gesetzlichen Rentenversicherung, aus einer zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung oder aus einer sonstigen Versorgungseinrichtung erhalten, die nicht allein aus Mitteln der Beschäftigten finanziert ist. … 4Überzahlter Krankengeldzuschuss und sonstige Überzahlungen gelten als Vorschuss auf die in demselben Zeitraum zustehenden Leistungen nach Satz 2; die Ansprüche der Beschäftigten gehen insoweit auf den Arbeitgeber über. 5Der Arbeitgeber kann von der Rückforderung des Teils des überzahlten Betrags, der nicht durch die für den Zeitraum der Überzahlung zustehenden Bezüge im Sinne des Satzes 2 ausgeglichen worden ist, absehen, es sei denn, die/der Beschäftigte hat dem Arbeitgeber die Zustellung des Rentenbescheids schuldhaft verspätet mitgeteilt.” |
Die Klägerin ist schwerbehindert (GdB 60). Sie war seit dem 14. April 2010 wegen Krankheit arbeitsunfähig. Für die Zeit bis zum 22. Oktober 2010 erhielt sie Krankengeldzuschuss und eine anteilige Jahressonderzahlung iHv. insgesamt 2.882,51 Euro. Die Jahressonderzahlung ist in § 20 TVöD-AT geregelt. § 20 Abs. 4 TVöD-AT lautet in der Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 31. März 2008 mit Wirkung ab dem 1. Januar 2008 auszugsweise wie folgt:
„(4) |
1Der Anspruch nach den Absätzen 1 bis 3 vermindert sich um ein Zwölftel für jeden Kalendermonat, in dem Beschäftigte keinen Anspruch auf Entgelt oder Fortzahlung des Entgelts nach § 21 haben. 2Die Verminderung unterbleibt für Kalendermonate, |
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… |
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2. |
in denen Beschäftigten Krankengeldzuschuss gezahlt wurde oder nur wegen der Höhe des zustehenden Krankengelds ein Krankengeldzuschuss nicht gezahlt worden ist.” |
Mit Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 20. Dezember 2010 wurde der Klägerin rückwirkend zum 1. Juli 2010 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bewilligt. Die Beklagte verlangte daraufhin auf der Grundlage des Forderungsübergangs nach § 22 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 2 TVöD-AT von der Deutschen Rentenversicherung Bund die Erstattung der an die Klägerin als Krankengeldzuschuss und anteilige Jahressonderzahlung insgesamt geleisteten 2.882,51 Euro. Unter dem 1. März 2011 teilte die Rentenversicherung der Beklagten mit, dass für die Zeit vom 1. Juli 2010 bis zum 31. Dezember 2010 zwar eine Rentennachzahlung iHv. 2.981,34 Euro zu erfüllen sei. Wegen des vorrangigen Anspruchs der Krankenversicherung könnten jedoch nur 160,29 Euro erstattet werden. Die für die Zusatzversorgung zuständigen Rheinischen Versorgungskassen erklärten mit Schreiben vom 6. April 2011, es liege kein Erstattungsgrund vor.
Am 17. Mai 2011 informierte die Beklagte die Klägerin mit einer E-Mail darüber, dass ihr wegen der Rentenbewilligung der seit dem 1. Juli 2010 bezogene Krankengeldzuschuss sowie die anteilige Jahressonderzahlung nicht zugestanden hätten. Da die Überzahlung 2.882,51 Euro betrage und durch die Rentenversicherung nur 160,29 Euro erstattet worden seien, belaufe sich der Rückforderungsanspruch auf 2.722,22 Euro. Hierauf Bezug nehmend verlangte die Beklagte mit Schreiben vom 22. Juni 2011 nochmals erfolglos die Zahlung dieser Summe. Mit Schreiben vom 5. Juni 2012 erneuerte sie ihre Forderung und erklärte die Aufrechnung mit den Entgeltansprüchen der Klägerin. Durch Schreiben ihrer Gewerkschaft vom 14. Juni 2012 lehnte die Klägerin eine Zahlungsverpflichtung dem Grunde nach ab. Ab Juli 2012 behielt die Beklagte in Vollzug der erklärten Aufrechnung monatlich 100,00 Euro von dem Nettoentgelt der Klägerin ein.
Mit ihrer am 22. Mai 2014 eingegangenen Klage hat die Klägerin die Rückzahlung der bezogen auf die Zeit von Juli 2012 bis einschließlich April 2014 insgesamt einbehaltenen 2.200,00 Euro netto verlangt. Nach ihrer Ansicht steht der Beklagten kein Rückforderungsanspruch zu. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung sei keine Rente iSd. § 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT. Dieser erfasse entsprechend dem üblichen Sprachgebrauch nur Altersrenten oder vergleichbare Versorgungen. Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung werde dagegen bewilligt, weil aufgrund des Gesundheitszustandes nicht die volle Arbeitsleistung erbracht werden könne. Der teilweise Verlust der Erwerbsfähigkeit solle auf diese Weise ausgeglichen werden. Dies stehe nicht zur Disposition der Tarifvertragsparteien.
Anderenfalls verstoße § 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT gegen das Verbot der Diskriminierung behinderter Menschen. Wer die Voraussetzungen der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI erfülle, sei langzeitkrank und damit behindert iSd. § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX und der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (im Folgenden Richtlinie 2000/78/EG). § 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT würde, falls eine Rente wegen Erwerbsminderung von ihm erfasst würde, in unzulässiger Weise zwischen nicht behinderten arbeitsunfähigen Arbeitnehmern und behinderten arbeitsunfähigen Arbeitnehmern unterscheiden. Erkrankte Beschäftige, die nicht so erheblich erkrankt seien, dass eine Behinderung gegeben sei, würden in den Grenzen des § 22 Abs. 3 TVöD-AT einen Krankengeldzuschuss erhalten. Demgegenüber verliere ein arbeitsunfähiger Beschäftigter, der so erheblich erkrankt sei, dass er als Behinderter eine teilweise Erwerbsminderungsrente erhalte, allein aufgrund des Umstandes seiner Behinderung den weiteren Anspruch auf Krankengeldzuschuss. Für diese Differenzierung gebe es keinen Rechtfertigungsgrund. Die Leistungen dienten unterschiedlichen Zwecken. Der Anspruch auf die Rentenleistung dürfe den Krankengeldzuschuss nicht verringern. Dies werde durch folgende Kontrollüberlegung bestätigt: Nehme der Arbeitnehmer nach seiner Genesung seine Tätigkeit wieder auf, erhalte er weiterhin eine teilweise Erwerbsminderungsrente neben seinem Entgelt. Dabei handle es sich nicht um eine ungerechtfertigte Besserstellung, sondern um einen sozialen Ausgleich für die erlittenen Gesundheitsschäden und damit für die Behinderung.
Die Klägerin hat daher beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.200,00 Euro netto nebst Zinsen in im Einzelnen genannter, gestaffelter Höhe aus monatlich jeweils 100,00 Euro zu zahlen.
Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag mit den Regelungen des § 22 Abs. 4 TVöD-AT begründet, welche die Rückforderung der genannten Beträge und damit auch die streitgegenständliche Aufrechnung zuließen. § 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT erfasse schon seinem Wortlaut nach eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Dies entspreche auch Sinn und Zweck der Tarifnorm, welche die Leistung des Krankengeldzuschusses nur so lange gewähren wolle, bis ein anderes soziales Sicherungssystem, ua. die gesetzliche Rentenversicherung, den Einkommensverlust ausgleiche. Dabei würden Behinderte nicht benachteiligt.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter. Ergänzend führt sie an, die Ansprüche auf Zahlung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gingen ohnehin auf die gesetzliche Krankenversicherung über, so dass tatsächlich keine Auszahlungen erfolgten. Gleichzeitig seien Betroffene der Rückforderung des nunmehr als Vorschuss geltenden Krankengeldzuschusses ausgesetzt. Ein Arbeitnehmer, der im gleichen Zeitraum arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei und keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung erhalten habe, behalte demgegenüber ungemindert den Krankengeldzuschuss und müsse Rückforderungen nicht fürchten.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zu Recht zurückgewiesen.
I. Die Klage ist unbegründet. Die streitgegenständlichen Lohnforderungen der Klägerin sind durch Aufrechnung gemäß § 389 BGB erloschen. Zum Zeitpunkt des jeweiligen monatlichen Einbehalts ab 1. Juli 2012 bestand eine Aufrechnungslage iSd. § 387 BGB. Den Lohnansprüchen der Klägerin standen die ihrem Gegenstand nach gleichartigen und höheren Ansprüche der Beklagten auf Rückzahlung des von Juli bis Oktober 2010 geleisteten Krankengeldzuschusses und der im November 2010 zur Auszahlung gekommenen anteiligen Jahressonderzahlung gegenüber. Dies folgt aus § 22 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 1 iVm. Satz 2 TVöD-AT.
1. Wegen der zum 1. Juli 2010 rückwirkend bewilligten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gilt der für die Monate Juli bis einschließlich Oktober 2010 gemäß § 22 Abs. 2 und Abs. 3 TVöD-AT gezahlte Krankengeldzuschuss nach § 22 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 1 iVm. Satz 2 TVöD-AT als Vorschuss auf die Rentenzahlung für diesen Zeitraum. Folglich ist die Klägerin zur Rückzahlung des Krankengeldzuschusses gemäß § 22 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 1 TVöD-AT verpflichtet, soweit die Beklagte keine Erstattung durch die Rentenversicherung erhielt.
a) § 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT erfasst auch eine Rente wegen Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI (Clausen in Burger TVöD/TV-L 3. Aufl. § 22 Rn. 97; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand Juli 2009 § 22 Rn. 323; Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV Stand August 2015 E § 22 Rn. 109; Karb öAT 2015, 237; Fritz in Sponer/Steinherr TVöD Stand September 2013 § 22 Rn. 242).
aa) Dies ergibt sich aus seinem eindeutigen Wortlaut. Die Tarifregelung kennt keine Beschränkung auf bestimmte Arten gesetzlicher Renten. Dementsprechend ist auch die gesetzliche Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung erfasst (vgl. zu § 71 Abs. 2 Unterabs. 5 BAT BAG 7. Februar 2007 – 5 AZR 260/06 – Rn. 13; zustimmend Marschner EzTöD 100 § 22 Abs. 4 TVöD-AT Nr. 2).
bb) Dies entspricht dem Zweck des § 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT und seinem tariflichen Zusammenhang.
(1) Die Norm will einen Doppelbezug von Krankengeldzuschuss und Rentenleistung für denselben Zeitraum ausschließen (vgl. Breier/Dassau/Kiefer/ Lang/Langenbrinck TVöD Stand Januar 2016 § 22 Rn. 181; BecKOK TVöD/ Guth Stand 1. Oktober 2012 TVöD-AT § 22 Rn. 33). Sie ist in Zusammenhang mit § 22 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 1 TVöD-AT zu sehen. Mit der dort angeordneten Vorschussfiktion berücksichtigen die Tarifvertragsparteien, dass der Rentenversicherungsträger oft zu einem viele Monate zurückliegenden Zeitpunkt den Eintritt einer Erwerbsminderung anerkennt und erst von diesem Zeitpunkt an rückwirkend die Rentenversicherungsleistung erbringt. In einem solchen Fall soll der Krankengeldzuschuss dem Arbeitnehmer nicht neben dem Rentenanspruch verbleiben (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand Juli 2009 § 22 Rn. 327; vgl. zu § 37 Abs. 2 Unterabs. 5 BAT BAG 29. Juni 2000 – 6 AZR 50/99 – zu B II 1 b der Gründe; zu § 71 Abs. 2 Unterabs. 5 BAT: BAG 11. Oktober 2006 – 5 AZR 755/05 – Rn. 17; 30. September 1999 – 6 AZR 130/98 – zu 1 a der Gründe). Durch die Qualifizierung der überzahlten Krankengeldzuschüsse als Vorschüsse verlieren diese ihren ursprünglichen Entgeltcharakter (Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck aaO Rn. 182.18; zu § 37 Abs. 2 Unterabs. 5 BAT BAG 25. Februar 1993 – 6 AZR 334/91 – zu II 1 der Gründe, BAGE 72, 290). Die Leistung des Krankengeldzuschusses wird rückabgewickelt (Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV Stand August 2015 E § 22 Rn. 109). Dies ist nur wegen der rückwirkenden Rentenbewilligung erforderlich. Bei sofortiger Rentenbewilligung wäre keine Rückforderung veranlasst.
(2) Die Tarifvertragsparteien haben in den Sätzen 4 und 5 des § 22 Abs. 4 TVöD-AT die Rückforderung tariflich geregelt. Das gesetzliche Bereicherungsrecht (§§ 812 ff. BGB) kommt damit nicht zur Anwendung (vgl. Breier/Dassau/ Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Januar 2016 § 22 Rn. 182). Die Neuregelung knüpft insoweit an ihre Vorgänger an (vgl. zu § 71 Abs. 2 Unterabs. 5 BAT BAG 7. Februar 2007 – 5 AZR 260/06 – Rn. 14; zu § 37 Abs. 2 Unterabs. 5 BAT vgl. BAG 25. Februar 1993 – 6 AZR 334/91 – zu II 1 der Gründe, BAGE 72, 290).
b) Mit § 22 Abs. 4 Satz 2 und Satz 4 Halbs. 1 TVöD-AT haben die Tarifvertragsparteien ihre Regelungskompetenz im Hinblick auf zwingende sozialrechtliche Vorgaben nicht überschritten. Das Bundessozialgericht hat zwar mit Urteil vom 29. Januar 2014 (– B 5 R 36/12 R – Rn. 23 f., BSGE 115, 110) entschieden, dass der in § 22 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 2 TVöD-AT vorgesehene Forderungsübergang wegen eines Verstoßes gegen die zwingenden gesetzlichen Vorgaben für die Übertragbarkeit von Sozialleistungsansprüchen (§ 53 SGB I) unwirksam ist. Dies beschränkt sich jedoch auf den tariflich vorgesehenen Forderungsübergang und steht nicht im Zusammenhang mit den übrigen Regelungen des § 22 Abs. 4 TVöD-AT. Diese gestalten nur den Inhalt des Arbeitsverhältnisses, indem sie einen Anspruch auf Krankengeldzuschuss schaffen und begrenzen. Dies entspricht der Kompetenz der Tarifvertragsparteien (§ 1 Abs. 1 TVG).
c) Der Ausschluss der Doppelzahlung von Krankengeldzuschuss und Rente nach § 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT ist nicht wegen einer Diskriminierung behinderter Menschen nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam.
aa) Nach § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG dürfen Beschäftigte ua. nicht wegen einer Behinderung benachteiligt werden. Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen, sind nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Darunter fallen auch tarifliche Regelungen (BAG 18. Februar 2016 – 6 AZR 700/14 – Rn. 27). Dies entspricht den Vorgaben des Unionsrechts (vgl. BAG 14. Mai 2013 – 1 AZR 44/12 – Rn. 25, BAGE 145, 113). Nach Art. 16 Buchst. b der Richtlinie 2000/78/EG, deren Umsetzung die Regelungen des AGG dienen, finden die Diskriminierungsverbote der Richtlinie auch auf tarifvertragliche Bestimmungen Anwendung (vgl. BAG 25. März 2015 – 5 AZR 458/13 – Rn. 41).
bb) § 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT bewirkt keine unmittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG wegen einer Behinderung.
(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt demnach vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Von § 3 Abs. 1 AGG wird auch eine sog. verdeckte unmittelbare Ungleichbehandlung erfasst. Eine solche Ungleichbehandlung ist gegeben, wenn nach einem scheinbar objektiven, nicht diskriminierenden Kriterium unterschieden wird, das jedoch in untrennbarem Zusammenhang mit einem in § 1 AGG genannten Grund steht und damit kategorial ausschließlich Träger eines Diskriminierungsmerkmals trifft (vgl. EuGH 12. Oktober 2010 – C-499/08 – [Andersen] Rn. 23, Slg. 2010, I-9343; BAG 19. Dezember 2013 – 6 AZR 190/12 – Rn. 46 mwN, BAGE 147, 60).
(2) § 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT knüpft nicht an das Merkmal der Behinderung an, sondern an den Erhalt ua. einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI. Es kann hier offenbleiben, ob die Erwerbsminderung in einem untrennbaren Zusammenhang mit einer Behinderung iSd. § 1 AGG steht (vgl. BAG 14. Januar 2015 – 7 AZR 880/13 – Rn. 42). Selbst wenn dies zu Gunsten der Klägerin unterstellt wird, führt § 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT zu keiner unmittelbaren Benachteiligung wegen einer Behinderung.
(a) Eine Behinderung iSd. § 1 AGG liegt unter Berücksichtigung des maßgeblichen supranationalen Rechts vor, wenn die körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit eines Menschen langfristig eingeschränkt ist und dadurch – in Wechselwirkung mit verschiedenen sozialen Kontextfaktoren (Barrieren) – seine Teilhabe an der Gesellschaft, wozu auch die Teilhabe am Berufsleben gehört, substantiell beeinträchtigt sein kann (BAG 19. Dezember 2013 – 6 AZR 190/12 – Rn. 57 f., BAGE 147, 60). Auf einen bestimmten Grad der Behinderung kommt es nicht an. Voraussetzung ist nicht eine Schwerbehinderung iSv. § 2 Abs. 2 oder Abs. 3 SGB IX (BAG 26. Juni 2014 – 8 AZR 547/13 – Rn. 25). Dieses Verständnis der Behinderung steht im Einklang mit der Auslegung des Begriffs der „Behinderung” iSd. Richtlinie 2000/78/EG durch den Gerichtshof der Europäischen Union (BAG 14. Januar 2015 – 7 AZR 880/13 – Rn. 42). Erfasst sind danach Einschränkungen, die insbesondere auf physische, geistige oder psychische Beeinträchtigungen von Dauer zurückzuführen sind, die in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren den Betreffenden an der vollen und wirksamen Teilhabe am Berufsleben, gleichberechtigt mit den anderen Arbeitnehmern, hindern können (EuGH 18. Dezember 2014 – C-354/13 – [FOA] Rn. 53). Das schließt einen Zustand ein, der durch eine ärztlich diagnostizierte heilbare oder unheilbare Krankheit verursacht wird, wenn diese Krankheit die vorgenannten Einschränkungen mit sich bringt. Anderenfalls fällt eine Krankheit nicht unter den Begriff der Behinderung iSd. Richtlinie 2000/78/EG. Behinderung und Krankheit sind nach wie vor nicht gleichzusetzen (EuGH 11. April 2013 – C-335/11 ua. – [Ring ua.] Rn. 41 f., 47, 75; BAG 19. Dezember 2013 – 6 AZR 190/12 – Rn. 59, BAGE 147, 60).
(b) Rente wegen voller Erwerbsminderung erhalten Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Außerdem liegt volle Erwerbsminderung vor, wenn der Versicherte nach seinem Leistungsvermögen zwar noch zwischen drei und sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, aber dafür der Teilzeitarbeitsmarkt verschlossen ist (sog. Arbeitsmarktrente gemäß § 43 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB VI, vgl. BAG 17. März 2016 – 6 AZR 221/15 – Rn. 22; 13. Mai 2015 – 2 AZR 565/14 – Rn. 32). Danach ist ein Arbeitnehmer, der die Voraussetzungen einer Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI erfüllt, auch in der Teilhabe am Berufsleben längere Zeit eingeschränkt (BAG 14. Januar 2015 – 7 AZR 880/13 – Rn. 42). Dies spricht für einen untrennbaren Zusammenhang zwischen Erwerbsminderung und Behinderung, auch wenn § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI nur auf die Fähigkeiten am Arbeitsmarkt abstellt (vgl. hierzu BVerfG 25. März 2015 – 1 BvR 2803/11 – Rn. 9).
(c) Zu Gunsten der Klägerin kann auch unterstellt werden, dass bei Erfüllung der Voraussetzungen einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung von einer Behinderung auszugehen ist. Eine solche Rente erhalten Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, die aber unter diesen Bedingungen noch mehr als drei Stunden täglich erwerbstätig sein können (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
(d) Selbst bei Annahme eines untrennbaren Zusammenhangs zwischen Erwerbsminderung und Behinderung liegt aber keine unmittelbare Benachteiligung Behinderter vor, da erwerbsgeminderte Beschäftigte nicht gegenüber Personen in einer vergleichbaren Situation benachteiligt werden.
(aa) § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG verlangt eine vergleichbare Situation. Der deutsche Gesetzgeber hat insoweit die Bestimmung des Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG, die ebenfalls eine vergleichbare Situation voraussetzt, unverändert umgesetzt. Auch der Gerichtshof der Europäischen Union geht davon aus, dass eine unmittelbare Benachteiligung nur dann vorliegt, wenn sich die betroffenen Personen in einer vergleichbaren Lage befinden. Die Situationen müssen nicht identisch, sondern nur vergleichbar sein. Die Prüfung dieser Vergleichbarkeit darf nicht allgemein und abstrakt sein, sondern muss spezifisch und konkret für die betreffende Leistung erfolgen (EuGH 10. Mai 2011 – C-147/08 – [Römer] Rn. 41 f., Slg. 2011, I-3591). Der Vergleich der jeweiligen Situationen ist daher fallbezogen anhand des Zwecks und der Voraussetzungen für die Gewährung der fraglichen Leistungen festzustellen (BAG 17. November 2015 – 1 AZR 938/13 – Rn. 24 mwN).
(bb) Im Ausgangspunkt zutreffend geht die Klägerin davon aus, dass sich behinderte und nichtbehinderte Beschäftigte bei Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit anfangs in derselben Lage befinden. Sie erhalten zunächst nach § 22 Abs. 1 iVm. § 21 TVöD-AT Entgeltfortzahlung (vgl. hierzu BAG 20. Januar 2010 – 5 AZR 53/09 – Rn. 13 ff., BAGE 133, 101) und anschließend Krankengeld gemäß §§ 44 bis 51 SGB V. Hierzu leistet der Arbeitgeber gemäß § 22 Abs. 2 und Abs. 3 TVöD-AT einen Krankengeldzuschuss in der tariflich bestimmten Höhe. Sinn und Zweck des Krankengeldzuschusses liegen darin, die Lücke zwischen dem nach § 47 SGB V zu berechnenden Krankengeld und dem Nettoverdienst zu schließen (vgl. BAG 18. August 2004 – 5 AZR 518/03 – zu II 3 der Gründe). Der Krankengeldzuschuss ist fortgezahltes Arbeitsentgelt, das lediglich in seiner Höhe auf eine Differenzzahlung beschränkt ist (Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV Stand Januar 2015 E § 22 Rn. 88).
(cc) Die Gruppe der Beschäftigten, die Krankengeldzuschuss beziehen, kann sich aufteilen in diejenigen, welche (rückwirkend) eine Rente wegen Erwerbsminderung erhalten, und diejenigen, bei denen dies nicht der Fall ist. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die vormals homogene Gruppe der wegen Krankheit Arbeitsunfähigen sich damit nicht mehr in einer vergleichbaren Situation befindet, weil die Rentenbezieher nun eine eigenständige finanzielle Unterstützung erhalten. Zudem unterfällt nur das Arbeitsverhältnis eines Erwerbsgeminderten den Regelungen des § 33 Abs. 2 und Abs. 3 TVöD-AT. Dadurch kommt es zu verschiedenen Konstellationen im Hinblick auf die soziale Sicherung durch Krankengeld, Krankengeldzuschuss, Erwerbsminderungsrente und ggf. Entgelt bei einer Weiterbeschäftigung.
(aaa) Bei Arbeitsunfähigkeit ohne Rentenbezug bestehen Ansprüche auf Krankengeld und Krankengeldzuschuss, wobei § 22 Abs. 3 TVöD-AT für diesen eine zeitliche Begrenzung vorsieht. Nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit entfällt der Anspruch auf Krankengeld und damit auch auf Krankengeldzuschuss (§ 22 Abs. 2 Satz 1 TVöD-AT).
(bbb) Bezieht der Beschäftigte bei Arbeitsunfähigkeit eine Rente, bedarf es zu seiner finanziellen Absicherung insoweit weder des Krankengeldes noch des Krankengeldzuschusses. Der Anspruch auf Krankengeld endet folglich nach § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V von Beginn der Leistung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung an bzw. wird nach § 50 Abs. 2 Nr. 2 SGB V um den Zahlbetrag einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gekürzt. § 50 SGB V soll den Doppelbezug von Leistungen verhindern, die wie das Krankengeld den Ersatz von Arbeitsentgelt bezwecken (Eichenhofer/Wenner/SGB V/ Just § 50 Rn. 1; Joussen in Becker/Kingreen SGB V 4. Aufl. § 50 Rn. 1).
Hinsichtlich des Krankengeldzuschusses gilt § 22 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 1 iVm. Satz 2 TVöD-AT. Der damit bewirkte Ausschluss des Doppelbezugs von Rente und Krankengeldzuschuss entspricht sowohl dem Charakter des Krankengeldzuschusses, der die Aufrechterhaltung, aber nicht die Steigerung des Lebensstandards ermöglichen soll, wie auch der Zielsetzung der Erwerbsminderungsrente. Diese soll ebenfalls nur einen Lohnausgleich darstellen (BAG 17. März 2016 – 6 AZR 221/15 – Rn. 30; 22. Januar 2013 – 6 AZR 392/11 – Rn. 30; Kamprad in Hauck/Noftz SGB VI Stand Mai 2008 K § 43 Rn. 1). Dies verkennt die Klägerin, wenn sie davon ausgeht, die Erwerbsminderungsrente wolle erlittene Gesundheitsschäden und die Belastung einer Behinderung ausgleichen.
(ccc) Soweit die Klägerin darauf hinweist, ein Beschäftigter könne nach Wiederaufnahme seiner Tätigkeit weiterhin eine teilweise Erwerbsminderungsrente beziehen, spricht dies nicht dafür, dass ein Anspruch auf diese Rentenleistung den Krankengeldzuschuss nicht verringern darf. Eine Weiterbeschäftigung trotz teilweiser Erwerbsminderung ist zwar gemäß § 33 Abs. 3 TVöD-AT möglich (zu dessen Verfassungskonformität unter Berücksichtigung der Rechte Behinderter vgl. BAG 17. März 2016 – 6 AZR 221/15 – Rn. 16 ff.). Die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit wird jedoch nur geleistet, wenn die Hinzuverdienstgrenze nach § 96a SGB VI nicht überschritten wird (vgl. hierzu BAG 22. Januar 2013 – 6 AZR 392/11 – Rn. 28). Wird ein Beschäftigter im Rahmen der Weiterbeschäftigung wegen Krankheit arbeitsunfähig, hat er ggf. wiederum Anspruch auf Krankengeld und Krankengeldzuschuss (vgl. Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Januar 2016 § 22 Rn. 185.3).
(ddd) Kommt keine Weiterbeschäftigung nach § 33 Abs. 3 TVöD-AT zustande, kann es gemäß § 33 Abs. 2 TVöD-AT zum Ruhen und bei voraussichtlich dauerhaftem Rentenbezug wegen Erwerbsminderung sogar zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses kommen (vgl. hierzu BAG 17. März 2016 – 6 AZR 221/15 – Rn. 41 ff.; 14. Januar 2015 – 7 AZR 880/13 – Rn. 30; 23. Juli 2014 – 7 AZR 771/12 – Rn. 51 f., BAGE 148, 357).
(dd) Da sich die eine Rente wegen Erwerbsminderung beziehenden Beschäftigten hinsichtlich ihrer sozialen Absicherung nicht in einer mit den anderen Beschäftigten vergleichbaren Situation befinden, durften die Tarifvertragsparteien auch nur den Rentenbeziehern die Rückzahlung des Krankengeldzuschusses nach § 22 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 1 iVm. Satz 2 TVöD-AT auferlegen. Die daraus folgende Belastung ist nicht zu verkennen. § 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT setzt keine bestimmte Höhe der Rente voraus (Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV Stand August 2015 E § 22 Rn. 109), so dass die Rückforderung des Krankengeldzuschusses die Rentennachzahlung übersteigen kann. Die Tarifvertragsparteien haben für diesen Fall jedoch durch § 22 Abs. 4 Satz 5 TVöD-AT die Möglichkeit des Verzichts des Arbeitgebers auf den entsprechenden Betrag eröffnet. Zudem durften sie im Rahmen der ihnen zustehenden Einschätzungsprärogative bei typisierender Betrachtung davon ausgehen, dass die soziale Absicherung der Beschäftigten nach Ablauf der sechswöchigen Entgeltfortzahlung (§ 22 Abs. 1 Satz 1 TVöD-AT) primär und ausreichend durch sozialversicherungsrechtliche Leistungen erfolgt. Sie mussten nicht für alle Konstellationen das bisherige Nettoentgelt durch eine tarifliche Leistung wie den Krankengeldzuschuss sichern. Es ist daher ohne Belang, dass ein Beschäftigter trotz der ihm grundsätzlich zustehenden sozialrechtlichen Dispositionsbefugnis (vgl. hierzu BAG 17. März 2016 – 6 AZR 221/15 – Rn. 23; 14. Januar 2015 – 7 AZR 880/13 – Rn. 34) von der Krankenkasse gemäß § 51 SGB V iVm. § 116 Abs. 2 SGB VI letztlich zur Beantragung der Rente angehalten werden kann (zur Einschränkung der Dispositionsbefugnis vgl.: BSG 26. Juni 2008 – B 13 R 37/07 R – Rn. 23, BSGE 101, 86; 26. Juni 2008 – B 13 R 141/07 R – Rn. 23 f.; BeckOK SozR/Kreikebohm/Kuszynski Stand 1. Dezember 2015 SGB VI § 116 Rn. 5a; KassKomm/Brandts Stand August 2012 § 51 SGB V Rn. 19).
(ee) Die von der Revision angeführte Unterlassung der Rentenauszahlung an den Beschäftigten wegen vorrangiger Ansprüche der Krankenkasse weist keinen Bezug zum diskriminierungsrechtlichen Benachteiligungsverbot auf. Die Krankenkasse kann bei nachträglicher Rentenbewilligung zwar gemäß § 103 Abs. 1 SGB X eine Erstattung des Krankengeldes von der Rentenversicherung verlangen (KassKomm/Kater Stand April 2015 § 103 SGB X Rn. 62 f. mwN). In dieser Höhe erfolgt keine Rentenauszahlung an den betroffenen Beschäftigten, denn dessen Rentenanspruch gilt insoweit als erfüllt (§ 107 Abs. 1 SGB X). Er hat die entsprechende Summe aber bereits erhalten, wenn auch als Krankengeld. Bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung darf den Rentenbetrag übersteigendes Krankengeld gemäß § 50 Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht zurückgefordert werden.
cc) Es liegt auch keine unzulässige mittelbare Diskriminierung iSd. § 3 Abs. 2 AGG vor. Das Verbot mittelbarer Diskriminierung ist eine besondere Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes, so dass eine mittelbare Diskriminierung nur vorliegen kann, wenn die benachteiligten und die begünstigten Personen vergleichbar sind (BAG 6. Oktober 2011 – 6 AZN 815/11 – Rn. 10, BAGE 139, 226; 27. Januar 2011 – 6 AZR 526/09 – Rn. 33, BAGE 137, 80; ErfK/Schlachter 16. Aufl. § 3 AGG Rn. 9; AR/Kappenhagen 7. Aufl. § 3 AGG Rn. 5 f.; HWK/Rupp 7. Aufl. § 3 AGG Rn. 6 f.). Dies ist hier aus den genannten Gründen nicht der Fall.
d) Mangels nachteiliger Ungleichbehandlung behinderter Menschen verstößt § 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT auch nicht gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG (vgl. BVerfG 25. März 2015 – 1 BvR 2803/11 – Rn. 5; 19. Januar 1999 – 1 BvR 2161/94 – zu C III 3 der Gründe, BVerfGE 99, 341).
e) Demnach ist die Klägerin gemäß § 22 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 1 iVm. Satz 2 TVöD-AT zur Rückzahlung des in den Monaten Juli bis einschließlich Oktober 2010 erhaltenen Krankengeldzuschusses verpflichtet. Sie erhielt ab dem 1. Juli 2010 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, auch wenn diese wegen vorrangiger Erstattungsansprüche der Krankenkasse tatsächlich nicht zur Auszahlung kam. Maßgeblich ist der Tag, der im Bescheid des Rentenversicherungsträgers als der des Rentenbeginns bezeichnet ist. Unbedeutend ist dabei, welches Datum der Rentenbescheid trägt, wann er dem Beschäftigten zugegangen ist und ob ihm die Rente tatsächlich ausgezahlt worden ist (vgl. BSG 29. Januar 2014 – B 5 R 36/12 R – Rn. 22, BSGE 115, 110; Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Januar 2016 § 22 Rn. 182.5; BecKOK TVöD/Guth Stand 1. Oktober 2012 TVöD-AT § 22 Rn. 33; zu § 71 Abs. 2 Unterabs. 5 BAT BAG 11. Oktober 2006 – 5 AZR 755/05 – Rn. 17).
2. Die Klägerin ist gemäß § 22 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 1 TVöD-AT auch zur Rückzahlung der anteiligen Jahressonderzahlung verpflichtet.
a) Die in dieser Tarifnorm enthaltene Vorschussregelung bezieht sich nicht nur auf überzahlten Krankengeldzuschuss, sondern auch auf „sonstige Überzahlungen”. Damit sind tarifliche Nebenleistungen wie die Jahressonderzahlung gemeint, soweit die Überzahlung auf das Zusammentreffen mit den angeführten Versorgungsleistungen zurückzuführen ist (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/ Wiese TVöD Stand Juli 2009 § 22 Rn. 328 und Stand März 2011 § 20 Rn. 162; zu § 37 Abs. 2 Unterabs. 5 BAT BAG 29. Juni 2000 – 6 AZR 50/99 – zu B II 1 g der Gründe; zu § 71 Abs. 2 Unterabs. 5 BAT BAG 11. Oktober 2006 – 5 AZR 755/05 – Rn. 19). Dies kann bezüglich der Jahressonderzahlung wegen der gemäß § 20 Abs. 4 Satz 1 iVm. Satz 2 Nr. 2 TVöD-AT bestehenden Verknüpfung mit dem Krankengeldzuschuss der Fall sein.
b) Die Klägerin hatte zunächst für die Monate von Juli bis einschließlich Oktober 2010 gemäß § 22 Abs. 2 TVöD-AT einen Anspruch auf Krankengeldzuschuss, welcher auch erfüllt wurde. Dementsprechend unterblieb eine Verminderung der Jahressonderzahlung nach § 20 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 TVöD-AT. Wegen der rückwirkenden Rentenbewilligung gilt die Zahlung dieser anteiligen Jahressonderzahlung nach § 22 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 1 TVöD-AT nunmehr als Vorschuss, da die Jahressonderzahlung sich nach Wegfall der Anwendbarkeit des § 20 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 TVöD-AT gemäß § 20 Abs. 4 Satz 1 TVöD-AT vermindert.
3. Der Rückforderungsbetrag von insgesamt 2.882,51 Euro steht zwischen den Parteien nicht in Streit. Von dieser Summe hat die Beklagte die ebenfalls unstreitige Erstattung durch die Rentenversicherung von 160,29 Euro zum Abzug gebracht. Es verbleibt eine Forderung von 2.722,22 Euro. Mit dieser hat die Beklagte gegen die Entgeltansprüche der Klägerin von insgesamt 2.200,00 Euro netto im streitgegenständlichen Zeitraum zu Recht aufgerechnet. Ein Aufrechnungsverbot wird von der Klägerin auch nicht behauptet.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Fischermeier, Spelge, Krumbiegel
Fundstellen
Haufe-Index 9520542 |
BAGE 2017, 88 |
BB 2016, 1779 |
DB 2016, 6 |
FA 2016, 287 |
NZA 2016, 1345 |
ZTR 2016, 515 |
AP 2016 |
EzA-SD 2016, 13 |
MDR 2016, 1096 |
NZA-RR 2016, 6 |
PersV 2017, 117 |
RiA 2017, 11 |
öAT 2016, 166 |
AUR 2016, 377 |
AUR 2017, 361 |
ArbRB 2016, 260 |
ArbR 2016, 378 |
AP-Newsletter 2016, 186 |
GK/Bay 2017, 63 |