Entscheidungsstichwort (Thema)

Rück Zahlbarkeit eines Krankengeldzuschusses bei rückwirkend bewilligte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. § 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD erfasst sowohl nach seinem eindeutigen Wortlaut als auch seinem Zweck und seinem tariflichen Zusammenhang auch die gesetzliche Rente wegen voller und teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 SGB VI).

2. Ein Arbeitnehmer ist gemäß § 22 Abs. 4 Satz 4 TVöD verpflichtet, im Falle einer rückwirkenden Bewilligung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung einen gezahlten Krankengeldzuschuss zurückzuzahlen, da dieser als Vorschuss auf die Rentenzahlung gilt.

 

Normenkette

TVöD § 22 Abs. 4 Sätze 2, 4

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Entscheidung vom 09.11.2016; Aktenzeichen 11 Ca 55/16)

 

Tenor

  • I.

    Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 09.11.2016 - 11 Ca 55/16 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

  • II.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rückforderung geleisteter Krankengeldzuschüsse sowie über die anteilige Rückforderung einer geleisteten Jahressonderzahlung nach dem TVöD.

Die Beklagte ist seit dem 1. Januar 1993 bei der Klägerin beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der TVöD Anwendung. Die Beklagte wurde im streitgegenständlichen Zeitraum nach der Entgeltgruppe 8 TVöD vergütet.

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 TVöD erhalten Beschäftigte, die schuldlos durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an der Arbeitsleistung verhindert werden, bis zur Dauer von sechs Wochen Entgeltfortzahlung nach der in § 21 TVöD geregelten Bemessungsgrundlage. Gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 TVöD erhalten die Beschäftigten nach Ablauf dieses Zeitraums für die Zeit, für die ihnen Krankengeld oder entsprechende gesetzliche Leistungen gezahlt werden, einen Krankengeldzuschuss in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen den tatsächlichen Barleistungen des Sozialleistungsträgers und dem Nettoentgelt. Der Krankengeldzuschuss wird nach § 22 Abs. 3 Satz 1 TVöD bei einer Beschäftigungszeit von mehr als drei Jahren längstens bis zum Ende der 39. Woche seit dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit gezahlt. Weiterhin ist in § 22 Abs. 4 TVöD Folgendes geregelt:

"(4) Entgelt im Krankheitsfall wird nicht über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus gezahlt; § 8 EFZG bleibt unberührt. Krankengeldzuschuss wird zudem nicht über den Zeitpunkt hinaus gezahlt, von dem an Beschäftigte eine Rente oder eine vergleichbare Leistung aufgrund eigener Versicherung aus der gesetzlichen Rentenversicherung, aus einer zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversicherung oder aus einer sonstigen Versorgungseinrichtung erhalten, die nicht allein aus Mitteln der Beschäftigten finanziert ist. Innerhalb eines Kalenderjahres kann das Entgelt im Krankheitsfall nach Absatz 1 und 2 insgesamt längstens bis zum Ende der in Absatz 3 Satz 1 genannten Fristen bezogen werden; bei jeder neuen Arbeitsunfähigkeit besteht jedoch mindestens der sich aus Absatz 1 ergebende Anspruch. Überzahlter Krankengeldzuschuss und sonstige Überzahlungen gelten als Vorschuss auf die in demselben Zeitraum zustehenden Leistungen nach Satz 2; die Ansprüche der Beschäftigten gehen insoweit auf den Arbeitgeber über. Der Arbeitgeber kann von der Rückforderung des Teils des überzahlten Betrags, der nicht durch die für den Zeitraum der Überzahlung zustehenden Bezüge im Sinne des Satzes 2 ausgeglichen worden ist, absehen, es sei denn, die/der Beschäftigte hat dem Arbeitgeber die Zustellung des Rentenbescheids schuldhaft verspätet mitgeteilt."

Die Beklagte war seit dem 22. April 2014 krankheitsbedingt arbeitsunfähig. Im Anschluss an die geleistete Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Dauer von sechs Wochen erhielt die Beklagte Krankengeldzuschuss, der sich in den streitgegenständlichen Monaten September, Oktober und November 2014 auf jeweils 261,30 EUR netto und im Dezember 2014 auf 70,64 EUR netto belief. Darüber hinaus zahlte die Klägerin an die Beklagte für das Jahr 2014 eine Jahressonderzahlung in Höhe von 2.979,97 EUR brutto. Die Jahressonderzahlung ist in § 20 TVöD geregelt. § 20 Abs. 4 TVöD lautet auszugsweise wie folgt:

"(4) Der Anspruch nach den Abätzen 1 bis 3 vermindert sich um ein Zwölftes für jeden Kalendermonat, in dem Beschäftigte keinen Anspruch auf Entgelt oder Fortzahlung des Entgelts nach § 21 haben. Die Verminderung unterbleibt für Kalendermonate,

...

2. in denen Beschäftigten Krankengeldzuschuss gezahlt wurde oder nur wegen der Höhe des zustehenden Krankengelds ein Krankengeldzuschuss nicht gezahlt worden ist."

Auf ihren Antrag vom 26. August 2014 wurde der Beklagten mit Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 17. März 2015 (Bl. 58 - 62 d. A.) rückwirkend zum 1. September 2014 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bewilligt (zunächst befristet bis zum 31. August 2016 und dann mit Bescheid vom 6. April 2016 auf unbestimmte Dauer, Bl. 63 f. d. A.). Ab dem 1. Mai 2015 betrug die Rente monatlich 687,31 E...

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