Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütung von Bereitschaftsdienst. ständige Wechselschichtarbeit. Nachtarbeitszuschlag
Orientierungssatz
1. Ein Schichtplan iSd. § 7 Abs. 1 TVöD-AT liegt auch dann vor, wenn in einem Arbeitsbereich zwei einander ergänzende, funktional und personell aufeinander abgestimmte Dienstpläne gelten, wonach an allen Kalendertagen ununterbrochen „rund um die Uhr” 24 Stunden gearbeitet wird und keine Unterbrechung der Arbeit durch einen gleichzeitig für alle Beschäftigten angeordneten Bereitschaftsdienst vorgesehen ist.
2. Nach § 46 Nr. 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. a TVöD-BT-V ist ein während einer zwölfstündigen Wachschicht geleisteter Anwesenheitswachdienst, der aus acht Stunden aktivem und vier Stunden inaktivem Dienst (Bereitschaft) besteht, einheitlich zu faktorisieren und wie acht Arbeitsstunden zu vergüten.
3. Der Arbeitgeber kann in Bezug auf den gesetzlichen Ausgleichsanspruch des § 6 Abs. 5 ArbZG frei wählen, ob er ihn durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder durch eine Kombination von beidem erfüllt. Solange sich die gesetzlich begründete Wahlschuld (§ 262 BGB) nicht durch Ausübung des Wahlrechts nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen auf eine der geschuldeten Leistungen konkretisiert hat, muss der Arbeitnehmer eine Alternativklage erheben. Mit der Zahlung von Zeitzuschlägen für Nachtarbeit in den Fällen, in denen dies nicht nach § 46 Nr. 12 Abs. 6 TVöD-BT-V ausgeschlossen ist, übt der Arbeitgeber nicht sein Wahlrecht nach § 6 Abs. 5 ArbZG aus, sondern erfüllt lediglich eine tarifvertraglich bestehende Verpflichtung.
Normenkette
TVöD-AT § 7 Abs. 1, § 8 Abs. 5 S. 1; TVöD-BT-V § 46 Nr. 11 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 Buchst. a, Nr. 12 Abs. 6; ArbZG § 6 Abs. 5
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 14. Oktober 2014 – 2 Sa 135/14 – aufgehoben, soweit es die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 13. März 2014 – 5 Ca 1852 c/13 – hinsichtlich des erstinstanzlichen Antrags zu 4. (Wechselschichtzulage) zurückgewiesen hat.
2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 13. März 2014 – 5 Ca 1852 c/13 – teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.575,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8. November 2013 zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Revision des Klägers zurückgewiesen.
4. Der Kläger hat 2/3 und die Beklagte 1/3 der Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Der Kläger ist bei der Beklagten als ziviler Angestellter im Bereich der Bundeswehr auf dem Trossschiff „F” beschäftigt, das vom 7. Mai 2012 bis zum 17. Oktober 2013 für Wartungsarbeiten in einer Werft in W lag. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) Anwendung.
Während der Werftliegezeit der „F” arbeitete der Kläger im sog. Hafendienst und wurde zu Instandhaltungs- und Wartungsarbeiten sowie zu militärischen und nautischen Sicherheitsdiensten eingesetzt. Im streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Juni 2012 bis zum 31. August 2013 richtete sich der Hafendienst nach einem Dienstplan, der die Verteilung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden auf die vier Tage von Montag bis Donnerstag vorsah, und den folgenden Hinweis enthielt:
„Infolge anstehender/durchzuführender Werftarbeiten bzw. dessen Kontrolle/Begleitung/Unterstützung können einzelne Arbeitnehmer auch zur Arbeit am Freitag, Samstag und Sonntag innerhalb der Höchstarbeitszeitgrenzen gemäß ArbZG herangezogen werden.”
Neben dem Hafendienst fand an allen sieben Tagen der Woche rund um die Uhr der sog. Hafenwachdienst zur Gewährleistung der militärischen und nautischen Sicherheit der „F” statt. Das diesbezüglich von der Beklagten angeordnete Wachschema sah von montags bis donnerstags täglich drei im aktiven Dienst zu leistende Wachschichten vor. Wachschicht 1 dauerte von 00:00 Uhr bis 10:00 Uhr, Wachschicht 3 von 14:00 Uhr bis 24:00 Uhr. Zur Wachschicht 2 (10:00 Uhr bis 14:00 Uhr) war in der Anordnung vermerkt, sie werde komplett „aus dem Tagesdienst abgedeckt”. Von freitags bis sonntags sowie an gesetzlichen Feiertagen waren je zwei zwölfstündige Hafenwachschichten von 00:00 Uhr bis 12:00 Uhr und von 12:00 Uhr bis 24:00 Uhr vorgesehen, für die jeweils drei Wachgänger eingeteilt waren, die acht Stunden aktiven Dienst (inklusive Gangwaypostenzeit) und vier Stunden am Stück inaktiven Dienst (Bereitschaft) zu leisten hatten. Während des Bereitschaftsdienstes musste sich der Wachgänger an Bord aufhalten. Der Dienstplan sah vor, dass jeweils zwei Wachgänger aktiven Dienst leisteten, wenn der dritte im Bereitschaftsdienst war. In der Zeit vom 1. Juni bis zum 2. September 2012 galt ein davon geringfügig abweichendes Wachschema.
Im gesamten Zeitraum vom 1. Juni 2012 bis zum 31. August 2013 wurde der Kläger zusätzlich zum Hafendienst in unterschiedlicher Häufigkeit auch zu den drei Hafenwachschichten herangezogen.
Die für die Besatzungen von Binnen- und Seefahrzeugen und von schwimmenden Geräten im Bereich des Bundesministeriums der Verteidigung maßgeblichen Regelungen in § 46 TVöD-BT-V (Bund) lauten auszugsweise:
„Nr. 11 zu § 7 – Sonderformen der Arbeit –
…
(3) 1Für Beschäftigte, die über 10 Stunden hinaus zum Wachdienst herangezogen werden, können Wachschichten bis zwölf Stunden festgesetzt werden, wenn in den Wachdienst in erheblichem Umfang Bereitschaftsdienst im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Arbeitszeitgesetz fällt. 2Für die Bemessung des Entgelts während der Wachdienste gelten folgende Vorschriften:
Bei folgenden Wachschichten wird für jede Wachstunde das volle Entgelt gezahlt:
- Durchgehende Wachdienste, bei denen Pausen oder inaktive Zeiten während des Bereitschaftsdienstes weniger als ein Drittel der Gesamtwachzeit ausmachen.
- Wachdienste, die ausschließlich im Freien abgeleistet werden oder bei denen auf Anordnung oder infolge besonderer Umstände eine Bindung an einen vorgeschriebenen Platz besteht (z. B. Decks-, Maschinen-, Brücken- oder Ankerwachen).
Anwesenheitswachdienste, die nicht den in Nr. 1 genannten Einschränkungen unterliegen, werden wie folgt bewertet:
- Bei einer Tageswachschicht wird je eineinhalb Wachstunden das Entgelt für eine Arbeitsstunde gezahlt.
- 1Bei einer Nachtwachschicht bis zu zwölf Stunden wird eine Stundengarantie von drei Arbeitsstunden angesetzt, wenn beim Wachdienst nur Anwesenheit verlangt und eine Schlafgelegenheit gestellt wird. 2Soweit die Voraussetzungen nach Satz 1 nicht vorliegen, gilt Buchstabe a entsprechend.
…
Nr. 12 zu § 8 – Ausgleich für Sonderformen der Arbeit –
…
(6) Bei allen Formen des Wachdienstes im Sinne der Nr. 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 wird der Zeitzuschlag nach § 8 Abs. 1 Buchst. b und Buchst. f nicht gezahlt.”
Mit mehreren Schreiben vom 24. Oktober 2012 beantragte der Kläger rückwirkend ab dem 1. Mai 2012 unter anderem die Bezahlung „der geforderten regelmäßigen Arbeitszeit”, von Bereitschaftsstunden, einer „Schichtzulage … laut TVöD § 8” sowie von Überstunden- und Nachtzuschlägen. Mit weiteren Schreiben vom 20. März 2013 und vom 11. September 2013 wiederholte er seine Forderungen und erweiterte sie für den Zeitraum vom 1. April bis zum 31. August 2013.
Der Kläger hat – soweit für das Revisionsverfahren von Interesse – gemeint, für 172 Stunden Bereitschaftsdienst, die er im Zeitraum vom 1. Juni 2012 bis zum 31. August 2013 – unstreitig – im Rahmen von 43 näher bezeichneten zwölfstündigen Hafenwachschichten geleistet habe, stehe ihm das Entgelt für insgesamt 114,67 Stunden in – rechnerisch unbestrittener – Höhe von 1.789,68 Euro zu. Der Bereitschaftsdienst sei gemäß § 46 Nr. 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b Satz 2 iVm. Nr. 2 Buchst. a TVöD-BT-V im Verhältnis von 1,5: 1 faktorisiert als Arbeitszeit zu bezahlen; hinzu kämen nach § 8 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVöD-AT auch Überstundenzuschläge in – rechnerisch unumstrittener – Höhe von insgesamt 485,27 Euro. Da er in dem 15 Kalendermonate umfassenden Streitzeitraum ständig Wechselschicht geleistet habe, stehe ihm nach § 8 Abs. 5 Satz 1 TVöD-AT eine monatliche Wechselschichtzulage in Höhe von insgesamt 1.575,00 Euro zu. Darüber hinaus habe er Anspruch auf Ausgleich für insgesamt 210 im Streitzeitraum geleistete Nachtarbeitsstunden.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Zeitraum vom 1. Juni 2012 bis zum 31. August 2013
- Vergütung für insgesamt 114,6 Bereitschaftsstunden in Höhe von 1.789,68 Euro brutto,
- Zeitzuschläge für insgesamt 114,6 Überstunden in Höhe von 485,27 Euro brutto,
- Zulagen für ständige Wechselschichtarbeit in Höhe von insgesamt 1.575,00 Euro brutto sowie
- Zeitzuschläge für insgesamt 210 Stunden Nachtarbeit in Höhe von 608,40 Euro brutto
jeweils nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, und gemeint, Bereitschaftsdienststunden während eines Anwesenheitswachdienstes iSv. § 46 Nr. 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 TVöD-BT-V seien nicht gesondert zu vergüten, weshalb auch keine Überstundenzuschläge nach § 8 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVöD-AT zu zahlen seien. Wechselschichtzulagen nach § 8 Abs. 5 Satz 1 TVöD-AT stünden dem Kläger nicht zu, da er mehrheitlich innerhalb seiner regulären Arbeitszeit eingesetzt gewesen sei und nicht „rund um die Uhr” in Wechselschicht gearbeitet habe. Im Übrigen seien die Zahlungsansprüche größtenteils gemäß § 37 TVöD-AT verfallen, weil sie erst mit der Klageschrift vom 30. Oktober 2013 geltend gemacht worden seien. Die Schreiben des Klägers vom 24. Oktober 2012 genügten nicht den Anforderungen an eine Geltendmachung.
Das Arbeitsgericht hat die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen aus § 6 Abs. 5 ArbZG zur Zahlung von 739,70 Euro brutto verurteilt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Klage auf die Berufung der Beklagten unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils auch im Übrigen abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Ansprüche in geringfügig vermindertem Umfang weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist zum Teil begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zu Unrecht in vollem Umfang zurückgewiesen. Die Klage ist zum Teil begründet. Der Kläger hat nach § 8 Abs. 5 Satz 1 TVöD-AT Anspruch auf Wechselschichtzulagen für ständige Wechselschichtarbeit für den 15 Kalendermonate umfassenden Streitzeitraum vom 1. Juni 2012 bis zum 31. August 2013 in Höhe von insgesamt 1.575,00 Euro brutto nebst Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
I. Die Beklagte ist nach § 8 Abs. 5 Satz 1 TVöD-AT verpflichtet, an den Kläger für ständige Wechselschichtarbeit in dem Zeitraum vom 1. Juni 2012 bis zum 31. August 2013 eine monatliche Wechselschichtzulage in Höhe von 105,00 Euro, dh. insgesamt 1.575,00 Euro brutto zu zahlen.
1. Der TVöD findet kraft beiderseitiger Tarifbindung auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis Anwendung.
2. Nach § 8 Abs. 5 Satz 1 TVöD-AT erhalten Beschäftigte, die ständig Wechselschichtarbeit leisten, eine Wechselschichtzulage von 105,00 Euro monatlich. Die für die im Bereich des Bundesministeriums der Verteidigung beschäftigten Besatzungen von Binnen- und Seefahrzeugen und schwimmenden Geräten maßgeblichen Sonderregelungen in § 46 Nr. 12 TVöD-BT-V lassen diese Regelung unberührt.
3. Der Kläger hat in dem 15 Kalendermonate umfassenden streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Juni 2012 bis zum 31. August 2013 ständig Wechselschichtarbeit im Tarifsinn geleistet.
a) Ständige Wechselschichtarbeit iSv. § 8 Abs. 5 Satz 1 TVöD-AT setzt nach der in § 7 Abs. 1 TVöD-AT enthaltenen Definition voraus, dass in dem Arbeitsbereich, in dem der Beschäftigte tätig ist, nach einem Schichtplan an allen Kalendertagen ununterbrochen „rund um die Uhr” 24 Stunden gearbeitet wird. An dieser Voraussetzung fehlt es, wenn beispielsweise an Sonn- und Feiertagen in aller Regel keine Schichtarbeit anfällt oder die tägliche Arbeit im Betrieb, sei es auch nur in geringfügiger Form, unterbrochen wird. Unerheblich ist, in wie viele Schichten der 24-Stunden-Tag aufgeteilt wird oder ob in allen Schichten der Arbeitsanfall gleich groß ist und deshalb in jeder Schicht die gleiche Anzahl von Arbeitnehmern arbeitet. Die Arbeit muss nach einem Dienst- oder Schichtplan erfolgen, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten im genannten Sinn vorsieht. Der Beschäftigte muss zur Arbeit in allen Schichtarten eingesetzt und durchschnittlich längstens nach Ablauf eines Monats erneut zur Nachtschicht herangezogen werden (BAG 13. Juni 2012 – 10 AZR 351/11 – Rn. 13 f. mwN, BAGE 142, 55). Dabei kann regelmäßig auf einen Zeitraum von zwölf Kalendermonaten abgestellt werden, solange sich nicht aus betrieblichen Regelungen Anhaltspunkte für einen anderen Zeitraum ergeben (BAG 16. Oktober 2013 – 10 AZR 1053/12 – Rn. 52). Ständig iSv. § 8 Abs. 5 Satz 1 TVöD-AT ist die Wechselschichtarbeit, wenn dem Beschäftigten diese Art von Tätigkeit kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung oder kraft Direktionsrechts dauerhaft und nicht lediglich vertretungsweise zugewiesen ist (BAG 13. Juni 2012 – 10 AZR 351/11 – Rn. 17 mwN, aaO).
b) Nach diesen Maßgaben wurde im Arbeitsbereich des Klägers im Streitzeitraum ständig Wechselschichtarbeit iSv. § 8 Abs. 5 Satz 1 TVöD-AT geleistet.
aa) Arbeitsbereich des Klägers war im streitgegenständlichen Zeitraum das Trossschiff „F”. Auf diesem hat der Kläger während der Werftliegezeit sowohl Hafendienst als auch Hafenwachdienst nach einem Schichtplan iSd. § 7 Abs. 1 TVöD-AT geleistet. Aus dem Hinweis im Dienstplan für den Hafendienst über die Zulässigkeit der Heranziehung zur Arbeit am Freitag, Samstag und Sonntag, aus der Anordnung im Wachschema zur Abdeckung der „Wachschicht 2” und aus dem Umstand, dass der Hafendienst sich ebenso wie der Hafenwachdienst auf den gesamten Bordbereich der „F” bezogen hat, ergibt sich, dass der Hafendienst und der Hafenwachdienst im Streitzeitraum weder räumlich noch funktional noch personell in verschiedene Arbeitsbereiche aufgeteilt waren.
bb) Die Bewachung der „F” fiel über einen erheblich längeren Zeitraum als die Arbeitszeit der einzelnen Beschäftigten hinaus an und wurde daher von mehreren Beschäftigten in einer geregelten zeitlichen Reihenfolge, teilweise auch außerhalb der allgemein üblichen Arbeitszeit, erbracht. Es arbeiteten nicht sämtliche Beschäftigten zur gleichen Zeit, sondern ein Teil arbeitete, während der andere Teil arbeitsfreie Zeit hatte.
cc) Die Arbeit erfolgte nach einem Schichtplan iSd. § 7 Abs. 1 TVöD-AT. Danach galten der Dienstplan für den Hafendienst und das Wachschema für den Hafenwachdienst, die funktional und personell aufeinander abgestimmt waren und sich insoweit ergänzten, als die „Wachschicht 2” von montags bis donnerstags komplett durch den Hafendienst abgedeckt wurde. Die Verkörperung in einem gemeinsamen „Schichtplan” war nicht erforderlich. Nach der Rechtsprechung des Senats ist insoweit entscheidend, ob nach der beim Arbeitgeber geltenden Organisation die Arbeit nur in einer die Arbeitszeit des Arbeitnehmers oder einer Arbeitnehmergruppe übersteigenden Zeit erfüllt werden kann und die Arbeitsaufgabe eine Regelung erforderlich macht, nach der die Arbeitnehmer in wechselnden Arbeitsschichten eingesetzt werden (vgl. BAG 23. Juni 2010 – 10 AZR 548/09 – Rn. 16 mwN). Dies war in Bezug auf die Bewachung der „F” im gesamten Streitzeitraum der Fall.
dd) Auf der „F” wurde im Streitzeitraum in wechselnden Arbeitsschichten ununterbrochen „rund um die Uhr” iSd. § 7 Abs. 1 Satz 2 TVöD-AT Volldienst geleistet. Im Zeitraum vom 1. Juni 2012 bis zum 2. September 2012 war nach dem Wachschema für den Hafenwachdienst, der sich teilweise mit dem Dienstplan für den Hafendienst überlappte, keine Wechselschichtarbeit ausschließende Unterbrechung durch einen im Dienstplan ausgewiesenen Bereitschaftsdienst vorgesehen. Auch in der Zeit danach war auf dem Trossschiff „F” zu keinem Zeitpunkt einheitlich für alle Beschäftigten Bereitschaftsdienst angewiesen (zu einem derartigen Fall vgl. BAG 11. Dezember 2013 – 10 AZR 480/13 – Rn. 18).
ee) Nach den von ihm vorgelegten Einsatzplänen hat der Kläger im Streitzeitraum alle geforderten Schichtarten „rund um die Uhr” tatsächlich erbracht. Bereits aus dem Hinweis im Dienstplan für den Hafendienst über die Zulässigkeit der Heranziehung zur Arbeit am Freitag, Samstag und Sonntag ergibt sich, dass ihm während der Werftliegezeit der „F” auch die Arbeit im Hafenwachdienst dauerhaft und nicht nur vertretungsweise zugewiesen war. Dass der Kläger nicht ausschließlich zum Hafenwachdienst eingesetzt wurde, sondern vorrangig Hafendienst geleistet hat, ist unerheblich. Ein auch nur annähernd gleichmäßiger Einsatz in den verschiedenen, grundsätzlich „rund um die Uhr” im monatlichen Wechsel stattfindenden Arbeitsschichten ist nach § 7 Abs. 1 TVöD-AT nicht erforderlich. Ebenso wenig muss die Wechselschichtarbeit durchgängig einen Monat geleistet werden (BAG 13. Juni 2012 – 10 AZR 351/11 – Rn. 27, BAGE 142, 55).
ff) Der Kläger wurde im Streitzeitraum in allen Schichtarten im Wechsel eingesetzt. Dabei wurde er in jedem der 15 Kalendermonate von Juni 2012 bis August 2013 mehrmals zu Schichten herangezogen, die mindestens zwei Stunden Nachtarbeit umfassten (§ 7 Abs. 1 Satz 3 TVöD-AT). Da lediglich zwischen den Einsätzen am 9. August 2012 und am 11. September 2012 sowie am 7. Mai 2013 und am 11. Juni 2013 mehr als ein Monat lag, während die Abstände zwischen allen übrigen Einsätzen zwischen einem und maximal 27 Tagen betrugen, wurde er im Streitzeitraum durchschnittlich längstens nach Ablauf eines Monats erneut zur Nachtschicht herangezogen (§ 7 Abs. 1 Satz 1 TVöD-AT; vgl. dazu BAG 16. Oktober 2013 – 10 AZR 1053/12 – Rn. 50 ff.).
4. Der Kläger hat die Zahlungsansprüche rechtzeitig iSd. § 37 Abs. 1 Satz 1 TVöD-AT geltend gemacht.
a) Geltendmachung im Sinne tariflicher Ausschlussfristen setzt im Regelfall voraus, dass der Anspruchsinhaber die andere Seite zur Erfüllung des Anspruchs auffordert. Er muss unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er Inhaber einer bestimmten Forderung ist und auf deren Erfüllung besteht. Dabei ist der Anspruch seinem Grunde nach hinreichend deutlich zu bezeichnen und die Höhe des Anspruchs sowie der Zeitraum, für den er verfolgt wird, mit der für den Schuldner notwendigen Deutlichkeit ersichtlich zu machen; die Art des Anspruchs sowie die Tatsachen, auf die der Anspruch gestützt wird, müssen zu erkennen sein, während eine Bezifferung nicht stets erforderlich ist (BAG 19. August 2015 – 5 AZR 1000/13 – Rn. 24 mwN). Ist der Anspruch in diesem Sinne wirksam geltend gemacht, bedarf es gemäß § 37 Abs. 1 Satz 2 TVöD-AT für später fällig werdende Leistungen keiner erneuten Geltendmachung, sofern ihnen derselbe Sachverhalt zugrunde liegt. Ein solcher liegt vor, wenn bei unveränderter rechtlicher oder tatsächlicher Lage aus einem bestimmten Tatbestand Ansprüche herzuleiten sind (vgl. BAG 16. Januar 2013 – 10 AZR 863/11 – Rn. 31 mwN, BAGE 144, 210).
b) Diesen Voraussetzungen genügten die Schreiben des Klägers an die Beklagte vom 24. Oktober 2012. Darin hat er rückwirkend ab 1. Mai 2012 unter anderem die Bezahlung einer „Schichtzulage … laut TVöD § 8” begehrt. Das Antwortschreiben der Beklagten vom 26. Oktober 2012 belegt, dass sie dieses Schreiben zur Kenntnis genommen und das Begehren des Klägers auch inhaltlich verstanden hat. Da der Beschäftigungsdienststelle alle Beschäftigungsnachweise vorlagen, konnte die Beklagte den Umfang der geltend gemachten Ansprüche und ihre Berechtigung überprüfen. Aufgrund ihrer besonderen Sachkenntnis war sie dazu aufgrund der ihr vorliegenden Unterlagen sogar besser in der Lage als der Kläger selbst (vgl. BAG 16. Oktober 2013 – 10 AZR 1053/12 – Rn. 59). Bis zum 26. Oktober 2012 war für keine der bis dahin fällig gewordenen monatlichen Wechselschichtzulagen die sechsmonatige Ausschlussfrist abgelaufen.
5. Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1, § 291 BGB.
II. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von 1.789,68 Euro brutto als Vergütung für insgesamt 114,67 faktorisierte Stunden Bereitschaftsdienst, die er während der zwölfstündigen Wachschichten im Zeitraum vom 1. Juni 2012 bis zum 31. August 2013 geleistet hat. Er hat in dieser Zeit Anwesenheitswachdienste geleistet, für die er nach § 46 Nr. 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. a TVöD-BT-V für je eineinhalb Wachstunden das Entgelt für eine Arbeitsstunde erhalten hat.
a) Ausgehend von dem Grundverständnis der Regelungen in § 46 Nr. 11 Abs. 3 TVöD-BT-V zur Vergütung von Wachdiensten ist ein während einer zwölfstündigen Wachschicht geleisteter Anwesenheitswachdienst, der aus acht Stunden aktivem und vier Stunden inaktivem Dienst (Bereitschaft) besteht, gemäß § 46 Nr. 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. a TVöD-BT-V einheitlich zu faktorisieren und wie acht Arbeitsstunden zu vergüten (BAG 23. Juli 2015 – 6 AZR 451/14 – Rn. 14). Eine Aufspaltung der Vergütung nach unterschiedlichen Faktorisierungsstufen scheidet aus (BAG 23. Juli 2015 – 6 AZR 451/14 – Rn. 11). Der Bereitschaftsdienst ist notwendiger Teil aller Formen des Wachdienstes, deren Entgelt nach § 46 Nr. 11 Abs. 3 Satz 2 TVöD-BT-V zu bemessen ist (BAG 23. Juli 2015 – 6 AZR 451/14 – Rn. 15).
b) Bei den vom Kläger geleisteten zwölfstündigen Wachdiensten handelte es sich um Anwesenheitswachdienste iSv. § 46 Nr. 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 TVöD-BT-V. Er hat weder Wachdienste iSv. § 46 Nr. 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a TVöD-BT-V noch Wachdienste ausschließlich im Freien (§ 46 Nr. 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b Alt. 1 TVöD-BT-V) geleistet. Ebenso wenig hat der Kläger Wachdienste iSv. § 46 Nr. 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b Alt. 2 TVöD-BT-V absolviert. Es bestand nicht während des gesamten Wachdienstes eine Bindung an einen vorgeschriebenen Platz, weil der Kläger im aktiven Dienst unstreitig jeweils vier Stunden Stellingwache und vier Stunden Raumkontrollen zu leisten hatte.
2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von Zeitzuschlägen nach § 8 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Buchst. a TVöD-AT in Höhe von 485,27 Euro brutto für die von ihm geleisteten Bereitschaftsdienststunden. Es handelte sich dabei nicht um Überstunden iSd. § 7 Abs. 7 TVöD-AT, weil er während des Bereitschaftsdienstes keine „tatsächliche Arbeitsleistung” iSv. § 8 Abs. 1 Satz 1 TVöD-AT erbracht hat (vgl. BAG 16. Oktober 2013 – 10 AZR 9/13 – Rn. 55 [zu § 11 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TV-Ärzte/VKA]).
3. Der Kläger kann auch nicht aus § 6 Abs. 5 ArbZG die Zahlung eines Zuschlags in Höhe von insgesamt 608,40 Euro brutto als Ausgleich für während der Nachtzeit geleistete Arbeitsstunden verlangen. Dies hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zu Recht erkannt.
a) Nach § 6 Abs. 5 ArbZG, auf den der Kläger den geltend gemachten Anspruch im Revisionsverfahren ausschließlich stützt, hat der Arbeitgeber, soweit eine tarifliche Ausgleichsregelung nicht besteht, dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren. In Bezug auf den gesetzlichen Ausgleichsanspruch des § 6 Abs. 5 ArbZG kann der Arbeitgeber frei wählen, ob er ihn durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder durch eine Kombination von beidem erfüllt. Die gesetzlich begründete Wahlschuld (§ 262 BGB) konkretisiert sich auf eine der geschuldeten Leistungen erst dann, wenn der Schuldner das ihm zustehende Wahlrecht nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ausübt (BAG 9. Dezember 2015 – 10 AZR 423/14 – Rn. 15).
b) Ob § 46 Nr. 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 TVöD-BT-V, wie es das Landesarbeitsgerichts angenommen hat, als „Gesamtpaket” stillschweigend zugleich eine Ausgleichsregelung für Nachtarbeit enthält (dazu BAG 18. Mai 2011 – 10 AZR 369/10 – Rn. 18), kann vorliegend ebenso dahinstehen wie die Frage, ob es – wie die Revision meint – zu Unrecht die Nachtarbeitnehmereigenschaft des Klägers verneint hat. Der Kläger kann jedenfalls aus § 6 Abs. 5 ArbZG keinen Anspruch auf Ausgleich der Nachtarbeit durch Zahlung eines Zuschlags gegen die Beklagte herleiten, weil diese bislang keine dementsprechende Wahl getroffen hat. Mit der Zahlung von Zeitzuschlägen für Nachtarbeit nach § 8 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b TVöD-AT in den Fällen, in denen dies nicht nach § 46 Nr. 12 Abs. 6 TVöD-BT-V ausgeschlossen war, hat die Beklagte das ihr nach § 6 Abs. 5 ArbZG zustehende Wahlrecht nicht ausgeübt, sondern lediglich eine tarifvertraglich bestehende Verpflichtung erfüllt. Da das Arbeitsverhältnis der Parteien fortbesteht, kann die Beklagte den Kläger zum Ausgleich der Nachtarbeit weiterhin bezahlt von der Arbeitspflicht freistellen (vgl. BAG 1. Februar 2006 – 5 AZR 422/04 – Rn. 18). Der Kläger hätte deshalb eine Alternativklage erheben müssen (st. Rspr., vgl. BAG 12. Dezember 2012 – 5 AZR 918/11 – Rn. 31 mwN).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Unterschriften
Linck, W. Reinfelder, Brune, D. Kiel, Züfle
Fundstellen
Haufe-Index 9245165 |
BB 2016, 1075 |
FA 2016, 188 |
NZA 2016, 976 |
ZTR 2016, 306 |
AP 2016 |
EzA-SD 2016, 11 |
NZA-RR 2016, 333 |
PersV 2017, 118 |
RiA 2017, 63 |
öAT 2016, 120 |
AUR 2016, 255 |
AP-Newsletter 2016, 140 |