Leitsatz (amtlich)
1. Wenn ein Arbeitgeber für ein bestimmtes Jahr freiwillig die Gewährung einer Jahresabschlußgratifikation verbindlich ankündigt und dabei den Vorbehalt macht, daß aus dieser angekündigten Gratifikation für die Zukunft kein Rechtsanspruch der Arbeitnehmer auf Wiederholung der Gratifikationszahlung entstehe, so erwirbt doch der Arbeitnehmer auf die Gratifikation, deren Gewährung der Arbeitgeber für ein bestimmtes Jahr verbindlich angekündigt hat, einen vertraglichen Anspruch (Bestätigung von BAG AP Nr. 21 zu § 611 BGB Gratifikation und BAG 11, 338 [343] = AP Nr. 69 zu Art. 3 GG).
2. Wird eine freiwillig gewährte Gratifikation der in Leitsatz 1 geschilderten Art nicht vom Arbeitgeber, sondern vom Betriebsratsvorsitzenden in einer Betriebsversammlung angekündigt, so entstehen daraus für die Arbeitnehmer nur dann Rechte gegen den Arbeitgeber, wenn der Betriebsratsvorsitzende als Bote des Arbeitgebers oder im Namen des Arbeitgebers und mit dessen Vollmacht oder kraft. Rechtsscheinsvollmacht die entsprechenden Willenserklärungen abgegeben und nicht nur eigene Wissensmitteilungen gemacht hat.
3. Bei freiwillig gewährten Gratifikationen kann der Arbeitgeber regelmäßig ohne Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz zwischen Arbeitnehmern in ungekündigt er und gekündigter Stellung differenzieren und letztere von der Gratifikation ausschließen (Bestätigung von BAG AP Nr. 16 zu § 611 BGB Gratifikation).
Normenkette
BGB §§ 611, 120, 151, 164, 177, 179, 242; GG Art. 3 Abs. 1
Verfahrensgang
Hessisches LAG (Urteil vom 12.02.1963; Aktenzeichen 5 Sa 553/62) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Frankfurt am Main, Kammer 5, vom 12. Februar 1963 – 5 Sa 553/62 – aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten, der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
1. Der Kläger trat am 1. März 1961 als Exportkaufmann in die Dienste der beklagten GmbH. In dem Einstellungsschreiben der Beklagten vom 6. Januar 1961 heißt es u.a.:
„…. Ihr Gehalt beträgt 800,– DM brutto. …. Hinzu kommen unsere jährlich jeweils neu zu beschließenden Gratifikationszahlungen, welche zuletzt beim Jahresabschluß 1 1/2 Monatsgehälter und an Weihnachten 1 Monatsgehalt betragen haben.”
Als Jahresabschlußgratifikation für 1960/61 erhielt der Kläger von der Beklagten im Juni 1961 einen der bisherigen Dauer seiner Beschäftigung entsprechenden Betrag von 49,70 DM netto ausgezahlt. Aus diesem Anlaß unterschrieb der Kläger eine Erklärung folgenden Inhaltes:
„Diese Beihilfe wird auf freiwilliger, sozialer Basis gewährt, die keinerlei Anspruch für die Zukunft begründet.”
Als Weihnachtsgratifikation für 1961 erhielt der Kläger den Betrag von 585,14 DM netto, wobei er folgende Erklärung unterschrieb:
„Diese Gratifikation ist eine freiwillige Auszahlung für treue Pflichterfüllung in diesem Jahr und ein Ansporn für künftige zuverlässige Mitarbeit und Betriebstreue. Ein Anspruch für kommende Jahre wird durch die. Gratifikationszahlung nicht begründet.”
Das Monatsgehalt des Klägers wurde später auf 865,– DM erhöht. Der Kläger löste durch Kündigung, vom 18. Mai 1962 das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 1962 auf.
Die Geschäftsleitung der Beklagten hatte bereits im April 1962 den Beschluß gefaßt, künftig alle diejenigen Arbeitnehmer von der Gewährung der Jahresabschluß- und Weihnachtsgratifikationen auszunehmen, die sich in gekündigter Stellung befinden. Die Beklagte, die am 20. Juni 1962 ihren Arbeitnehmern Jahresabschlußgratifikationen für 1961/62 auszahlte, schloß im Hinblick auf den Beschluß vom April 1962 den Kläger von der Gewährung der Abschlußgratifikation für 1961/62 in der rechnerisch unstreitigen Höhe von 1.297,50 DM brutto aus.
2. Der Kläger hat mit der Klage von der Beklagten Zahlung der Jahresabschlußgratifikation für 1961/62 in Höhe von 1.297,50 DM verlangt.
Er hat geltend gemacht, nach seinem Anstellungsvertrag habe er die Jahresabschlußgratifikation ohne Rücksicht darauf zu beanspruchen, ob er im Zeitpunkt deren Auszahlung sich in ungekündigter oder gekündigter Stellung, befinde. Diesen Arbeitsvertrag könne die Beklagte nicht einseitig ändern. Durch seine unterschriftlichen Erklärungen anläßlich des Empfangs der Jahresabschlußgratifikation 1960/61 und der Weihnachtsgratifikation 1961 habe er auf seine Vertragsrechte nicht verzichtet, sondern nur den Empfang der Gratifikationen und die Richtigkeit des Rechenwerkes bescheinigt.
Er hat weiter geltend gemacht, selbst wenn die Beklagte die Gratifikation nicht kraft des Anstellungsvertrages schulde, sondern ohne Rechtsverbindlichkeit und freiwillig gewähre, habe sie den Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt. Sie habe so hat der Kläger behauptet, im Jahre 1961 die Abschlußgratifikation auch einem Arbeitnehmer bezahlt, der sich in gekündigter Stellung befunden habe.
Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag unter Beweisantritt behauptet, sie habe den Kläger bei seiner Einstellung ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die in dem Einstellungsschreiben erwähnten Gratifikationen Leistungen der Beklagten auf freiwilliger Basis seien. Daraus sei es auch zu erklären, daß der Kläger die entsprechenden – oben mitgeteilten – Erklärungen anläßlich der Entgegennahme der Jahresabschlußgratifikation für 1960/61 und der Weihnachtsgratifikation für 1961. unbedenklich unterschrieben habe.
Sie hat die Ansicht vertreten, res sei unerheblich, ob sie früher auch an solche Arbeitnehmer Gratifikationen gezahlt habe, die sich in gekündigter Stellung befanden. Davon habe sie nach ihrem Beschluß vom April 1962 abgehen dürfen; sie hat behauptet, entsprechend dem Beschluß vom April 1962 habe sie im Juni 1962 von der Abschlußgratifikation alle diejenigen Arbeitnehmer ausgenommen, die sich in gekündigter Stellung befanden. Sie hat weiter behauptet, ihren Beschluß vom April 1962 habe sie auch dem Betriebsratsvorsitzenden mitgeteilt. Dieser habe in einer Betriebsversammlung vom 7. Juni 1962 den Arbeitnehmern des Betriebes der Beklagten die Auszahlung der Abschlußgratifikation angekündigt. Dabei habe er jedoch den Beschluß der Beklagten vom April 1962 nicht bekanntgegeben. Dies sei offenbar unterblieben, weil der Betriebsratsvorsitzende eine solche Mitteilung, die nur wenige Arbeitnehmer betroffen habe, nicht für erforderlich gehalten habe, Denjenigen Arbeitnehmern, die sich in gekündigter Stellung befunden und sich wegen der unterbliebenen Auszahlung der Abschlußgratifikation für 1961/62 an die Beklagte gewandt hätten, sei dann der Beschluß vom April 1962 bekannt gegeben worden. Die Beklagte hat weiter behauptet, sie habe gegenüber dem Kläger auch keinen besonderen Anlaß gehabt, ihm entgegenzukommen; sie sei mit seinem Verhalten im Betrieb unzufrieden und deshalb an sich zur fristlosen Kündigung berechtigt gewesen; deshalb habe sie ihm angeraten, von sich aus das Arbeitsverhältnis zu kündigen.
3. Das Arbeitsgericht hat nach durchgeführter Beweisaufnahme der Klage entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte das Ziel der Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe
I. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, es könne dahinstehen, ob der Kläger bereits kraft seines Anstellungsvertrages einen Anspruch auf die Gratifikation habe. Nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 4. März 1961 – 5 AZR 169/60 –, AP Nr. 21 zu § 611 BGB Gratifikation – erwerbe der Arbeitnehmer, wenn der Arbeitgeber freiwillig die Zahlung einer Gratifikation für ein bestimmtes Jahr ankündige, mit der Ankündigung einen Anspruch auf Zahlung der angekündigten Gratifikation. Im vorliegenden Fall habe der Betriebsratsvorsitzende auf der Betriebsversammlung vom 7. Juni 1962 der Belegschaft angekündigt, daß die Beklagte die Abschlußgratifikation für 1961/62 zahlen werde. Daß der Betriebsratsvorsitzende und nicht die Beklagte diese Mitteilung gemacht hätte, hindere nicht, eine verbindliche Zusage der Beklagten selbst anzunehmen. Denn in einem Falle wie dem vorliegenden könne auch ein Betriebsratsmitglied Erklärungen für den Arbeitgeber abgeben. Durch diese Mitteilung des Betriebsratsvorsitzenden habe der Kläger somit entsprechend der oben genannten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts einen Anspruch auf die Abschlußgratifikation erworben. Etwas anderes könnte nur dann angenommen werden, wenn am 7. Juni 1962 oder auch schon vorher der gesamten Belegschaft oder wenigstens den in gekündigter Stellung sich befindlichen Arbeitnehmern ihr Ausschluß von der Gratifikationszahlung mitgeteilt worden wäre. Das sei aber unstreitig nicht geschehen. Nachdem der Betriebsratsvorsitzende am 7. Juni 1962 die Gratifikationszahlung angekündigt gehabt habe, sei es der Beklagten jedenfalls verwehrt gewesen, davon nachträglich einseitig abzugehen.
II. Mit dieser Begründung ist das angefochtene Urteil nicht zu halten.
1. Richtig ist lediglich der rechtliche Ausgangspunkt des Landesarbeitsgerichts: Wenn ein Arbeitgeber eine freiwillig gewährte Gratifikation mit dem Vorbehalt verbindlich ankündigt, aus der Gewährung der angekündigten Gratifikation entstehe für die Zukunft kein Rechtsanspruch auf wiederholte Zahlung der Gratifikation, dann erwirbt der Arbeitnehmer auf die Gratifikation, die der Arbeitgeber verbindlich angekündigt hat, einen Rechtsanspruch. Dann liegt in der Ankündigung des Arbeitgebers ein Vertragsangebot, das der Arbeitnehmer annimmt und bei dem der Arbeitgeber auf die Erklärung der Annahme durch den Arbeitnehmer verzichtet (§ 151 BGB; vgl. BAG AP Nr. 21 zu § 611 BGB Gratifikation; BAG 11, 338 [343] = AP Nr. 69 zu Art. 3 GG).
2. Fehlerhaft ist es jedoch, wenn das Landesarbeitsgericht dafür im vorliegenden Fall auch die Ankündigung der Gratifikationszahlung durch den Betriebsratsvorsitzenden in der Betriebsversammlung vom 7. Juni 1962 ohne weiteres hat genügen lassen. Der Betriebsratsvorsitzende konnte die Beklagte durch eine Ankündigung der Gratifikationszahlung nur verpflichten, wenn er entweder Bote der Beklagten oder deren bevollmächtigter Vertreter oder Vertreter der Beklagten kraft Rechtsscheins war. Daß das aber der Fall gewesen sei, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt: a) Es ist vom Landesarbeitsgericht zunächst nicht festgestellt, ob sich der Betriebsratsvorsitzende in der Betriebsversammlung vom 7. Juni 1962 in den Augen der Versammlungsteilnehmer so verhalten hat, daß diese ihn als Erklärungsboten oder als Vertreter der Beklagten ansahen.
Boten übermitteln die Willenserklärungen eines anderen auf dessen Veranlassung (vgl. § 120 BGB), und Vertreter geben Willenserklärungen im Namen eines anderen – des Vertretenen – ab (vgl. § 164 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Daß die Beklagte aber den Betriebsratsvorsitzenden beauftragt habe, als ihr Bote den Teilnehmern der Betriebsversammlung ihre Bereitschaft zu dem nächtigen Gratifikationszahlungen zu übermitteln, und daß der Betriebsratsvorsitzende sich als Bote der Beklagten geriert habe, ist der durchgeführten Beweisaufnahme nicht zu entnehmen. Die Beklagte wußte nur, daß der Betriebsratsvorsitzende in der eigens dafür einberufenen Betriebsversammlung bekanntgeben werde, demnächst würden Gratifikationszahlungen der Beklagten erfolgen, und damit war sie auch einverstanden. Aber sie hatte nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme dem Betriebsratsvorsitzenden nicht den Auftrag gegeben, für sie die Ankündigung der demnächstigen Gratifikationsausschüttung auszusprechen, sondern es ihm überlassen, der Betriebsversammlung eine eigene Wissensmitteilung von dem zu machen, was er bei der Beklagten anläßlich seiner Vorsprache erfahren hatte. Unter diesen Umständen spricht wenig dafür, daß der Betriebsratsvorsitzende in den Augen der Teilnehmer der Betriebsversammlung als Bote (vgl. § 120 BGB) oder als Vertreter der Beklagten (vgl. § 164 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 BGB) in die Erscheinung getreten ist.
b) Genügend eindeutig ist nach dem bisherigen Ergebnis der Beweisaufnahme aber vor allem, daß die Beklagte dem Betriebsratsvorsitzenden anläßlich seiner Vorsprache eröffnet hatte, bei den anstehenden Gratifikationszahlungen würden Arbeitnehmer in gekündigter Stellung ausgenommen. Dies haben der Zeuge S. und der Betriebsratsvorsitzende selbst übereinstimmend bekundet. Bei einem solchen Beweisergebnis ist es aber jedenfalls nicht ohne weiteres angängig anzunehmen, dem Betriebsratsvorsitzenden sei als Bote von der Beklagten aufgetragen worden, auch den Arbeitnehmern in gekündigter Stellung die Erklärung der Beklagten zu übermitteln, sie erhielten demnächst die Gratifikation. Aus demselben Grunde kann nicht angenommen werden, daß die Beklagte den Betriebsratsvorsitzenden bevollmächtigt gehabt hätte, auch den in gekündigter Stellung befindlichen Arbeitnehmern eine Gratifikationszahlung namens der Beklagten und damit als deren Vertreter anzubieten. Würde der Betriebsratsvorsitzende namens der Beklagten auch diesen Arbeitnehmern gegenüber eine diesbezügliche Erklärung abgegeben haben, so würde er seine – etwaige – Vertretungsmacht, den anderen, in ungekündigter Stellung sich befindlichen Arbeitnehmern namens der Beklagten die Gratifikationszahlung anzukündigen, überschritten und insoweit als vollmachtloser Vertreter im Sinne von §§ 177 ff. BGB mit den daraus sich für ihn selbst ergebenden Haftungsfolgen (vgl. § 179 BGB) gehandelt haben. Daß der Betriebsratsvorsitzende aber so töricht gehandelt hätte, steht wiederum nicht fest.
c) Auch eine Vertretungsmacht des Betriebsratsvorsitzenden kraft Rechtsscheins muß unter diesen Umständen nach dem bisherigen Beweisergebnis ausscheiden. Abgesehen davon, daß nicht feststeht, ob der Betriebsratsvorsitzende sich in den Augen der Versammlungsteilnehmer überhaupt als Vertreter der Beklagten geriert hat (vgl. oben Ziffer II 2 a dieser Entscheidungsgründe), kommt eine Vertretungsmacht kraft Rechtsscheins nur dann in Betracht, wenn die Beklagte ein vollmachtloses Handeln des Betriebsratsvorsitzenden hätte in Betracht ziehen müssen und es schuldhaft dennoch nicht verhindert hat (BGHZ 5, 111 [116]; BGH NJW 1956, 1672 Nr. 2 [1674]; Palandt, BGB, 23. Aufl., 1964, § 173 Anm. 4). Etwas Derartiges ist aber ebenfalls nicht festgestellt. Der Betriebsratsvorsitzende ist nach seiner eigenen Aussage davon ausgegangen, die ihm von der Beklagten eröffnete Ausschließung von Arbeitnehmern in gekündigter Stellung sei keine Neuregelung und er brauche sie deshalb in der Betriebsversammlung nicht besonders zu erwähnen. Es spricht nichts, dafür, daß die Beklagte mit einer solchen Einstellung des Betriebsratsvorsitzender bei gehöriger Sorgfalt hätte rechnen müssen.
d) Auch müßte, falls die Voraussetzungen einer Rechtsscheinsvollmacht dennoch in Betracht gezogen würden, noch geprüft werden, ob dann der Kläger nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) überhaupt das Recht hat, sich auf eine solche zu berufen. Nach seiner Darstellung war er der Auffassung, ihm stehe die Gratifikation schon deswegen zu, weil in seinem Anstellungsvertrag davon die Rede ist. Dies könnte unter Umständen bedeuten, daß er gar nicht auf die Erklärungen des Betriebsratsvorsitzenden in der Betriebsversammlung vertraut hat und deshalb rechtsmißbräuchlich handelt, wenn er daraus trotzdem für sich Rechte herleiten will.
3. Zusammengefaßt ergibt sich somit, daß aus den bisherigen tatsächlichen Feststellungen, die das Landesarbeitsgericht über das Geschehen in der Betriebsversammlung vom 7. Juni 1962 getroffen hat, sich nicht mit der erforderlichen rechtlichen Sicherheit herleiten läßt, der Kläger könne daraus irgendwelche Rechte gegen die Beklagte herleiten.
Demnach ist die Begründung des angefochtenen Urteils fehlerhaft. Es ist daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO).
III. Ungeklärt ist bisher geblieben, ob der Anstellungsvertrag selbst dem Kläger das Recht gibt, Gratifikationszahlung zu verlangen. Er könnte für sich genommen durchaus so zu verstehen sein, daß nach ihm der Kläger in jedem Fall die Gratifikation beanspruchen kann, die die Beklagte freiwillig ihren Arbeitnehmern gewährt. Andererseits hat die Beklagte Beweise dafür erboten, daß die Parteien bei Vertragsabschluß sich darüber einig gewesen seien, die Gratifikationszahlungen der Beklagten seien in jedem Fall solche auf freiwilliger Basis, ohne daß dem Kläger hierauf ein Rechtsanspruch schon nach seinem Anstellungsvertrag zustehe, In diesem Sinne könnten auch die Erklärungen zu bewerten sein, die der Kläger anläßlich der Entgegennahme der Gratifikationen im Jahre 1961 unter schrieben hat.
Wie die Verhältnisse tatsächlich liegen, kann das Revisionsgericht nicht klären. Das macht die Zurückverweisung, der Sache an das Landesarbeitsgericht zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung notwendig.
IV. Für die fernere Behandlung der Sache seien dem Landesarbeitsgericht folgende Hinweise gegeben:
- Es dürfte zweckmäßig sein, zunächst zu prüfen, ob der Anstellungsvertrag des Klägers sein Begehren zu stützen vermag (vgl. oben „Ziffer III dieser Entscheidungsgründe).
- Sollte der Anstellungsvertrag das Begehren des Klägers nicht tragen, so kommt das Geschehen in der Betriebsversammlung vom 7. Juni 1962 als Stütze für das Klagebegehren nur dann in Betracht, wenn sich neue tatsächliche Anhaltspunkte ergäben, die eine andere rechtliche Beurteilung als die zu Ziffer II dieser Entscheidungsgründe dargelegte zu tragen vermögen.
- Sollte das Landesarbeitsgericht keinen Anspruch des Klägers auf Gratifikation feststellen können, so wird es zu beachten haben, daß nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts der Arbeitgeber bei freiwilliger Gratifikationszahlung zwischen Arbeitnehmern in ungekündigter und gekündigter Stellung regelmäßig differenzieren darf (vgl. BAG AP Nr. 16, zu § 611 BGB Gratifikation.
Unterschriften
gez. Dr. Boldt, Dr. Stumpf, Dr. Auffarth, Walgenbach, Dr. Sohler
Fundstellen
BAGE, 300 |
BB 1964, 721 |
DB 1964, 886 |
NJW 1964, 1690 |
BetrR 1964, 248 |
MDR 1964, 708 |