Entscheidungsstichwort (Thema)
Handelsvertreterverhältnis oder Arbeitsverhältnis
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 134, 140, 242, 612, 630, 670, 818-819; HGB § 84; AFG § 133; ZPO § 286
Verfahrensgang
LAG Schleswig-Holstein (Urteil vom 08.12.1989; Aktenzeichen 5 Sa 319/89) |
ArbG Elmshorn (Urteil vom 18.04.1989; Aktenzeichen 1 c Ca 1954/88) |
Tenor
1. Die Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 8. Dezember 1989 – 5 Sa 319/89 werden zurückgewiesen.
2. Von den Kosten der Revisionsinstanz haben die Klägerin 1/3 und die Beklagte 2/3 zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis bestanden hat und ob die Klägerin daraus noch Restgehalt, ein Zeugnis, eine Arbeitsbescheinigung sowie Erstattung verauslagter Telefon-, Anwalts- und Mietkosten verlangen kann. Widerklagend begehrt die Beklagte, zum Teil aus gesamtschuldnerischer Haftung mit der Klägerin U. L. des Parallelverfahrens (– 5 AZR 160/90 –), Rückzahlung bestimmter Beträge.
Die am 15. Mai 1946 geborene Klägerin, die Klägerin des Parallelverfahrens U. L. (–5 AZR 160/90 –), der Kläger des Parallelverfahrens H. Sch. (– 5 AZR 159/90 –) sowie der ehemalige Geschäftsführer K. D. der Beklagten hatten längere Zeit für die W. – F. – H. gearbeitet. Die Klägerin und die Beklagte, diese dabei vertreten durch den damaligen Geschäftsführer D., schlossen am 15. März 1988 einen „Mitarbeitervertrag Nr. 310011”, wonach die Klägerin in der Funktion des Orga-Direktors für die Beklagte ab 1. März 1988 tätig werden sollte. Der Vertrag entsprach dem Formularvertrag des Klägers Sch. im Verfahren – 5 AZR 159/90 –. Jedoch enthielt § 4 des Vertrages keine Angabe über die Zahl der zu verkaufenden Versicherungen. Für die Klägerin waren drei monatliche Vorschußzahlungen zu je 1.200,– DM vereinbart (§ 12 des Vertrages).
In weiteren Verträgen vom 19. April 1988 und vom 2. Mai 1988 sowie vom 11. Mai 1988 ist als Vertragspartner der Beklagten eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bestehend aus der Klägerin und Frau L., bezeichnet. Es handelte sich jeweils um Formular-Verträge; sie enthielten unterschiedliche Angaben über „Provisionsvorschüsse”, wie auch unterschiedliche Angaben zur Verkaufspflicht von Versicherungen. Die Beklagte zahlte an die Klägerin in der Zeit von März bis Oktober 1988 insgesamt den Betrag von 14.525,– DM netto. Am 22. Juli 1988 unterschrieb die Klägerin ein Saldenanerkenntnis, in dem sie eine gegen sie gerichtete Forderung in Höhe von 16.000,– DM bestätigte. In dem Büro in H. verrichtete die Klägerin Bürotätigkeiten. Mit Schreiben vom 28. Oktober 1988 kündigte die Klägerin ihrerseits das Vertragsverhältnis fristlos auf.
Die Klägerin hat vorgetragen, ihre tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten hätten nicht den in den Mitarbeiterverträgen aufgezählten Aufgaben entsprochen. So sei es nie ihre Aufgabe gewesen. Versicherungsverträge abzuschließen. Der Geschäftsführer D. habe von ihr vielmehr verlangt, Büroarbeiten auszuführen; daneben sei eine Tätigkeit als Handelsvertreter nicht möglich gewesen.
Der Geschäftsführer D. habe die Mitarbeiterverträge offensichtlich nur zum Vorzeigen bei der Muttergesellschaft gebraucht. Die Klägerin hat geltend gemacht, unter Zugrundelegung eines monatlichen Nettogehaltes von 3.600,– DM stünden ihr aus dem Arbeitsverhältnis noch restliche Gehaltsansprüche in Höhe von 10.200,– DM zu. Die Klägerin hat ferner Ansprüche auf Erteilung eines berufsfördernden Zeugnisses sowie einer Arbeitsbescheinigung geltend gemacht und weiter vorgetragen: Während die Beklagte in der Vergangenheit die im Büro H. angefallenen Fernmelderechnungen beglichen habe, seien diese Rechnungen vom 19. August 1988 und 18. Oktober 1988 in Höhe von insgesamt 942,59 DM nicht beglichen worden. Schließlich habe sie, weil die Beklagte mit der Gehaltszahlung in Verzug geraten sei, die Hilfe eines Rechtsanwalts in Anspruch nehmen müssen, dessen Kosten sich auf 532,95 DM beliefen. Hierfür müsse die Beklagte einstehen. Durch Urteil des Amtsgerichts vom 14. September 1989 sei sie, die Klägerin, weiter verurteilt worden, an den Vermieter der Räume in H. für die Monate Dezember 1988 bis März 1989 3.000,– DM nebst 12 % Zinsen seit dem 1. Februar 1989 zu zahlen. Zumindest intern sei die Beklagte zur Kostenerstattung verpflichtet.
Die Klägerin hat beantragt.
die Beklagte zu verurteilen, an sie ein Restgehalt in Höhe von 10.200,– DM nebst 5 % Zinsen seit dem 21. Oktober 1988 sowie verauslagte Telefonkosten in Höhe von 942,59 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 28. November 1988 und verauslagte Anwaltskosten in Höhe von 532,95 DM nebst 9 % Zinsen seit dem 5. November 1988 und weitere 3.000,– DM nebst 12 % Zinsen seit dem 1. Februar 1989 zu zahlen, und ihr ein berufsförderndes Zeugnis und eine Arbeitsbescheinigung zu erteilen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat geltend gemacht, die Klägerin sei Handelsvertreterin, jedoch nicht Arbeitnehmerin gewesen. Die Klägerin habe daher keinen Anspruch auf eine monatliche provisionsunabhängige Vergütung. Sie sei nicht beauftragt gewesen, Versicherungsanträge zu bearbeiten oder den üblichen Büro- oder Telefondienst zu versehen. Die Klägerin habe ihren Verdienst nur aus Provisionsgeschäften erzielen sollen. Es sei ihre Aufgabe gewesen, selbst oder durch angeworbene Mitarbeiter, an deren Provision sie hätte partizipieren können, Verträge abzuschließen. Die Klägerin habe aber nur einen Bausparvertrag selbst abgeschlossen, der zu ihren Gunsten verprovisioniert worden sei. Im übrigen sei eine Vielzahl von Mitarbeiterverträgen aufgrund der Vermittlung der Klägerin zustande gekommen, an denen sie auch verdient habe. Sie, die Beklagte, habe alle Kilometergeldzahlungen, Reisekostenabrechnungen sowie Telefonrechnungen des von der Klägerin zusammen mit Frau L. in Holm angemieteten Büros freiwillig gezahlt. Mit dem Mietvertrag habe sie dagegen nichts zu tun. Sie habe das Büro im übrigen nur freiwillig unterstützt.
Die für die Klägerin geführten Konten wiesen mittlerweile einen Sollsaldo von 19.670,10 DM aus, mit einem gesamtschuldnerischen Haftungsbetrag der Klägerin von 12.912,50 DM. Die Klägerin habe den ihr zugesandten Kontoauszügen nicht widersprochen. Jedenfalls sei sie zur Rückzahlung eines Teilbetrages aufgrund des schriftlich erteilten Saldenanerkenntnisses vom 22. Juli 1988 verpflichtet. Die Beklagte hat Widerklage erhoben und zuletzt beantragt,
die Klägerin zu verurteilen, an sie 19.670,10 DM, davon 12.912,50 DM gesamtschuldnerisch mit Frau U. L., K. straße 16, S., nebst 4 % Zinsen auf 18.206,50 DM seit dem 9. März 1989 und 4 % Zinsen auf 1.463,60 DM seit dem 18. September 1989 zu zahlen.
Die Klägerin hat beantragt, die Widerklage abzuweisen. Nach ihrer Ansicht kann die Beklagte keine Zahlungen zurückverlangen, da es sich bei den geleisteten Beträgen um Gehaltszahlungen und nicht um Provisionsvorschüsse gehandelt habe.
Das Arbeitsgericht hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 10.200,– DM netto (Restgehalt) sowie 942,59 DM (Telefonkosten) zu zahlen, und ihr ein berufsförderndes Zeugnis sowie eine Arbeitsbescheinigung auszustellen. Der Widerklageforderung hat es in Höhe von 16.000,– DM entsprochen. Auf die Berufung beider Parteien hat das Landesarbeitsgericht der Klägerin 1.293,– DM netto Restgehalt sowie die Erstattung von Telefonkosten in Höhe von 942,59 DM zugesprochen. Weiter hat es der Klägerin ein Zeugnis und eine Arbeitsbescheinigung zuerkannt. Die Widerklage der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht insgesamt abgewiesen. Hiergegen haben beide Parteien Revision eingelegt, mit der sie jeweils ihre zuletzt gestellten Anträge weiterverfolgen.
Entscheidungsgründe
Die Revisionen beider Parteien sind unbegründet.
I. Das Landesarbeitsgericht hat nach dem Ergebnis der Berufungsverhandlung und aufgrund seiner Beweiserhebung angenommen, die Rechtsbeziehungen der Parteien seien infolge der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit der Klägerin als Arbeitsverhältnis anzusehen. Auf die ursprüngliche vertragliche Vergütungsregelung, die eine andere Zielsetzung gehabt habe, könne nicht zurückgegriffen werden. Der Klägerin stehe daher für ihre ganztägige Bürotätigkeit die übliche Vergütung (§ 612 BGB), d.h. in Höhe der Gehaltsgruppe II des Manteltarifvertrages für das private Versicherungsgewerbe, mithin 2.000,– DM netto monatlich zu. Die Klägerin hätte daher für die Zeit ihrer Beschäftigung 15.818,– DM netto beanspruchen können. Da sie bereits 14.525,– DM erhalten habe, schulde ihr die Beklagte noch 1.293,– DM netto zuzüglich 4 % Zinsen seit dem 21. Oktober 1988. Die Beklagte sei weiter zum Ersatz der Telefonkosten in Höhe von 942,59 DM nebst 4 % Zinsen verpflichtet. Entscheidend sei hierbei, daß das Büro in H. ausschließlich dem geschäftlichen Interesse der Beklagten gedient und die Klägerin die Tätigkeit einer Büroangestellten der Beklagten verrichtet habe. Da zwischen den Parteien in Wahrheit ein Arbeitsverhältnis bestanden habe, könne die Klägerin außerdem ein berufsförderndes Zeugnis sowie Erteilung einer Arbeitsbescheinigung nach § 133 AFG verlangen. Abgewiesen hat das Landesarbeitsgericht dagegen die begehrte Erstattung von Anwaltskosten. Zur Übernahme der Mietkosten für die Zeit von Dezember 1988 bis März 1989 sei die Beklagte nicht verpflichtet, da das Arbeitsverhältnis am 28. Oktober 1988 geendet habe. Auch sei eine Zahlungsverpflichtung der Klägerin noch nicht rechtskräftig festgestellt.
Die Widerklage hat das Landesarbeitsgericht abgewiesen.
II. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts hält der revisionsrechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
1. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, zwischen den Parteien habe ein Arbeitsverhältnis bestanden. Das Landesarbeitsgericht hat die vom Senat in ständiger Rechtsprechung angewandten Unterscheidungsmerkmale zur Abgrenzung vom freien Mitarbeiterverhältnis zum Arbeitsverhältnis herangezogen. Demnach unterscheiden sich die beiden Rechtsverhältnisse durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit (vgl. nur BAGE 41, 247, 253 f. = AP Nr. 42 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu B II 1 der Gründe; sowie aus neuerer Zeit das nicht zur Veröffentlichung vorgesehene Senatsurteil vom 7. November 1990 – 5 AZR 15/90 –, zu I 1 der Gründe). In Übereinstimmung mit dieser Rechtsprechung hat das Landesarbeitsgericht nicht nur auf die vertragliche Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen der Parteien, sondern auch auf deren tatsächliche Handhabung abgestellt und daraus Rückschlüsse auf den tatsächlichen Willen der Vertragspartner gezogen.
a) Nach den für den Senat bindenden Tatsachenfeststellungen (§ 561 Abs. 2 ZPO) des Berufungsgerichts hat die Klägerin entgegen dem Vertragswortlaut in persönlicher Abhängigkeit von der Beklagten überwiegend Bürotätigkeiten ausgeführt. Allerdings wendet sich die Revision der Beklagten gegen die Beweiswürdigung der Vorinstanz und macht geltend, das angefochtene Urteil enthalte lediglich die Wiedergabe der Zeugenaussagen und das Ergebnis der Beweisaufnahme, aber keine eigenständige Beweiswürdigung, nämlich die Angabe der Gründe, die das Gericht bei einander widersprechenden Zeugenaussagen zu dem gefundenen Ergebnis geführt hätten. Zudem verstoße das Berufungsgericht auch deshalb gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung, weil es die Zeugenaussage der Klägerin in dem Parallelverfahren der Klägerin L. (5 AZR 160/90) als Beleg für die Richtigkeit ihres Sachvortrages herangezogen habe.
Diese Rüge greift letztlich nicht durch.
b) Allerdings ist das Gericht im Rahmen einer Beweiswürdigung verpflichtet, widersprechende Aussagen gegeneinander abzuwägen und zu würdigen. Insoweit weist die Beklagte zu Recht auf die Entscheidung des Ersten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 27. Januar 1970 (– 1 AZR 211/69 – AP Nr. 2 zu § 286 ZPO) hin. Sie übersieht jedoch, daß das Landesarbeitsgericht zur Begründung seines Beweisergebnisses zunächst zwar die sich widersprechenden Zeugenaussagen dargestellt, dann aber weitere Umstände genannt hat, welche die Richtigkeit der für die Klägerin sprechenden Zeugenaussagen nahelegen. Damit hat das Landesarbeitsgericht – wenn auch in recht zurückhaltender Weise – der Pflicht zur eingehenden Beweiswürdigung Genüge getan. Soweit die Beklagte die Bezugnahme auf die Aussage der Klägerin in dem Parallelverfahren rügt, kann auch hierin kein durchgreifender Verfahrensfehler gesehen werden. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung nämlich nicht auf die eigene Aussage der Klägerin gestützt. Es hat lediglich, gleichsam in einer Gesamtschau, die gemeinschaftlichen Tätigkeiten aller drei klagenden Parteien gewürdigt.
2. Dem Berufungsgericht ist ferner darin beizupflichten, daß die vertragliche Vergütungsabrede der Parteien für die von der Klägerin erbrachte Arbeitsleistung nicht herangezogen werden kann. Geschähe das, hätte die Klägerin praktisch umsonst gearbeitet, da es ihr neben ihrer ausgeübten Tätigkeit nicht möglich war, in nennenswertem Umfang Provisionsgeschäfte abzuschließen.
Bei dieser Sachlage, nämlich dem Wegfall der ursprünglichen und damit dem Fehlen einer verbindlichen Vergütungsabrede (§ 134 BGB), hat das Berufungsgericht zutreffend auf § 612 BGB zurückgegriffen, sowohl was den Grund als auch was die Höhe der Gehaltszahlung für die Klägerin anbelangt. Übliche Vergütung im Sinne des § 612 Abs. 2 BGB ist die für gleiche oder ähnliche Dienstleistungen an dem betreffenden Ort mit Rücksicht auf die persönlichen Verhältnisse gewöhnlich gewährte Vergütung. Wenn das Landesarbeitsgericht die Tätigkeit der Klägerin anhand des einschlägigen Manteltarifvertrages für das private Versicherungsgewerbe bewertet hat, ist dies aus Revisionsgründen nicht zu beanstanden.
3. Das Berufungsgericht hat der Klägerin zu Recht einen Anspruch auf die von ihr getragenen Telefonkosten als Ersatz für tätigkeitsbezogene Aufwendungen zuerkannt.
In entsprechender Anwendung des § 670 BGB kann die Klägerin bei Annahme eines Arbeitsverhältnisses von der beklagten Arbeitgeberin Ersatz der Aufwendungen verlangen, die im Zusammenhang mit ihren Dienstpflichten stehen und für deren Abgeltung die gezahlte Arbeitsvergütung nicht bestimmt war (vgl. Senatsurteil vom 1. Februar 1963 – 5 AZR 74/62 – AP Nr. 10 zu § 670 BGB). Auch sollte die Klägerin nach der Handhabung der Parteien diese Aufwendungen nicht tragen. Eine abweichende Vereinbarung ist aus keinem der abgeschlossenen Verträge ersichtlich.
4. Keinen Anspruch hat die Klägerin auf Ersatz der Anwaltskosten für die außergerichtliche Korrespondenz in Höhe von 532,95 DM.
Die Klägerin hatte einen monatlichen Gehaltsanspruch von 2.000,– DM netto. Dieser Betrag wurde nach Ende jeden Monats fällig (§ 614 BGB). Nach Ablauf dieser Frist geriet die Beklagte in Schuldnerverzug. Zwar hatte die Klägerin außergerichtlich 10.200,– DM Gehalt geltend gemacht, die Beklagte geriet jedoch nur mit der Zahlung von 1.293,– DM in Verzug. Aber auch insoweit kann die Klägerin keine Erstattung von Anwaltskosten verlangen (§ 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG; vgl. ferner § 118 Abs. 2 BRAGO).
5. Dagegen hat das Berufungsgericht die Beklagte zu Recht zur Zeugniserteilung verurteilt. Da zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestand, kann die Klägerin ein qualifiziertes Zeugnis verlangen (§ 630 BGB). Auch eine Arbeitsbescheinigung (§ 133 AFG) kann die Klägerin verlangen. Die Erteilung einer solchen Bescheinigung ist zwar eine öffentlich-rechtliche Pflicht des Arbeitgebers, als solche hat sie aber auch Auswirkungen auf die vom Arbeitgeber geschuldete Fürsorgepflicht (§ 242 BGB).
6. Soweit das Landesarbeitsgericht die Klägerin zur Rückzahlung überzahlter Vergütung verurteilt hat, ist das angefochtene Urteil revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Klägerin muß die Differenz zwischen ihr zustehender und erhaltener Vergütung an die Beklagte zurückzahlen.
a) Dem Landesarbeitsgericht ist im Ergebnis darin beizupflichten, daß die Widerklägerin ihre Zahlungsansprüche weder auf das von der Klägerin unterzeichnete Saldenanerkenntnis noch auf ihren unterlassenen Widerspruch gegen die ihr zugesandten Kontoauszüge stützen kann. Die Beklagte geht selbst davon aus, daß in beiden Fällen kein eigenständiger Schuldgrund im Sinne eines konstitutiven Schuldanerkenntnisses geschaffen werden sollte. Als deklaratorische Schuldanerkenntnisse ist der Beklagten aber eine Heranziehung nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt. Sowohl Kontoauszüge als auch Saldenanerkenntnisse nehmen Bezug auf die vertragliche Vergütungsabrede. Die Einhaltung dieser Regelung war der Klägerin nach der tatsächlichen Ausgestaltung ihrer Tätigkeit aber nicht möglich. Sie konnte sich die vorgesehenen Verdienstquellen im Rahmen ihrer Bürotätigkeit gar nicht erschließen. Da dies jedoch auf Anweisungen der Beklagten und deren Arbeitsorganisation zurückzuführen ist, muß sie sich nunmehr den Einwand treuwidrigen Verhaltens entgegenhalten lassen, wenn sie sich zu ihren Gunsten auf die abgesprochene Vergütungsregelung berufen will.
b) Die Klägerin muß der Beklagten die Differenz zwischen den erhaltenen Zahlungen (14.525,– DM netto) und der zustehenden Vergütung (15.818,– DM netto) zurückzahlen (= 1.293,– DM). Diese Vergütungsdifferenz steht ihr nicht zu. Weder der Vertrag der Parteien noch die tatsächliche Arbeitsleistung der Klägerin bieten einen Grund dafür, die entsprechenden Beträge zu behalten.
Der Rückzahlungsverpflichtung der Klägerin kann übrigens auch nicht der Einwand der Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) entgegengehalten werden. Die Klägerin kannte die Vertragsgestaltung, nach der ihr die zugeflossenen Beträge nicht ohne weiteres endgültig verbleiben sollten (§ 818 Abs. 4, § 819 Abs. 1 BGB). Hieran ändert sich auch nichts dadurch, daß das Rechtsverhältnis der Parteien als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren ist.
7. Der Anspruch auf Ersatz der Mietkosten ist dagegen – zumindest gegenwärtig – unbegründet, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat.
Als Aufwendungsersatz aus dem Arbeitsverhältnis kann die Klägerin die genannten Kosten nicht beanspruchen, da sie Mietzins für die Zeit nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses verlangt (Dezember 1988 bis März 1989) und darüber hinaus unklar ist ob ihr derartige Aufwendungen überhaupt entstehen werden. Das Urteil gegen sie ist noch nicht rechtskräftig. Darüber hinaus könnte sie möglicherweise Freistellung von ihren anderen Mitmietern verlangen.
Unterschriften
Dr. Thomas, Dr. Gehring, Dr. Olderog ist dienstunfähig und deshalb an der Unterschrift verhindert. Dr. Thomas, Dr. Koffka, Heinz
Fundstellen