Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialauswahl bei Änderungskündigung
Leitsatz (amtlich)
1. Das Gebot der ausreichenden Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers gilt auch für betriebsbedingte Änderungskündigungen.
2. Für die Frage der in die Sozialauswahl einzubeziehenden vergleichbaren Arbeitnehmer kommt es bei einer Änderungskündigung nicht nur darauf an, ob die betreffenden Arbeitnehmer nach ihren bisherigen Tätigkeiten miteinander verglichen werden können und damit auf ihren innegehabten Arbeitsplätzen gegeneinander austauschbar sind. Hinzukommen muß, daß diese Arbeitnehmer auch für die Tätigkeit, die Gegenstand des Änderungsangebots ist, wenigstens annähernd gleich geeignet sind. Die Austauschbarkeit muß sich also auch auf den mit der Änderungskündigung angebotenen Arbeitsplatz beziehen.
3. Bei Änderungskündigungen ist im Rahmen der sozialen Auswahl auch zu prüfen, welcher der vergleichbaren Arbeitnehmer durch die angebotenen neuen Arbeitsbedingungen schwerer belastet wird. Insoweit können u.a. Vorbildung und persönliche Eigenschaften wie Wendigkeit, schnelle Auffassungsgabe, Anpassungsfähigkeit und Gesundheitszustand von Bedeutung sein.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 1, 3 S. 2, § 2 S. 1
Verfahrensgang
LAG Niedersachsen (Urteil vom 11.07.1984; Aktenzeichen 5 Sa 59/83) |
ArbG Göttingen (Urteil vom 18.01.1983; Aktenzeichen 2 Ca 1220/82) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 11. Juli 1984 – 5 Sa 59/83 – aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Scheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der 1938 geborene Kläger, verheiratet, vier Kinder, war seit dem 1. September 1975 bei der beklagten Stadt als Schwimmeister mit einer Vergütung nach VergGr. VI b BAT tätig. Die Beklagte schrieb ihm unter dem 31. August 1982 wie folgt:
„Betr.: Änderungskündigung
Sehr geehrter Herr M.!
Wir nehmen Bezug auf die mit Ihnen geführten Unterredungen wegen der in Aussicht genommenen personellen Veränderungen im Bereich der Schwimmeister unseres Hallenfreibades.
Aufgrund des Beschlusses des Verwaltungsausschusses vom 23. Juni 1982 wird das mit Ihnen zur Zeit bestehende Arbeitsverhältnis nach § 53 Abs. 2 BAT fristgerecht zum Ablauf des 31. Dezember 1982 hiermit gekündigt.
Gleichzeitig bringen wir unsere Bereitschaft zum Ausdruck, Sie ab 1. Januar 1983 als technischen Angestellten einzustellen und mit Ihnen ein neues Arbeitsverhältnis nach dem Bundes-Angestellten-Tarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen zu begründen. Sie werden in die Vergütungsgruppe VI b BAT eingruppiert.
Der Kündigung des jetzigen und der Begründung des neuen Arbeitsverhältnisses (Änderungskündigung) hat der Personalrat bei der Stadt E. am 25. August 1982 zugestimmt.
Die Notwendigkeit der Änderungskündigung ist durch die vom Rat bzw. Verwaltungsausschuß beschlossenen einschränkenden Maßnahmen für das Hallenfreibad, insbesondere bezüglich der Öffnungszeiten, bedingt. Daraus ergibt sich ein geringerer Personalbedarf.
Andererseits spielen soziale Überlegungen eine wesentliche Rolle, nämlich dem für das Hallenfreibad nicht mehr benötigten Personal einen Arbeitsplatz bei der Stadt E. zu erhalten. Unter Berücksichtigung dieses Gesichtspunktes ist die Änderungskündigung zu sehen, zumal wir Sie für die Aufgaben des technischen Angestellten geeignet halten. Eine Änderung der Vergütungsgruppe tritt nicht ein. Soweit Sie mit dem Abschluß des Arbeitsvertrages unter den genannten Bedingungen ab 1. Januar 1983 einverstanden sind, bitten wir, dies durch Ihre Unterschrift auf der beigefügten Durchschrift dieses Briefes zum Ausdruck zu bringen.
Wir bedauern, die Änderungskündigung in Anbetracht der gegebenen Personalsituation aussprechen zu müssen.”
Der Kläger hat die Änderungskündigung unter dem Vorbehalt angenommen, daß sie nicht sozial ungerechtfertigt sei. Mit seiner am 20. September 1982 eingegangenen Klage hat er beantragt festzustellen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung der Beklagten ungerechtfertigt sei. Er hat darauf hingewiesen, die ebenfalls bei der Beklagten beschäftigten Schwimmeister F. und Fo. seien vier bzw. zwölf Jahre jünger als er und erst im Jahre 1979 eingestellt worden.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, sie habe vor der Wahl gestanden, entweder einen anderen Schwimmeister zu entlassen oder dem Kläger einen freien Arbeitsplatz im Stadtbauamt anzubieten. Der Kläger werde dort folgende Aufgaben haben:
Mitarbeit auf dem Gebiet des Bäderwesens, Einsatz für Vertretungen im Hallen- und Freibad,
Kontrolle der Straße, Wege, Kanalanschlüsse, Gewässerläufe usw. zur Feststellung von Schäden und Mängeln jeder Art,
Überwachung der Baumaßnahmen der Versorgungsunternehmen (Post, Stadtwerke usw.),
Verwaltung der Kinderspielplätze.
Nach Abwägung aller Gesichtspunkte im Einvernehmen mit dem Personalrat sei nur der Kläger geeignet, die neue Aufgabe zu übernehmen. Beruflicher Werdegang, Berufserfahrung und insbesondere die Persönlichkeit sprächen eindeutig für den Kläger. Die anderen Schwimmeister seien für diese Stelle nicht geeignet.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und festgestellt, daß die Bedingungen des Arbeitsverhältnisses der Parteien durch die Änderungskündigung der Beklagten vom 31. August 1982 nicht geändert worden seien. Mit ihrer Revision beantragt die Beklagte, das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die auf Antrag der Beklagten vom Senat wegen Divergenz zugelassene Revision führt zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht.
I. Zur Betriebsbedingtheit der Kündigung und der Frage der richtigen Sozialauswahl hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, die Weiterbeschäftigung von vier Schwimmeistern sei für die Beklagte nicht möglich gewesen, so daß an sich ein dringendes betriebliches Erfordernis für die Beendigung der Tätigkeit eines Schwimmeisters bestanden habe.
Durch den in § 2 KSchG enthaltenen Hinweis auf § 1 Abs. 3 Sätze 1 und 2 des Kündigungsschutzgesetzes sei vom Gesetzgeber bestimmt worden, daß der Arbeitgeber auch bei der Auswahl eines Arbeitnehmers, demgegenüber eine Änderungskündigung auszusprechen sei, soziale Gesichtspunkte ausreichend berücksichtigen müsse. Zu prüfen sei nicht, welche sozialen Auswirkungen mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses verbunden wären, zu der es kommen würde, wenn der Arbeitnehmer das Änderungsangebot nicht angenommen hätte. Die Kündigung sei vielmehr im Zusammenhang mit dem Änderungsangebot zu betrachten. Weil mit der Änderungskündigung keine Einkommenseinbuße des Klägers verbunden wäre, schieden Unterhaltsverpflichtungen als zu berücksichtigende Faktoren bei der Sozialauswahl aus. Die Dauer der Betriebszugehörigkeit sei aber von erheblicher Bedeutung und auch das Lebensalter der vergleichbaren Arbeitnehmer. Vergleichbar seien Arbeitnehmer, die nach der bisher ausgeübten Tätigkeit vergleichbar seien. Der Umstand, daß aus einer Gruppe von Arbeitnehmern mit bisher gleicher Tätigkeit einer besondere Kenntnisse und Erfahrungen habe, die ihn auch zu einer anderen Tätigkeit befähigten, könne nicht dazu führen, die Vergleichbarkeit dieses Arbeitnehmers mit den übrigen Mitgliedern der Gruppe zu verneinen.
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe seien der Kläger und seine Arbeitskollegen Fo. und F. miteinander vergleichbar, so daß die Beklagte die relevanten Sozialdaten dieser drei Arbeitnehmer hätte berücksichtigen müssen. Wegen seines höheren Alters und seiner längeren Betriebszugehörigkeit sei der Kläger sozial schlechter gestellt als die Schwimmeister F. und Fo., so daß dem Kläger nicht die Änderungskündigung hätte erklärt werden dürfen.
Das Bestreben der Beklagten, einen freien Arbeitsplatz in ihrem Bauamt mit einem Schwimmeister zu besetzen, den sie in seiner alten Funktion nicht mehr weiterbeschäftigen könne, sei sachgerecht. Es sei aber nicht erkennbar, warum für diese Tätigkeit nicht auch die sozial günstiger gestellten Schwimmmeister Fo. und F. hätten in Betracht kommen können. Trotz einer entsprechenden Auflage habe die Beklagte insoweit nachprüfbare Tatsachen nicht behauptet, geschweige – denn unter Beweis gestellt. Es sei daher nicht nachvollziehbar, wenn die Beklagte behaupte, sie habe vor der Alternative gestanden, entweder das Arbeitsverhältnis eines der übrigen Schwimmeister durch Kündigung zu beenden oder dem Kläger gegenüber eine Änderungskündigung auszusprechen. Es sei der Beklagten nicht gelungen, einsichtig zu machen, daß die sozial besser gestellten Schwimmeister Fo. und F. für die Tätigkeit im Bauamt nicht in Betracht kommen könnten, wohl aber der Kläger. Aus der von der Beklagten beschriebenen zukünftigen Tätigkeit des Klägers lasse sich ebenfalls nicht erkennen, daß an den Stelleninhaber Anforderungen gestellt werden müßten, denen die Arbeitnehmer Fo. und F. nicht genügen könnten. Unter diesen Umständen könne die Beklagte sich nicht darauf berufen, der Kläger sei unter sozialen Gesichtspunkten weniger schutzbedürftig als die vergleichbaren Schwimmeister Fo. und F, weil er aufgrund besonderer Fähigkeiten für die neue Tätigkeit (anders als Fo. und F.) in Betracht komme.
II. Diese Begründung des Landesarbeitsgerichts hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Soweit das Landesarbeitsgericht angenommen hat, die Änderungskündigung sei an sich nach § 1 Abs. 2, § 2 KSchG durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt, sind seine Ausführungen nicht zu beanstanden. Die Einschränkung der Öffnungszeiten des Schwimmbades, die einen geringeren Personalbedarf verursacht, ist eine unternehmerische Entscheidung, die von den Gerichten für Arbeitssachen nicht auf ihre Zweckmäßigkeit überprüft werden kann, sondern nur darauf, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (vgl. u.a. BAG Urteil vom 24. März 1983 – 2 AZR 21/82 – BAG 42, 151, 157 = AP Nr. 12 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, unter B II 1 der Gründe mit insoweit zustimmender Anmerkung von Meisel; KR-Becker, 2, Aufl., § 1 KSchG Rz 334 ff. m.w.N.). Für Letzteres liegen keine Anhaltspunkte vor.
Das Landesarbeitsgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, daß bei einer betriebsbedingten Änderungskündigung das Änderungsangebot des Arbeitgebers daran zu messen ist, ob dringende betriebliche Erfordernisse nach § 1 Abs. 2 KSchG das Änderungsangebot bedingen und ob der Arbeitgeber sich bei einem an sich anerkennenswerten Anlaß zur Änderungskündigung darauf beschränkt hat, nur Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muß (BAG Urteil vom 18. Oktober 1984 – 2 AZR 543/83 – BAG 47, 80, 88 = AP Nr. 6 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl, zu B I der Gründe, m.w.N.).
Bei Auslegung dieses Prüfungsmaßstabes ist es rechtlich nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht angenommen hat, die Beklagte sei nach der Einschränkung der Öffnungszeiten und des danach bedingten geringeren Personalbedarfs nicht in der Lage gewesen, alle vier Schwimmeister in Zukunft weiter zubeschäftigen. Dadurch, daß die Beklagte von Beendigungskündigungen abgesehen und eine Änderungskündigung ausgesprochen hat, hat sie dem das Kündigungsschutzrecht beherrschenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprochen.
Die dem Kläger ausgesprochene Änderungskündigung war daher an sich gerechtfertigt. Die geänderten Arbeitsbedingungen waren für den Kläger zumutbar. An der Höhe seiner Vergütung ändert sich nichts. Daß er nicht in der Lage gewesen wäre, zu den ihm angebotenen Arbeitsbedingungen in der Verwaltung der Beklagten zu arbeiten, hat der Kläger nicht behauptet.
2. Dem Landesarbeitsgericht ist auch darin zu folgen, daß das Gebot der ausreichenden sozialen Auswahl für den Arbeitgeber nicht nur bei Beendigungs-, sondern auch bei Änderungskündigungen gilt. Dies ergibt sich – wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat – aus der ausdrücklichen Verweisung in § 2 Satz 1 KSchG, in dessen Klammerzusatz auch auf § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG Bezug genommen wird. Anders als bei der Beendigungskündigung ist bei der betriebsbedingten Änderungskündigung die Sozialauswahl jedoch nicht an der Prüfung auszurichten, welcher von mehreren vergleichbaren Arbeitnehmern durch den Verlust des Arbeitsplatzes am wenigsten hart getroffen wird. Da es bei der ordentlichen Änderungskündigung unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer sie unter Vorbehalt angenommen hat oder nicht, um die soziale Rechtfertigung des Änderungsangebots geht, ist auch bei der sozialen Auswahl darauf abzustellen, wie sich die vorgeschlagene Vertragsänderung auf den sozialen Status der vergleichbaren Arbeitnehmer auswirkt. Es ist zu prüfen, ob der Arbeitgeber, statt die Arbeitsbedingungen des gekündigten Arbeitnehmers zu ändern, diese Änderung einem anderen vergleichbaren Arbeitnehmer hätte anbieten können, dem sie in sozialer Hinsicht eher zumutbar gewesen wäre (BAG 47, 80, 89, 90 = AP Nr. 6 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl, zu B II 2 der Gründe).
Auch die Frage der in die Sozialauswahl einzubeziehenden vergleichbaren Arbeitnehmer ist bei der Änderungskündigung anders zu beantworten als bei der Beendigungskündigung. Bei letzterer ist die Vergleichbarkeit schon gegeben, wenn die betreffenden Arbeitnehmer nach ihren bisherigen Tätigkeiten miteinander verglichen werden können und damit auf ihren innegehabten Arbeitsplätzen gegeneinander austauschbar sind (BAG Urteil vom 16. September 1982 – 2 AZR 271/80 – AP Nr. 4 zu § 22 K0, zu B II 4 a der Gründe). Bei der Änderungskündigung muß hinzukommen, daß diese Arbeitnehmer auch für die Tätigkeit, die Gegenstand des Änderungsangebots ist, wenigstens annähernd gleich geeignet sind. Die Austauschbarkeit muß sich also auch auf den mit der Änderungskündigung angebotenen Arbeitsplatz beziehen.
Im vorliegenden Falle sind der Kläger und seine von ihm benannten Arbeitskollegen F. und Fo. hinsichtlich der von ihnen ausgeübten Tätigkeit als Schwimmmeister miteinander vergleichbar. Die Beklagte hat jedoch geltend gemacht, die Schwimmeister F. und Fo. seien für die dem Kläger angebotene Tätigkeit eines technischen Angestellten im Bauamt nicht geeignet. Sollte dies zutreffen, dann kämen diese beiden Arbeitnehmer für eine Sozialauswahl nicht in Betracht.
Das Landesarbeitsgericht hat, hierzu lediglich ausgeführt, die Beklagte habe keine nachprüfbaren Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergeben könnte, daß die Arbeitnehmer F. und Fo. den Anforderungen der dem Kläger angebotenen Stelle im Bauamt nicht genügen könnten; die von der Beklagten überreichte Stellenbeschreibung und die dazu gegebenen Erläuterungen ließen eine derartige Annahme nicht zu.
Diese knappe Bemerkung in dem angefochtenen Urteil läßt nicht erkennen, ob sich das Landesarbeitsgericht mit dem Vorbringen der Beklagten in ihren Schriftsätzen vom 17. Oktober 1983 und vom 28. März 1984 sachgerecht auseinandergesetzt und es rechtsfehlerfrei gewürdigt hat. Das wird von der Revision mit Recht gerügt.
In ihrem Schriftsatz vom 17. Oktober 1983 hat die Beklagte die Aufgaben des Inhabers der dem Kläger angebotenen Stelle im Bauamt ausführlich dargestellt und erläutert. Danach bestehen die Aufgaben des Stelleninhabers insbesondere in der Kontrolle und Unterhaltung der städtischen Kinderspiel- und Bolzplätze, der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze sowie von Brücken, Gewässern und von Schutzgeländern und Schutzzäunen im öffentlichen Bereich. Dazu muß der Stelleninhaber nach dem Vortrag der Beklagten die Anlagen und Geräte regelmäßig kontrollieren, Schäden und Gefahrenquellen feststellen und aufnehmen, Art und Umfang der erforderlichen Unterhaltungsarbeiten selbständig erfassen und bestimmen, technisch und wirtschaftlich richtige Lösungen erarbeiten, den Leistungsumfang beschreiben, die Kosten ermitteln, Unterhaltungsarbeiten durch Fachkräfte des städtischen Bauhofs oder durch Fremdfirmen veranlassen, die Unterhaltungsarbeiten überwachen, abnehmen und abrechnen, Mängelrügen und deren Beseitigung durchsetzen, die Unterhaltungsarbeiten haushaltsmäßig abwickeln, bei der Bearbeitung von Schadenersatzansprüchen mitwirken und dazu Berichte abfassen, Verbesserungsvorschläge zur Ausstattung der Spiel- und Bolzplätze unterbreiten, an den Sitzungen des Jugend- und Wohlfahrtsausschusses teilnehmen und dort über Spiel- und Bolzplätze berichten sowie Verbesserungsvorschläge einbringen und erläutern. Über die für diese Tätigkeiten benötigten Kenntnisse und Fähigkeiten hat die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 17. Oktober 1983 nähere Ausführungen gemacht.
In ihrem Schriftsatz vom 28. März 1984 hat die Beklagte den beruflichen Werdegang des Klägers und die seiner Arbeitskollegen F. und Fo. geschildert. Danach hat Herr F. nach dem Besuch einer siebenjährigen polnischen Volksschule in der Landwirtschaft gearbeitet und ist 16-jährig in die Bundesrepublik Deutschland gekommen. Nach Abschluß einer Maschinenschlosserausbildung arbeitete er elf Jahre lang bei verschiedenen Firmen in seinem erlernten Beruf und ist seit 1972 im Bäderbereich tätig. Herr Fo. hat nach der Darstellung der Beklagten eine Malerlehre absolviert und war nach kurzer Tätigkeit in diesem Handwerk acht Jahre lang beim Bundesgrenzschutz; sodann begann er eine Umschulung zum Schwimmeister.
Der Kläger hat nach dem Vortrag der Beklagten eine Berufsausbildung in der Süßwarenbranche absolviert und war dann zwei Jahre lang in einer Großhandlung als Lagerist tätig. Nach seinem Grundwehrdienst entschloß er sich zu einem neuen Berufsbeginn und wurde Metallarbeiter. Er arbeitete in fast allen Abteilungen einer einschlägigen Firma als Schleifer, Bohrer, Fräser, Löter, Richter und Monteur. Wegen seiner Kenntnisse wurde er kurzfristig als Fertigungsrechner in das Angestelltenverhältnis übernommen. Die Firma ermöglichte ihm den Besuch des REFA-Grundlehrgangs I und II sowie des REFA-Fachlehrgangs Arbeitsvorbereitung, Auftragsbearbeitung und Arbeitssteuerung, die der Kläger sämtlich mit Erfolg abschloß. Sodann wurde der Kläger entsprechend seiner Ausbildung in der Arbeitsvorbereitung und Fertigungssteuerung eingesetzt. Seine breitgefächerten technischen und auch kaufmännischen Kenntnisse sowie seine eigenverantwortliche Tätigkeit seien – so hat die Beklagte vorgetragen – im Einvernehmen mit dem Personalrat ausschlaggebend für die Übertragung der sachbearbeitenden Aufgaben im Stadtbauamt gewesen, die Eigeninitiative, selbständiges Handeln, Gewandtheit im schriftlichen und mündlichen Ausdruck sowie eine stärkere Persönlichkeit erfordere.
Bei diesem Sachvortrag der Beklagten hätte das Landesarbeitsgericht näher begründen müssen, weshalb es die Arbeitnehmer F. und Fo. für die in Rede stehenden Aufgaben im Bauamt der Beklagten für ebenso geeignet hält wie den Kläger. Da dies nicht geschehen ist, mußte das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zur erneuten Prüfung zurückverwiesen werden, ob die genannten Arbeitnehmer hinsichtlich ihrer Eignung für die angebotene Tätigkeit im Bauamt wenigstens annähernd mit dem Kläger vergleichbar und deshalb in die Sozialauswahl einzubeziehen sind. Der Senat kann diese Frage nicht selbst beurteilen, weil es hierzu an entsprechenden Tatsachenfeststellungen des Landesarbeitsgerichts fehlt, insbesondere nicht feststeht, inwieweit die Darstellung der Beklagten unstreitig ist.
Sollte das Landesarbeitsgericht bei der erneuten Prüfung zu dem Ergebnis gelangen, daß die Arbeitnehmer F. oder Fo. eine annähernd gleiche Eignung für die Stelle im Bauamt besitzen wie der Kläger, so darf es sich bei der dann in Frage kommenden sozialen Auswahl nicht auf einen Vergleich des Lebensalters und der Dauer der Betriebszugehörigkeit beschränken. Zwar scheiden wirtschaftliche Gesichtspunkte hier aus, weil die Vergütung sich nicht ändert. Da aber bei der Änderungskündigung im Rahmen der Sozialauswahl zu prüfen ist, welchem Arbeitnehmer die angebotene Änderung der Arbeitsbedingungen in sozialer Hinsicht eher zuzumuten ist, muß bei der Abwägung auch bedacht werden, welchem Arbeitnehmer eine Umstellung auf die neue Tätigkeit nach seiner Vorbildung und seinen persönlichen Eigenschaften leichter oder schwerer fällt. Hier können Eigenschaften wie Wendigkeit, schnelle Auffassungsgabe, Anpassungsfähigkeit und Gesundheitszustand von Bedeutung sein. Alle diese Umstände, die jeweils ein verschiedenes Gewicht haben können, sind bei der Sozialauswahl gegeneinander abzuwägen. Hierbei steht dem Arbeitgeber ein gewisser Wertungsspielraum zu. Das Gesetz verlangt von ihm nur eine „ausreichende” Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte. Erst wenn es an einer solchen ausreichenden Berücksichtigung fehlt, ist die Sozialauswahl mit Mängeln behaftet und die Kündigung deshalb sozialwidrig.
Unterschriften
Dr. Seidensticker, Dr. Becker, Roeper, Straub, Dr. Kleemann
Fundstellen
BAGE, 210 |
BB 1987, 475 |
NJW 1987, 1662 |
JR 1987, 220 |
RdA 1987, 60 |
ZIP 1987, 312 |