Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung einer als Sonderschullehrerin tätigen Erzieherin
Leitsatz (redaktionell)
Frage der gleichwertigen Ausbildung einer Erzieherin mit der Lehrbefähigung für Kunst- und Musikerziehung der unteren Klassen der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule
Normenkette
Änderungstarifvertrag Nr. 1 zum
Verfahrensgang
LAG Berlin (Urteil vom 01.07.1993; Aktenzeichen 7 Sa 21/93) |
ArbG Berlin (Urteil vom 11.12.1992; Aktenzeichen 68 Ca 20738/92) |
Tenor
1. Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 1. Juli 1993 – 7 Sa 21/93 – aufgehoben.
2. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Landesarbeitsgericht Berlin zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die tarifgerechte Eingruppierung der Klägerin ab 1. Mai 1992.
Die Klägerin schloß 1956 eine Ausbildung als Kindergärtnerin ab. Anschließend war sie als Gruppenerzieherin und Leiterin von Kindergärten beschäftigt. Ab 1966 wurde die Klägerin auch als Lehrkraft in unteren Klassen von Hilfsschulen eingesetzt. Am 1. September 1966 nahm sie ein Fernstudium als Erzieherin am Institut für Lehrerbildung in Groß-Berlin (Ost) auf und legte am 22. Mai 1969 die „Staatliche Abschlußprüfung für Erzieher mit Lehrbefähigung an Instituten für Lehrerbildung (Fernstudium)” ab. In dem darüber ausgestellten Zeugnis heißt es u.a.:
Frau N. geboren am 5.9.1939 in B. hat am Fernstudium der Erzieher vom 1.9.1966 bis zum 22.5.1969 teilgenommen und am 22. Mai 1969 die
STAATLICHE ABSCHLUSSPRÜFUNG
mit sehr gut bestanden.
Sie hat damit die Befähigung zur Arbeit als Erzieher in Horten und Heimen und die Lehrbefähigung für die Fächer:
Kunsterziehung Musikerziehung
der unteren Klassen der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule erworben.
In der Folgezeit wurde die Klägerin am 1. September 1970 an der H.-Universität zu einem 2-jährigen Direktstudium für die Fachrichtung „Hilfsschulpädagogik” zugelassen. Am 30. Juni 1972 legte sie dort die „Hauptprüfung als Lehrer für Schwachsinnige” ab, gleichzeitig erwarb sie den akademischen Grad „Diplompädagoge”.
Seit Oktober 1989 ist die Klägerin Klassenleiterin an der Schule für Lernbehinderte in B.
Mit Schreiben vom 30. Juli 1991 teilte das beklagte Land der Klägerin mit, sie werde vorbehaltlich in die VergGr. IV a BAT-O eingruppiert. Der Arbeitsvertrag zwischen den Parteien vom 16. Januar 1992 hat – soweit es hier interessiert – folgenden Wortlaut:
„§ 1
Beginn und Art der Beschäftigung
Frau N. wird vom 01.01.1991 an im Bereich des Bezirksamtes P. von B. und zwar als Lehrkraft im Angestelltenverhältnis weiterverwendet.
…
§ 5
Anzuwendendes Tarifrecht
Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Ersten Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften – (BAT-O) vom 10. Dezember 1990 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die mit dem Land Berlin bzw. dem Arbeitgeberverband, dem das Land Berlin angehört, bisher vereinbarten, noch geltenden und künftig abzuschließenden Tarifverträge über Arbeitsbedingungen der Angestellten, deren Arbeitsverhältnisse in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet begründet sind, Anwendung.
§ 6
Vergütung, eingruppierungsmäßige Behandlung
- Bis zum 30. Juni 1991 bestimmen sich Eingruppierung und Vergütung nach den Vorschriften des Einigungsvertrages (Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1) in Verbindung mit den getroffenen vertraglichen Vereinbarungen.
Ab 1. Juli 1991 wird der/die Angestellte eingruppierungsmäßig nach der Vergütungsgruppe IV a BAT-O behandelt.
…”
Mit Schreiben vom 6. April 1992 teilte das beklagte Land der Klägerin mit:
„Bei der Überprüfung Ihrer Eingruppierung stellten wir fest, daß die Vergütungsgruppe IVa für Sie nicht zutreffend ist.
Voraussetzung für die Eingruppierung in die Vgr. IVa ist eine abgeschlossene pädagogische Fachschulausbildung als Lehrer für untere Klassen und ein abgeschlossenes Hochschulstudium von mindestens zwei Studienjahren.
Sie haben eine abgeschlossene Ausbildung als Kindergärtnerin und Erzieher sowie ein zweijähriges Direktstudium mit dem Abschluß „Diplompädagoge”.
Die richtige Vergütungsgruppe mit Ihrer Ausbildung ist die Vgr. IV b, Fallgruppe 4, da Sie als Erzieher und Kindergärtnerin mit einem zweijährigen sonderpädagogischen Direktstudium als Lehrer an einer Sonderschule arbeiten. Die Gehalts- und Lohnstelle wird angewiesen, die Vergütungsgruppe ab 01.05.1992 entsprechend zu ändern.”
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihre Eingruppierung richte sich nicht nach den Richtlinien über die Eingruppierung der unter den BAT-O fallenden Lehrkräfte, sondern entsprechend der SR 2 l I BAT-O nach der 2. Besoldungsübergangsverordnung (BesÜV). Dementsprechend sei sie als „Lehrerin an einer Sonderschule” entsprechend der Besoldungsgruppe A 11 als Eingangsamt in die VergGr. IV a BAT-O einzugruppieren.
Die Klägerin hat mit ihrer am 27. Juli 1992 erhobenen Klage die Vergütungsdifferenz zwischen den Vergütungen nach den VergGr. IV b und IV a BAT-O für die Monate Mai bis Juli 1992 geltend gemacht und die entsprechende Verpflichtung des beklagten Landes für die Folgezeit.
Die Klägerin hat beantragt,
- den Beklagten zu verurteilen, an sie 703,38 DM brutto zu zahlen,
- festzustellen, daß ihre Tätigkeit nach VergGr. IV a BAT-O zu vergüten sei.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das beklagte Land hat sich darauf berufen, die Klägerin sei keine „Lehrerin” im Sinne der 2. BesÜV. Für eine Einstufung in die BesGr. A 10 werde nach der 2. BesÜV aber ausdrücklich eine Befähigung als Lehrer für untere Klassen verlangt. Das beziehe sich auf den Berufsabschluß als Lehrer, der in der ehemaligen DDR habe erworben werden können. Die Klägerin habe jedoch nur einen Berufsabschluß als Erzieher. Der Berufsabschluß eines Unterstufenlehrers mit Lehrbefähigung in zwei Hauptfächern und einem Nebenfach sei zwingende Voraussetzung auch für eine Einstufung in die BesGr. A 11 entweder nach achtjähriger Berufstätigkeit oder wenn eine zusätzliche sonderpädagogische Ausbildung vorliege.
Das Arbeitsgericht hat der Klage entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision erstrebt das beklagte Land weiterhin die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht, weil noch weitere Feststellungen zur Tätigkeit der Klägerin erforderlich sind.
I. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung der BAT-O und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung Anwendung. Damit kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits zunächst auf die folgenden Bestimmungen an:
a) § 2 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991
…
3. Die Anlage 1 a ist, soweit sie keine besonderen Tätigkeitsmerkmale enthält, nicht auf Angestellte anzuwenden, die
…
als Lehrkräfte, auch wenn sie nicht unter die SR 2 l I fallen,
beschäftigt sind. Diese Angestellten sind – gegebenenfalls nach näherer Maßgabe von Richtlinien – in der Vergütungsgruppe eingruppiert, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in welcher der Angestellte eingestuft wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde…
b) Sonderregelungen für Angestellte als Lehrkräfte (SR 2 l I BAT-O)
Nr. 1
Zu §§ 1 und 2 – Geltungsbereich –
Diese Sonderregelungen gelten für Angestellte als Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen und berufsbildenden Schulen (Berufs-, Berufsfach- und Fachschulen). …
Protokollnotiz:
Lehrkräfte im Sinne dieser Sonderregelungen sind Personen, bei denen die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Rahmen eines Schulbetriebes der Tätigkeit das Gepräge gibt.
3 a
Zu §§ 22 bis 25 – Eingruppierung –
Die Lehrkräfte werden nach § 11 Satz 2 in die Vergütungsgruppen eingruppiert, die sich bei Anwendung der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung ergeben. Soweit in der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung Ämter für entsprechende Lehrkräfte nicht ausgebracht sind, ist die Vergütung unter Berücksichtigung der Ausbildung der Lehrkraft auf der Grundlage der Zweiten Besoldungsübergangsverordnung arbeitsvertraglich zu regeln.
…
c) Zweite Verordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach der Herstellung der Einheit Deutschlands (2. BesÜV) vom 21. Juni 1991 (BGBl. I S. 1345)
§ 7
Besoldungsordnungen
(1) Für Beamte an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen sowie an Sonderschulen gilt ergänzend Anlage 1 dieser Verordnung. Nimmt ein Beamter die Funktion des Leiters einer Schule oder des ständigen Vertreters des Leiters einer Schule wahr, erhält er für die Dauer der Wahrnehmung eine Zulage. Die Zulage wird in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen dem Grundgehalt für seine Besoldungsgruppe und dem Grundgehalt für die Besoldungsgruppe gewährt, der das höherwertige Amt zugeordnet ist. Die Zulage gehört unter den Voraussetzungen des § 46 Abs. 3 des Bundesbesoldungsgesetzes zu den ruhegehaltfähigen Dienstbezügen.
Anlage 1
Besoldungsgruppe A 10
Lehrer1)2)3)
- als Lehrer im Unterricht an einer Sonderschule
1) Mit abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung.
2) Als Eingangsamt.
3) Soweit nicht in der Besoldungsgruppe A 11
Besoldungsgruppe A 11
Lehrer1)2)
– als Lehrer für untere Klassen im Unterricht der Klassen 1 bis 4 an einer allgemeinbildenden Schule –
– als Lehrer im Unterricht an einer Sonderschule –
Lehrer1)3)4)5)
– als Lehrer für untere Klassen im Unterricht der Klassen 1 bis 4 an einer allgemeinbildenden Schule –
Lehrer3)6)
– als Lehrer im Unterricht an einer Sonderschule –
1) Mit abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung.
2) In diese Besoldungsgruppen können nur Lehrer eingestuft werden, die nach Abschluß der Fachschulausbildung eine achtjährige Lehrtätigkeit oder eine dreijährige Dienstzeit seit Anstellung als Lehrer in der Besoldungsgruppe A 10 verbracht haben.
3) Als Eingangsamt.
4) In dieses Amt können nur Lehrer eingestuft werden, die das ergänzende Studium nach § 10 der Verordnung des Ministerrates der DDR vom 18. September 1990 (GBl. 1 Nr. 63 S. 1584) oder einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung erfolgreich abgeschlossen haben.
5) Soweit nicht in der Besoldungsgruppe A 12.
6) Mit abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung und einem für das Lehramt geeigneten wissenschaftlichen Hochschulstudium von mindestens zwei Studienjahren.
II.1. Die von der Klägerin begehrte Eingruppierung in die Vergütungsgruppe IV a BAT-O ergibt sich danach einerseits nicht unmittelbar aus dem BAT, denn nach § 2 Nr. 3 Satz 1 des Ersten Änderungstarifvertrages zum BAT-O ist die Anlage 1 a zum BAT, die die Vergütungsordnung enthält, auf Lehrkräfte nicht anzuwenden; andererseits aber auch nicht unmittelbar aus den Richtlinien der TdL, wie der Beklagte meint.
a) Es bestehen keine Bedenken gegen die Wirksamkeit der im Ersten Änderungstarifvertrag zum BAT-O enthaltenen Verweisung auf beamtenrechtliche Besoldungsvorschriften. Durch diese Verweisung wird erreicht, daß Lehrkräfte, die nach ihren fachlichen Qualifikations- und Tätigkeitsmerkmalen als gleichwertig anzusehen sind, eine annähernd gleiche Vergütung für ihre Tätigkeit ohne Rücksicht darauf erhalten, ob sie Beamte oder Angestellte sind. Eine solche Regelung ist auch angesichts des Umstandes, daß angestellte und beamtete Lehrer oft nebeneinander an derselben Schule und außerdem unter weitgehend gleichen äußeren Arbeitsbedingungen tätig sind, sachgerecht. Dies rechtfertigt die in der Tarifnorm enthaltene Blankettverweisung (vgl. BAGE 39, 138, 143 f. = AP Nr. 1 zu § 1 TVG Durchführungspflicht; BAGE 41, 47, 51 = AP Nr. 7 zu § 44 BAT; BAG Urteil vom 28. März 1990 – 4 AZR 619/89 – AP Nr. 26 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer; BAG Urteil vom 21. Juli 1993 – 4 AZR 394/92 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen, zu II 1 c bb der Gründe).
b) Ohne Erfolg macht das beklagte Land geltend, nicht die für die Besoldung beamteter Lehrer geltenden Vorschriften, sondern die TdL-Richtlinien seien für die Vergütung der Klägerin maßgebend. Dabei kann es zunächst dahinstehen, ob die Klägerin Lehrerin im Sinne der 2. BesÜV ist oder nicht. Die TdL-Richtlinien sind nämlich für die Eingruppierung der Klägerin ohne Bedeutung.
aa) Eine Anwendung der TdL-Richtlinien kommt nicht in Betracht. Ihnen ist kein Rechtsnormcharakter beizumessen. Sie sind nicht von den Tarifvertragsparteien ausgehandelt und daher auch nicht nach Maßgabe des TVG zustandegekommen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats entbehren sie jeden normativen Charakters und stellen einseitig erlassene Empfehlungen einer Tarifvertragspartei an ihre Mitglieder dar, so daß ihnen schon deswegen für sich allein keine arbeitsrechtliche Bedeutung zukommen kann (BAGE 58, 283, 291 f. = AP Nr. 24 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer; BAG Beschluß vom 12. November 1991 – 4 AZN 464/91 – AP Nr. 42 zu § 72 a ArbGG 1979 Grundsatz). Ihre Anwendung auf das Arbeitsverhältnis setzt daher eine entsprechende Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien voraus. Darüber hinaus kann sie auch in Betracht kommen, wenn die Tarifvertragsparteien insoweit dem Arbeitgeber ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 BGB zuerkannt haben. An beidem fehlt es hier jedoch.
bb) Die Parteien haben für den streitbefangenen Zeitraum eine Anwendung der TdL-Richtlinien jedenfalls insoweit, wie sich aus ihnen eine geringere Vergütung ergibt als aus § 2 Nr. 3 Satz 2 des Ersten Änderungstarifvertrages zum BAT-O, nicht vereinbart.
2. Die danach der Entscheidung zugrunde zu legende 2. BesÜV beschäftigt sich ausschließlich mit „Lehrern” im Gegensatz zu den Regelungen im BAT-O, der ausdrücklich nur von „Lehrkräften im Angestelltenverhältnis” spricht.
Voraussetzung für eine Eingruppierung der Klägerin in die von ihr begehrte Vergütungsgruppe ist dementsprechend zuerst, daß sie als „Lehrerin” im Sinne der 2. BesÜV anzusehen ist.
a) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Klägerin sei Lehrerin im Sinne der Sonderregelungen für angestellte Lehrkräfte (SR 2 l I BAT) bzw. der 2. BesÜV. Nach der Protokollnotiz zu Nr. 1 der SR l I BAT-O sind Lehrkräfte solche Personen, bei denen die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Rahmen eines Schulbetriebes der Tätigkeit das Gepräge gibt.
aa) Die Klägerin übt ihre Tätigkeit im Rahmen eines Schulbetriebs aus. Die Sonderschule ist eine allgemeinbildende Schule im Sinne der Nr. 1 der SR 2 l zum BAT (BAG Urteil vom 15. November 1985 – 7 AZR 334/83 – AP Nr. 14 zu § 17 BAT; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT, Teil I, Stand Januar 1994, Erl. 1 zu Nr. 1 der SR 2 l I – Lehrkräfte).
bb) Zu den weiteren Voraussetzungen der Protokollnotiz Nr. 1 der SR 2 l BAT hat das Landesarbeitsgericht keine Feststellungen getroffen. Es hat nicht einmal festgestellt, daß die Klägerin ihren Schülern Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt und diese Vermittlung ihrer Tätigkeit das Gepräge gibt.
Das Landesarbeitsgericht hat sich mit den Rechtsbegriffen „Kenntnisse” und „Fertigkeiten” nicht auseinandergesetzt; eine Definition hat es nicht vorangestellt. Der Vierte Senat hat in seinem Urteil vom 21. März 1984 (BAGE 45, 233 = AP Nr. 11 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer) „Kenntnisse” als theoretisches Wissen und „Fertigkeiten” als praktische Handhabung des Erlernten definiert. Ob und inwieweit das Landesarbeitsgericht von zutreffenden Rechtsbegriffen ausgegangen ist und seiner Beurteilung zugrunde gelegt hat, ist daher nicht ersichtlich.
Gleiches gilt für den unbestimmten Rechtsbegriff „Gepräge”. Auch diesem Begriff hat das Landesarbeitsgericht keine Erläuterung vorangestellt. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird darunter „die besondere Note, Eigenart” (Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 1981, Bd. 3), „das kennzeichnende Aussehen, Merkmal, charakteristische Eigenart, Wirkung, Note” (Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 1977, Bd. 3) und „das unterscheidende Kennzeichen, Eigenart, das charakteristische Äußere” (Grimm, Deutsches Wörterbuch, 1984, Bd. 5) verstanden. Der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat in dem Urteil vom 21. März 1984 (a.a.O.) die Voraussetzung „Gepräge” bejaht, wenn die unmittelbare Unterrichtstätigkeit mehr als die Hälfte der Arbeitszeit ausmacht. Im Zusammenhang mit einem Eingruppierungsrechtsstreit stellt der Vierte Senat darauf ab, daß die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten für die Tätigkeit maßgebend sei (BAG Urteil vom 18. Mai 1983 – 4 AZR 539/80 – AP Nr. 74 zu §§ 22, 23 BAT 1975 und BAGE 38, 221 = AP Nr. 64 zu §§ 22, 23 BAT 1975; ebenso Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, a.a.O., Erl. 5 zu Nr. 1 der SR 2 l I – Lehrkräfte). Ob das Landesarbeitsgericht von einem derartigen Inhalt des Wortes „Gepräge” ausgegangen ist, lassen die Ausführungen im angefochtenen Urteil nicht erkennen.
3. Diese Rechtsfehler führen zur Aufhebung und Zurückverweisung des Rechtsstreits. Dabei ist auf folgendes hinzuweisen:
Die Klägerin hat nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und dem Akteninhalt nach eine Ausbildung zur Kindergärtnerin und ein „Fernstudium als Erzieher” absolviert sowie eine Abschlußprüfung als „Erzieher mit Lehrbefähigung an Instituten für Lehrerbildung (Fernstudium)” abgelegt. In diesem Zeugnis ist ausgeführt:
… hat am Fernstudium der Erzieher vom 1.9.1966 bis zum 22.5.1969 teilgenommen.
Er/Sie hat damit die Befähigung zur Arbeit als Erzieher in Horten und Heimen und die Lehrbefähigung für die Fächer:
Kunsterziehung
Musikerziehung
der unteren Klassen der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule erworben.
Die Klägerin ist zwar anschließend als Lehrerin an einer Sonderschule sowohl in der ehemaligen DDR als auch von dem beklagten Land eingesetzt worden. Allein daraus ergibt sich aber nicht, daß die Klägerin die Voraussetzungen der Besoldungsgruppe A 11 „Lehrer im Unterricht an einer Sonderschule” erfüllt. Denn Voraussetzung hierfür wäre nach der Fußnote 6 zunächst, daß sie eine „abgeschlossene pädagogische Fachschulausbildung” nachweist. Das Landesarbeitsgericht wird daher in der erneuten Verhandlung nicht nur zu klären haben, worin derzeit die Tätigkeit der Klägerin besteht, sondern darüber hinaus, was das von der Klägerin absolvierte „Fernstudium für Erzieher” beinhaltete und ob diese Ausbildung einem pädagogischen Fachschulabschluß gleichzustellen ist. Dabei sind auch die besonderen Verhältnisse in der ehemaligen DDR zu berücksichtigen sowie der Umstand, daß dort abgelegte Examina nach den Regelungen des Einigungsvertrages anzuerkennen sind.
Unterschriften
Dr.h.c. Schaub, Dr. Friedrich, Schneider, Jansen, Gotsche
Fundstellen