Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung: Kinderpflegerin in unterrichtsbegleitender Funktion

 

Leitsatz (redaktionell)

Eingruppierung einer Kinderpflegerin mit zweijähriger berufsbegleitender sonderpädagogischer Zusatzausbildung von pädagogischen Mitarbeitern für geistig behinderte Kinder und Jugendliche „in der Tätigkeit einer Betreuungskraft”, die im wesentlichen „unterrichtsbegleitend” in einer Sonderschule für geistig behinderte Kinder den/die Sonderschullehrer/in unterstützt

 

Normenkette

BAT 1975 §§ 22-23

 

Verfahrensgang

LAG Niedersachsen (Urteil vom 09.02.1995; Aktenzeichen 9 Sa 1799/94 E)

ArbG Hannover (Urteil vom 16.08.1994; Aktenzeichen 3 Ca 732/93 E)

 

Tenor

1. Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 9. Februar 1995 – 9 Sa 1799/94 E – aufgehoben.

2. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 16. August 1994 – 3 Ca 732/93 E – wird zurückgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die tarifgerechte Eingruppierung der Klägerin, insbesondere darüber, ob die Klägerin ab dem 1. Januar 1991 Anspruch auf Vergütung nach VergGr. V b der Vergütungsgruppen für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst der Anlage 1 a zum BAT/BL hat, außerdem will die Klägerin die rückständigen Differenzbeträge ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt mit 4 % verzinst wissen.

Die am 14. November 1959 geborene Klägerin ist ausgebildete Kinderpflegerin. In der Zeit vom 20. April 1985 bis 21. Februar 1987 nahm die Klägerin an der berufsbegleitenden „Ausbildung von pädagogischen Mitarbeitern an Einrichtungen für geistig behinderte Kinder und Jugendliche gem. Erlaß vom 25. November 1970 – L 0784/70 –” teil und bestand die Prüfung mit dem Gesamtergebnis „gut”. Da die Ausbildung regelmäßig für Erzieher und Sozialpädagogen gedacht ist, hatte die Klägerin zuvor eine Aufnahmeprüfung abzulegen. Die Ausbildung bezog sich auf die Fächer Theorie und Praxis der Erziehung und Bildung geistig Behinderter, medizinische Grenzgebiete der Geistigbehindertenpädagogik, Sprachgeschädigtenpädagogik mit geistig Behinderten, Didaktik und Methodik der Betreuungsarbeit und des Unterrichts mit geistig Behinderten sowie ausgewählte Fragen der Sozialkunde, Jugendhilfe und des Schulrechts.

Die Klägerin steht seit 1. Oktober 1978 in einem Arbeitsverhältnis zu dem beklagten Land. Nach § 1 des Arbeitsvertrages vom 11. Dezember/18. Dezember 1978 wird sie „in der Tätigkeit einer Betreuungskraft eingestellt”. Nach § 2 des Arbeitsvertrages bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen.

Die Klägerin ist an der Sonderschule für geistig Behinderte U. in M. tätig. Sie übt nach der vom Schulaufsichtsamt des beklagten Landes erstellten Arbeitsplatzbeschreibung vom 21. Oktober 1981 folgende Tätigkeiten aus:

1.

Unterrichtsbegleitung während des Unterrichts des Klassenlehrers

50 %

2.

Betreuung der Schüler bei der Durchführung von Unterrichtsaufgaben Betreuung nach Absprache und Anleitung des Klassenlehrers vorwiegend im musisch-technischen Bereich, Übungsbereich und in der Vor- und Nacharbeit

12,5 %

3.

Hilfe für Schwerbehinderte

– beim Transport (z.B. von der Schule in die Klinik, auf dem Weg von der Schule zum Elternhaus)

– beim An- und Ablegen von Kleidung

– beim An- und Ablegen von Prothesen

– vor, während und nach therapeutischen Maßnahmen

– bei der Aufnahme von Speisen und Getränken

5 %

4.

Betreuung von Fachräumen

5 %

5.

Sonstige Betreuungsaufgaben und Verpflichtungen

– Assistenz bei medikamentöser Versorgung

– Hilfe bei Benutzung von Selbstfahrern, Gehgestellen usw.

– Begleitung bei Lehrausflügen, Schullandheimaufenthalten, Festen, Feiern usw.

– Begleitung bei ambulanten Arztbesuchen während der Schulzeit

– Mithilfe bei Erstversorgung nach Unfällen

– Mithilfe bei der Betreuung von Sammlungen und Büchereien

5 %

– Teilnahme an Konferenzen, Dienstbesprechungen und Gruppengesprächen nach Maßgabe der geltenden Vorschriften

10 %

– Aufsichtsführung beim Mittagessen

12,5 %

Die betreuten Kinder sind häufig mehrfach behindert. Viele müssen lernen, wie man richtig ißt, die Toilette benutzt; Motorik und Sprache müssen trainiert werden. Sauberkeitserziehung, Nahrungsaufnahme, Motorik usw. sind Teil des pädagogischen Konzepts. Die Klassen an dem Sonderschultyp, an dem die Klägerin eingesetzt ist, werden von einer Lehrkraft geleitet. Nach der Konzeption des Erlasses des Kultusministers des beklagten Landes vom 28. September 1982 unterstützen pädagogische Mitarbeiter mit unterrichtsbegleitender Funktion die Erziehungs- und Unterrichtsarbeit an Sonderschulen. Daneben gibt es Betreuungspersonal, dessen Aufgaben die pflegerische Betreuung der Schüler während des Unterrichts, die Hilfe für Schwerbehinderte bei der Beförderung innerhalb der Schulanlage, beim An- und Ablegen von Kleidung und von Prothesen und sonstige Betreuung sind (Schulverwaltungsblatt – SVBl – 1982, 298).

In der „Unterrichtsbesichtigung” des Schulaufsichtsamtes H. vom 21. Oktober 1981 heißt es:

„Ich habe (die Klägerin) an diesem Tag in ihrer unterrichtsbegleitenden Funktion kennengelernt … Sie hat zu Beginn des Unterrichts in unterrichtsbegleitender Funktion die Schüler auf den Unterricht der Lehrkraft eingestellt und aus der Gruppe eine Schülerin herausgenommen, die von einer Heilgymnastin in den weiteren 30 Minuten individuell gefördert werden sollte. …”

In dem „Vermerk” des Schulaufsichtsamts H. vom 5. Februar 1991 und in dem „Besichtigungsbericht und dienstliche Beurteilung” vom 4. November 1991 wird die Klägerin als „Unterrichtsbegleiterin” bezeichnet. In dem „Vermerk über einen Unterrichtsbesuch (Beratungsbesuch)” vom 6. November 1991 heißt es, die Klägerin, „pädagogische Mitarbeiterin in unterrichtsbegleitender Funktion, wurde von Frau E. in dieser Stunde eingesetzt”. Frau E. war die als Lehrkraft tätige „Erzieherin”.

Die Klägerin legte den ab 2. August 1993 geltenden Stundenplan vor und erläuterte diesen dahin, daß die Arbeitszeit um 7.45 Uhr beginnt, die ankommenden Schüler an den Bussen abgeholt, in ihre jeweiligen Klassen geführt und auf den Unterricht eingestimmt werden. Diese Verfahrensweise, so die Klägerin weiter, ist Teil eines pädagogischen Konzepts. Es geht darum, jeden einzelnen Schüler in seinem Klassenraum willkommen zu heißen, ihm ein Gefühl der Zugehörigkeit zum Klassenverband als kleinste Sozialeinheit in der Schule zu geben und eine fröhliche, ausgelassene und entspannte Klassenatmosphäre zu gewährleisten. Ein ritualisierter Tagesbeginn ist für geistig behinderte Kinder von besonderer Bedeutung. Die Arbeitszeit endet um 15.30 Uhr, am Freitag bereits um 12.00 Uhr. Von den sich rechnerisch ergebenden 34 3/4 Stunden sind zwei Stunden für Pausen abzuziehen. Die restliche Arbeitszeit wird aufgewendet für Klassen-, Gesamt-, Fachkonferenzen, Teamgespräche, Elternabende, Hausbesuche, Bastel- und Arbeitstermine, Schulfest, Unterrichtsvorbereitungen und Unterrichtsnachbereitungen. Außerdem legte sie „Arbeitsplatzaufzeichnungen” vor, die den Tagesablauf für einen beispielhaften Montag zeigen und nach Vortrag der Klägerin den typischen Tagesablauf korrekt wiedergeben.

Das beklagte Land zahlte der Klägerin zunächst Vergütung nach VergGr. VIII, später nach VergGr. VII BAT, seit dem 1. Januar 1991 erhält sie Vergütung nach VergGr. VI b BAT. Mit Schreiben vom 24. Januar 1991 und 3. Juli 1991 machte die Klägerin gegenüber der Bezirksregierung H. erfolglos Ansprüche auf Höhergruppierung geltend. Mit der am 15. November 1993 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin weiter ihr Ziel, nach VergGr. V b vergütet zu werden.

Sie hat die Auffassung vertreten, ihre gesamte Tätigkeit stelle einen einheitlichen Arbeitsvorgang dar. Sie übe erzieherische Tätigkeiten aus. Die Hilfe beim Erlernen und Trainieren der Nahrungsaufnahme, der Verrichtung der persönlichen Bedürfnisse, des An- und Entkleidens, die Sauberkeitserziehung und die Übung der Motorik seien Teil des pädagogischen Konzepts. Die Klägerin nehme unter Anleitung der Lehrkräfte die gleichen Aufgaben wahr wie pädagogische Mitarbeiter. Unterschiede hinsichtlich des Einsatzes und der Tätigkeit gäbe es zwischen ihr und ihren Kolleginnen mit Erzieherausbildung nicht. Sie übe daher erzieherische Tätigkeiten aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und Erfahrungen aus. Aus dem Umstand, daß sie seit 1978 hochqualifizierte erzieherische Tätigkeiten ausgeübt habe, sei auf die dahinterstehenden entsprechenden Fähigkeiten rückzuschließen. Die Tarifvertragsparteien hätten Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen Erziehertätigkeit ausübten, Erzieherinnen gleichgestellt. Abzustellen sei bei einer Tätigkeit deshalb zunächst auf das Resultat. Indem die Klägerin sechzehn Jahre lang beanstandungsfrei unterrichtsbegleitend, also erzieherisch, tätig gewesen sei, habe sie Fähigkeiten und Erfahrungen einer Erzieherin nachgewiesen. Sie qualifiziere sich in ihrer täglichen Arbeit, in der sie ständig in Fachgespräche eingebunden sei, die mit Personen unterschiedlicher erziehungswissenschaftlicher, therapeutischer oder psychologischer Qualifikation geführt würden. Die Fähigkeiten der Klägerin seien auch nicht auf ein enges Fachgebiet beschränkt. Die Arbeit mit geistig behinderten Kindern sei ein Mehr gegenüber der normalen Erziehungsarbeit.

Die Klägerin hat beantragt

festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, der Klägerin beginnend mit dem 1. Januar 1991 Vergütung nach der VergGr. V b einschließlich Zuwendung nach dieser Vergütungsgruppe unter Anrechnung der zu diesem Zeitpunkt gewährten Vergütung zu gewähren nebst 4 % Zinsen auf die sich ergebenden Nettodifferenzbeträge ab jeweiliger monatlicher Fälligkeit, frühestens ab Klagezustellung (26. November 1993).

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat die Auffassung vertreten, die Tätigkeit der Klägerin sei in verschiedene Arbeitsvorgänge aufzuteilen. Die pflegerischen Tätigkeiten überwögen dabei. Die zeitweise auch ausgeübten erzieherischen Tätigkeiten erreichten nicht 50 % der Gesamttätigkeiten der Klägerin. Die Klägerin verfüge auch nicht über die erforderlichen gleichwertigen Fähigkeiten und Erfahrungen. Sie habe durch ihre sonderpädagogische Zusatzausbildung lediglich Spezialkenntnisse auf einem eng begrenzten Teilgebiet erworben. Auch decke die Klägerin im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeiten einen Teilbereich der Verwendungsmöglichkeiten einer Erzieherin ab.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf Berufung der Klägerin das arbeitsgerichtliche Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt das beklagte Land seinen Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des beklagten Landes ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des landesarbeitsgerichtlichen Urteils und zur Wiederherstellung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung.

I. Die Klage ist zulässig. Bei dem Feststellungsantrag handelt es sich um eine der üblichen Eingruppierungsfeststellungsklagen im öffentlichen Dienst, gegen deren Zulässigkeit nach ständiger Rechtsprechung des Senats Bedenken nicht bestehen (vgl. nur Senatsurteil vom 19. März 1986 – 4 AZR 470/84 – AP Nr. 114 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Dies gilt auch für den Feststellungsantrag, soweit er Zinsforderungen zum Gegenstand hat (BAGE 22, 247, 249 = AP Nr. 30 zu §§ 22, 23 BAT).

II. Die Klage ist nicht begründet. Der Klägerin steht die von ihr verlangte Vergütung nach VergGr. V b BAT nicht zu.

1. Die Klägerin erfüllt nicht die tariflichen Voraussetzungen für die geforderte Vergütung. Sie erfüllt weder die Tätigkeitsmerkmale der VergGr. VI b Fallgruppe 5 noch die der VergGr. V c Fallgruppe 5 mit der Folge, daß die Klägerin auch nicht im Wege der Bewährung in die VergGr. V b Fallgruppe 5 der Vergütungsgruppen für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst aufgestiegen ist.

Ihrem Vorbringen ist schon nicht zu entnehmen, daß sie über Kenntnisse und Erfahrungen verfügt, die einem Erzieher/einer Erzieherin mit staatlicher Anerkennung im Sinne der VergGr. VI b Fallgruppe 5, VergGr. V c Fallgruppe 5, VergGr. V b Fallgruppe 5 BAT/BL Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst gleichwertig sind.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden jedenfalls kraft arbeitsvertraglicher Verweisung der BAT/BL und damit die Anlage 1 a zum BAT/BL Anwendung.

2. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt damit davon ab, ob mindestens die Hälfte der die Gesamtarbeitszeit der Klägerin ausfüllenden Arbeitsvorgänge den Tätigkeitsmerkmalen der von ihr in Anspruch genommenen VergGr. V b BAT/BL „Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst” entspricht (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT/BL).

a) Damit ist von dem von der Senatsrechtsprechung entwickelten Begriff des Arbeitsvorganges auszugehen. Diesen hat der Senat verstanden als eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbaren und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten (BAGE 51, 59; 51, 282; 51, 356 = AP Nr. 115, 116 und 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975; ständige Rechtsprechung des Senats). Dabei ist es zwar rechtlich möglich, daß die gesamte Tätigkeit des Angestellten nur einen Arbeitsvorgang bildet, wenn der Aufgabenkreis nicht weiter aufteilbar und nur einer einheitlichen rechtlichen Bewertung zugänglich ist (vgl. Senatsurteil vom 30. Januar 1985 – 4 AZR 184/83 – AP Nr. 101 zu §§ 22, 23 BAT 1975; Senatsurteil vom 23. Februar 1983 – 4 AZR 222/80 – BAGE 42, 29 = AP Nr. 70 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Tatsächlich trennbare Tätigkeiten mit unterschiedlicher Wertigkeit können jedoch nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefaßt werden (vgl. Senatsurteil vom 20. Oktober 1993 – 4 AZR 45/93 – AP Nr. 172 zu §§ 22, 23 BAT 1975; Senatsurteil vom 20. März 1991 – 4 AZR 471/90 – AP Nr. 156 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

b) Das Landesarbeitsgericht hat die „Unterrichtsbegleitung während des Unterrichts des Klassenlehrers” und die „Betreuung der Schüler bei der Durchführung von Unterrichtsaufgaben, Betreuung nach Absprache und Anleitung des Klassenlehrers vorwiegend im musisch technischen Bereich, Übungsbereich und in der Vor- und Nacharbeit” als einen einheitlichen Arbeitsvorgang angesehen, zu dem noch die „Betreuung von Fachräumen”, die „Begleitung bei Lehrausflügen, Schullandheimaufenthalten, Festen, Feiern usw.” sowie die „Teilnahme an Konferenzen, Dienstbesprechungen und Gruppengesprächen …” als Zusammenhangstätigkeiten gehörten. Arbeitsergebnis seien die Unterrichtsbegleitung während des Unterrichts durch den Lehrer sowie die Betreuung der behinderten Schüler bei der Durchführung von Unterrichtsaufgaben.

Diese jedenfalls 77,5 % der gesamten Arbeitszeit der Klägerin ausmachenden Tätigkeiten sind als ein Arbeitsvorgang anzusehen, und zwar unabhängig davon, ob diese Tätigkeiten eher pflegerische oder erzieherische sind. Das beklagte Land meint zwar, die Tätigkeit der Klägerin sei in verschiedene Arbeitsvorgänge aufzuteilen. Das ist jedenfalls für die genannten Tätigkeiten nicht richtig. Die genannten Tätigkeiten sind als ein Arbeitsvorgang anzusehen. Arbeitsergebnis dieser Tätigkeiten der Klägerin ist die Unterstützung der Unterrichtsarbeit des Lehrers im allgemeinen und im besonderen, etwa bei der Durchführung von Unterrichtsaufgaben durch die einzelnen Schüler/-innen. Dazu gehören nicht nur ihre unterrichtsbegleitende Tätigkeit, sondern auch die begleitende Betreuung bei Schulveranstaltungen außerhalb der Schule als auch die mit all dem zusammenhängende Teilnahme an Konferenzen, Dienstbesprechungen und Gruppengesprächen. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats zu der Tätigkeit von Gruppenbetreuern (Senatsurteil vom 14. September 1994 – 4 AZR 589/93 –, n.v.; Senatsurteil vom 30. November 1994 – 4 AZR 888/93 –, n.v. und Senatsurteil vom 14. Juni 1995 – 4 AZR 271/94 – AP Nr. 17 zu §§ 22, 23 BAT Sozialarbeiter). Für diese spricht insbesondere, daß die Tarifvertragsparteien in der Protokollnotiz Nr. 8 Tätigkeiten in Integrationsgruppen (Erziehungsgruppen, …), mit einem Anteil von mindestens einem Drittel von Behinderten im Sinne des § 39 BSHG …, Tätigkeiten in geschlossenen (gesicherten) Gruppen als Beispiele für „schwierige fachliche Tätigkeiten” genannt haben. Dadurch haben sie zum Ausdruck gebracht, daß sie alle Einzeltätigkeiten eines Angestellten, die zu der bezeichneten Aufgabe („Tätigkeiten in … Gruppen”) gehören, tariflich einheitlich bewerten wollen. Denn die unterrichtsbegleitende Tätigkeit findet der Sache nach mit und in einer Gruppe statt. Die Klassen mit einer Stärke von je etwa vier bis etwa zehn Schülern/Schülerinnen kann durchaus als Gruppe angesehen werden, mit und in der der/die Lehrer/in und die Klägerin arbeiten. Dem entspricht es, daß der Senat in seinem Urteil vom 15. Mai 1991 (– 4 AZR 532/90 –, n.v.) die in der Mitwirkung im Übungsbereich und in der Vorbereitung und Nacharbeit nach Anleitung des für die Klasse zuständigen Lehrers bestehende Tätigkeit einer Unterrichtshilfe an einer Sonderschule als einen Arbeitsvorgang im Tarifsinne angesehen hat. Auch das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hat in seinem Urteil vom 25. August 1988 – 6 Sa 3/88 – EzBAT §§ 22, 23 BAT F.2 Erziehungsdienst VergGr. VI b Nr. 2 ≪S. 7 ff.≫ die Tätigkeiten von Angestellten, die in einer Sonderschule für geistig behinderte Schüler zur Unterstützung der Lehrer eingesetzt sind, als einen Arbeitsvorgang angesehen.

3.a) Für die Eingruppierung der Klägerin sind die speziellen Tätigkeitsmerkmale für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst der Anlage 1 a zum BAT/BL maßgebend. Diese haben, soweit sie für den Rechtsstreit von Bedeutung sind, folgenden Wortlaut:

„Vergütungsgruppe VI b

5. Erzieherinnen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.

(Hierzu Protokollnotizen Nr. 1, 6 und 7)

Vergütungsgruppe V c

5. Erzieherinnen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben,

mit besonders schwierigen fachlichen Tätigkeiten.

(Hierzu Protokollnotizen Nr. 1, 6, 7 und 8)

Vergütungsgruppe V b

5. Erzieherinnen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben,

mit besonders schwierigen fachlichen Tätigkeiten,

nach vierjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 5.

(Hierzu Protokollnotizen Nr. 1, 6, 7 und 8)”

Die Protokollnotiz Nr. 8 lautet:

„Besonders schwierige fachliche Tätigkeiten sind z.B. die

  1. Tätigkeiten in Integrationsgruppen (Erziehungsgruppen, denen besondere Aufgaben in der gemeinsamen Förderung behinderter und nicht behinderter Kinder zugewiesen sind) mit einem Anteil von mindestens einem Drittel von Behinderten im Sinne des § 39 BSHG in Einrichtungen der Kindertagesbetreuung,
  2. Tätigkeiten in Gruppen von Behinderten im Sinne des § 39 BSHG oder von Kindern oder Jugendlichen mit wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten,
  3. Tätigkeiten in Jugendzentren/Häusern der offenen Tür,
  4. Tätigkeiten in geschlossenen (gesicherten) Gruppen,
  5. fachliche Koordinierungstätigkeiten für mindestens vier Angestellte mindestens der Vergütungsgruppe VI b,
  6. Tätigkeiten eines Facherziehers mit einrichtungsübergreifenden Aufgaben.”

Die von der Klägerin für sich in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmale der VergGr. V b Fallgruppe 5 bauen auf der VergGr. V c Fallgruppe 5 auf, die ihrerseits auf der VergGr. VI b Fallgruppe 5 fußt.

Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Klägerin sei zwar nicht staatlich anerkannte Erzieherin, aber sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen Tätigkeiten einer Erzieherin ausübe.

Die Klägerin habe gleichwertige Erfahrungen und Fähigkeiten. Nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Klägerin sei sie, obwohl als Betreuungskraft eingestellt, von Anfang an als pädagogische Mitarbeiterin in unterrichtsbegleitender Funktion eingesetzt worden und habe exakt die gleiche Tätigkeit ausgeübt wie ihre Kolleginnen, die den Status als pädagogische Mitarbeiterinnen hätten. Diese Tätigkeit habe die Klägerin seit 1978 ausgeübt; bereits in der Arbeitsplatzbeschreibung vom 21. Oktober 1981 habe dies seinen Niederschlag gefunden. Ohne Widerspruch des beklagten Landes habe die Klägerin in der Berufungsbegründung eine Reihe von Beispielen vorgetragen, die belegten, daß sie sich in ihrer täglichen Arbeit pädagogisch und psychologisch qualifiziert habe. Die Mitgliedschaft in der Fachkonferenz, regelmäßige Gespräche mit den Sprachtherapeutinnen der Schule, mit den Krankengymnastinnen, der Schulpsychologin und anderen, die Mitarbeit bei der Planung und Durchführung von Theaterprojekten an der Schule, die Teilnahme an der gutachterlichen Überprüfung der neu einzustellenden oder umzuschulenden Kinder zeigten, daß die Arbeit der Klägerin den Zuschnitt von Erziehertätigkeit habe. Die Klägerin habe ihre Aufgaben ordnungsgemäß erledigt. Das sei ebenfalls unstreitig. Sie verfüge zwar nicht über eine gleichwertige, aber für das Fachgebiet einschlägige Ausbildung als Kinderpflegerin, sei also nicht fachfremd. Zudem habe sie eine sonderpädagogische Zusatzausbildung für pädagogische Mitarbeiter erfolgreich absolviert, die an sich nur für Erzieher und Sozialpädagogen gedacht sei.

b) Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

aa) Bei dem Tätigkeitsmerkmal der „gleichwertigen Fähigkeiten und Erfahrungen” handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff (ständige Rechtsprechung des Senats, z.B. Urteil vom 26. November 1980 – 4 AZR 809/78 – AP Nr. 37 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Bei der Anwendung eines solchen unbestimmten Rechtsbegriffes ist den Tatsachengerichten ein weiter Beurteilungsspielraum eröffnet. Insoweit ist daher die revisionsrechtliche Prüfung darauf beschränkt, ob das Landesarbeitsgericht vom zutreffenden Rechtsbegriff ausgegangen ist, ob es diesen bei der Subsumtion beibehalten hat, ob ihm bei seiner Anwendung Verstöße gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze unterlaufen sind und ob es alle entscheidungserheblichen Umstände berücksichtigt hat (ständige Rechtsprechung, z.B. BAGE 51, 59, 85 f. = AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975, m.w.N.).

bb) Das Landesarbeitsgericht ist zwar von dem zutreffenden Rechtsbegriff der „gleichwertigen Fähigkeiten und Erfahrungen” im Sinne der Senatsrechtsprechung ausgegangen, hat diesen aber bei der Subsumtion des Sachverhalts nicht beibehalten. Es nimmt für den Erziehungsdienst an, daß der eine „entsprechende Tätigkeit” ausübende Angestellte nach einer gewissen Tätigkeitsdauer zugleich auch über einer staatlich anerkannten Erzieherin gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen verfüge. Das ist auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin erfolgreich abgeschlossenen sonderpädagogischen Zusatzausbildung nicht richtig.

aaa) Da die Klägerin keine Erzieherin mit staatlicher Anerkennung ist, kommt für sie nur die zweite Alternative der Tätigkeitsmerkmale der VergGr. VI b Fallgruppe 5, V c Fallgruppe 5, V b Fallgruppe 5 BAT/BL in Betracht. Danach muß die Klägerin zunächst subjektiv über die einer Erzieherin gleichwertigen Fähigkeiten und Erfahrungen verfügen. Dabei wird zwar nicht ein Wissen und Können verlangt, wie es durch die Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin vermittelt wird, wohl aber eine ähnlich gründliche Beherrschung eines entsprechend umfangreichen Wissensgebietes, wobei Fähigkeiten und Erfahrungen auf einem eng begrenzten Teilgebiet erzieherischer Tätigkeiten nicht ausreichend sind (vgl. Senatsurteile vom 29. Oktober 1980 – 4 AZR 750/78 –, vom 28. Februar 1979 – 4 AZR 427/77 –, vom 13. Dezember 1978 – 4 AZR 322/77 – und vom 25. Oktober 1978 – 4 AZR 177/77 – AP Nr. 41, 16, 12 und 10 zu §§ 22, 23 BAT 1975, zu diesem Merkmal bei technischen Angestellten). Außerdem muß der Angestellte noch „entsprechende Tätigkeiten” ausgeübt haben. Nur wenn diese beiden Erfordernisse kumulativ erfüllt sind, wird den tariflichen Anforderungen genügt (Senatsurteile vom 29. Oktober 1980 – 4 AZR 750/78 – und vom 13. Dezember 1978 – 4 AZR 322/77 – AP Nr. 41 und 12 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

bbb) Bei der subjektiven Voraussetzung der „gleichwertigen Fähigkeiten und Erfahrungen” hat der Senat zwar anerkannt und hervorgehoben, daß es rechtlich möglich ist, aus der ausgeübten Tätigkeit eines Angestellten Rückschlüsse auf seine Fähigkeiten und Erfahrungen zu ziehen (z.B. Urteile vom 13. Dezember 1978 – 4 AZR 322/77 – und vom 29. September 1982 – 4 AZR 1161/79 – AP Nr. 12 und 66 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Daraus können jedoch weder der Rechtssatz noch der allgemeine Erfahrungssatz hergeleitet werden, daß immer dann, wenn ein „sonstiger Angestellter” eine „entsprechende Tätigkeit” ausübt, dieser auch über „gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen” im tariflichen Sinne verfügt. Vielmehr zeigt die Lebenserfahrung, daß „sonstige Angestellte”, selbst wenn sie im Einzelfall eine „entsprechende Tätigkeit” ausüben, gleichwohl – anders als ein Angestellter mit der in der ersten Alternative vorausgesetzten Ausbildung – häufig an anderen Stellen deswegen nicht eingesetzt werden können, weil ihnen für andere Tätigkeiten Kenntnisse und Erfahrungen fehlen (Senatsurteil vom 26. November 1980 – 4 AZR 809/78 – AP Nr. 37 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Auch im Erziehungsdienst kann nicht zwingend von der Ausübung einer „entsprechenden Tätigkeit” auf „gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen” des sonstigen Angestellten geschlossen werden. Vielmehr muß auch hier geprüft werden, ob der eine entsprechende Tätigkeit ausübende Angestellte das Wissensgebiet eines Angestellten mit der in der ersten Alternative vorausgesetzten Ausbildung mit ähnlicher Gründlichkeit beherrscht.

ccc) Diese Darlegung hat die Klägerin, der es oblag, alle Tatsachen vorzutragen und im Bestreitensfalle zu beweisen, aus denen sich die Erfüllung sämtlicher Tätigkeitsmerkmale ergibt (Senatsurteil vom 13. Dezember 1978 – 4 AZR 322/77 – AP Nr. 12 zu §§ 22, 23 BAT 1975, m.w.N.), versäumt. Ihr Vortrag, sie nehme unter Anleitung der Lehrkräfte die gleichen Aufgaben wahr wie pädagogische Mitarbeiter, Unterschiede hinsichtlich des Einsatzes und der Tätigkeit gebe es zwischen ihr und ihren Kolleginnen mit Erzieherinnenausbildung nicht, daraus, daß sie hochqualifizierte Erziehertätigkeit seit 1978 ausübe, sei auf die dahinterstehenden entsprechenden Fähigkeiten rückzuschließen, belegt allenfalls nur gleichwertige Kenntnisse und Erfahrungen auf einem eng begrenzten Teilgebiet der Ausbildungsinhalte des Berufs der staatlich anerkannten Erzieherin.

Der Beruf der Erzieherin umfaßt heute die früher getrennten Berufe „Krippenerzieherin”, „Kindergärtnerin”, „Hortnerin”, „Jugenderzieherin” und „Heimerzieherin”. In ihrer beruflichen Arbeit können Erzieherinnen sowohl in Einrichtungen der Kleinkind- und Kindererziehung tätig werden als auch in der pädagogischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen außerhalb der Schule und des Ausbildungs- bzw. Arbeitsplatzes. In den letzten Jahren übernehmen Erzieherinnen – wenn auch noch in geringem Umfang – häufig auch sozialpädagogische Aufgaben in Bereichen, die sich nicht oder nicht ausschließlich an Kinder und Jugendliche wenden, z.B. in Freizeit- und in heilpädagogischen Einrichtungen, die auch oder überwiegend mit jungen und älteren Erwachsenen arbeiten (Blätter zur Berufskunde, Erzieher/Erzieherin, 2-IV A 20, 7. Aufl. 1994, S. 3 f.). Die Ausbildung zur Erzieherin qualifiziert für die Arbeit in vielseitigen Aufgabenfeldern (a.a.O., S. 6, 11). Umfang und Verschiedenartigkeit der Ausübungsformen der Tätigkeit einer Erzieherin lassen sich deutlich an der Aufzählung von Einrichtungen ablesen, in denen Erzieherinnen ihrer Ausbildung entsprechend eingesetzt werden können. Das sind z.B. Kinderkrippen, Beratungsstellen zur Frühförderung, Kindergärten, Vorklassen und Schulkindergärten, Horte, Häuser der offenen Tür, Einrichtungen für behinderte Kinder und Jugendliche, Krankenhäuser, psychiatrische Kliniken, Schulen, Jugendwohnheime, Kinderheime usw. Diese Aufzählung vermittelt auch, welchen verschiedenen Personengruppen die Arbeit der Erzieherin dienen und welche unterschiedlichen Inhalte sie haben kann.

Der umfassende Aufgabenbereich einer Erzieherin findet seinen Niederschlag in der Senatsrechtsprechung zu deren Eingruppierung. So hat der Senat in jüngerer Zeit beispielsweise entschieden über Vergütungsansprüche einer Erzieherin/eines Erziehers in einem psychiatrischen Krankenhaus (Urteil vom 29. Januar 1992 – 4 AZR 217/91 – ZTR 1992, 200), in einer Wohngruppe für geistig behinderte Frauen (Urteil vom 26. Mai 1993 – 4 AZR 358/92 – AP Nr. 2 zu § 12 AVR Caritasverband), im Arbeitstrainingsbereich einer Behindertenwerkstatt (Urteil vom 26. Mai 1993 – 4 AZR 383/92 – AP Nr. 4 zu § 12 AVR Caritasverband), in einer Wohngruppe von Kindern aus zerrütteten Familienverhältnissen (Urteil vom 25. August 1993 – 4 AZR 534/92 –, n.v.), als Lehrkraft an Sonderschulen (Urteil vom 23. Februar 1994 – 4 AZR 219/93 – AP Nr. 51 zu Art. 119 EWG-Vertrag) und in der Frühförderung (Urteil vom 22. März 1995 – 4 AZR 30/94 – AP Nr. 195 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

Für eine so breit gefächerte Verwendung ist die Klägerin als Kinderpflegerin nicht ausgebildet. Die von der Klägerin ausgeübten Tätigkeiten in einer Sonderschule für geistig behinderte Kinder belegen allenfalls nur gleichwertige Kenntnisse und Erfahrungen auf einem begrenzten Teilgebiet der möglichen Aufgabenfelder einer Erzieherin, nämlich den Unterricht eines Sonderschullehrers, der geistig behinderte Kinder mit unterschiedlichen Behinderungen unterrichtet, zu begleiten, Schüler/-innen bei der Durchführung von Unterrichtsaufgaben oder nach Absprache und Anleitung des Sonderschullehrers vorwiegend im musischen Bereich, Übungsbereich, Vor- und Nacharbeit zu betreuen. Sie belegen nicht, daß die Klägerin Fähigkeiten und Erfahrungen auf andersartigen Aufgabenfeldern besitzt, auf denen die in der Regel zu einer Tätigkeit in allen Bereichen ausgebildete Erzieherin einsetzbar ist. Der erfolgreiche Abschluß der sonderpädagogischen Zusatzausbildung läßt ebenfalls nicht den Schluß zu, daß die Klägerin einer Erzieherin gleiche Fähigkeiten und Erfahrungen aufweist. Zu der Zusatzausbildung sind grundsätzlich nur Erzieher, Sozialpädagogen oder Sozialarbeiter zugelassen. Das zeigt, daß grundsätzlich eine entsprechende Fachausbildung vorliegen muß, auf der die Zusatzausbildung aufbaut. Die Zusatzausbildung vermittelt damit nicht die der einschlägigen Fachausbildung entsprechenden Fähigkeiten und Kenntnisse, sondern Spezialkenntnisse auf einem eng begrenzten Teilgebiet, hier auf dem Gebiet der sonderpädagogischen Tätigkeit in Sonderschulen (vgl. Senatsurteil vom 13. Juni 1991 – 4 AZR 574/90 – ZTR 1991, 465 zur sonderpädagogischen Zusatzausbildung, allerdings zum Tätigkeitsmerkmal „mit gleichwertiger Fachausbildung” der Ziff. 2.3.4 Mitarbeiter in Werkstätten für Behinderte Fallgruppe 9 c ≪VergGr. VI b≫ der allgemeinen Vergütungsordnung zum BAT-KF, wobei aber „bei der Interpretation des Rechtsbegriffs der ‚gleichwertigen Fachausbildung’ … die Senatsrechtsprechung zum Rechtsbegriff der ‚gleichwertigen Fähigkeiten und Erfahrungen’ herangezogen werden … kann; vgl. Urteil vom 29. September 1982 – 4 AZR 1161/79 – AP Nr. 66 zu §§ 22, 23 BAT 1975”). Nun hatte die Klägerin allerdings vor Beginn der Zusatzausbildung eine Aufnahmeprüfung zu bestehen. Die Klägerin läßt aber jeden Vortrag dazu vermissen, was Gegenstand der Aufnahmeprüfung war. Nur so hätte geprüft werden können, ob sie sich für eine Erziehertätigkeit über ihre beim beklagten Land ausgeübte Tätigkeit hinaus qualifiziert hat, also etwa im Hinblick auf die abzulegende Aufnahmeprüfung sich Fachkenntnisse angeeignet hat, die das Tätigkeitsmerkmal der gleichwertigen Fähigkeiten als erfüllt erscheinen lassen können. So läßt die erfolgreiche Teilnahme der Klägerin an der Weiterbildungsmaßnahme trotz vorangegangener bestandener Aufnahmeprüfung nur auf den Erwerb entsprechenden speziellen Wissens und Könnens schließen, ersetzt aber nicht eine entsprechende Grundausbildung.

Die Klägerin läßt auch jeden Vortrag dazu vermissen, sich durch andere Fortbildungsmaßnahmen für eine Erziehertätigkeit über ihre beim beklagten Land ausgeübte Tätigkeit hinaus qualifiziert zu haben. Auch soweit sich die Klägerin darauf beruft, daß sie ständig in Fachgespräche eingebunden sei, die mit Personen unterschiedlicher erzieherisch wissenschaftlicher, therapeutischer oder psychologischer Qualifikation geführt würden, hat sie nicht vorgetragen, was es ausmachen soll, daß sie sich dadurch über ihre bei dem beklagten Land ausgeübte Tätigkeit hinaus so qualifiziert haben soll, daß das Tätigkeitsmerkmal der gleichwertigen Fähigkeiten erfüllt ist. Diese Gespräche bewegen sich notwendigerweise auf dem Tätigkeitsfeld der Klägerin. Jedenfalls hat sie nicht vorgetragen, inwiefern diese Gespräche, die Teilnahme an Fachkonferenzen, die Gespräche mit Sprachtherapeutinnen der Schule, die Gespräche mit dem Krankengymnasten der Schule, die Gespräche mit Mitarbeitern von Kinderheimen, die Gespräche mit Sozialpädagogen in Asylbewerberheimen, die Gespräche mit der zuständigen Schulpsychologin, die Planung und Durchführung von Theaterprojekten an der Schule in Zusammenarbeit mit Theaterpädagogen, die Teilnahme an gutachtlichen Überprüfungen von Kindern, das Abonnement von mehreren Fachzeitschriften Kenntnisse vermittelt haben, die über Kenntnisse auf dem eng begrenzten Teilgebiet hinaus gehen, in dem die Klägerin tätig ist, also sich auf andere Aufgabenfelder der Erzieherin bezogen haben.

Entgegen der Revisionsbeantwortung hat sich die Rechtsprechung des Senats nicht geändert. Der Senat hat nicht bisher bezüglich der Breite des geforderten Wissens auf die ausgeübte Tätigkeit, das entsprechende Fachgebiet abgestellt. Die von der Revision herangezogene Entscheidung des Senats vom 8. Mai 1985 (– 4 AZR 387/83 – AP Nr. 104 zu §§ 22, 23 BAT 1975) gibt insoweit nichts her. Der Senat hat lediglich überprüft, ob das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei bejaht hat, „daß der Kläger ‚gleichwertige Fähigkeiten’ im Sinne der VergGr. II a BAT Fallgruppe 1 a besitzt”, und hat nicht beanstandet, daß das Landesarbeitsgericht aus der auszuübenden Tätigkeit des Klägers Rückschlüsse auf entsprechende Fähigkeiten und Erfahrungen im Sinne der VergGr. II a Fallgruppe 1 a BAT gezogen hat. Der Senat hat nicht etwa ausgeführt, die Breite des geforderten Wissens müsse sich nicht auf das Berufsbild beziehen. Auf die weiteren, mehr spekulativen Ausführungen der Klägerin zu dieser Entscheidung des Senats kommt es daher nicht mehr an. Der Senat hat vielmehr bei den Erzieher/-innen ausgehend von dem Rechtsbegriff des sonstigen Angestellten berücksichtigt, daß zahlreiche Berufe in dem Berufsbild des Erziehers/der Erzieherin aufgegangen sind, was die genannten Entscheidungen des Senats belegen, und daraus gefolgert, daß vergleichbare Kenntnisse vorhanden sein müssen, die dieses Berufsbild in seiner jetzigen Form ansatzweise abzudecken vermögen.

Der Klägerin kann auch nicht darin gefolgt werden, die gleichwertigen Fähigkeiten bezögen sich auf die ausgeübte Tätigkeit. Denn für die Eingruppierung ist nicht nur die ausgeübte Tätigkeit, sondern in der Regel auch eine bestimmte Vor- oder Ausbildung gefordert. Eine geforderte Vor- oder Ausbildung ist Anforderung eines Tätigkeitsmerkmals im Sinne des § 22 Abs. 2 Unterabs. 5 BAT, von dessen Erfüllung die Bezahlung nach einer bestimmten Vergütungsgruppe mit abhängt. Ein Erzieher ist deswegen in VergGr. VI b Fallgruppe 5 eingruppiert, weil er die geforderte Vor- oder Ausbildung – Erzieher/in mit staatlicher Anerkennung – aufweist und eine Tätigkeit ausübt, die dem Berufsbild des Erziehers/der Erzieherin entspricht, also eine erzieherische ist. Weist der Angestellte die Vor- oder Ausbildung nicht auf, übt er aber eine Tätigkeit eines Erziehers aus, ist er in VergGr. VII Fallgruppe 3 der Vergütungsgruppen für den Sozial- und Erziehungsdienst eingruppiert. Ein Erzieher ist in VergGr. VI b Fallgruppe 5 eingruppiert, wenn er staatlich anerkannter Erzieher ist und eine entsprechende Tätigkeit ausübt. Verlangt ist die – breit angelegte – Erzieherausbildung und eine Tätigkeit als Erzieher, egal welche, mag sie auch nur marginal in der Ausbildung eine Rolle gespielt haben. Die Einbeziehung von Angestellten, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, sollte diejenigen Angestellten erfassen, die ohne die primär geforderte Ausbildung in der Lage sind, wie Angestellte mit dieser Ausbildung Aufgaben, auf die die geforderte Ausbildung vorbereitet, wahrzunehmen. Daß es nicht genügt, daß der Angestellte nur auf einem eng begrenzten Teilgebiet des Faches Kenntnisse aufweist, in dem der Angestellte mit der geforderten Ausbildung tätig sein kann, liegt auf der Hand. Der Angestellte muß vielseitiger verwendbar sein.

Die Revisionsbeantwortung meint, die Klägerin decke im wesentlichen die gesamte Breite des Berufsfeldes der Erzieherin ab. Das hat die Klägerin nicht belegt, wie oben zu dem Vortrag der Klägerin in den Instanzen ausgeführt ist. Die Klägerin führt aus, die Arbeit mit behinderten Kindern sei ein „Mehr” gegenüber der normalen Erzieherinnentätigkeit. Eine Erzieherin, die mit geistig behinderten Kindern arbeite, benötige dieselbe Qualifikation wie eine Erzieherin, die mit „gesunden” Kindern arbeite, darüber hinaus jedoch ein umfangreiches Zusatzwissen. Selbst wenn dem so sein sollte, ist nicht ausgeführt, daß und warum die Unterrichtsbegleitung die Klägerin dazu befähigt, auch anderweitige erzieherische Tätigkeiten wahrzunehmen. Ihr Vortrag, mit dem Wissen und den Erfahrungen, die die Klägerin in ihrer Tätigkeit erworben habe, könne sie ohne nennenswerte Einarbeitung die Gruppenleitung in einem Kindergarten übernehmen, in einer Krippe oder Tagespflegestelle arbeiten, eine Vorklasse oder einen Schulkindergarten führen, mit nichtbehinderten Kindern in einem Kinderheim, einem Krankenhaus, einem Schulinternat oder einem Heim der Erziehungshilfe etc. arbeiten, bleibt Behauptung. Es ist nicht dargelegt, welche Fachkenntnisse diesen Schluß zulassen. Die Klägerin übersieht auch, daß die Tätigkeitsmerkmale für Angestellte im Erziehungsdienst für schulbezogene Tätigkeit, wie die Unterrichtsbegleitung, die die Klägerin ausübt, unmittelbar nicht anwendbar sind. Sie sind nur wegen der Artverwandtheit und Vergleichbarkeit der Aufgaben heranzuziehen (vgl. Urteil des Senats vom 15. Mai 1991 – 4 AZR 532/90 –, n.v.). Nach der Revisionsbeantwortung hat das Berufsbild der Kinderpflegerin einen Schwerpunkt auf der Erziehung kleinerer Kinder, die Klägerin sei hier besonders kompetent, weil die Kinder, mit denen sie arbeite, entwicklungsverzögert seien und zumindest in den ersten Schuljahren sehr häufig auf dem Stand von kleineren Kindern, teilweise von Kindern im Alter von ein bis zwei Jahren seien. Dabei beachtet die Klägerin nicht, daß es Aufgabe von Erziehern und Sozialpädagogen ist, die Erziehung und Bildung der Kleinst- und Kleinkinder zu fördern. Die Kinderpflegerin ist fachlich geschulte Mitarbeiterin. Sie betreut und beschäftigt kleine Gruppen oder einzelne Kinder und unterstützt Erzieher und Sozialpädagogen dadurch, daß sie pädagogische und pflegerische Aufgaben übernimmt (vgl. Blätter zur Berufskunde, 2-IV A 12, „Kinderpfleger(in)”, 6. Aufl. 1988, S. 2). Auch hier hätte es des vermißten Vortrages bedurft, warum die Klägerin im Hinblick auf ihre jetzige Tätigkeit vielseitig als Erzieherin einsetzbar sein soll.

Soweit die Revisionsbeantwortung auf intensive Fortbildung verweist, sind weder eine zeitliche Dimension noch Inhalte mitgeteilt. Es ist nicht dargetan, welches Wissen sie sich angeeignet haben will, das dem einer Erzieherin mit staatlicher Anerkennung im wesentlichen gleichwertig ist.

Soweit die Klägerin Aufklärungsrügen erhoben hat, ist nicht vorgetragen, was die Klägerin auf die vermißten Hinweise vorgebracht hätte. Diese Rügen sind daher unzulässig.

Da die Klägerin auf der Grundlage ihrer Vorbringens nicht über Kenntnisse und Erfahrungen verfügt, die denen einer Erzieherin mit staatlicher Anerkennung gleichwertig sind, erfüllt sie nicht die Voraussetzungen der VergGr. VI b Fallgruppe 5, V c Fallgruppe 5, V b Fallgruppe 5 der Vergütungsgruppen für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst. Es kommt damit nicht mehr darauf an, ob sie tatsächlich „entsprechende Tätigkeiten”, also Erziehertätigkeit ausübt, wie das Landesarbeitsgericht annimmt und das beklagte Land leugnet.

4. Der Anspruch der Klägerin auf Vergütung nach der VergGr. V b BAT ab 1. Januar 1991 folgt auch nicht aus den Vergütungsgruppen für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst in der bis zum 31. Dezember 1990 geltenden Fassung des Teils II Abschn. G Unterabschn. II (Angestellte im Erziehungsdienst) der Anlage 1 a zum BAT/BL.

Die Klägerin hat zwar mit Schreiben vom 16. Juni 1987 „um Überprüfung ≪ihrer≫ Eingruppierung und einer evtl. Höhergruppierung” gebeten und damit der Sache nach auf die Protokollerklärung Nr. 3 zu VergGr. V b Fallgruppe 1 Buchstabe k a.F. verwiesen.

Im Prozeß ist sie aber darauf nicht zurückgekommen und hat nichts zu den Voraussetzungen für eine solche Eingruppierung nach den tariflichen Bestimmungen a.F. vorgetragen.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1087005

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