Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung einer Lehrerin an einer Haupt- und Realschule. Eingruppierung einer Lehrerin. Einsatz in einer Haupt- und Realschule mit einer Lehrbefähigung für das Lehramt am Gymnasium
Orientierungssatz
Nach den Verordnungen über die Ausbildung von Lehrern für die öffentlichen Schulen des Landes Mecklenburg-Vorpommern ist der Einsatz einer Lehrerin mit der Lehrbefähigung für das Lehramt an Gymnasien in einer Haupt- und Realschule keine ihrer Befähigung entsprechende Verwendung im Sinne des einschlägigen Merkmals der Bundesbesoldungsordnung A.
Normenkette
BAT §§ 22, 23 Lehrer; BAT-O § 11 S. 2; SR 2l I zum BAT-O Protokollnotiz Nr. 1
Verfahrensgang
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.
Die Klägerin schloss 1999 ihr Hochschulstudium an der Universität G… im Lehramtsstudiengang für die Fächer Deutsch und Englisch ab. Mit Ablegung der Zweiten Staatsprüfung erwarb die Klägerin 2001 die Lehrbefähigung für das Lehramt an Gymnasien in den Fächern Deutsch und Englisch. Seit 13. Februar 2002 ist die Klägerin im Schuldienst des beklagten Landes tätig und wird an der verbundenen Haupt- und Realschule B… eingesetzt. Nach § 2 des Arbeitsvertrages vom 8. Februar 2002 bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften – (BAT-O) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Nach § 5 Abs. 1 des Arbeitsvertrages bestimmt sich die Eingruppierung nach § 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 in Verbindung mit den bundesbesoldungsrechtlichen Einstufungen vergleichbarer Beamter in der jeweils gültigen Fassung. In § 5 Abs. 2 ist die Eingruppierung in VergGr. III BAT-O ausgewiesen.
Mit Wirkung zum 1. Juli 2002 wurde durch das Gesetz zur Modernisierung der Besoldungsstruktur vom 21. Juni 2002 (Besoldungsstrukturgesetz, BGBl. I S. 2138) die Besoldungsgruppe A 13 der Bundesbesoldungsordnung A des BBesG in Bezug auf den Funktionszusatz “Lehrer – mit fachwissenschaftlicher Ausbildung in zwei Fächern, wenn sich die Lehrbefähigung auf Haupt- und Realschulen oder Gymnasien erstreckt, bei einer dieser Befähigung entsprechenden Verwendung” dahin gehend geändert, dass diese Besoldung nur den Lehrern im Bundesland Hessen zusteht.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stehe ein Anspruch auf Vergütung nach der VergGr. IIa BAT-O zu. Hieran habe sich auch durch das Besoldungsstrukturgesetz nichts geändert. Sie habe schon vor In-Kraft-Treten des Besoldungsstrukturgesetzes eine Rechtsposition erworben, die ihr nur wegen der Verweisung auf die beamtenrechtlichen Regelungen im Tarifvertrag nicht mehr genommen werden könne. Des Weiteren sei es unzulässig, Lehrer in Hessen und Mecklenburg-Vorpommern ungleich zu behandeln.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt
festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, die Klägerin seit dem 13. Februar 2002 nach der Vergütungsgruppe IIa BAT-O zu vergüten.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Auffassung vertreten, dass der Klägerin kein Anspruch auf eine Vergütung nach VergGr. IIa BAT-O zustehe. Sie sei zumindest ab dem 1. Juli 2002 zutreffend in der VergGr. III BAT-O eingruppiert, da sie weder einen vertraglichen noch einen tariflichen Anspruch auf eine Vergütung nach der VergGr. IIa BAT-O habe. Auf Grund der erfolgten Änderung der Bundesbesoldungsordnung A des BBesG hinsichtlich der Besoldungsgruppe A 13 und der neu eingefügten Fußnote 16 stehe die Besoldungsgruppe A 13 seit dem 1. Juli 2002 Lehrern wie der Klägerin nur im Bundesland Hessen zu. Zu Gunsten der Klägerin sei kein Vertrauenstatbestand gegeben, der es dem beklagten Land verbiete, die Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes auch ihr gegenüber umzusetzen. Die Klägerin könne sich auch nicht mit Erfolg auf eine Gleichbehandlung mit den Beamten berufen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage hinsichtlich eines Zeitraums vom 13. Februar 2002 bis 30. Juni 2002 stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die nur von der Klägerin eingelegte Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageanspruch – soweit nicht rechtskräftig zuerkannt – weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage hinsichtlich des noch rechtshängigen Zeitraums ab dem 1. Juli 2002 zu Recht abgewiesen, da diese zwar zulässig, aber unbegründet ist.
I. Die Klage ist zulässig. Es handelt sich um eine im öffentlichen Dienst übliche Eingruppierungsfeststellungsklage, gegen deren Zulässigkeit keine Bedenken bestehen (BAG 5. September 2002 – 8 AZR 620/01 – AP BAT §§ 22, 23 Lehrer Nr. 93 = EzBAT BAT §§ 22, 23 M. Lehrer Nr. 107, zu B I 1 der Gründe; Senat 19. März 1986 – 4 AZR 470/84 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 114; BAG 26. April 2001 – 8 AZR 281/00 – AP BAT-O § 24 Nr. 5 = EzBAT BAT §§ 22, 23 M. Lehrer Nr. 81).
II. Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat ab dem 1. Juli 2002 keinen Anspruch auf Vergütung nach der VergGr. IIa BAT-O. Er ergibt sich weder aus den einschlägigen tariflichen Regelungen noch aus anderen Rechtsgründen.
1. Die Klägerin ist nicht tariflich in VergGr. IIa BAT-O eingruppiert.
a) Nach § 5 des Arbeitsvertrages bestimmt sich die Eingruppierung der Klägerin nach § 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 (ÄndTV Nr. 1) iVm. den bundesbesoldungsrechtlichen Einstufungen vergleichbarer Beamter in der jeweils gültigen Fassung. Dem liegt zugrunde, dass nach § 2 Ziff. 3 Satz 1 ÄndTV Nr. 1 die Anl. 1a, soweit sie keine besonderen Tätigkeitsmerkmale enthält, nicht auf Lehrkräfte anzuwenden ist und die Klägerin nach der maßgeblichen Definition in der Protokollnotiz zu Nr. 1 der Sonderregelungen für Angestellte als Lehrkräfte (SR 2I I BAT-O) als Lehrkraft anzusehen ist. Diese Angestellten sind nach § 2 Ziff. 3 Satz 2 ÄndTV Nr. 1, ggf. nach näherer Maßgabe von Richtlinien, in der Vergütungsgruppe eingruppiert, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in welcher der Angestellte eingestuft wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde.
b) Die einschlägigen Merkmale der danach einschlägigen Anl. I zum BBesG Bundesbesoldungsordnung A lauten:
“Besoldungsgruppe A 12
Lehrer
– …
– an allgemein bildenden Schulen, soweit nicht anderweitig eingereiht
– …
Besoldungsgruppe A 13
Lehrer
– mit fachwissenschaftlicher Ausbildung in zwei Fächern, wenn sich die Lehrbefähigung auf Haupt- und Realschulen oder Gymnasien erstreckt, bei einer dieser Befähigung entsprechenden Verwendung – (10)) (16))”
Die vorgenannte Besoldungsregelung der Besoldungsgruppe A 13 der Bundesbesoldungsordnung A des BBesG wurde mit Wirkung vom 1. Juli 2002 durch Artikel 5b Nr. 2 Buchst. a aa und Buchst. c des Gesetzes zur Modernisierung der Besoldungsstruktur vom 21. Juni 2002 (Besoldungsstrukturgesetz, BGBl. I S. 2138) um die Fußnote 16 zur Besoldungsgruppe A 13 ergänzt, die bestimmt:
“Gilt nur für Lehrer in Hessen mit einer Befähigung für das Lehramt an Haupt- und Realschulen nach dem hessischen Gesetz über das Lehramt an öffentlichen Schulen in der jeweils geltenden Fassung sowie für Lehrer an Gymnasien, deren Ausbildung vor dem 1. Juli 1975 geregelt war.”
c) Wäre die Klägerin Beamtin, wäre sie ab dem 1. Juli 2002 nicht in Besoldungsgruppe A 13 der Bundesbesoldungsordnung A des BBesG eingestuft. Sie ist deswegen nicht in VergGr. IIa BAT-O eingruppiert, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe A 13 entspricht.
Die Klägerin erfüllt bereits nicht die Voraussetzungen für eine Einstufung in die Besoldungsgruppe A 13 hinsichtlich der allein in Betracht kommenden Funktionsbezeichnung “Lehrer mit fachwissenschaftlicher Ausbildung in zwei Fächern, wenn sich die Lehrbefähigung auf Haupt- und Realschulen oder Gymnasien erstreckt, bei einer dieser Befähigung entsprechenden Verwendung”. Eine Einstufung nach der Funktionsbezeichnung der Besoldungsgruppe A 13 setzt nach deren Wortlaut eine der Lehrbefähigung entsprechende Verwendung voraus. Die Klägerin wird indes nicht ihrer Lehrbefähigung für Gymnasien entsprechend, sondern im Haupt- und Realschulbereich eingesetzt.
Die Lehrbefähigung für Gymnasien umfasst auch nicht die Lehrbefähigung für den Unterricht an Haupt- und Realschulen (vgl. BAG 24. Juni 2004 – 8 AZR 357/03 – EzBAT BAT §§ 22, 23 M. Lehrer Nr. 124, zu II 1d der Gründe). Das Schul- und Ausbildungssystem der Lehrkräfte ist gegliedert, so dass eine erworbene Lehrbefähigung eine andere nicht mit umfasst, wenn dies nicht ausdrücklich geregelt ist (vgl. BAG 21. August 2003 – 8 AZR 442/02 – EzBAT BAT §§ 22, 23 M. Lehrer Nr. 113 [Lehrbefähigung Gymnasium und Mittelschule in Sachsen]). Bei der Ausbildung zum Gymnasiallehrer handelt es sich um eine andere Ausbildung als bei der zum Haupt- und Realschullehrer. Die unterschiedliche Ausbildung und Prüfung richten sich nach der Verordnung über die Ausbildung von Lehrern für die öffentlichen Schulen des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 9. Juli 1991 (GVOBl. M-V S. 317), der Verordnung über die Erste Staatsprüfung für Lehrämter an Schulen im Lande Mecklenburg-Vorpommern vom 3. November 1997 (GVOBl. M-V S. 561) und der Verordnung zum Vorbereitungsdienst und zur Zweiten Staatsprüfung für Lehrämter an den Schulen im Lande Mecklenburg-Vorpommern vom 8. April 1998 (GVOBl. M-V S. 525). Die vorgenannten Verordnungen enthalten keine Regelung, dass der Erwerb der Lehramtsbefähigung für Gymnasien auch zum Unterricht in den anderen Schularten befähigt (so aber zB ausdrücklich § 5 des Gesetzes über das Lehramt an öffentlichen Schulen in Hessen vom 3. März 1992, GVBl. Hessen I S. 105, 107). Bei verbundener Haupt- und Realschule und Gymnasium handelt es sich damit um unterschiedliche Schulformen mit verschiedenen Anforderungen.
Da die Klägerin – wäre sie Beamtin – bereits nicht die Voraussetzungen für die Einstufung in Besoldungsgruppe A 13 erfüllt, kommt es nicht mehr darauf an, ob die Beschränkung der oben dargestellten Besoldungsregelung der Besoldungsgruppe A 13 auf bestimmte Lehrer in Hessen durch das Besoldungsstrukturgesetz wirksam ist (vgl. dazu BAG 24. Juni 2004 – 8 AZR 357/03 – EzBAT BAT §§ 22, 23 M. Lehrer Nr. 124, zu II 1e der Gründe).
2. Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich nicht aus dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, andere Lehrer mit vergleichbarer Ausbildung seien über den 30. Juni 2002 hinaus nach der VergGr. IIa BAT-O vergütet worden.
a) Die Klägerin hat in den Tatsacheninstanzen zu keinem Zeitpunkt vergleichbare Arbeitnehmer benannt, die anders als sie unter entsprechenden Bedingungen über den 30. Juni 2002 hinaus nach VergGr. IIa BAT-O vergütet worden sind. Soweit die Klägerin erstmals in der Revisionsinstanz andere Arbeitnehmer benennt, ist dieser neue Tatsachenvortrag in der Revisionsinstanz nicht zu berücksichtigen.
b) Eine Berücksichtigung des neuen Vortrags kann die Klägerin auch nicht über die erhobene Verfahrensrüge nach § 139 ZPO erreichen. Ihr zur Begründung der Verfahrensrüge erbrachter Vortrag trifft nach dem Akteninhalt erkennbar nicht zu. Er benennt einen Verhandlungstermin, einen Beschluss des Landesarbeitsgerichts und einen Schriftsatz, die es im vorliegenden Rechtsstreit nicht gab. Offenbar wurden Prozessgeschichte und Prozessvortrag aus einem ähnlichen Rechtsstreit ungeprüft auch für den vorliegenden Rechtsstreit zugrunde gelegt.
3. Die Klägerin kann einen Vergütungsanspruch nach der VergGr. IIa BAT-O auch nicht aus einer Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Personalrats nach § 68 Abs. 1 Nr. 1, 5 PersVG Mecklenburg-Vorpommern herleiten. Eine etwaige Verletzung dieser Mitbestimmungsrechte ist für den Vergütungsanspruch unerheblich. Dies ergibt sich schon daraus, dass das Mitbestimmungsrecht der Mitarbeitervertretung bei Ein-, Um-, Höher- und Rückgruppierungen, soweit sie auf der Grundlage einer unveränderten Tätigkeit erfolgen, nur in der Form besteht, dass der Personalrat hier bezüglich der Eingruppierungsentscheidung des Arbeitgebers ein Mitbeurteilungsrecht hat. Ein nach den vertraglichen oder tarifvertraglichen Bestimmungen nicht gegebener Vergütungsanspruch kann nicht durch eine etwaige Verletzung des Mitbestimmungsrechts begründet werden (Senat 6. August 1997 – 4 AZR 195/96 – AP AVR Diakonisches Werk § 12 Nr. 7 = EzBAT BAT §§ 22, 23 F.1 Sozialdienst VergGr. IVb Nr. 44, zu B II 5b der Gründe; BAG 28. Mai 1997 – 10 AZR 383/95 – ZTR 1997, 457, zu II 2 der Gründe).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Bepler, Bott, Wolter, Görgens, Redeker
Fundstellen
Haufe-Index 1481484 |
ZTR 2006, 255 |
NZA-RR 2006, 336 |
PersV 2006, 316 |
NJOZ 2006, 1865 |