Entscheidungsstichwort (Thema)
Konkurrentenklage. Mindestbeschäftigungsdauer als Bewerbungsvoraussetzung
Leitsatz (amtlich)
Das Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Art. 33 Abs. 2 GG ist verletzt, wenn der öffentliche Arbeitgeber von bereits bei ihm beschäftigten Lehrern der Sekundarstufe I eine fünfjährige Tätigkeit im Schuldienst als Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Bewerbung um eine höherwertige Stelle als Lehrer der Sekundarstufe II verlangt, während er eine solche von externen Bewerbern nicht fordert. Diese Unterscheidung kann auch nicht mit Gründen der Planungssicherheit und der Sicherstellung der Unterrichtskontinuität gerechtfertigt werden.
Orientierungssatz
- Ein im öffentlichen Dienst beschäftigter Arbeitnehmer hat ein rechtliches Interesse an der Feststellung (§ 256 ZPO), dass ihn der Arbeitgeber auch ohne eine Mindestbeschäftigungszeit zu einem Bewerbungsverfahren um eine höherwertige Stelle im Schuldienst zulassen muss.
- Es steht dem öffentlichen Arbeitgeber frei, für zu besetzende Stellen ein sog. Anforderungsprofil zu erstellen, dessen Erfüllung durch den Bewerber Voraussetzung für dessen Teilnahme am Bewerbungsverfahren ist.
- Verlangt der öffentliche Arbeitgeber eine Mindestbeschäftigungsdauer von fünf Jahren im Schuldienst der Sekundarstufe I als Voraussetzung für die Zulassung einer Lehrkraft zum Bewerbungsverfahren um eine höherwertige Stelle als Lehrer der Sekundarstufe II und lässt er Lehrer, die bislang nicht bei ihm beschäftigt sind, zu solchen Bewerbungsverfahren zu, ohne dass diese eine Mindestbeschäftigung als Lehrer nachweisen müssen, so verstößt dies gegen Art. 33 Abs. 2 GG, welcher jedem Deutschen nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt gewährt.
- Der öffentliche Arbeitgeber kann diese geforderte Mindestbeschäftigungsdauer von fünf Jahren nicht damit rechtfertigen, sie sei aus Gründen der Planbarkeit und Kontinuität im Schulbereich notwendig.
Normenkette
GG Art. 33 Abs. 2; ZPO § 256
Verfahrensgang
Tenor
Es wird festgestellt, dass die Hauptsache erledigt ist.
Das beklagte Land hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das beklagte Land den Kläger bei Bewerbungen auf Beförderungsstellen, die auch für externe Bewerber offen sind, berücksichtigen muss, obwohl sein Arbeitsverhältnis zum beklagten Land noch keine fünf Jahre besteht.
Der Kläger ist Lehrer mit Lehramtsbefähigung für die Sekundarstufe II und die Sekundarstufe I in der Fächerkombination Chemie/Erdkunde. Er ist auf Grund eines Arbeitsvertrages vom 2./10. August 2000 seit dem 14. August 2000 in der Gemeinschaftshauptschule V eingesetzt. Die Einstellung ist für eine Tätigkeit im gehobenen Dienst in der Sekundarstufe I im Hauptschulbereich mit der Vergütungsgruppe BAT III erfolgt.
Das beklagte Land schreibt in regelmäßigen Abständen Lehrerstellen im höheren Dienst für die Sekundarstufe II aus, für die eine Eingruppierung in die VergGr. IIa BAT bzw. eine Einstufung in Besoldungsgruppe A 13 Z maßgeblich ist. Soweit Bewerber auf derartige Stellen einen Laufbahnwechsel anstrebten, war zunächst im Runderlass des Ministeriums für Schule, Wissenschaft und Forschung vom 9. Januar 2002 eine Regelung getroffen worden. Dort heißt es auszugsweise:
“Für die Lehrereinstellung zum 02.09.2002 werden … folgende Festlegungen getroffen:
…
5. Laufbahnwechsel
Lehrkräfte des Landes Nordrhein-Westfalen mit der Befähigung für das Lehramt für die Sekundarstufe II bzw. für die Lehrämter für die Sekundarstufe II und die Sekundarstufe I, die in einer Laufbahn des gehobenen Dienstes beschäftigt sind, können sich um ausgeschriebene A 13 Z-Stellen bewerben, wenn sie das von der Schule geforderte Anforderungsprofil (Lehramt, Fächer-/Fachrichtungskombination und ggf. weitere schulbezogene Anforderungen) erfüllen und eine Freigabeerklärung der zuständigen Schulaufsicht zur uneingeschränkten Teilnahme am Ausschreibungsverfahren beifügen. Sie sind von der Auswahlkommission gemeinsam mit den anderen Bewerberinnen und Bewerbern zum Auswahlgespräch einzuladen.
Die Teilnahme am Laufbahnwechsel ist frühestens nach einer im Dauerbeschäftigungsverhältnis im aktiven Schuldienst des Landes Nordrhein-Westfalen zurückgelegten Beschäftigungszeit von drei Jahren möglich. Ist aus schulfachlichen/pädagogischen Gründen zu diesem Zeitpunkt eine Freigabe nicht möglich, so ist sie spätestens zwei Jahre nach der Erstantragstellung zu erteilen …”.
Dieser Erlass wurde unter dem 12. Dezember 2002 durch einen neuen Runderlass ersetzt, der auszugsweise wie folgt lautet:
“Für die Lehrereinstellung zum 15.9.2003 und folgenden Einstellungen im Schuljahr 2003/2004 werden … die nachfolgenden Festlegungen getroffen.
5. Laufbahnwechsel
Lehrkräfte des Landes Nordrhein-Westfalen mit der Befähigung für das Lehramt für die Sekundarstufe II und das Lehramt für die Sekundarstufe I, die in einer Laufbahn des gehobenen Dienstes beschäftigt sind, können sich nach einer Mindestbeschäftigungszeit von fünf Jahren im Dauerbeschäftigungsverhältnis im aktiven Schuldienst des Landes Nordrhein-Westfalen bei allen Ausschreibungsschritten um ausgeschriebene A 13 Z-Stellen beteiligen. Einer Freigabe bedarf es nicht. Voraussetzung ist, dass sie das von der Schule geforderte Anforderungsprofil (Lehramt, Fächer-/Fachrichtungen und ggf. weitere schulbezogene Anforderungen) erfüllen. Sie sind von der Auswahlkommission gemeinsam mit den anderen Bewerberinnen und Bewerbern zum Auswahlgespräch einzuladen.
Die bis zum In-Kraft-Treten dieser Regelung gestellten Anträge sind nach der bisher geltenden Regelung abzuwickeln.”
Mit Erlass vom 16. Dezember 2003 für die Einstellung in den Schuldienst des Landes Nordrhein-Westfalen zum 6. September 2004 und folgende Einstellungen im Schuljahr 2004/2005 wurde die Regelung über den Laufbahnwechsel als Ziff. 5.2 wiederholt, ohne dass eine erneute Übergangsregelung getroffen wurde. In keinem der Erlasse war für neu einzustellende Bewerber eine vorhergehende Tätigkeit im Schuldienst als Einstellungsvoraussetzung gefordert.
Der Kläger bewarb sich am 21. September 2002 auf eine BAT II/A 13 Z-Stelle. Die Bewerbung wurde mangels Freigabe durch die abgebende Schulform mit Schreiben des beklagten Landes vom 11. Oktober 2002 zurückgewiesen. Auch im Jahre 2003 versuchte der Kläger mehrfach, am Bewerbungsverfahren für entsprechende Stellen teilzunehmen. Das beklagte Land nahm ihn nicht in den Bewerberkreis auf, weil er die fünfjährige Beschäftigungszeit noch nicht zurückgelegt hatte. Für einige dieser Anträge war ihm seitens seiner Schulleitung eine Freigabeerklärung erteilt worden.
Der Kläger hält die vom beklagten Land eingeführte Fünf-Jahres-Frist, innerhalb der er sich nicht auf – auch extern – ausgeschriebene Stellen bewerben könne, für unvereinbar mit Art. 33 Abs. 2 GG. Ferner ist er der Auffassung, dass ihm die Übergangsregelung für Altfälle zugute kommen müsse.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, dass er sich im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens bei allen Ausschreibungsschritten um ausgeschriebene A 13 Z-Stellen beteiligen kann und das Land Nordrhein-Westfalen die Bewerbung des Klägers in die Auswahlentscheidung einbezieht, ohne dass er eine Mindestbeschäftigungszeit von fünf Jahren im Dauerbeschäftigungsverhältnis im aktiven Schuldienst des Landes Nordrhein-Westfalen nachweist.
Dem hält das beklagte Land entgegen, der Kläger habe für seine Klage kein Feststellungsinteresse. Jedenfalls sei die Klage unbegründet.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des beklagten Landes hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen und im Urteil die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt das beklagte Land seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Da der Kläger zum Beginn des nächsten Schuljahres die fünfjährige Beschäftigungszeit zurückgelegt haben wird und deshalb auch nach Auffassung des beklagten Landes an den Auswahlverfahren teilnehmen kann, hat er die Hauptsache für erledigt erklärt. Das beklagte Land hat dieser Erledigungserklärung widersprochen.
Entscheidungsgründe
Der Rechtsstreit ist in der Hauptsache erledigt.
I. In der letzten mündlichen Verhandlung hat der Kläger die Hauptsache für erledigt erklärt. Das beklagte Land hat dieser Erledigterklärung widersprochen.
Erklärt der Kläger in der Revisionsinstanz die Hauptsache für erledigt und verweigert die beklagte Partei die Abgabe einer ebensolchen Erklärung, so hat das Revisionsgericht, wenn das angeblich erledigende Ereignis unstreitig ist, zu prüfen, ob die Hauptsache wirklich erledigt ist und ob die Klageforderung bis zu dem die Erledigung begründenden Ereignis Bestand hatte, dh. ob die Klage ursprünglich zulässig und begründet war (st. Rspr., BAG 22. Januar 1975 – 4 AZR 10/74 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 23 = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 17; 5. September 1995 – 9 AZR 718/93 – BAGE 80, 380; 8. Juli 1998 – 10 AZR 274/97 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 214 = EzA AÜG § 10 Nr. 9; BGH 4. Februar 1981 – VIII ZR 43/80 – AP ZPO § 840 Nr. 3).
II. Da der Kläger auf Grund der im Laufe des Jahres 2005 erreichten fünfjährigen Beschäftigung im Schuldienst gemäß den Runderlassen des beklagten Landes am Auswahlverfahren für die Besetzung von BAT II/A 13 Z-Stellen teilnehmen kann, hat sich sein auf eine Teilnahmemöglichkeit vor Ablauf der Fünf-Jahres-Frist gerichtetes Klagebegehren erledigt.
III. Die auf Teilnahme am Auswahlverfahren gerichtete Klage war von Anfang an zulässig und begründet.
1. Die Feststellungsklage war zulässig.
Der Kläger hat die Feststellung eines Rechtsverhältnisses beantragt, an dessen alsbaldiger Feststellung er ein rechtliches Interesse hatte (§ 256 Abs. 1 ZPO).
Eine Feststellungsklage ist auch dann zulässig, wenn nur ein Teil eines Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien streitig und die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, diesen Streit zu klären (BAG 21. Januar 2003 – 9 AZR 600/01 – BAGE 104, 280).
So liegt der Fall hier. Die Frage, ob das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis dem beklagten Land das Recht gibt, den Kläger als Bewerber für Beförderungsämter auszuschließen, ist Teil des Rechtsverhältnisses, das zwischen den Parteien durch das Arbeitsverhältnis begründet wird. Diese Rechtsfrage kann auch durch den Feststellungsantrag geklärt werden. Soweit das beklagte Land eingewandt hat, es stehe noch nicht fest, ob es an der Fünf-Jahres-Frist festhalte, ist dies unerheblich, da es zumindest nicht ausgeschlossen hat, an dieser Frist festzuhalten. Damit ist sein Festhalten an der bisherigen Einstellungspraxis nicht nur eine theoretische Möglichkeit.
Auch der grundsätzlich geltende Vorrang der Leistungsklage vor der Feststellungsklage stand dem Feststellungsinteresse nicht entgegen. Dieser Vorrang dient nur der prozesswirtschaftlich sinnvollen Erledigung von Rechtsstreitigkeiten. Demnach ist eine Feststellungsklage dann zulässig, wenn mit dieser eine sachgemäße, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu erreichen ist und deshalb prozesswirtschaftliche Erwägungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (BAG 11. Dezember 2001 – 9 AZR 435/00 – EzA ZPO § 256 Nr. 59). Dies war hier der Fall, weil Streitigkeiten zwischen den Parteien auf Grund von Bewerbungen des Klägers dauernd auftreten konnten und die zwischen ihnen streitige Frage durch den Feststellungsantrag ein für alle Mal geklärt werden konnte.
2. Die Klage war auch begründet. Der Kläger hatte Anspruch auf Berücksichtigung seiner vor Ablauf der Fünf-Jahres-Frist eingereichten Bewerbungen auf Stellen der Sekundarstufe II.
a) Der Anspruch auf Teilnahme an den Bewerbungsverfahren ergibt sich aus Art. 33 Abs. 2 GG. Danach hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Jede Bewerbung muss nach den genannten Kriterien beurteilt werden. Dies gilt nicht nur für Einstellungen, sondern auch für Beförderungen innerhalb des öffentlichen Dienstes (st. Rspr., vgl. BAG 28. Mai 2002 – 9 AZR 751/00 – BAGE 101, 153). Öffentliche Ämter iSd. Art. 33 Abs. 2 GG sind sowohl Beamtenstellen als auch solche Stellen, die von Arbeitnehmern besetzt werden können (BAG 28. Mai 2002 – 9 AZR 751/00 – aaO).
Art. 33 Abs. 2 GG liegt eine Abgrenzung zwischen Zugangsrechten von Bewerbern um öffentliche Ämter einerseits und der Organisationsgewalt der öffentlichen Hand andererseits zugrunde. Es obliegt allein dem Haushaltsgesetzgeber, darüber zu befinden, wie viele Planstellen im öffentlichen Dienst geschaffen werden. Die Verwaltung als vollziehende Gewalt hat dann zu entscheiden, ob und wie die Stellen besetzt werden sollen (BAG 28. Mai 2002 – 9 AZR 751/00 – BAGE 101, 153). Bei der Auswahl der Bewerber ist die Verwaltung an die in Art. 33 Abs. 2 GG aufgeführten Maßstäbe “Eignung, Leistung und Befähigung” gebunden.
b) Der Kläger hat auch die vom beklagten Land für die Teilnahme rechtmäßig aufgestellten Voraussetzungen erfüllt.
aa) Grundsätzlich steht es dem öffentlichen Arbeitgeber frei, für die geschaffenen Stellen ein Anforderungsprofil aufzustellen, dessen Erfüllung Voraussetzung für die Teilnahme am Bewerbungsverfahren ist.
Durch die Bestimmung eines Anforderungsprofils für einen Dienstposten legt der Dienstherr die Kriterien für die Auswahl der Bewerber fest. Anhand dieses Anforderungsprofils hat er dann festzustellen, welcher Bewerber diesem am besten entspricht. Die rechtlichen Anforderungen an den öffentlichen Arbeitgeber entsprechen denen, die er als Dienstherr anzuwenden hat, wenn sich (auch) Beamte um eine Stelle bewerben (BAG 7. September 2004 – 9 AZR 537/03 – AP GG Art. 33 Abs. 2 Nr. 61 = EzA GG Art. 33 Nr. 27, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
Die Funktionsbeschreibung des Dienstpostens bestimmt objektiv die Kriterien, die der Inhaber erfüllen muss. An ihnen werden die Eigenschaften und Fähigkeiten der Bewerber um den Dienstposten gemessen, um eine bestmögliche Besetzung zu gewährleisten (BAG 21. Januar 2003 – 9 AZR 72/02 – BAGE 104, 295; BVerwG 16. August 2001 – 2 A 3.00 – BVerwGE 115, 58). Das vom öffentlichen Arbeitgeber geforderte Bewerberprofil strukturiert den Bewerberkreis, indem es in persönlicher und fachlicher Hinsicht Qualifikationsanforderungen an Stellenbewerber beschreibt (BayVGH 19. Januar 2000 – 3 CE 99.3309 – DVBl 2000, 1140). Die Erstellung eines derartigen konstitutiven Anforderungsprofils ist demnach Ausdruck der Anwendung der in Art. 33 Abs. 2 GG für die Personalentscheidung genannten Kriterien (OVG für das Land Nordrhein-Westfalen 16. Dezember 2003 – 1 B 2117/03 – NVwZ-RR 2004, 236). Es soll eindeutig ungeeignete Bewerber schon im Vorfeld der eigentlichen Auswahlentscheidung aus dem Kreis der in das engere Auswahlverfahren einzubeziehenden Bewerber ausschließen (OVG für das Land Nordrhein-Westfalen 13. April 2000 – 12 B 1959/99 – DÖD 2001, 127). Das Auswahlprofil stellt damit die Verbindung zwischen dem vom öffentlichen Arbeitgeber zu bestimmenden Charakter der Stelle und den von den Bewerbern zu erbringenden Voraussetzungen her.
Grundsätzlich ist es zulässig, dass der öffentliche Arbeitgeber in seinem Anforderungsprofil für eine Stelle eine Mindestbeschäftigungsdauer für Bewerber fordert. Dies steht dann mit Art. 33 Abs. 2 GG im Einklang, wenn es einer sachgerechten Anwendung des Leistungsgrundsatzes dient. Die Wartezeit, die mit dem Erfordernis einer Mindestbeschäftigungszeit zwangsläufig verbunden ist, muss geeignet und erforderlich sein, um eine zuverlässige Beurteilung des Leistungsvermögens und eine fundierte Prognose über die voraussichtliche Bewährung des Bewerbers in einem höheren Amt zu ermöglichen (so für ein gefordertes Mindestdienstalter für Bewerber auf Beamtenstellen: BVerwG 28. Oktober 2004 – 2 C 23.03 – DVBl 2005, 456).
bb) Die vom beklagten Land geforderte Wartezeit von fünf Jahren ab dem Schuljahr 2003/2004 dient nicht diesem Zweck. Dies ergibt sich zunächst schon daraus, dass eine solche Wartezeit von externen Bewerbern, die unmittelbar als Lehrer für die Sekundarstufe II eingestellt werden sollen, nicht gefordert wird. Darüber hinaus hat das beklagte Land auch selbst vorgetragen, dass diese Wartezeit den Bewerberkreis im Interesse der Funktionsfähigkeit der Verwaltung einschränken soll.
c) Der Ausschluss des Klägers von der Teilnahme an allen “Ausschreibungsschritten” um A 13 Z-Stellen bis zum Erreichen einer Mindestbeschäftigungszeit von fünf Jahren war unzulässig.
Der Erhalt der Funktionsfähigkeit des Staates und seiner Einrichtungen, auf den sich das beklagte Land beruft, ist ein verfassungsrechtliches Schutzgut, das auch eine Beschränkung des Bewerbungsverfahrensanspruches nach Art. 33 Abs. 2 GG zu rechtfertigen vermag (Senat 28. Mai 2002 – 9 AZR 751/00 – BAGE 101, 153).
Art. 33 Abs. 2 GG dient nicht nur dem Interesse des Bewerbers, sondern auch dem Interesse der öffentlichen Verwaltung an ihrer Leistungsfähigkeit. Deshalb dürfen die Erfordernisse effizienten Verwaltungshandelns nicht vernachlässigt werden. Das gebietet die wirksame Erfüllung des Auftrages der Verwaltung (BAG 28. Mai 2002 – 9 AZR 751/00 – BAGE 101, 153). Der einzelne Bewerber muss eine Einschränkung des durch Art. 33 Abs. 2 GG gewährten Zugangsrechts zu öffentlichen Ämtern hinnehmen, wenn ansonsten die Erfüllung der Aufgaben der öffentlichen Verwaltung unzumutbar behindert würde (BAG 28. Mai 2002 – 9 AZR 751/00 – aaO; weiter gehend: Einschränkung nur zur “Abwendung einer unmittelbar drohenden Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Verwaltung” BVerwG 25. November 2004 – 2 C 17.03 – ZTR 2005, 275 mwN). Für diese Einschränkung müssen gewichtige personalwirtschaftliche Gründe sprechen. Zudem darf das Interesse des Bewerbers an seinem beruflichen Fortkommen, das durch Art. 33 Abs. 2 GG geschützt wird, nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt werden. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, unterliegt der gerichtlichen Überprüfung; denn der öffentliche Arbeitgeber ist nicht berechtigt, selbst rechtsverbindlich zu entscheiden, ob seine Verwaltungsinteressen gegenüber dem Interesse eines Bewerbers auf Zugang zu einem öffentlichen Amt den Vorrang verdienen.
d) Die vom beklagten Land festgelegte Einschränkung der Bewerbungsmöglichkeit durch das Erfordernis einer fünfjährigen Mindestbeschäftigungszeit in einer Laufbahn des gehobenen Dienstes hält dieser rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Das beklagte Land hat sich darauf berufen, es bestehe ein sachliches Interesse an Planbarkeit und Kontinuität. Die Schulen der Sekundarstufe I, denen Lehrer mit der Befähigung für das Lehramt der Sekundarstufe I und II zugewiesen werden, sollen sich darauf verlassen können, dass diese auf absehbare Zeit auch dort verbleiben. Es ist dem beklagten Land zwar zuzugestehen, dass eine derartige Kontinuität aus pädagogischen Gründen sinnvoll ist. Dieses Interesse des beklagten Landes ist aber nicht so gewichtig, dass deswegen die verfassungsmäßige Garantie des Art. 33 Abs. 2 GG teilweise eingeschränkt werden kann.
Art. 33 Abs. 2 GG gewährt jedem Deutschen nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Dies gilt sowohl für außenstehende Bewerber als auch für bereits beim Dienstherrn beschäftigte Bewerber, wie den Kläger (BGH 6. April 1995 – III ZR 183/94 – BGHZ 129, 226). Das Interesse des beklagten Landes an einer fünfjährigen Mindestverweildauer von Lehrern im aktiven Schuldienst des Landes vor der Möglichkeit einer Bewerbung um eine BAT II/A 13 Z-Stelle in der Sekundarstufe II rechtfertigt nicht die unterschiedliche Behandlung des Klägers gegenüber den externen Bewerbern, die dieses Kriterium nicht erfüllen müssen.
Die vorgenommene Einschränkung des Kreises der Zugangsberechtigten wäre nur zulässig, soweit und solange sie zum Schutz eines verfassungsrechtlich geschützten Interesses geboten ist. Zwar kommt grundsätzlich zur Einschränkung des Rechts aus Art. 33 Abs. 2 GG das von dem beklagten Land geltend gemachte Interesse an der Sicherung der Funktionsfähigkeit der Schulverwaltung in Betracht (Senat 28. Mai 2002 – 9 AZR 751/00 – BAGE 101, 153). Denn nur mit einer funktionsfähigen Schulverwaltung erfüllt das beklagte Land den ihm durch Art. 7 Abs. 1 GG erteilten Erziehungsauftrag, der auch die staatliche Pflicht beinhaltet, das Schulwesen zu organisieren, Schulen zu errichten sowie Erziehungsziele und Ausbildungsgänge festzulegen (BVerfG 16. Mai 1995 – 1 BvR 1087/91 – BVerfGE 93, 1). Nach den getroffenen Feststellungen und dem Vorbringen des beklagten Landes ist jedoch die Einschränkung des Zugangsrechts nach Art. 33 Abs. 2 GG nicht erforderlich.
Die durch Erlass verfügte Mindestbeschäftigungsdauer für interne Bewerber dient allein der Erleichterung der Verwaltung. Sie ist nicht erforderlich, um die Funktionsfähigkeit des Schulbetriebs in der Sekundarstufe I zu sichern.
Die Notwendigkeit, die Stelle eines Lehrers, der sich erfolgreich auf eine höherwertige Stelle als Lehrer in der Sekundarstufe II beworben hat, mit einem neuen Lehrer zu besetzen, stellt den ordnungsgemäßen Schulbetrieb in der Sekundarstufe I nicht in Frage. Für den Eintritt derartig schwerwiegender Folgen sind weder Tatsachen vorgetragen noch Feststellungen getroffen worden. Allein die Notwendigkeit, frei werdende Lehrerstellen wieder zu besetzen und einen neuen Stelleninhaber einzuarbeiten, führt nicht zu einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit des Schulbetriebs. Vergleichbare Beeinträchtigungen sind erfahrungsgemäß mit jeder Versetzung oder Beförderung eines Stelleninhabers verbunden. Sie treten auch unabhängig davon auf, ob ein solcher Stellenwechsel erst nach einer fünfjährigen Tätigkeit des Lehrers auf seiner bisherigen Stelle oder bereits zu einem früheren Zeitpunkt stattfindet. Die Möglichkeit, Lehrer mit der Befähigung für die Sekundarstufe II auch für die weniger attraktive Sekundarstufe I zumindest für die Dauer von fünf Jahren zu binden, erleichtert zwar die Personaleinsatzplanung des beklagten Landes. Die Funktionsfähigkeit der Schulverwaltung ist aber nicht gefährdet, wenn sich einzelne Lehrkräfte der Sekundarstufe I bereits nach kürzerer Tätigkeit im Wege des Laufbahnwechsels auf höherwertige Stellen der Sekundarstufe II bewerben dürfen.
e) Das vom Kläger geltend gemachte gleiche Zugangsrecht iSv. Art. 33 Abs. 2 GG scheitert auch nicht daran, dass das beklagte Land nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG 25. November 2004 – 2 C 17.03 ZTR 2005, 275 mwN) auf Grund seiner Organisationsfreiheit für berechtigt gehalten wird, nach pflichtgemäßen Ermessen bei der Besetzung von Dienstposten zwischen Umsetzung, Versetzung oder Beförderung zu wählen. Diese Rechtsprechung befreit die öffentlichen Arbeitgeber nur davon, sog. Versetzungsbewerber in ein an den Maßstäben des Art. 33 Abs. 2 GG auszurichtendes Auswahlverfahren einzubeziehen. Der Kläger ist kein sog. Versetzungsbewerber, sondern strebt im Wege der Laufbahnänderung ein höherwertiges Amt als das bisher innegehabte an. Als Beförderungsbewerber kann sich der Kläger daher auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für die Bewerberauswahl auf die Anwendung der Maßstäbe des Art. 33 Abs. 2 GG berufen. Da das beklagte Land die Stellen auch für Beförderungsbewerber ausgeschrieben hat, ist es bei der Stellenbesetzung gehalten, die sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden Auswahlkriterien auf sämtliche Bewerber anzuwenden (vgl. BVerwG 25. November 2004 – 2 C 17.03 – aaO).
IV. Für die ursprünglich zulässige und begründete Feststellungsklage ist im Laufe des Rechtsstreits ein das Verfahren erledigendes Ereignis eingetreten. Da das beklagte Land der Erledigung der Hauptsache widersprochen hat, war durch streitiges Urteil die Erledigung der Hauptsache festzustellen.
V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Düwell, Reinecke, Böck, B. Lang, Pielenz
Fundstellen
BAGE 2006, 80 |
BB 2005, 2584 |
NJW 2005, 3085 |
FA 2006, 57 |
NZA 2005, 1185 |
SAE 2005, 296 |
ZTR 2005, 649 |
AP, 0 |
EzA-SD 2005, 11 |
EzA |
MDR 2005, 1234 |
PersV 2006, 71 |
RiA 2006, 11 |
AUR 2005, 384 |