Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifliche Grundkündigungsfrist für Arbeiter
Orientierungssatz
Der Senats hat in dem Urteil vom 23.1.1992 2 AZR 470/91 = EzA § 622 BGB nF Nr 41 für den Bereich der Textilindustrie Nordrhein bei einem Arbeiteranteil von 65% und einem Angestelltenanteil von 35% der Beschäftigten sowie ganz überwiegender Beschäftigung der Arbeiter in der Produktion die erhöhte personalwirtschaftliche Flexibilität als Sachgrund für die unterschiedlichen Grundkündigungsfristen für Arbeiter und Angestellte in jenem Bereich anerkannt.
Verfahrensgang
LAG Hamm (Entscheidung vom 15.08.1991; Aktenzeichen 4 Sa 562/91) |
ArbG Bochum (Entscheidung vom 22.01.1991; Aktenzeichen 2 Ca 1556/90) |
Tatbestand
Der Kläger war ab 2. Juli 1990 bei der Beklagten als Schweißer beschäftigt. Der erste Monat der Beschäftigung galt als Probezeit.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Manteltarifvertrag für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalen vom 29. Februar 1988 (MTV-Metall 1988) Anwendung, der u.a. folgende Regelung über Beginn und Beendigung des Arbeitsverhältnisses enthält:
"§ 2
Beginn des Arbeitsverhältnisses
...
2. Mit gewerblichen Arbeitnehmern kann eine Pro-
bezeit bis zu vier Wochen vereinbart werden.
Innerhalb der Probezeit kann das Arbeitsver-
hältnis mit einer Frist von zwei Tagen gekün-
digt werden.
...
Protokollnotiz zu § 2 Nr. 2
Die Tarifvertragsparteien sind sich einig, daß
bei einer gesetzlichen Änderung der Kündigungs-
fristen und der Berechnung der Betriebszugehörig-
keitszeiten Verhandlungen über diese tariflichen
Bestimmungen aufgenommen werden.
§ 20
Beendigung des Arbeitsverhältnisses
1. Abgesehen von den Fällen des § 2 Nr. 2 kann
das Arbeitsverhältnis mit folgenden Fristen
gekündigt werden:
a) bei gewerblichen Arbeitnehmern mit einer
Frist von 14 Tagen,
b) bei Angestellten mit einer Frist von sechs
Wochen zum Quartalsschluß.
2. Das Arbeitsverhältnis der Montagezeitarbeiter
kann während der ersten sechs Monate der Be-
schäftigung - auch auf verschiedenen Montage-
stellen - mit einer Frist von zwei Tagen ge-
kündigt werden. Danach gilt die Kündigungs-
frist der Nr. 1, sofern die Montage nicht be-
endet ist.
3. Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis
eines Arbeitnehmers, so beträgt die Kündi-
gungsfrist
a) bei gewerblichen Arbeitnehmern
nach einer Betriebszugehörigkeit von 5 Jah-
ren einen Monat zum Monatsende,
nach einer Betriebszugehörigkeit von 10
Jahren zwei Monate zum Monatsende,
nach einer Betriebszugehörigkeit von 15
Jahren drei Monate zum Monatsende.
Bei der Berechnung der Betriebszugehörig-
keit werden Zeiten, die vor Vollendung des
35. Lebensjahres liegen, nicht berücksich-
tigt.
..."
Mit Schreiben vom 8. August 1990, dem Kläger zugegangen am 9. August 1990, hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 23. August 1990 gekündigt.
Der Kläger hat Klage auf Feststellung erhoben, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristgemäße Kündigung der Beklagten vom 8. August 1990 nicht zum 23. August 1990, sondern (erst) zum 30. September 1990 aufgelöst worden sei und bis zu diesem Zeitpunkt fortbestehe.
Er hat die Auffassung vertreten, die im MTV-Metall 1988 vorgesehene Grundfrist für die ordentliche Kündigung gewerblicher Arbeitnehmer sei wegen fehlender sachlicher Differenzierungsgründe für die Verschlechterung der Rechtsstellung gegenüber den Angestellten verfassungswidrig und durch eine allgemein für Arbeitnehmer geltende Frist von sechs Wochen zum Quartalsschluß zu ersetzen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, das Arbeitsverhältnis sei wegen Nichteignung des Klägers unter Einhaltung der tarifvertraglichen und verfassungskonformen Kündigungsfrist beendet worden. Das Bundesverfassungsgericht habe seine Entscheidung auf die gesetzliche Regelung des § 622 Abs. 2 BGB beschränkt. Ob und inwieweit Tarifverträge, die eine entsprechende Regelung enthielten, aufgrund der Verfassung gebotenen Beschränkungen unterlägen, habe das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich offengelassen. Bei der gegenwärtigen Rechtslage sei es völlig offen, wie eine künftige - verfassungskonforme - gesetzliche Regelung der Kündigungsfristen aussehen werde.
Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 22. Januar 1991 nach dem Klageantrag erkannt.
Es hat seine Entscheidung insbesondere damit begründet, die in § 20 Nr. 1 Buchst. a MTV-Metall 1988 vorgesehene Kündigungsfrist von 14 Tagen für gewerbliche Arbeitnehmer sei unwirksam, weil sie gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoße. Mit dieser Regelung werde wesentlich Gleiches willkürlich ungleich behandelt. Die beiden Vergleichsgruppen von Normadressaten, nämlich Arbeiter und Angestellte in der Metallindustrie, wiesen keine so großen spezifischen Unterschiede auf, daß eine Ungleichbehandlung gerechtfertigt sein könne.
Es könne vorliegend dahingestellt bleiben, ob die Vorschrift des § 20 MTV-Metall 1988 nur deklaratorischen Charakter habe oder ob es sich um eine eigenständige, besonders ausgehandelte Regelung handele. Als deklaratorisch nur wiederholende Norm wäre sie schon aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Mai 1990 unwirksam. Aber auch eine eigenständig ausgehandelte Norm wäre verfassungswidrig. Bei den durch den Tarifvertrag betroffenen Vergleichsgruppen der Arbeiter und Angestellten der Metallindustrie seien grundsätzlich keine Unterschiede zu den Großgruppen der Angestellten und Arbeiter festzustellen. Im Gegensatz zu anderen Arbeitern, z.B. in der Bauindustrie, lägen in der Metallindustrie keine besonderen Arbeitsstrukturen vor, die die Ungleichbehandlung von Arbeitern und Angestellten rechtfertigen könnten. Es existierten weder besondere Versorgungskassen für Arbeiter, noch habe die Montagearbeit ein besonderes Gewicht. Auch bezüglich der Arbeitsmarktsituation seien gravierende Unterschiede zwischen Arbeitern und Angestellten nicht festzustellen. Diese Prüfung sei von Amts wegen vorzunehmen, weil es Aufgabe der Gerichte sei, nur solche Normen für die Urteilsfindung heranzuziehen, die auch mit der Verfassung im Einklang stünden. Es dürften keine Normen berücksichtigt werden, von deren Verfassungswidrigkeit ein Gericht überzeugt sei.
Nachdem sowohl die tarifvertragliche Regelung des § 20 MTV-Metall 1988 als auch die gesetzliche Regelung des § 622 Abs. 2 BGB verfassungswidrig seien, müsse für die Kündigungsfristen auf die gesetzliche Regelung des § 622 Abs. 1 BGB zurückgegriffen werden. Eine Aussetzung des Verfahrens bis 1993, um dem Gesetzgeber die Möglichkeit einer Neuregelung zu geben, wie es das Bundesverfassungsgericht vorgeschlagen habe, komme nicht in Betracht. Insoweit seien die Arbeitsgerichte an die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts nicht gebunden.
Vorliegend könnten weder der Gesetzgeber noch der Tarifvertragsnormgeber aus Gründen des Vertrauensschutzes die Angestellten für die Vergangenheit schlechterstellen als heute.
Die Beklagte hat zur Begründung ihrer Berufung vorgetragen, es bedürfe einer eingehenden Auseinandersetzung mit der Auffassung des Arbeitsgerichts, es sei selbst befugt, nur solche Normen für die Urteilsfindung heranzuziehen, die mit der Verfassung im Einklang stünden. Insoweit werde zu prüfen sein, inwieweit das Grundgesetz eine solche Drittwirkung entfalte, daß zwischen autonomen Tarifvertragsparteien ausgehandelte Tarifverträge ihre Gültigkeit verlieren könnten, weil sie möglicherweise die Intentionen des Grundgesetzes nicht vollständig widerspiegelten. Die Feststellung einer möglichen Verfassungswidrigkeit dürfe nicht von Amts wegen, sondern nur aufgrund des Vortrages der Parteien erfolgen. Da ein solcher Parteivortrag im vorliegenden Verfahren nicht erfolgt sei, bestehe für das erkennende Gericht keinerlei Notwendigkeit, diese Frage zu prüfen.
Der Kläger hat das angefochtene Urteil des Arbeitsgerichts verteidigt und sich darauf berufen, im Verhältnis zu der für Angestellte geltenden Regelung sei die von der Beklagten ihm gegenüber eingehaltene Kündigungsfrist gleichheitswidrig zu kurz bemessen worden. Es sei daher die Beklagte aufgefordert, Tatsachen und Kriterien vorzutragen, die eine unterschiedliche Regelung der Kündigungsfristen rechtfertigten.
Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag auf Zurückweisung der Berufung weiter, während die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat die für den Kläger einschlägige Grundkündigungsfrist des § 20 Nr. 1 Buchst. a MTV-Metall 1988 von 14 Tagen für verfassungskonform erachtet und zur Begründung insbesondere ausgeführt:
Die Regelungen eines Tarifvertrages unterlägen der Rechtskontrolle. Sie seien daraufhin zu überprüfen, ob sie gegen das Grundgesetz, zwingendes Gesetzesrecht, die guten Sitten oder tragende Grundsätze im Arbeitsrecht verstießen. Wenn die Kündigungsfristen für Arbeiter in Tarifverträgen eigenständig (konstitutiv) geregelt seien, hätten die Gerichte für Arbeitssachen in eigener Kompetenz zu prüfen, ob die Kündigungsregelungen für Arbeiter im Vergleich zu denen für Angestellte mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar seien, an den auch die Tarifvertragsparteien uneingeschränkt gebunden seien. Eine tarifvertragliche Kündigungsfrist für Arbeiter wäre dann sittenwidrig, wenn bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise kein vernünftiger, aus der Natur der Sache sich ergebender oder sonstwie einleuchtender Grund auffindbar wäre. An sachlichen Gründen für unterschiedliche Regelungen fehle es dann, wenn eine schlechtere Rechtsstellung der Arbeiter nur auf einer pauschalen Differenzierung zwischen den Gruppen der Angestellten und der Arbeiter beruhe. Sachlich gerechtfertigt seien hinreichend gruppenspezifisch ausgestaltete unterschiedliche Regelungen, die branchenspezifischen Interessen im Geltungsbereich des Tarifvertrages mit Hilfe verkürzter Kündigungsfristen für Arbeiter entsprächen und gruppenspezifische Schwierigkeiten von Angestellten bei der Stellensuche milderten.
Der MTV-Metall 1988 enthalte einen eigenständigen Regelungskomplex zu den Kündigungsfristen. Das ergebe sich allein schon daraus, daß die Tarifvertragsparteien mit den Protokollnotizen zu § 2 Nr. 2 und § 20 Nr. 1 und 3 MTV-Metall 1988 deutlich gemacht hätten, daß sie keinesfalls von einer automatischen Übernahme der gesetzlichen Regelungen ausgingen, sondern nur Verhandlungen über die eigenständigen tariflichen Bestimmungen aufnehmen wollten, sobald sich gesetzlich etwas geändert habe.
Es wäre verfehlt, § 20 Nr. 1 und 3 MTV-Metall 1988 (nur) mit den gesetzlichen Regelungen zu vergleichen. Vielmehr sei die gesamte tarifliche Regelung zu den Kündigungsfristen als ein einheitlicher Regelungskomplex den gesetzlichen Bestimmungen gegenüber zu stellen. Die Regelungen des § 2 Nr. 2 MTV-Metall 1988 über die Kündigungsfristen der Probezeit, des § 20 Nr. 1 MTV-Metall 1988 über die Grundkündigungsfristen und des § 20 Nr. 2 MTV-Metall 1988 zeigten, daß es sich um branchenspezifische eigenständige Kündigungsregelungen handele. Kürzere Kündigungsfristen für Arbeiter seien in der metallverarbeitenden Industrie sachlich begründet, weil in der Produktion ein Bedürfnis nach erhöhter personalwirtschaftlicher Flexibilität bestehe. Technische und wirtschaftliche Veränderungen wirkten sich in diesem Bereich der Betriebe unmittelbar aus. Personelle Folgemaßnahmen würden zuerst bei den hier beschäftigten Arbeitern erforderlich, so daß Entlassungen oder Änderungskündigungen kurzfristiger möglich sein müßten, als in anderen Bereichen. Da in der metallverarbeitenden Industrie die Arbeiter in aller Regel in der Produktion tätig seien, sei es hier nicht notwendig, für die wenigen Arbeiter, die in Verwaltungs- oder Konstruktionsbereichen eingesetzt würden, längere tarifliche Kündigungsfristen als für die sonstigen Arbeiter zu vereinbaren. Vielmehr seien die Tarifvertragsparteien insoweit zu einer typisierenden Regelung berechtigt.
Die kürzeren Kündigungsfristen für Arbeiter während der Probezeit seien dadurch begründet, daß bei ihnen das Fehlen der Eignung in aller Regel schneller feststellbar sei als bei den Angestellten. Die erhebliche Abweichung der verlängerten Kündigungsfristen für die Kündigung von Arbeitern im Verhältnis zu denen der Angestellten sei darauf zurückzuführen, daß bei Arbeitern sowohl die Grundkündigungsfristen als auch die verlängerten Kündigungsfristen tarifdisponibel seien, während bei Angestellten nur die Grundkündigungsfristen, nicht aber die verlängerten Kündigungsfristen, tarifdispositiv seien. Bei den verlängerten Kündigungsfristen für Arbeiter sei zu berücksichtigen, daß gewerbliche Arbeitnehmer, die noch nicht das 65. Lebensjahr vollendet hätten und dem Betrieb oder Unternehmen zehn Jahre angehörten, ebenso wie Angestellte nur noch aus wichtigem Grund kündbar seien.
Die tariflichen Kündigungsfristen des MTV-Metall 1988 seien daher bei Vornahme einer Gesamtabwägung nicht zu beanstanden. Die Zusammenschau aller Besonderheiten zeige, daß es sich bei den Kündigungsregelungen des MTV-Metall 1988 um eigenständige Vorschriften handele, die branchenspezifischen Interessen dienten und mit denen die Tarifvertragsparteien nicht den Gleichheitssatz verletzt hätten.
II. Gegen diese Würdigung wendet sich die Revision zu Recht. 1. Dem Landesarbeitsgericht ist allerdings darin zu folgen, daß es vorliegend um die Auslegung und Anwendung einer eigenständigen (konstitutiven) Kündigungsregelung geht. Wie es der Protokollnotiz, die nicht nur auf die Regelung des § 20 Nr. 3 MTV-Metall 1988 über die verlängerten Kündigungsfristen, sondern auch auf die Grundkündigungsfrist zu beziehen ist, zutreffend entnommen hat, haben die Tarifvertragsparteien die gesetzliche Kündigungsregelung für Arbeiter weder ganz noch teilweise automatisch übernommen, sondern in vollem Umfang ihrer eigenen Regelungskompetenz vorbehalten (vgl. auch Urteil des Senates vom 23. September 1992 - 2 AZR 231/92 - n.v., zu III 1 der Gründe).
2. Rechtsfehlerhaft ist es hingegen, wenn das Landesarbeitsgericht die Verfassungsmäßigkeit der Grundfrist mit einem "Gesamtvergleich" der tariflichen Regelungen über die Kündigungsfristen begründet hat. Es hat mit dieser Würdigung ein Kriterium, das allenfalls für die Eigenständigkeit einer tariflichen Regelung von Bedeutung sein kann, zu pauschal als Maßstab für sachliche Differenzierungsgründe übernommen (vgl. Urteil des Senates vom 23. September 1992, aaO, zu III 4 der Gründe). Vorliegend kann ein "Gesamtvergleich" im übrigen schon deswegen keinen sachlichen Grund für die unterschiedliche Regelung der Fristen ergeben, weil der Senat die längeren Kündigungsfristen für ältere gewerbliche Arbeitnehmer im Metallbereich bereits im Teilurteil vom 21. März 1991 (- 2 AZR 323/84 A - AP Nr. 29 zu § 622 BGB, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts vorgesehen) insgesamt für verfassungswidrig erachtet und hinsichtlich dieser verlängerten Fristen die Entscheidung bis zur gesetzlichen Neuregelung ausgesetzt hat.
3. Wie im bereits entschiedenen Parallelfall - 2 AZR 231/92 - (aaO) beruht die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts allerdings nicht allein auf dem schon im Ansatz verfehlten "Gesamtvergleich", sondern zusätzlich auf tatsächlichen Feststellungen, aus denen es sachliche Differenzierungsmerkmale für die Abgrenzung zwischen Arbeitern und Angestellten im Bereich Metall herzuleiten versucht hat.
a) Zunächst hat es mit formelhafter Begründung und Verweisung auf Entscheidungen des Senates, die auf andere Branchen (Gartenbau, Bau, Textil) bezogen sind, ein Bedürfnis nach erhöhter personalwirtschaftlicher Flexibilität in "der Produktion" darzulegen versucht. Dabei hat es die Besonderheiten, die sich aus der Produktion in bestimmten Bereichen ergeben können, zu allgemein auf alle Produktionsbereiche erweitert.
b) Darüber hinaus hat es die Feststellung getroffen, in der metallverarbeitenden Industrie seien die Arbeiter "in aller Regel" in der Produktion tätig.
4. Gegen diese Feststellungen wendet sich die Revision erfolgreich mit einer Verfahrensrüge nach § 286 ZPO.
a) Aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Falles, insbesondere der Prozeßgeschichte und des Vortrags des Klägers in den Tatsacheninstanzen, ist die Rüge ausreichend, die pauschale Begründung des Landesarbeitsgerichts überzeuge nicht.
b) Das Arbeitsgericht hat entgegen der Begründung des Berufungsgerichts festgestellt, im Gegensatz zu anderen Bereichen, wie in der Bauindustrie, lägen in der Metallindustrie keine besonderen Arbeitsstrukturen vor, die die Ungleichbehandlung von Arbeitern und Angestellten rechtfertigen würden. Mit dieser Begründung hat sich die Beklagte in der Berufung nicht auseinandergesetzt, weil sie im Gegenteil bestrebt war, eine gerichtliche Überprüfung auf sachliche Kriterien zu vermeiden. Der Kläger hat sich diese Begründung des Arbeitsgerichts zumindest konkludent zu eigen gemacht, indem er in seiner Berufungserwiderung die Würdigung des Arbeitsgerichts insgesamt verteidigt hat.
c) Das Berufungsgericht hat die Begründung des Arbeitsgerichts im Tatbestand mitgeteilt, ohne dazu in den Gründen Stellung zu nehmen. Es hat damit versäumt, seine im Widerspruch zu den Feststellungen des Arbeitsgerichts stehenden tatsächlichen Erwägungen zu begründen.
III. Da die revisionsrechtlich verwertbaren Tatsachenfeststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht ausreichen, um abschließend zu prüfen, ob der Gesichtspunkt der personalwirtschaftlichen Flexibilität vorliegend ein geeignetes Kriterium für die Ungleichheit der Grundkündigungsfristen für Arbeiter und Angestellte ist, muß der Rechtsstreit zurückverwiesen werden, um dem Berufungsgericht Gelegenheit zu entsprechender Sachaufklärung, ggf. auf der Grundlage weiteren Parteivortrages, zu geben.
Für die weitere Behandlung hält der Senat folgende Hinweise aus dem Urteil vom 23. September 1992 (aaO, zu III 5 der Gründe) für angezeigt, die wie folgt zusammengefaßt werden:
1. Es bedarf zunächst der Klärung, in welchem Umfang gewerbliche Arbeitnehmer in der Produktion tätig sind. Der Senat hat in dem Urteil vom 23. Januar 1992 (- 2 AZR 470/91 - EzA § 622 BGB n.F. Nr. 41) für den Bereich der Textilindustrie Nordrhein bei einem Arbeiteranteil von 65 % und einem Angestelltenanteil von 35 % der Beschäftigten sowie ganz überwiegender Beschäftigung der Arbeiter in der Produktion die erhöhte personalwirtschaftliche Flexibilität als Sachgrund für die unterschiedlichen Grundkündigungsfristen für Arbeiter und Angestellte in jenem Bereich anerkannt. Zur Begründung hat der Senat darauf verwiesen, auch wenn Umsatzentwicklungen frühzeitig erkennbar und bei der Personalbedarfsplanung zu berücksichtigen seien, ändere das nichts daran, daß Anpassungen sich zunächst und unmittelbar im Produktionsbereich auswirkten, wenn auch der administrative Bereich auf Dauer ebenfalls nicht unberührt bleiben werde. Selbst wenn die Auftragsbestände einen Zeitraum von mehreren Monaten abdeckten, könne dem eine ältere Belegschaft mit längeren Kündigungsfristen gegenüberstehen, was es gerade deshalb erforderlich mache, insbesondere betriebsbedingte Kündigungen bei Arbeitern mit kürzerer Betriebszugehörigkeit verhältnismäßig rasch umsetzen zu können. Gerade weil bei längerer Betriebszugehörigkeit sachliche Differenzierungsgründe für unterschiedliche Wartezeiten immer weniger anzuerkennen seien, werde der Handlungsspielraum des Arbeitgebers so eingegrenzt, daß er jedenfalls bei den Grundkündigungsfristen im sachlich gebotenen Umfang erhalten bleiben müsse. Wenn hierbei keine völlige Gleichstellung mit den Angestellten erreicht werde, so sei dies unerheblich, weil Art. 3 Abs. 1 GG keine "Gleichmacherei" verlange.
2. Ein Bedürfnis nach erhöhter personalwirtschaftlicher Flexibilität als Sachgrund für die Ungleichbehandlung von Arbeitern und Angestellten bezüglich der Grundkündigungsfristen besteht jedoch nicht generell schon allein wegen des Umfangs des Einsatzes von Arbeitern im Produktionsbereich ohne Rücksicht auf die Verhältnisse der jeweiligen Branche. Die Besonderheiten, die sich aus der Produktion in bestimmten Bereichen (Textil, Gartenbau) aus branchenspezifischen Gründen ergeben, dürfen nicht pauschal auf alle Produktionsbereiche erweitert werden, und zwar insbesondere nicht ohne eingehende Prüfung auf den Bereich des vorliegend einschlägigen MTV, dessen Geltungsbereich Klein-, Mittel- und Großbetriebe verschiedener Branchen umfaßt, insgesamt oder jedenfalls in Bezug auf die Branche, der die Beklagte angehört. Es ist vielmehr zu prüfen, ob aus gleichen oder ähnlichen Gründen wie in den vorgenannten Branchen ein konkretes Bedürfnis nach erhöhter personalwirtschaftlicher Flexibilität besteht.
Hillebrecht - Bitter
zugleich für den durch
Pensionierung ausgeschiedenen
Richter Triebfürst
Peter Jansen Binzek
Fundstellen