Entscheidungsstichwort (Thema)
Funktionszulage. Wegfall bei Aufgabe der Tätigkeit. Unkündbarkeit
Leitsatz (redaktionell)
§ 8 Abs. 3 S. 1 der Anlage 12 zum Ersatzkassen-Tarifvertrag (EKT, Tarifvertrag über Rationalisierungsschutz) schließt bei unkündbaren Angestellten eine Rückgruppierung, nicht aber den Wegfall von Zulagen, aus.
Normenkette
BGB §§ 133, 151 S. 1, § 157; TVG § 4 Abs. 3
Verfahrensgang
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger über den 30. April 2003 hinaus eine Zulage in Höhe der halben Aufrückungszulage der Vergütungsgruppe 10 der Anlage 5 zum Ersatzkassen-Tarifvertrag (EKT) zusteht.
Die Beklagte ist eine Ersatzkasse. Der am 27. Juli 1956 geborene Kläger ist bei ihr seit dem 1. August 1972 als Angestellter beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach dem EKT (Manteltarifvertrag – Stand: 1. Januar 1999) und seinen Anlagen. Vom 1. November 1993 bis zum 31. März 1999 leitete der Kläger die Bezirksgeschäftsstelle der Beklagten in V-D. Als Geschäftsführer dieser Bezirksgeschäftsstelle mit mehr als 1.800 und weniger als 3.001 Mitgliedern erhielt er zur Grundvergütung der Vergütungsgruppe 9 der Anlage 5 EKT (Tätigkeitsmerkmale – Stand: 1. Februar 1998) eine Zulage in Höhe der halben Aufrückungszulage der Vergütungsgruppe 10.
§ 10 Abs. 1 EKT bestimmt:
“(1) Der Angestellte wird nach den Tätigkeitsmerkmalen lt. Anlage 5 in die Vergütungsgruppe eingereiht, die der von ihm überwiegend auszuübenden Tätigkeit entspricht.”
In der Anlage 5 EKT (Stand: 1. Februar 1998) heißt es:
“A. Bezirksgeschäftsstellen
A.1. Bezirksgeschäftsstellen
…
Verg.Gr. 8 bis Verg.Gr. 12: |
Tätigkeiten nach dem Grad der Schwierigkeit des Aufgabengebietes und der damit verbundenen Verantwortung |
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Verg.Gr. 8 |
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Beispiele: |
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… |
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Stellv. Bezirksgeschäftsführer in Bezirksgeschäftsstellen bis 8.000 Mitglieder 3) |
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… |
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Verg.Gr. 9 |
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Beispiele: |
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Bezirksgeschäftsführer von Bezirksgeschäftsstellen bis 3000 Mitglieder 4) |
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Bezirksgeschäftsführer von Bezirksgeschäftsstellen von 1.801 bis 3.000 Mitglieder erhalten zur Grundvergütung der Vergütungsgruppe 9 eine Zulage in Höhe der halben Aufrückungszulage der Vergütungsgruppe 10 5) |
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… |
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4) siehe Protokollnotiz Nr. 4, 5 und 6 |
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5) siehe Protokollnotiz Nr. 7 |
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… |
Protokollnotizen zu den Tätigkeitsmerkmalen (Anlage 5 EKT) – Abschnitt A.1. Bezirksgeschäftsstellen
…
7. Zulagen für Bezirksgeschäftsführer und stellv. Bezirksgeschäftsführer
Zulagen für Bezirksgeschäftsführer und stellv. Bezirksgeschäftsführer werden entsprechend der Größenordnung der BGStn (Mitgliederzahl) in Höhe der halben Aufrückungszulage der jeweils nächsthöheren Vergütungsgruppe gezahlt.
Die Zulage in Höhe der halben Aufrückungszulage wird nur gezahlt, wenn die Mitgliederzahl jeweils am Ersten von mindestens 6 aufeinanderfolgenden Monaten überschritten wurde.
Die Zulage in Höhe der halben Aufrückungszulage entfällt, wenn die Mitgliederzahl jeweils am Ersten von mindestens 6 aufeinanderfolgenden Monaten unterschritten wurde. Entfällt demnach die Voraussetzung für den Anspruch, so endet die Zahlung mit Ablauf der Kündigungsfrist gemäß § 32 EKT. Bei Aufgabe der Tätigkeit entfällt die Zulage mit Ablauf des Monats, in dem die Tätigkeit als Bezirksgeschäftsführer/stellv. Bezirksgeschäftsführer endet.
Von einem Wegfall der Zulage aufgrund der Verringerung der Mitgliederzahl wird beim Bezirksgeschäftsführer und stellv. Bezirksgeschäftsführer abgesehen, wenn die Verringerung der Mitgliederzahl aus organisatorischen Gründen (z.B. Ausgliederung für eine neuzuerrichtende Bezirksgeschäftsstelle) erfolgt und dem Bezirksgeschäftsführer und stellv. Bezirksgeschäftsführer keine mindestens für die Zahlung der Zulage entsprechende Bezirksgeschäftsstelle angeboten werden kann.
Die Zulage in Höhe der halben Aufrückungszulage ist kein Bestandteil der Grundvergütung, sie ist jedoch ruhegehaltsfähig.
Bei Aufrückung in die nächsthöhere Vergütungsgruppe besteht lediglich ein Anspruch auf die halbe Aufrückungszulage der nächsthöheren Vergütungsgruppe.
…”
In einem Schreiben vom 17. Februar 1999 teilte die Beklagte dem Kläger ua. folgendes mit:
“Änderung der Tätigkeit
Sehr geehrter Herr M…,
aufgrund der Zusammenlegung der BGStn V-D und V entfällt Ihre Stelle als Bezirksgeschäftsführer. Aus diesem Grund entbinden wir Sie mit Wirkung ab 01.04.1999 von Ihrer bisherigen Aufgabe als Bezirksgeschäftsführer der BGSt V-D. Leider können wir Ihnen als Ersatz gemäß § 6 Absätze 1 und 2 Anlage 12 zum EKT einen höher- oder gleichwertigen Arbeitsplatz im Vergleich zu ihrem bisherigen Arbeitsplatz nicht anbieten, sondern gemäß § 6 Abs. 3 Anlage 12 zum EKT nur einen niedriger bewerteten Arbeitsplatz. Es handelt sich dabei um die Stelle des
stellvertretenden Bezirksgeschäftsführers in der BGSt E….
Wir versetzen Sie zum 01.04.1999 in die BGSt E… und übertragen Ihnen dort diese Aufgabe.
Ihre Einstufung bleibt gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 Anlage 12 zum EKT unverändert.
Aufgrund Ihrer – im Vergleich zu ihrer zukünftigen Tätigkeit – höherwertigen Einreihung in die Vergütungsgruppe 9 behalten wir uns vor, Sie im Rahmen der Bestimmungen des § 10 Abs. 1 EKT auf einen freien mit der Vergütungsgruppe 9 zzgl. einer Zulage in Höhe der halben Aufrückungszulage der Vergütungsgruppe 10 bewerteten und geeigneten Arbeitsplatz einzusetzen, wenn dies in der Zukunft möglich sein sollte.”
In der Anlage 12 EKT (Tarifvertrag über Rationalisierungsschutz – Stand: 1. Mai 1988) ist geregelt:
Ҥ 2
Begriffsbestimmung
(1) Rationalisierungsmaßnahmen im Sinne dieses Tarifvertrages sind beabsichtigte oder veranlaßte organisatorische und/oder technische Maßnahmen, wie z.B. die
…
– Auflösung, Einschränkung, Verlegung, Zusammenlegung oder Ausgliederung einer Dienststelle oder mehrerer Dienststellen oder Teilen von diesen,
…
wenn sie zu einer Veränderung, Verlegung oder einem Wegfall eines Arbeitsplatzes oder mehrerer Arbeitsplätze führen und damit für den Angestellten eine Umsetzung, Versetzung, Rückgruppierung oder Kündigung unmittelbar zur Folge haben könnten.
…
§ 8
Umsetzung, Versetzung, Rückgruppierung
…
(3) Erfolgt die Weiterbeschäftigung des Angestellten auf einem niedriger bewerteten Arbeitsplatz, kommt eine Rückgruppierung nur um eine Vergütungsgruppe, bei unkündbaren Angestellten gar nicht in Betracht. Im Falle einer Rückgruppierung verdoppeln sich die Fristen gemäß § 32 EKT.
…”
Auf Grund der Zusammenlegung der Bezirksgeschäftsstellen V-D und V versetzte die Beklagte den Kläger zum 1. April 1999 in ihre Bezirksgeschäftsstelle nach E… und setzte ihn dort mit seiner Zustimmung als stellvertretenden Bezirksgeschäftsführer ein. Diese Tätigkeit erfüllt auf Grund der Zahl der von der Bezirksgeschäftsstelle E… zu betreuenden Mitglieder die Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppe 8 der Anlage 5 EKT. Die Beklagte vergütet den Kläger weiterhin nach Vergütungsgruppe 9 der Anlage 5 EKT. Sie zahlte ihm bis April 2003 auch die in der Entgeltabrechnung für diesen Monat mit 106,85 Euro brutto ausgewiesene Zulage in Höhe der halben Aufrückungszulage der Vergütungsgruppe 10 weiter.
Der Kläger hat gemeint, ihm stehe diese Zulage über April 2003 hinaus zu. Die Beklagte habe ihm deshalb für die Monate Mai 2003 bis Juni 2004 insgesamt 1.495,90 Euro brutto zu zahlen. Als unkündbarer Angestellter habe er auch nach der Beendigung seiner Tätigkeit als Bezirksgeschäftsführer der Bezirksgeschäftsstelle V-D Anspruch auf diese Zulage. Der Entzug der Zulage sei eine Rückgruppierung, die nach § 8 Abs. 3 Satz 1 der Anlage 12 EKT bei unkündbaren Angestellten ausgeschlossen sei. Die Zulage sei nicht gemäß der Protokollnotiz Nr. 7 Abs. 3 Satz 3 Abschnitt A.1. der Anlage 5 EKT weggefallen. Er habe seine Tätigkeit als Bezirksgeschäftsführer nicht aufgegeben. Die Beklagte habe ihn von seinen Aufgaben als Bezirksgeschäftsführer der Bezirksgeschäftsstelle V-D entbunden und in die Bezirksgeschäftsstelle E… versetzt. Schließlich habe die Beklagte ihm in ihrem Schreiben vom 17. Februar 1999 zugesagt, dass seine Vergütung unverändert bleibe. Diese Zusage schließe einen Entzug der Zulage aus.
Der Kläger hat zuletzt beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.495,90 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31. Dezember 2003 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger mit Wirkung ab dem 1. Juli 2004 weiterhin die halbe Aufrückungszulage zur Vergütungsgruppe 10 zu zahlen.
Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Ansicht vertreten, der Kläger erfülle nach der Beendigung seiner Tätigkeit als Bezirksgeschäftsführer nicht mehr die tariflichen Voraussetzungen für die Zahlung der Zulage. Der Bestandsschutz in § 8 Abs. 3 Satz 1 Anlage 12 EKT schließe bei unkündbaren Angestellten nur eine Rückgruppierung aus. Sie sei auf Grund ihres an den Kläger gerichteten Schreibens vom 17. Februar 1999 nicht gehindert gewesen, die rechtsirrtümlich erfolgte Zahlung der Zulage einzustellen.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen.
I. Das Landesarbeitsgericht hat zusammengefasst angenommen, die tariflichen Voraussetzungen für die Zahlung der vom Kläger beanspruchten Zulage seien mit seiner Versetzung in die Bezirksgeschäftsstelle E… entfallen. Als stellvertretender Bezirksgeschäftsführer einer Bezirksgeschäftsstelle mit nicht mehr als 8.000 Mitgliedern habe der Kläger nach der tariflichen Regelung keinen Anspruch auf eine Zulage in Höhe der halben Aufrückungszulage der Vergütungsgruppe 10 der Anlage 5 EKT. Eine bei unkündbaren Angestellten wie dem Kläger nach § 8 Abs. 3 Satz 1 der Anlage 12 EKT unzulässige Rückgruppierung liege nicht vor. Auf Grund der Beendigung seiner Tätigkeit als Bezirksgeschäftsführer der Bezirksgeschäftsstelle V-D seien auch die Voraussetzungen für eine Weiterzahlung der Zulage nach der Protokollnotiz Nr. 7 Abs. 4 Abschnitt A.1. der Anlage 5 EKT nicht erfüllt. Die Beklagte habe dem Kläger die Weiterzahlung der Zulage auch nicht in ihrem Schreiben vom 17. Februar 1999 zugesagt.
II. Diese Ausführungen sind rechtsfehlerfrei. Für die vom Kläger beanspruchte Zulage besteht keine Anspruchsgrundlage.
1. Der Anspruch ergibt sich nicht aus Abschnitt A.1. der Anlage 5 EKT. Danach werden Bezirksgeschäftsführer von Bezirksgeschäftsstellen bis 3.000 Mitglieder nach Verg.Gr. 9 vergütet und erhalten zu dieser Grundvergütung eine Zulage in Höhe der halben Aufrückungszulage der Vergütungsgruppe 10, wenn die Zahl von 1.800 Mitgliedern jeweils am Ersten von mindestens sechs aufeinander folgenden Monaten überschritten wird (Protokollnotiz Nr. 7 Abs. 2 Abschnitt A.1. der Anlage 5 EKT). Diese Voraussetzungen hat der Kläger nur bis zum 31. März 1999 erfüllt. Er ist seit dem 1. April 1999 nicht mehr Bezirksgeschäftsführer einer Bezirksgeschäftsstelle mit mehr als 1.800 Mitgliedern. Ihm stand deshalb die beanspruchte Zulage ab dem 1. April 1999 nicht mehr zu.
2. Entgegen der Auffassung des Klägers begründet die Protokollnotiz Nr. 7 Abs. 3 Satz 3 Abschnitt A.1. der Anlage 5 EKT keinen Anspruch auf die Zulage.
a) Diese Tarifvorschrift regelt, dass bei Aufgabe der Tätigkeit die Zulage mit Ablauf des Monats entfällt, in dem die Tätigkeit des Bezirksgeschäftsführers/stellv. Bezirksgeschäftsführers endet. Sie legt damit das Ende der Zahlung der Zulage fest, wenn die Voraussetzung für den Anspruch auf die Zulage auf Grund der Aufgabe der Tätigkeit entfallen ist (BAG 22. Juni 2005 – 10 AZR 570/04 –, zu II 2a der Gründe). Bei einer Aufgabe der Tätigkeit vor dem letzten Tag des Monats ist nach der tariflichen Regelung die Zulage nicht anteilig, sondern bis zum Ende des Monats zu zahlen.
b) Der tarifliche Gesamtzusammenhang und Sinn und Zweck der Zulagenregelung bestätigen dieses Auslegungsergebnis.
aa) Gemäß der Protokollnotiz Nr. 7 Abs. 3 Satz 1 Abschnitt A.1. der Anlage 5 EKT entfällt bei Fortsetzung der Tätigkeit als Bezirksgeschäftsführer die Zulage in Höhe der halben Aufrückungszulage, wenn die Mitgliederzahl jeweils am Ersten von mindestens sechs aufeinander folgenden Monaten unterschritten wurde. Allerdings endet in einem solchen Fall die Zahlung der Zulage nicht bereits mit dem Wegfall der Anspruchsvoraussetzungen. In der Protokollnotiz Nr. 7 Abs. 3 Satz 2 Abschnitt A.1. der Anlage 5 EKT haben die Tarifvertragsparteien geregelt, dass die Zahlung erst mit Ablauf der Kündigungsfrist gemäß § 32 EKT endet. Diese Regelung haben sie bei einer Beendigung der Tätigkeit als Bezirksgeschäftsführer nicht für angemessen gehalten und deshalb in der Protokollnotiz Nr. 7 Abs. 3 Satz 3 Abschnitt A.1. der Anlage 5 EKT bestimmt, dass bei Aufgabe der Tätigkeit die Zahlung der Zulage bereits mit Ablauf des Monats entfällt, in dem die Tätigkeit als Bezirksgeschäftsführer endet (BAG 22. Juni 2005 – 10 AZR 570/04 –, zu II 2a der Gründe).
bb) Abschnitt A.1. der Anlage 5 EKT knüpft die Zulage für Bezirksgeschäftsführer oder stellvertretende Bezirksgeschäftsführer ausschließlich an die Tätigkeit in einer Bezirksgeschäftsstelle mit entsprechender Mitgliederzahl. Die Zulage in Höhe der halben Aufrückungszulage der nächst höheren Vergütungsgruppe stellt nicht auf tatsächliche Erschwernisse ab. Sie wird auch für Zeiten des Urlaubs und der Arbeitsunfähigkeit gewährt, wenn und solange für diese Zeiten dem Bezirksgeschäftsführer oder dem stellvertretenden Bezirksgeschäftsführer die Grundvergütung fortzuzahlen ist. Nach der tariflichen Regelung ist die Zulage eine Vergütung für eine herausgehobene Tätigkeit, die auf Grund der Größe der Bezirksgeschäftsstelle den Tätigkeitsmerkmalen der nächst höheren Vergütungsgruppe zwar noch nicht entspricht, jedoch nach Auffassung der Tarifvertragsparteien wegen der Zahl der Mitglieder mit der Grundvergütung der zustehenden Vergütungsgruppe nicht mehr angemessen bezahlt ist. Die tarifliche Zulage für Bezirksgeschäftsführer und stellvertretende Bezirksgeschäftsführer erfüllt damit die Voraussetzungen einer Funktionszulage (BAG 22. Juni 2005 – 10 AZR 570/04 –, zu II 4b der Gründe). Als solche ist sie Arbeitsentgelt für die Verrichtung von Arbeit in einer bestimmten Funktion (BAG 17. April 1996 – 10 AZR 617/95 – AP BAT §§ 22, 23 Zulagen Nr. 18, zu II 1 der Gründe). Endet die herausgehobene Tätigkeit, sind Bezirksgeschäftsführer und stellvertretende Bezirksgeschäftsführer nach Auffassung der Tarifvertragsparteien mit der Grundvergütung der zustehenden Vergütungsgruppe angemessen vergütet.
3. § 39c Abs. 1 EKT schließt den Wegfall der an die Tätigkeit eines Bezirksgeschäftsführers oder stellvertretenden Bezirksgeschäftsführers gebundenen Zulage nicht aus.
a) Nach dieser Tarifvorschrift gilt Anlage 12 EKT, wenn Angestellte von Rationalisierungsmaßnahmen betroffen sind. Gemäß der Begriffsbestimmung in § 2 Abs. 1 der Anlage 12 EKT ist die Auflösung einer Dienststelle oder eines Teils einer Dienststelle eine Rationalisierungsmaßnahme im Sinne dieser Anlage, wenn sie zu einer Veränderung, Verlegung oder einem Wegfall eines Arbeitsplatzes oder mehrerer Arbeitsplätze führt und damit für den Angestellten eine Umsetzung, Versetzung, Rückgruppierung oder Kündigung unmittelbar zur Folge haben könnte. Die Versetzung des Klägers zur Bezirksgeschäftsstelle der Beklagten nach E… auf Grund der Zusammenlegung der Bezirksgeschäftsstellen V-D und V wird damit nach § 39c Abs. 1 EKT vom Geltungsbereich der Anlage 12 EKT erfasst. Allerdings sichert diese tarifliche Regelung entgegen der Auffassung des Klägers nicht die von ihm beanspruchte Zulage.
b) Mit Recht hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass § 8 Abs. 3 Satz 1 Anlage 12 EKT unkündbare Angestellte nur vor einer Rückgruppierung schützt. Nach dieser Tarifbestimmung kommt eine Rückgruppierung nur um eine Vergütungsgruppe, bei unkündbaren Angestellten gar nicht in Betracht, wenn die Weiterbeschäftigung des Angestellten auf einem niedriger bewerteten Arbeitsplatz erfolgt. Die Beklagte hat den nach Vollendung des 40. Lebensjahres und nach einer Beschäftigungszeit von über 26 Jahren bei der Kasse gemäß § 33 Abs. 1 EKT unkündbaren Kläger nicht in eine niedrigere Vergütungsgruppe eingruppiert. Sie zahlt ihm auch nach der Versetzung in ihre Bezirksgeschäftsstelle nach E… Vergütung nach der Vergütungsgruppe 9 der Anlage 5 EKT, obwohl die Tätigkeit des Klägers nach der Zahl der von der Bezirksgeschäftsstelle E… zu betreuenden Mitglieder nur die Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppe 8 der Anlage 5 EKT erfüllt. Darüber besteht kein Streit. § 8 Abs. 3 Satz 1 der Anlage 12 EKT schließt den Wegfall von Zulagen nicht aus (BAG 22. Juni 2005 – 10 AZR 570/04 –, zu II 3b der Gründe). Der Wortlaut der Bestimmung ist eindeutig. Die Vorschrift spricht von der Rückgruppierung nur um eine Vergütungsgruppe und davon, dass eine solche bei unkündbaren Angestellten nicht in Betracht kommt. Die Tarifvertragsparteien haben in § 10 Abs. 1 EKT bei der Einreihung des Angestellten in die Vergütungsgruppe nach den Tätigkeitsmerkmalen der Anlage 5 EKT, in § 12 Abs. 2 Satz 1 EKT beim Aufrücken des Angestellten in eine höhere Vergütungsgruppe und in der Anlage 5 EKT bei der Regelung der Vergütung von Bezirksgeschäftsführern und stellvertretenden Bezirksgeschäftsführern strikt zwischen der Einreihung des Angestellten in eine Vergütungsgruppe, der Erhöhung der Grundvergütung um die Aufrückungszulage und der Zahlung einer Zulage in Höhe der halben Aufrückungszulage der nächst höheren Vergütungsgruppe unterschieden. Diese Differenzierung wird auch aus der Regelung in der Protokollnotiz Nr. 7 Abs. 5 Abschnitt A.1. der Anlage 5 EKT deutlich, wonach die Zulage in Höhe der halben Aufrückungszulage kein Bestandteil der Grundvergütung ist. Wenn die Tarifvertragsparteien bei der Besitzstandsregelung in § 8 Abs. 3 Satz 1 der Anlage 12 EKT nur die Rückgruppierung eingeschränkt und bei unkündbaren Angestellten völlig ausgeschlossen haben, haben sie damit ihren übereinstimmenden Willen zum Ausdruck gebracht, dass sie mit der Regelung in § 8 Abs. 3 Satz 1 der Anlage 12 EKT Zulagen nicht sichern wollten (BAG 22. Juni 2005 – 10 AZR 570/04 –, zu II 3b der Gründe).
4. Entgegen der Auffassung des Klägers haben die Parteien die tarifliche Zulagenregelung nicht zu seinen Gunsten abbedungen. Der Anspruch auf die Weiterzahlung der Zulage folgt nicht aus einem entsprechenden Angebot im Schreiben der Beklagten vom 17. Februar 1999, das der Kläger nach § 151 Satz 1 BGB auch ohne ausdrückliche Erklärung hätte annehmen können.
a) Allerdings konnten die Parteien ungeachtet einer beiderseitigen Tarifbindung oder einer Inbezugnahme der tariflichen Regelungen im Arbeitsvertrag zu Gunsten des Klägers (§ 4 Abs. 3 TVG) die Anwendung einzelner Tarifbestimmungen nachträglich vertraglich ausschließen oder durch eine andere Regelung ersetzen. Das konnte ausdrücklich oder konkludent erfolgen. Ob eine tarifliche Regelung durch eine einzelvertragliche Vereinbarung abbedungen ist, haben die Tatsacheninstanzen gemäß §§ 133, 157 BGB durch Auslegung der vertraglichen Vereinbarung festzustellen (BAG 21. Januar 2004 – 6 AZR 583/02 – BAGE 109, 207, 209; 13. März 2003 – 6 AZR 585/01 – BAGE 105, 205, 208).
b) Die Auslegung nichttypischer Vertragserklärungen durch die Tatsachengerichte ist in der Revisionsinstanz nur daraufhin überprüfbar, ob sie gegen gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verstößt oder wesentliche Umstände unberücksichtigt lässt und ob sie rechtlich möglich ist (st. Rspr., vgl. BAG 13. März 2003 – 6 AZR 585/01 – BAGE 105, 205, 208; 5. Juni 2002 – 7 AZR 241/01 – BAGE 101, 262; 15. November 2000 – 5 AZR 296/99 – BAGE 96, 237, 241 f. mwN). Die Auslegung sog. typischer Willenserklärungen durch das Berufungsgericht ist dagegen in der Revisionsinstanz in vollem Umfang nachprüfbar (st. Rspr., vgl. BAG 13. März 2003 – 6 AZR 698/01 –, zu 1 der Gründe; 19. Januar 2000 – 5 AZR 637/98 – BAGE 93, 212, 215; 16. Februar 2000 – 4 AZR 14/99 – BAGE 93, 328, 338, jeweils mwN).
c) Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts hielte auch dieser uneingeschränkten Überprüfung stand, wenn zu Gunsten des Klägers angenommen wird, dass die Beklagte die in dem Schreiben vom 17. Februar 1999 enthaltenen Erklärungen in einer Vielzahl von Fällen für Angestellte verwendet hat, die sie auf Grund der Zusammenlegung oder Schließung von Bezirksgeschäftsstellen versetzen wollte, und es sich deshalb um typische Willenserklärungen handelt.
aa) Gemäß § 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Dabei ist nach § 133 BGB der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Bei der Auslegung sind alle tatsächlichen Begleitumstände der Erklärung zu berücksichtigen, die für die Frage von Bedeutung sein können, welchen Willen der Erklärende bei seiner Erklärung gehabt hat und wie die Erklärung von ihrem Empfänger zu verstehen war (BAG 26. September 2002 – 6 AZR 434/00 – AP BBiG § 10 Nr. 10 = EzA BBiG § 10 Nr. 6, zu I 3 der Gründe; 12. Juni 2002 – 10 AZR 323/01 – EzA BetrVG 1972 § 112 Nr. 110, zu II 1b der Gründe). Danach hat die Beklagte dem Kläger weder ausdrücklich noch konkludent zugesagt, die Funktionszulage weiterzuzahlen.
bb) Das folgt bereits aus dem Wortlaut. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass sich die Erklärung der Beklagten in ihrem Schreiben vom 17. Februar 1999, die Einstufung des Klägers bleibe gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 Anlage 12 EKT unverändert, nur auf die Eingruppierung des Klägers bezieht. Mit dieser Auslegung hat das Landesarbeitsgericht den Begriff der Einstufung in seiner allgemeinen arbeitsrechtlichen Bedeutung herangezogen. Auch aus der Bezugnahme auf § 8 Abs. 3 Satz 1 Anlage 12 EKT wird deutlich, dass die Beklagte dem Kläger als unkündbaren Angestellten nur zugesagt hat, er werde trotz der Beschäftigung auf einem niedriger bewerteten Arbeitsplatz nicht in eine niedrigere Vergütungsgruppe eingruppiert. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht bei der Auslegung der Erklärung der Beklagten vom 17. Februar 1999 auch berücksichtigt, dass Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes im Zweifel lediglich Normvollzug betreiben wollen (vgl. BAG 29. September 2004 – 5 AZR 528/03 – AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 67 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 3, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu II 3b der Gründe). Als Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes durfte der Kläger deshalb nur auf eine korrekte Anwendung der aktuell geltenden rechtlichen Regelungen vertrauen. Er musste davon ausgehen, dass ihm die Beklagte als Arbeitgeberin des öffentlichen Dienstes nur die Leistungen gewähren wollte, zu denen sie rechtlich verpflichtet war, zumal die Beklagte im Schreiben vom 17. Februar 1999 die maßgebenden Tarifbestimmungen für die Vergütung des Klägers genannt hat und die Erklärung, übertarifliche Leistungen gewähren zu wollen, die Ausnahme darstellt (BAG 14. Dezember 2004 – 9 AZR 673/03 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Rundfunk Nr. 43 = EzA TVG § 4 Rundfunk Nr. 26, zu II 2 der Gründe).
cc) Allerdings hat die Beklagte dem Kläger die Funktionszulage auch noch nach der Beendigung seiner Tätigkeit als Bezirksgeschäftsführer der Bezirksgeschäftsstelle V-D und nach seiner Versetzung in die Bezirksgeschäftsstelle E… bis zum 30. April 2003 weitergezahlt und diese Zulage auch in den Entgeltabrechnungen ausgewiesen. Daraus kann ohne Verletzung der Auslegungsgrundsätze der §§ 133, 157 BGB jedoch nicht gefolgert werden, die Beklagte habe dem Kläger die Funktionszulage unabhängig vom Vorliegen der tariflichen Voraussetzungen zugestanden (vgl. BAG 3. November 2004 – 5 AZR 622/03 – AP BGB § 611 Lohnanspruch Nr. 28 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 4, zu II 2 der Gründe; 14. Dezember 2004 – 9 AZR 673/03 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Rundfunk Nr. 43 = EzA TVG § 4 Rundfunk Nr. 26, zu II 2 der Gründe). Die Entgeltabrechnungen der Beklagten dokumentierten nur die Höhe der aktuellen, abgerechneten Vergütung, bestimmten aber nicht den Anspruch und stehen einer Einstellung der vom 1. April 1999 bis zum 30. April 2003 ohne rechtlichen Grund erfolgten Zahlung der Funktionszulage nicht entgegen.
Unterschriften
Brühler, Zwanziger, Creutzfeldt, Schwitzer, Böhlo
Fundstellen