Entscheidungsstichwort (Thema)
Geltendmachung der Urlaubsabgeltung
Orientierungssatz
Hinweise des Senats:
" Geltendmachung der Urlaubsabgeltung in einer Güteverhandlung als Mahnung nach § 284 Abs 1 Satz 1 BGB."
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des
Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 28. August 1998 -
5 Sa 249/98 - wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Urlaub aus dem Jahre 1997 abzugelten.
Der Kläger ist Sohn des Beklagten. Er war zunächst von Juli 1996 bis Dezember 1996 und dann erneut vom 1. März 1997 an zusammen mit zwei anderen Arbeitnehmern im Betrieb seines Vaters beschäftigt. Der Vater kündigte das Arbeitsverhältnis am 23. Oktober 1997 fristlos.
Mit der am 24. Oktober 1997 auf der Rechtsantragsstelle des Arbeitsgerichts Elmshorn aufgenommenen Klageschrift hat sich der Kläger gegen die außerordentliche fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses gewandt und zugleich geltend gemacht, bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am 30. November 1997 stehe ihm ein anteiliger Urlaubsanspruch von 15 Arbeitstagen zu. In der Güteverhandlung vom 13. November 1997 hat der Kläger den ungekürzten Vollurlaub verlangt und die entsprechende Abgeltung berechnet. Nachdem die gütliche Einigung gescheitert war, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 15. Januar 1998 die Feststellungsklage erweitert und einen Abgeltungsanspruch für 20 Urlaubstage gerichtlich geltend gemacht. Er hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger als Urlaubsabgeltung 4.963,20 DM brutto zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat am 29. Januar 1998 festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung am 23. Oktober 1997 zum 30. November 1997 beendet worden ist. Die Verhandlung und Entscheidung über den Urlaubsabgeltungsanspruch hat es abgetrennt. In dem abgetrennten Verfahren hat es den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte weiterhin das Ziel der Klageabweisung.
Entscheidungsgründe
I. Die Revision ist unbegründet. Der Kläger hat Anspruch auf Schadenersatz in Höhe von 4.963,20 DM für den mit Ablauf des Jahres 1997 untergegangenen Anspruch auf Abgeltung von 20 Urlaubstagen.
1. Der Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs aus dem Jahre 1997 ist erloschen.
a) Nach mehr als sechsmonatigem Bestehen eines Arbeitsverhältnisses erwirbt ein Arbeitnehmer den vollen Urlaubsanspruch (§ 4 BUrlG), der nach § 3 Abs. 1 BUrlG mindestens 24 Werktage jährlich beträgt.
Das Arbeitsverhältnis des Klägers bestand vom 1. März 1997 bis 30. November 1997. Somit hatte der Kläger den ungekürzten Anspruch auf den Mindesturlaub erworben. Da der Kläger nicht an sechs Werktagen in der Woche sondern nur an fünf Tagen in der Woche arbeitete, war wegen der vertraglich vom Bundesurlaubsgesetz abweichenden Verteilung der Wochenarbeitszeit die Dauer des urlaubsrechtlichen Freistellungsanspruchs umzurechnen (BAG 8. September 1998 - 9 AZR 161/97 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 216; 18. Februar 1997 - 9 AZR 738/95 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Chemie Nr. 13 = EzA BUrlG § 3 Nr. 20). In entsprechender Anwendung der in § 47 Satz 1 SchwbG aufgestellten Bemessungsregel hätte der Beklagte den Kläger während des Arbeitsverhältnisses an 20 Arbeitstagen von der Arbeit freistellen müssen.
b) Mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30. November 1997 entstand nach § 7 Abs. 4 BUrlG der Anspruch auf Abgeltung des Vollurlaubs. Ebenso wie der Urlaubsanspruch auf das Kalenderjahr befristet ist, ist auch der ihn ersetzende Abgeltungsanspruch nach der Rechtsprechung des Senats befristet (BAG 17. Januar 1995 - 9 AZR 664/93 - und 5. Dezember 1995 - 9 AZR 871/94 - AP BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 66 und 70 = EzA BUrlG § 7 Nr. 98 und 101). Das Landesarbeitsgericht hat eine davon abweichende Auffassung vertreten. Es hat ausgeführt, sei der Urlaubsabgeltungsanspruch einmal entstanden, so folge er als Zahlungsanspruch nicht mehr den Regeln für die Geltendmachung des Urlaubs. Dem kann nicht zugestimmt werden. Das Landesarbeitsgericht hat unberücksichtigt gelassen, daß sowohl der Urlaubsanspruch selbst als auch der ihn ersetzende Abgeltungsanspruch von Gesetzes wegen befristet sind. Sie erlöschen nach Ablauf des Urlaubsjahres, soweit nicht eine Übertragung nach § 7 Abs. 3 BUrlG stattfindet. Anhaltspunkte für eine Übertragung des Urlaubs fehlen. Deshalb muß von einem Erlöschen des Abgeltungsanspruchs mit Ablauf des 31. Dezember 1997 ausgegangen werden.
2. Gleichwohl ist die Klage nicht unbegründet. Der Kläger hat Anspruch auf Schadenersatz für den mit Ablauf des Jahres 1997 untergegangenen Abgeltungsanspruch. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 7. November 1985 - 6 AZR 62/84 - BAGE 50, 112; Senat 17. Januar 1995 - 9 AZR 664/93 - aaO) kann ein Arbeitnehmer einen der Urlaubsabgeltung entsprechenden Geldbetrag als Schadenersatz für den infolge Fristablaufs erloschenen Anspruch fordern, sofern er seinen Arbeitgeber zuvor in Verzug gesetzt hatte (§ 284 Abs. 1, § 286 Abs. 1, § 287 Satz 2, § 249 Satz 1 BGB). Der Beklagte befand sich vor Ablauf des Jahres 1997 mit der Zahlung der Abgeltung im Verzug.
a) Unerheblich ist, daß der Kläger im Oktober 1997 gegen die Kündigung Feststellungsklage erhoben hat. Die Erhebung einer Kündigungsschutzklage hat grundsätzlich nicht die Geltendmachung von Urlaubsansprüchen des Arbeitnehmers zum Inhalt (Senat 17. Januar 1995 - 9 AZR 664/93 - aaO; 21. September 1999 - 9 AZR 705/98 - BB 2000, 881).
b) Der Kläger hat in der Klageschrift vom 24. Oktober 1997 eine Urlaubsabgeltung verlangt. Darin liegt eine Mahnung nach § 284 Abs. 1 Satz 1 BGB.
Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, ein Verzug des Beklagten sei nur für einen Teilurlaub von 15 Arbeitstagen begründet worden. Zutreffend daran ist, daß die Forderung einer zu geringen Summe nur hinsichtlich des angemahnten Betrages den Verzug begründet (vgl. Palandt/Heinrichs BGB 56. Aufl. § 284 Rn. 19). Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, es sei ihm nicht erkennbar, daß der Kläger seine Forderung auf 20 Urlaubstage erweitert habe. Das Landesarbeitsgericht ist dabei über die in dem Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils getroffene Tatsachenfeststellung hinweggegangen. Nach der Feststellung des Landesarbeitsgericht hat der Kläger den Beklagten in der Güteverhandlung vom 13. November 1997 aufgefordert, ihm Vollurlaub im Umfang von 20 Arbeitstagen zu gewähren oder nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten. Das Arbeitsgericht hat zudem diese Feststellung auch zum Gegenstand der Niederschrift der öffentlichen Sitzung vom 29. Januar 1998 gemacht. In Ermangelung abweichender Feststellungen ist davon auszugehen, daß die Aufforderung des Klägers im Gütetermin den Beklagten in Verzug gesetzt hat. Unerheblich ist, daß die Aufforderung zur Zahlung der Abgeltung bereits vor Ende des Arbeitsverhältnisses ergangen ist. Zwar darf eine Mahnung nicht vor Fälligkeit erfolgen, ansonsten ist sie wirkungslos (Palandt/Heinrichs BGB 56. Aufl. § 284 Rn. 16). Hier liegt aber kein Fall der Mahnung vor Fälligkeit vor. Denn der vom Kläger geltend gemachte Urlaubsanspruch war bereits fällig. Dieser fällige Urlaubsanspruch hat sich nach § 7 Abs. 4 BUrlG bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses "automatisch" in den Abgeltungsanspruch umgewandelt. War der Schuldner des Urlaubsanspruchs bereits durch die Aufforderung zur Urlaubserteilung in Verzug geraten, so bedurfte es keiner erneuten Mahnung zur Bewirkung des Verzuges für den Abgeltungsanspruch.
II. Da die Entscheidung des Berufungsgerichts sich im Ergebnis als richtig erweist, ist die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Leinemann
ReineckeDüwell Klosterkemper
R. Trümner
Fundstellen