Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung von Programmauswerter
Orientierungssatz
Eingruppierung nach Vergütungsgruppe II bei der Deutschen Welle nach dem Vergütungstarifvertrag; Erster Programmauswerter; Abteilungsleiter.
Normenkette
TVG § 1
Verfahrensgang
LAG Köln (Entscheidung vom 05.03.1986; Aktenzeichen 7 Sa 1266/85) |
ArbG Köln (Entscheidung vom 20.08.1985; Aktenzeichen 1 Ca 4817/85) |
Tatbestand
Die Klägerin steht seit Ende 1962 in den Diensten der Beklagten und war zunächst als Abteilungssekretärin und Übersetzerin beschäftigt. Ab 1. Februar 1964 war sie als Programmauswerterin tätig und erhielt hierfür eine Vergütung nach VergGr. VI des bei der Beklagten geltenden Vergütungstarifvertrages (VGT DW). In der Zeit vom 1. August 1966 bis 31. Dezember 1970 erhielt die Klägerin für die Tätigkeit als Schichtaufsicht eine Vergütung nach VergGr. V VGT DW. Seit dem 1. Januar 1971 ist sie als Erste Programmauswerterin mit einer Vergütung nach VergGr. IV VGT DW tätig.
Nach der Arbeitsanweisung für Erste Programmauswerter vom 13. Mai 1971 sind diese für die Überwachung der Arbeit aller Programmauswerter im Hinblick auf die sachgerechte Durchführung ihrer Aufgaben zuständig. Weiterhin obliegt einem Ersten Programmauswerter die Überprüfung, Ausbildung und der Einsatz neuer Mitarbeiter. Sie sind zuständig für die Abhörplanung sowie die wöchentlichen Dienst- und Abhörpläne. Daneben sollen sie auch weiterhin als Programmauswerter tätig sein.
Diese Aufgaben sind von der Klägerin in Zusammenarbeit mit einer weiteren Ersten Programmauswerterin zunächst gemeinsam erledigt worden, jedoch mit deren Ausscheiden zum 15. März 1979 insgesamt auf die Klägerin übergegangen.
Nach dem Organisationsplan der Beklagten vom 1. April 1985 gehört die Programmauswertung zur Abteilung "Monitor-Dienst". An der Spitze dieser Abteilung steht der Angestellte R, der als Abteilungsleiter einer besonders hervorgehobenen Abteilung Vergütung nach VergGr. I VGT DW erhält. Die Abteilung "Monitor- Dienst" gliedert sich in die Bereiche "Programmauswertung" und "Redaktion". Die "Redaktion" wird von einem "Ersten Redakteur" geleitet, der auch den Abteilungsleiter "Monitor-Dienst" bei dessen Abwesenheit vertritt und Vergütung nach VergGr. II VGT DW erhält.
Mit der Klage hat die Klägerin die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten begehrt, ihr ab 1. Januar 1981 eine Vergütung nach VergGr. II Stufe 3 VGT DW zu gewähren. Darüber hinaus hat sie die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 29.362,-- DM brutto nebst 4 v. H. Zinsen seit Klagezustellung am 19. Juni 1985 begehrt. Hierzu hat sie vorgetragen, sie übe zumindest seit Januar 1981 eine nach VergGr. II VGT DW zu bewertende Tätigkeit aus, da sie zu 90 v. H. ihrer gesamten Arbeitszeit mit leitenden Aufgaben beschäftigt sei und nur noch zu 10 v. H. ihrer Arbeitszeit besondere schwierige Auswertungen vornehme. Im Rahmen der von ihr wahrzunehmenden Leitungsfunktion obliege ihr nicht nur der Einsatz der Mitarbeiter, das Erstellen von Abhörplänen und die Schulung des Nachwuchses, sondern sie werde auch zu allen Besprechungen über den Etat, die Personalplanung, die Zusammenarbeit mit BBC und FBIS oder dem Bundespresseamt neben dem Hauptabteilungsleiter und dem Ersten Redakteur der Abteilung Redaktion als Abteilungsleiterin der Abteilung Programmauswertung hinzugezogen. Zwar werde der "Monitor-Dienst" und die "Programmauswertung" sowie "Redaktion" von der Beklagten nicht als Hauptabteilung bzw. Abteilung bezeichnet, doch komme es darauf nicht an. Entscheidend sei vielmehr, daß die "Programmauswertung" als abgeschlossener Bereich anzusehen sei, der von der Klägerin geleitet werde. Dementsprechend unterfielen der VergGr. II VGT DW neben dem Abteilungsleiter auch der "Leiter des Sprachdienstes", der "Herstellungsleiter" sowie der "Dienstleiter Nachrichten". Demgegenüber könne die Beklagte nicht erfolgreich darauf verweisen, daß die Bereiche "Programmauswertung" und "Redaktion" zusammen die Abteilung "Monitor-Dienst" ausmachten. Für die Zeit vom 1. Januar 1981 bis 31. Mai 1985 belaufe sich die Vergütungsdifferenz auf monatlich 554,-- DM, so daß ihr insgesamt ein Betrag von 29.362,-- DM brutto zustehe.
Demgemäß hat die Klägerin beantragt,
1. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet
ist, der Klägerin ab 1. Januar 1981 Vergütung
gemäß Vergütungsgruppe II, Stufe 3, des Ver-
gütungstarifs der Beklagten zu gewähren,
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin
29.362,-- DM brutto nebst 4 v. H. Zinsen
seit dem Tage der Zustellung der Klage zu
zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und erwidert, der Klägerin stehe die begehrte höhere Vergütung nicht zu, da sie keine Abteilungsleiterin im Sinne der VergGr. II VGT DW sei. Dies scheitere schon daran, daß die "Programmauswertung" keine Abteilung sei, sondern zur Abteilung "Monitor-Dienst" gehöre. Darüber hinaus könne der Klägerin aber auch nicht darin gefolgt werden, der Bereich "Programmauswertung" stelle eine eigene Abteilung dar. Vielmehr arbeite die Programmauswertung der Redaktion zu, so daß nicht nachvollziehbar sei, wie die Klägerin in Anbetracht dieser Nachordnung von einer Abteilung ausgehen könne. Weiterhin habe die Klägerin weder dargelegt, was zu den typischen Leitungsaufgaben eines Abteilungsleiters gehöre, noch lasse ihr Vortrag erkennen, was als Leitungsaufgaben eines Abteilungsleiters angesehen werden könne. Vielmehr übe die Klägerin solche Tätigkeiten aus, wie sie von einem Ersten Programmauswerter zu erwarten seien. Zu Unrecht gehe die Klägerin auch davon aus, der VergGr. II VGT DW unterfielen neben dem Abteilungsleiter sämtliche sonstigen Leiter. So würden in der VergGr. III VGT DW ausdrücklich der "Dienstleiter-Monitor", der "Produktionsleiter" sowie der "Leiter der Bibliothek" und der "Leiter großer Archive" genannt. Demgegenüber unterfielen der VergGr. IV VGT DW der "Aufnahmeleiter mbA" sowie der "Archivleiter", so daß nicht einzusehen sei, weshalb die Klägerin in Ausübung ihrer Leitungsfunktion nach VergGr. II VGT DW zu vergüten sei.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin blieb ohne Erfolg.
Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel unter Beschränkung des Feststellungsantrages auf die Zeit ab 1. Juni 1985 weiter. Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision war zurückzuweisen. Zutreffend gehen die Vorinstanzen davon aus, daß der Klägerin eine Vergütung nach VergGr. II VGT DW nicht zusteht.
Auszugehen für den Anspruch der Klägerin ist von Nr. 512.1 MTV DW, wo es heißt:
Die Grundvergütung richtet sich nach dem Ver-
gütungstarif. Für die Eingruppierung nach dem
Vergütungstarif ist die überwiegend ausgeübte
Tätigkeit, mindestens aber die im Arbeitsver-
trag festgelegte Tätigkeit maßgebend.
Damit kommt es darauf an, ob die von der Klägerin ab 1. Januar 1981 überwiegend ausgeübte Tätigkeit den tariflichen Merkmalen der VergGr. II VGT DW entspricht. In dieser Vergütungsgruppe sind jedoch keine konkreten Tätigkeitsmerkmale oder auch nur allgemeine Umschreibungen für die Tätigkeit enthalten, nach der eine tarifliche Eingruppierung vorgenommen werden kann. Vielmehr enthält der VGT DW lediglich Tätigkeits- bzw. Berufsbezeichnungen ohne jede weitere nähere Erläuterung. In der von der Klägerin in Anspruch genommenen VergGr. II VGT DW vom 23. Dezember 1964 in der Fassung vom 10. Juni 1977 sind enthalten:
Abteilungsleiter,
Erste Redakteure (auch Leiter der Sprachdienste
in den Zonenredaktionen),
Herstellungsleiter,
Betriebsingenieure,
Erster Architekt,
Erster wissenschaftlicher Mitarbeiter,
Dienstleiter Nachrichten.
Hieran hat sich auch durch den Tarifvertrag vom 3. Februar 1986 nichts geändert, sondern sind lediglich auch die Berufsbezeichnungen und Tätigkeitsbezeichnungen in der für weibliche Angestellte geltenden Form zugefügt. Für die Klägerin käme danach eine Höhergruppierung in VergGr. II VGT DW nur dann in Betracht, wenn sie als Abteilungsleiterin im Sinne des Tarifvertrages anzusehen wäre. Das ist nicht der Fall.
Nach allgemeinem Sprachgebrauch ist unter einem Abteilungsleiter der Leiter einer Abteilung in einem Betrieb oder einer Behörde zu verstehen, wobei Abteilung als Zweig eines Betriebes mit bestimmtem Aufgabengebiet bzw. als relativ selbständiger Teil einer größeren Organisationseinheit anzusehen ist (Unternehmen, Warenhaus, Bank, Behörde, Krankenhaus, Museum usw.; vgl. Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Band I, S. 97, 98; Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, Band 1, S. 73). Für den vorliegenden Tarifvertrag ergibt sich aber aus dem für die Auslegung des Tarifvertrages maßgeblichen Gesamtzusammenhang (vgl. BAGE 42, 86; 46, 308 = AP Nrn. 128, 135 zu § 1 TVG Auslegung), daß danach nicht jeder Angestellte, der einen abgrenzbaren relativ selbständigen Teil innerhalb eines Betriebes leitet, schon als Abteilungsleiter im Sinne dieses Tarifvertrages anzusehen ist. So sind in VergGr. VII VGT DW aufgeführt der Fahrdienstleiter, der Werkstattleiter oder der Fahrbereitschaftsleiter, in VergGr. VI VGT DW der Küchenleiter und in VergGr. V VGT DW der Leiter der technischen Werkstatt sowie in VergGr. IV VGT DW der Archivleiter. In VergGr. III VGT DW sind eingruppiert der Produktionsleiter (Transkription), der Dienstleiter Monitor, der Leiter der Bibliothek und der Leiter großer Archive. Daraus ergibt sich für die Auslegung des vorliegenden Tarifvertrages über die Vergütung der Angestellten der Beklagten, daß Leitungsaufgaben für sich allein noch nicht die Tätigkeit eines Abteilungsleiters ausmachen und daher auch nicht ohne weiteres Vergütung nach VergGr. II VGT DW rechtfertigen. Die Tarifvertragsparteien haben vielmehr für eine Vielzahl von Leitungsfunktionen innerhalb bestimmter Aufgabenbereiche spezielle tarifliche Regelungen geschaffen. Diese Regelungen sind auf die Organisation der Beklagten zugeschnitten. Das ergibt sich nicht nur aus den einzelnen Berufs- und Tätigkeitsbezeichnungen, sondern folgt auch daraus, daß es sich um einen allein für die Beklagte als einzelne, bestimmte Rundfunkanstalt geltende tarifliche Regelung handelt (vgl. BAG vom 7. Februar 1979 - 4 AZR 562/77 - AP Nr. 8 zu § 1 TVG Tarifverträge: Rundfunk).
Dann gilt aber auch für den Begriff des Abteilungsleiters im Sinne der VergGr. II VGT DW, daß darunter nur Angestellte zu verstehen sind, die nach der Organisation der Beklagten eine Abteilung leiten. Eine solche Abteilung ist aber die Programmauswertung unstreitig nicht. Sie ist auch, wie das Landesarbeitsgericht festgestellt hat, in der Vergangenheit niemals eine Abteilung gewesen, sondern war stets wie auch gegenwärtig noch Teil der Abteilung Monitor-Dienst. Darüber hinaus sind die Leitungsaufgaben im Bereich Programmauswertung auch nie von einem Abteilungsleiter, sondern stets von einem oder mehreren Ersten Programmauswertern vorgenommen worden. Diese Aufgaben haben sich inhaltlich nicht geändert, da die Arbeitsanweisung für Erste Programmauswerter vom 13. Mai 1971 nach wie vor auch für die Klägerin gilt, wenn auch die Zahl der Mitarbeiter gestiegen und damit die Quantität der Aufgaben gesteigert worden ist.
Unter diesen Umständen wäre es allein Sache der Tarifvertragsparteien, wenn die Leitung der Programmauswertung höher und anders bewertet werden soll. Nur die Tarifvertragsparteien hätten durch Höhergruppierung des Ersten Programmauswerters oder durch Schaffung eines Tätigkeitsbeispiels als Leiter der Programmauswertung eine andere tarifliche Bewertung vornehmen können, was auch 1976 von dem damaligen Abteilungsleiter des Monitor-Dienstes angeregt worden ist. Danach sollte im Hinblick auf die Zahl der in der Programmauswertung beschäftigten Mitarbeiter der Leiter der Programmauswertung dem Chef vom Dienst im Monitor-Dienst gleichgestellt werden. Das ist jedoch auch bei Änderung des Vergütungstarifvertrages nicht geschehen, so daß es nach wie vor dabei bleibt, daß die Leitung der Programmauswertung als Teil der Abteilung Monitor-Dienst in den Händen des Ersten Programmauswerters liegt. Unter diesen Umständen können die Gerichte für Arbeitssachen nicht anstelle der Tarifvertragsparteien ein tarifliches Merkmal für einen Leiter der Programmauswertung einführen. Deshalb kommt es auch insoweit nicht darauf an, ob im Laufe der Jahre tatsächlich in der Leitung der Programmauswertung Veränderungen eingetreten sind, solange die Tarifvertragsparteien daraus keine tarifliche Neubewertung herleiten.
Demgegenüber kann sich die Klägerin auch nicht auf die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes berufen, da die Tätigkeit eines Ersten Programmauswerters mit der Redaktionstätigkeit nicht gleichgesetzt werden kann. Die Aufgaben der Programmauswertung unterscheiden sich maßgeblich von den Aufgaben in der Redaktion. Durchgehend ist dem in der tariflichen Regelung auch dadurch Rechnung getragen, daß Redakteure jeweils anders und in den einzelnen Vergütungsgruppen auch höher bewertet werden als Programmauswerter.
Haben aber damit die Vorinstanzen die Klage zu Recht abgewiesen, war die Revision mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Dr. Neumann Dr. Etzel Dr. Feller
Dr. Börner Peter Jansen
Fundstellen