Entscheidungsstichwort (Thema)
Baugewerbliche Tätigkeit. Darlegungslast; Lastkraftwagen als Baumaschine
Leitsatz (amtlich)
Normale Lastkraftwagen sind keine Baumaschinen im Sinne des § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 38 VTV vom 12. November 1986 i.d.F. vom 12. November 1986 und i.d.F. vom 6. Januar 1989.
Normenkette
TVG § 1 Tarifverträge: Bau; Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) vom 12. November 1986 i.d.F. vom 12. November 1986 und i.d.F. vom 6. Januar 1989 § 1 Abs. 2 Abschn. V Nrn. 23-24, 38
Verfahrensgang
Tenor
- Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 24. Januar 1992 – 15 Sa 621/91 – wird zurückgewiesen.
- Die Kosten der Revision trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte zu 1) im Zeitraum von Juli 1987 bis Dezember 1990 einen Betrieb des Baugewerbes im Sinne der Sozialkassentarifverträge für das Baugewerbe betrieben hat und deshalb als Gesamtschuldnerin mit der Beklagten zu 2), der Komplementärin der Beklagten zu 1), zur Auskunftserteilung sowie zur Zahlung von Beiträgen für gewerbliche Arbeitnehmer an die Klägerin verpflichtet ist.
Die Klägerin ist die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes VVaG. Sie ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes.
Sie nimmt die Beklagten gesamtschuldnerisch auf Auskunft nach Maßgabe der Sozialkassentarifverträge des Baugewerbes für den Zeitraum von Januar 1989 bis Dezember 1990 über die Zahl der beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer, deren Bruttolohnsumme und die entsprechende Höhe der abzuführenden Beiträge sowie – für den Fall der Nichterfüllung – auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 349.200,00 DM in Anspruch, Außerdem verlangt sie für den Zeitraum Juli 1987 bis Dezember 1988 die Zahlung von Beiträgen für gewerbliche Arbeitnehmer in Höhe von 158.855,72 DM.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, im Klagezeitraum sei der Betrieb der Beklagten zu 1) vom betrieblichen Geltungsbereich des für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (im folgenden: VTV) erfaßt worden.
Dieser Tarifvertrag hatte, soweit vorliegend von Interesse, in seiner Fassung vom 6. Januar 1989 folgenden Wortlaut:
In der 1987 und 1988 geltenden Fassung des VTV war der Wortlaut dieser einschlägigen Bestimmungen derselbe.
Die Klägerin behauptet, im Betrieb der Beklagten zu 1) seien in den Jahren 1987 bis 1990 zu durchschnittlich 25 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit folgende Tätigkeiten ausgeübt worden: Ausschacht- und Aushubarbeiten von Baugruben, Schächten und Gräben zur Verlegung für Kabel- und Rohrleitungen einschließlich des Abtransports des angefallenen Erdreichs mittels eigener LKWs, Verlegung von Dränage- und Betonrohren, Verfüllen und Verdichten der Schächte, Gruben und Gräben sowie anschließendes Wiederherstellen der Oberfläche.
Weiter trägt die Klägerin vor, im Betrieb der Beklagten zu 1) habe der Verleih von Baumaschinen (Bagger, LKW, Rüttler, Stampfer, Walzen) mit Bedienungspersonal zum Zwecke der Erbringung der vorgenannten baulichen Leistungen gegen Entgelt weitere 40 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit erbracht. Von diesen 40 % seien nur ein Neuntel auf die “Verleihtätigkeit” von LKWs entfallen. Dies ergebe sich u. a. aus der Tatsache, daß die Beklagte zu 1) insgesamt 45 Maschinen bzw. Kipplader und ähnliches vermiete und sich darunter nur 5 Lastkraftwagen befänden.
Auf Grund dieser arbeitszeitlich überwiegend ausgeübten Tätigkeiten unterfalle der Betrieb der Beklagten zu 1) dem betrieblichen Geltungsbereich des VTV.
Die Klägerin hat beantragt,
1. |
die Beklagten wie Gesamtschuldner zu verurteilen, 158.855,72 DM an sie zu zahlen, |
2. |
die Beklagten wie Gesamtschuldner zu verurteilen, ihr auf dem vorgeschriebenen Formular Auskunft darüber zu erteilen, wieviele Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung der Arbeiter (RVO) versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, in den Monaten Januar 1989 bis Dezember 1990 in dem Betrieb der Beklagten beschäftigt wurden sowie in welcher Höhe die lohnsteuerpflichtige Bruttolohnsumme insgesamt für diese Arbeitnehmer und die Beiträge für die Sozialkassen der Bauwirtschaft in den genannten Monaten angefallen sind sowie für den Fall, daß diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung nicht erfüllt wird, an sie folgende Entschädigung zu zahlen: |
349.200,00 DM. |
Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt.
Sie halten den Sachvortrag der Klägerin für nicht ausreichend substantiiert.
Insbesondere betreiten sie, daß im Betrieb der Beklagten zu 1) Baumaschinen mit Bedienungspersonal vermietet worden seien. Vielmehr vermiete diese nur Maschinen ohne Personal. Die Tätigkeit der dort beschäftigten Arbeitnehmer beschränke sich auf die Wartung der Maschinen und Geräte, auf Fuhrleistungen mit den Lastkraftwagen selbst, auf Be- und Entladearbeiten, die Überführungen und Rückführungen sowie Zwischentransporte zu und von den Einsatzorten. Schon aus ihren Mietpreisen für die Baumaschinen ergebe sich, daß in diesen keine Kosten für Bedienungspersonal enthalten sein könnten.
Fast zwei Drittel aller Geräte seien nur kleinere Arbeitsmaschinen, wie Abbauhämmer, Bohrhämmer, Rüttelplatten usw. Daher sei die Rückrechnung der Klägerin, daß nur ein Neuntel der betrieblichen Arbeitszeit auf die Vermiettätigkeit von Lastkraftwagen entfalle, weil unter ihren 45 “Baumaschinen” fünf Lastkraftwagen seien, unzutreffend.
Der größte Teil der betrieblichen Arbeitszeit entfalle auf die Vermietung der acht (nicht fünf, wie die Klägerin behaupte) Lastkraftwagen.
Im übrigen vertreten die Beklagten die Meinung, Lastkraftwagen seien keine Baumaschinen im Sinne der Nr. 38 des § 1 Abs. 2 Abschn. V VTV.
Letztlich bestreiten sie, daß im Betrieb der Beklagten zu 1) die von der Klägerin angeführten Erdaushubarbeiten und Rohrleitungs- bzw. Kabelleitungsarbeiten erbracht worden sind.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen und die Revision zugelassen.
Die Klägerin rügt mit ihrer Revision u. a. eine Verletzung des § 139 ZPO durch das Landesarbeitsgericht, weil dieses sie nicht auf die angeblichen Unklarheiten des Sachvortrages hingewiesen habe.
Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter, die Beklagten beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision ist unbegründet.
Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Auskunft und Nachentrichtung von Beiträgen nach dem VTV nicht zu.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, ein Anspruch auf Auskunftserteilung und Zahlung rückständiger Beiträge sei nicht begründet, weil die Klägerin nicht schlüssig dargelegt habe, daß der Betrieb der Beklagten zu 1) im Klagezeitraum vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV erfaßt worden sei. Die Darlegungslast, daß arbeitszeitlich überwiegend im Betrieb Tätigkeiten ausgeführt worden seien, welche den Beispielstätigkeiten in § 1 Abs. 2 Abschn. V VTV entsprächen oder unter die sonstigen Abschnitte des § 1 Abs. 2 VTV fielen, liege bei der Klägerin. Dabei genügten regelmäßig zunächst pauschale Angaben über die erbrachten Leistungen. Reiche der klägerische Vortrag aus, den Schluß darauf zuzulassen, der Betrieb werde vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV erfaßt, müsse der Arbeitgeber substantiiert erwidern. Werde durch seine Erwiderung der klägerische Sachvortrag unklar oder unplausibel, bedürfe es weiteren, näher ins Detail gehenden und sich mit dem Beklagtenvortrag auseinandersetzenden Vortrages. Daran fehle es im zu entscheidenden Falle.
Soweit sich die Klägerin darauf beziehe, im Betrieb der Beklagten zu 1) würden zu 25 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit Ausschacht- und Aushubarbeiten usw. ausgeführt, hätte sie anhand konkreter Tatsachen zu diesem Tätigkeitsbereich vortragen und auch Beispiele dafür angeben müssen, daß derartige Tätigkeiten überhaupt ausgeführt worden seien.
Entsprechendes gelte auch für die von der Klägerin behauptete Vermietung von Baumaschinen mit Bedienungspersonal. Zunächst komme insoweit nur ein Prozentsatz von 35,5 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit und nicht ein solcher von 40 % in Betracht, weil Lastkraftwagen keine Baumaschinen im Sinne des § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 38 VTV seien.
Angesichts des detaillierten Bestreitens durch die Beklagten hätte die Klägerin einschlägige Beispiele anführen und klarstellen müssen, welche Maschinen im einzelnen mit Bedienungspersonal vermietet worden seien. Dies gelte insbesondere auch deshalb, weil die von den Beklagten vorgetragenen Mietpreise dafür sprächen, daß eine Vermietung ohne Personal erfolgt sei.
II. Der Senat stimmt dem Landesarbeitsgericht im Ergebnis, nicht aber in allen Teilen der Begründung zu.
1. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht von der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ausgegangen, nach der ein Betrieb vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV erfaßt wird, wenn von den Arbeitnehmern arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten ausgeführt werden, die in § 1 Abs. 2 VTV aufgeführt sind. Auf wirtschaftliche Gesichtspunkte wie Umsatz- und Verdienst oder auf handels- oder gewerberechtliche Kriterien kommt es nicht an (vgl. BAGE 56, 227 = AP Nr. 88 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau, m.w.N.).
Dabei hat die Klägerin nach den allgemeinen Grundsätzen für die Darlegungs- und Beweislast darzulegen und ggf. zu beweisen, daß im Betrieb des beklagten Arbeitgebers arbeitszeitlich überwiegend baugewerbliche Tätigkeiten verrichtet werden (BAG Urteil vom 28. März 1990 – 4 AZR 615/89 – AP Nr. 130 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau, m.w.N. zur ständigen Rechtsprechung).
Ein Sachvortrag zur Begründung eines Klageanspruches ist dann schlüssig, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet oder erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person des Klägers entstanden erscheinen zu lassen (BGH Urteil vom 12. Juli 1984 – VII ZR 123/83 – JZ 1985, 183, m.w.N.). Bei einer Klage, mit der die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes einen Arbeitgeber nach Maßgabe der Sozialkassentarifverträge in Anspruch nimmt, bedeutet dies, wie das Landesarbeitsgericht mit Recht ausführt, daß die ZVK Tatsachen vortragen muß, welche den Schluß darauf zulassen, der Betrieb werde vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV erfaßt. Dies ist dann der Fall, wenn im Betrieb arbeitszeitlich überwiegend eine Tätigkeit ausgeführt wird, die unter ein in § 1 Abs. 2 Abschn. V VTV genanntes Tätigkeitsbeispiel fällt oder von den übrigen Abschnitten des § 1 Abs. 2 VTV erfaßt wird. Ergibt sich aus dem Sachvortrag der ZVK, daß in einem Betrieb Arbeiten ausgeführt werden, welche die Zuordnung zu unterschiedlichen in § 1 Abs. 2 VTV aufgeführten baugewerblichen Tätigkeiten zulassen, bedarf es zur Schlüssigkeit der Klage der Darlegung, daß diese baugewerblichen Tätigkeiten insgesamt arbeitszeitlich überwiegen (BAG Urteil vom 3. November 1993 – 10 AZR 538/92 –, nicht veröffentlicht).
Es ist Aufgabe der beklagten Partei, auf einen solchen schlüssigen Sachvortrag der ZVK so substantiiert wie ihr möglich zu erwidern. Ist dies geschehen und wird dadurch der klägerische Sachvortrag nutzlos, unklar oder unschlüssig, bedarf es weiteren, sich mit dem Beklagtenvorbringen detailliert auseinandersetzenden Vorbringens der Klagepartei, welches auch im Hinblick auf den Vortrag des Prozeßgegners die Schlüssigkeit des Klagevorbringens gewährleistet (BGH Urteil vom 12. Juli 1984, aaO).
Legt man diese Maßstäbe an das Vorbringen der Klägerin an, so ist davon auszugehen, daß sie nicht hinreichend substantiiert dargelegt hat, daß im Klagezeitraum baugewerbliche Tätigkeiten im Betrieb der Beklagten zu 1) insgesamt arbeitszeitlich überwogen haben.
2. Nach dem klägerischen Sachvortrag kommen baugewerbliche Tätigkeiten der Beklagten zu 1) nach § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 23, 24 und 38 VTV in Frage.
a) Zu § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 38 VTV (Vermietung von Baumaschinen mit Bedienungspersonal) hat die Klägerin in ihrer Klagebegründung vom 9. Oktober 1990 vorgetragen, im Betrieb der Beklagten zu 1) seien von 1987 bis 1990 u. a. folgende Arbeiten erbracht worden:
Verleih von Baumaschinen (Bagger, LKW, Rüttler, Stampfer, Walzen) mit Bedienungspersonal zum Zwecke der Erbringung baulicher Leistungen gegen Entgelt.
Dieses Vorbringen hat sie in ihrer Berufungsbegründung dahingehend konkretisiert, daß die Beklagte zu 1) zu 40 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit den Verleih von Baumaschinen mit Bedienungspersonal betreibe und insgesamt “45 Maschinen bzw. Kipplader etc.” zum Verleih anbiete; davon seien nur fünf Maschinen “reine LKWs”. Auch diese seien “Baumaschinen” im Sinne des § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 38 VTV, wenn sie vermietet und zur Erbringung baulicher Leistungen eingesetzt würden.
Verneine man dies, so entfalle nur ein Neuntel der betrieblichen “Verleih-” Arbeitszeit auf die Verleihtätigkeit von Lastkraftwagen.
b) Der Ansicht, Lastkraftwagen seien Baumaschinen, kann der Senat nicht folgen.
Zunächst ist bei der Tarifauslegung – entsprechend den Grundsätzen der Gesetzesauslegung – vom Tarifwortlaut auszugehen und darüber hinaus zur Feststellung des wirklichen Willens der Tarifvertragsparteien und des von ihnen beabsichtigten Sinns und Zwecks der Tarifnormen auf den tariflichen Gesamtzusammenhang abzustellen (BAGE 46, 308 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung).
Eine Baumaschine ist eine Maschine, die bei der Ausführung von Hoch- und Tiefbauten verwendet wird (Wahrig, Deutsches Wörterbuch, S. 235). Als Maschine wiederum wird eine mechanische, aus beweglichen und unbeweglichen Teilen zusammengesetzte Vorrichtung bezeichnet, die Kraft überträgt oder Arbeitsvorgänge selbständig verrichtet bzw. Energie aus einer in eine andere Form umwandelt (Kraftmaschine). Als “Maschinen” werden umgangssprachlich auch Flugzeuge, Lokomotiven, Motorräder, Rennwagen und ähnliches bezeichnet (Wahrig, Deutsches Wörterbuch, S. 866). Lastkraftwagen als solche unterfallen damit nicht dem Begriff der (Bau-) Maschinen, da sie als “Kraftwagen” (Kraftfahrzeuge) als mit eigener Maschinen kraft bewegte Landfahrzeuge zu betrachten sind (Wahrig, Deutsches Wörterbuch, S. 786) und damit die “Maschine” (= Motor) lediglich eines ihrer wesentlichen Bestandteile ist.
Lastkraftwagen werden auch umgangssprachlich nicht als “Maschinen” bezeichnet. Des weiteren spricht die Verwendung des Begriffes “Bedienungspersonal” in § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 38 VTV dafür, daß mit “Baumaschinen” keine Lastkraftwagen gemeint sind, weil diese nach allgemeinem Sprachgebrauch nicht von “Bedienungspersonal”, sondern von “Fahrern” bewegt werden.
Somit spricht bereits der Wortlaut des § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 38 VTV gegen die Annahme, Lastkraftwagen seien “Baumaschinen” im Sinne der Tarifnorm.
Auch nach Sinn und Zweck des VTV können Lastkraftwagen entgegen dem Wortlaut der tariflichen Regelung nicht unter dem Begriff “Baumaschinen” eingeordnet werden.
Allgemein soll der VTV nur für Betriebe des Baugewerbes gelten. Würde man unter den Begriff “Baumaschinen” ganz allgemein auch Lastkraftwagen einordnen, so unterfiele jede Firma, die Lastkraftwagen mit Fahrern vermietet, immer dann dem VTV, wenn mit ihren Fahrzeugen überwiegend bauliche Leistungen erbracht würden, ohne daß es erforderlich wäre, daß der Betrieb selbst einen Bezug zum Baugewerbe hätte. Die Zuordnung einer solchen “Verleihfirma” zum Geltungsbereich der Bautarifverträge hinge somit alleine davon ab, ob die Mieter der Lastkraftwagen mehrheitlich im Zusammenhang mit der Erbringung von Bauleistungen anfallendes oder benötigtes Gut oder aber andere Güter transportieren. Solche “Verleihfirmen” sind in der Regel solche des Fuhr- oder Speditionsgewerbes bzw. mit diesen vergleichbar. Bei ihnen fehlt es an einem unmittelbaren oder mittelbaren Bezug zum Baugewerbe. Ein solcher fehlt auch bei den dort beschäftigten Arbeitnehmern.
Bei einem Betrieb, der “Baumaschinen” im eigentlichen Sinne vermietet, liegt dagegen ein solcher Bezug zum Baugewerbe vor, weil Baumaschinen in der Regel nur an Unternehmen des Baugewerbes vermietet werden. Solche “Verleihfirmen” beschäftigen als Bedienungspersonal regelmäßig auch Arbeitnehmer, die im Ergebnis die gleichen Arbeiten verrichten, wie diejenigen, welche in Betrieben beschäftigt sind, die mit eigenen Arbeitnehmern unmittelbar Leistungen des Baugewerbes erbringen. Deshalb entspricht es auch Sinn und Zweck der tariflichen Regelung, nur diese “Verleihfirmen”, deren Arbeitnehmer letztlich auch “Arbeitnehmer des Baugewerbes” sind, dem Geltungsbereich des VTV zu unterwerfen.
Die Regelung des § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 38 VTV will verhindern, daß Betriebe sich dem betrieblichen Geltungsbereich des VTV dadurch entziehen, daß sie im Ergebnis zwar bauliche Leistungen erbringen, aber nicht mehr selbständig und eigenverantwortlich, sondern dadurch, daß sie ihre Baumaschinen zusammen mit dem Bedienungspersonal an Dritte vermieten, die dann ihrerseits mit diesen Geräten und dem entsprechend geschulten Personal Tätigkeiten des Baugewerbes verrichten.
Ob Lastkraftwagen, die so konstruiert oder ausgerüstet sind, daß sie ausschließlich für baugewerbliche Tätigkeiten sinnvoll eingesetzt werden können, Baumaschinen im Sinne des § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 38 VTV darstellen, brauchte der Senat nicht zu entscheiden. Weder aus dem vom Landesarbeitsgericht festgestellten Sachverhalt noch aus dem Sachvortrag der Parteien ist ersichtlich, daß es sich bei den von den Beklagten vermieteten Lastkraftwagen um solche Spezialfahrzeuge gehandelt hat.
c) Da Lastkraftwagen im allgemeinen somit nicht unter den Begriff “Baumaschinen” des § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 38 VTV fallen, erweist sich der Sachvortrag der Klägerin, im Betrieb der Beklagten zu 1) würden zu 40 % unter diese Tarifnorm fallende Tätigkeiten ausgeführt, nicht als schlüssig.
Die Beklagten haben vorgetragen, bei den 45 Maschinen, welche die Beklagte zu 1) vermiete, handele es sich bei fast zwei Drittel der Geräte um kleinere Arbeitsmaschinen wie Abbauhämmer, Bohrhämmer, Rüttelplatten usw., so daß über 50 % der betrieblichen “Verleih-” Arbeitszeit auf den Lastwagenbetrieb entfalle.
Auch nach dem eigenen Sachvortrag der Klägerin ist davon auszugehen, daß die Beklagte zu 1) mindestens fünf Lastkraftwagen und 40 Baumaschinen vermietet. Damit steht fest, daß in nicht unerheblichem Umfange Geräte vermietet werden, die keine Baumaschinen im Sinne des § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 38 VTV sind.
Die von der Klägerin gezogene Schlußfolgerung, daß immer noch etwa 35,6 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit auf die Vermietung von Baumaschinen mit Bedienungspersonal entfalle, wenn ein Neuntel der “Maschinen” Lastkraftwagen seien und diese nicht als Baumaschinen angesehen werden können, ist nicht zwingend.
Es kann nicht davon ausgegangen werden, daß die Beklagte zu 1) arbeitszeitlich genau ein Neuntel ihrer Vermietertätigkeit mit dem Vermieten von Lastkraftwagen erbracht hat. Nur dann würde eine Herausnahme der Lastkraftwagen aus dem Begriff “Baumaschinen” zu einer dem Verhältnis Lastkraftwagen/Baumaschinen (einschließlich Lastkraftwagen) entsprechenden Herabsetzung des Arbeitszeitanteils der “Baumaschinenvermietung” führen.
Die Beklagten haben aber vorgetragen, sie hätten ihre Lastkraftwagen in wesentlich größerem Umfange vermietet als die sonstigen Baumaschinen.
Dieser Sachvortrag ist nachvollziehbar. Lastkraftwagen werden üblicherweise häufiger angemietet als spezielle Baugeräte, wie z. B. Bohrhämmer, Beton-, Asphalt-, Abbauhämmer, Rüttelplatten, Kompressoren und ähnliche von der Beklagten vermietete Geräte.
Dies gilt vor allem auch deshalb, weil die Beklagte zu 1) diese Gerätschaften in verschiedenen Ausführungen und Größen vorhält und es jeder Lebenserfahrung widerspricht, daß die Vermietung dieser Geräte in den verschiedenen Varianten arbeitszeitlich betrachtet immer acht Neuntel der Gesamtvermietungstätigkeit der Beklagten zu 1) ausgemacht hat. Nur dann könnte nämlich der Anteil der “LKW-Vermietung” generell mit einem Neuntel der gesamten Vermietungstätigkeit angenommen werden.
Wenn es mithin nicht folgerichtig ist, daß die Klägerin den Arbeitszeitumfang der Vermietertätigkeit der Beklagten zu 1) unter Nichtberücksichtigung der vermieteten Lastkraftwagen mit (40 % abzüglich ein Neuntel von 40 % = ungefähr) 35,6 % der Gesamtarbeitszeit errechnet, ist ihr Sachvortrag insoweit nicht schlüssig und daher ergänzungsbedürftig.
Eine solche Ergänzung hat die Klägerin nicht vorgenommen, obwohl die Beklagten schon schriftsätzlich auf diese Unschlüssigkeit des Klagevorbringens hingewiesen hatten. Diese war deshalb der Klägerin bekannt.
Da das Klagevorbringen aus anderen als den vom Landesarbeitsgericht angenommenen Gründen nicht hinreichend war, geht die Rüge der Klägerin, das Landesarbeitsgericht hätte sie nach § 139 ZPO auf die nach seiner Meinung vorliegende Unzulänglichkeit ihres Sachvortrages hinweisen müssen, ins Leere. Ein solcher Hinweis hätte nicht zu einem schlüssigen Sachvortrag der Klägerin im oben dargelegten Sinne führen können.
Somit fehlt es bereits an einem ausreichenden Vorbringen der Klägerin dazu, in welchem Umfange die Beklagte zu 1) im Klagezeitraum die behaupteten Tätigkeiten nach § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 38 VTV verrichtet hat. Deshalb kommt es auf die strittige Frage, ob die Beklagte ihre Baumaschinen mit oder ohne Bedienungspersonal vermietet hat, nicht mehr an.
d) Nach dem Sachvortrag der Klägerin sind im Betrieb der Beklagten zu 1) auch unter § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 23 und 24 VTV fallende Erdaushub-, Kabel- und Rohrleitungsverlegungsarbeiten im Umfange von 25 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit angefallen. Ob ihr diesbezügliches Vorbringen schlüssig ist und ob das Landesarbeitsgericht darüber Beweis hätte erheben müssen, kann dahingestellt bleiben, weil, selbst wenn sich die klägerischen Behauptungen als zutreffend erwiesen, nicht feststünde, daß die baugewerblichen Tätigkeiten nach § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 23 und 24 VTV zusammen mit denjenigen nach § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 38 VTV im Klagezeitraum arbeitszeitlich überwogen haben.
3. Da die Klägerin somit nicht schlüssig dargelegt hat, daß der Betrieb der Beklagten zu 1) im Klagezeitraum dem betrieblichen Geltungsbereich des VTV unterfiel, hat das Landesarbeitsgericht die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Revision der Klägerin war daher zurückzuweisen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Matthes, Böck, Stabenow, Holze
Dr. Freitag ist durch Krankheit an der Unschrift verhindert.
Matthes
Fundstellen
Haufe-Index 856635 |
BB 1994, 723 |
NZA 1995, 377 |