Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebliche Altersversorgung. Gleichbehandlung. weitgehende Parallelsache zu 20. Juli 2004 – 3 AZR 316/03 –
Orientierungssatz
- Verspricht der Arbeitgeber ein Ruhegehalt in bestimmter Höhe, handelt es sich im Zweifel um die Zusage einer Bruttorente.
- Eine unterschiedliche Behandlung bei der Gewährung betrieblicher Versorgungsleistungen kann aus betrieblichen Gründen (nachvollziehbar unterschiedliches Interesse an fortdauernder Betriebstreue der jeweiligen Arbeitnehmergruppen) oder aus sozialen Gründen (typischerweise unterschiedlicher Versorgungsbedarf) sachlich gerechtfertigt sein.
- Leitende Angestellte können nicht ohne besondere Anhaltspunkte Gleichbehandlung mit den nicht leitenden Angestellten verlangen.
- Das gilt erst recht, wenn der leitende Angestellte in einzelvertraglichen Vereinbarungen zur Altersversorgung mehrfach, wiederholt und ausdrücklich auf eine Altersversorgung nach anderen Bestimmungen verzichtet hat.
Normenkette
BetrVG § 5 Abs. 3
Verfahrensgang
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten um den Ausgleich von Steuernachteilen, der sich aus dem von der Beklagten gewählten Durchführungsweg der betrieblichen Altersversorgung ergibt.
Der am 17. Februar 1938 geborene Kläger ist seit dem 1. April 1969 bei der Beklagten und ihren Rechtsvorgängern als Außendienstmitarbeiter angestellt. Seit 1. Januar 1984 war er Direktor der Landesdirektion Mitte mit Sitz in F…. Nach § 1 des Anstellungsvertrages vom 10./21. Januar 1984 wurde er zum Gesamtprokuristen der Beklagten bestellt und war seitdem zur Vertretung der Gesellschaft zusammen mit einem Geschäftsführer oder einem anderen Prokuristen berechtigt. In § 1 Abs. 1 Satz 3 des Anstellungsvertrages vom 10. November 1998 wird der Kläger ausdrücklich als leitender Angestellter iSd. § 5 Abs. 3 BetrVG bezeichnet. Nach einer Mitteilung über das AT-Vergütungssystem vom 1. Dezember 1999 erhielt er damals ein versorgungsfähiges Jahresbasisgehalt iHv. 180.090,00 DM zuzüglich einer versorgungsfähigen Ausgleichszulage iHv. 14.172,00 DM. Hinzu kamen eine Festtantieme iHv. 2.112,00 DM und eine Funktionszulage iHv. 36.000,00 DM, die gemäß § 3 Abs. 2 des Anstellungsvertrages vom 10. November 1998 nicht versorgungsfähig waren.
Ursprünglich gewährte die Beklagte ihren Angestellten betriebliche Altersversorgung allein über ihre Pensionskasse. Nach deren Satzung vom 1. Mai 1975 konnten mindestens ein Jahr bei der Beklagten beschäftigte Angestellte ihre Mitgliedschaft beantragen (§ 3 Ziff. 1 PK-Satzung 1975). Nach § 10 Ziff. 1 Satz 1 PK-Satzung 1975 hatten die Mitglieder einen Beitrag von 3 % ihres Gehaltes zu zahlen. Dieser wurde jedoch für Innendienstmitarbeiter von der Beklagten übernommen. Nach § 10 Ziff. 1 Satz 2 PK-Satzung 1975 hatten Außendienstmitarbeiter je nach Eintrittsalter dagegen zwischen 7 und 10 % ihres Gehaltes als Beitrag zu leisten, ohne dass dies von der Beklagten übernommen worden wäre. Der Kläger war zwar nach einjähriger Beschäftigung Mitglied der Pensionskasse geworden, aus dieser jedoch im Jahre 1975 unter Erstattung der von ihm eingezahlten Beiträge wieder ausgetreten.
Mit Wirkung zum 1. Januar 1985 wurde bei der Beklagten eine besondere “Versorgungsordnung für Mitarbeiter des hauptberuflichen akquisitorischen Außendienstes (HAAD)” (VO 1985) in Form einer Betriebsvereinbarung in Kraft gesetzt. Auf Grund eines Geschäftsführerbeschlusses vom Herbst 1986 wurde dem Kläger rückwirkend ab dem 1. Januar 1985 eine Versorgungszusage entsprechend der VO 1985 mit Nachtrag zum Anstellungsvertrag am 19. Dezember 1986/21. Januar 1987 gegeben. Die jährlichen Aufwendungen für diese Versorgungszusage wurden von der Beklagten übernommen. Bei diesen Bestimmungen blieb es auch bei den weiteren Vertragsänderungen vom 18. Juni/28. Juni 1990 und vom 8. März 1994. Auch bei der Neugestaltung des Anstellungsvertrages im November 1998 wegen der Übernahme von Sonderaufgaben in der Zeit vom 1. Januar 1999 bis zum 31. Dezember 2000 blieb die Versorgung gemäß der VO 1985 erhalten, wobei die Beklagte weiterhin alle Aufwendungen dafür übernahm, der pensionsfähige Teil des Gehaltes aber gegenüber der VO 1985 erhöht wurde. Vom 1. Januar 2001 bis zum 28. Februar 2003 befand sich der Kläger im Vorruhestand, seither bezieht er Altersrente.
Ausdrücklich gestützt auf die Entscheidung des Senats vom 9. Dezember 1997 (– 3 AZR 661/96 – AP BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 40 = EzA BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 16) hat der Kläger unter dem 29. Oktober 2001 die vorliegende Klage erheben lassen und seine Gleichbehandlung mit den Tarifangestellten und Führungskräften des Innendienstes geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagte verpflichtet sei, die unterschiedliche steuerliche Behandlung der Leistung der Beklagten aus der Direktzusage und der steuerlich begünstigten Leistungen der Pensionskasse auszugleichen, was auch die Kosten für die Feststellung und Bewertung des steuerlichen Nachteils einschließe.
Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, eine sich aus der Wahl des Durchführungsweges Direktzusage ergebende nachteilige Besteuerung der Versorgungsleistung auszugleichen und die ihm entstehenden Kosten für die Feststellung und Bewertung des steuerlichen Nachteils zu erstatten.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Ihrer Auffassung nach könne sie den Durchführungsweg für die betriebliche Altersversorgung frei wählen, ohne dass dem steuerliche Gesichtspunkte entgegenstünden. Sie könne nur zur Zahlung der Bruttoversorgung verpflichtet sein, da die steuerliche Behandlung von Versorgungsleistungen grundsätzlich durch Steuergesetze geregelt und zudem die Besteuerung von individuellen Umständen abhängig sei. Mit dem Durchführungsweg habe sich der Kläger Ende 1986 sowie bei den nachfolgenden Arbeitsvertragsänderungen ausdrücklich einverstanden erklärt. Zudem unterliege die Altersversorgung des Klägers teilweise eigenen, über die VO 1985 zu seinen Gunsten hinausgehenden Regeln.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers vor dem Landesarbeitsgericht blieb erfolglos. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger das Klageziel grundsätzlich weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Zu Recht haben die Vorinstanzen die Klage abgewiesen, weil der Kläger keinen Anspruch darauf hat, steuerliche Nachteile von der Beklagten ausgeglichen zu bekommen, die sich aus der ihm gegebenen Direktzusage im Verhältnis zur Mitgliedschaft in der Pensionskasse für Innendienstmitarbeiter ergeben. Insbesondere resultiert ein solcher Anspruch nicht aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz.
1. Nach § 2 Satz 1 VO 1985 hat sich die Beklagte gegenüber den Außendienstmitarbeitern zur Zahlung eines “Ruhegehalts” in Höhe der Mitgliedsrente, wie sie sich nach § 12 der Satzung für ein Mitglied der Pensionskasse ergäbe, verpflichtet. Darüber hinaus war das pensionsfähige Gehalt für den Kläger nicht wie in der VO 1985 auf die Höhe der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der Angestelltenversicherung begrenzt, sondern versorgungsfähig sollten das jeweilige Basisgehalt und die versorgungsfähige Ausgleichszulage nach den Bestimmungen des Einzelarbeitsvertrages für den Kläger sein. Mit dem zugesagten “Ruhegehalt” ist ein Bruttobetrag gemeint. Weder dem Anstellungsvertrag 1984 noch seinen Nachträgen noch dem Anstellungsvertrag 1998 ist die vertragliche Verpflichtung der Beklagten zum Ausgleich steuerlicher Nachteile zu entnehmen. Die Beklagte hat dem Kläger einen derartigen Ausgleich für den Durchführungsweg der Direktzusage nicht zugesagt.
2. Ein solcher Anspruch ergibt sich auch nicht aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Der Kläger ist weder mit den Innendienstmitarbeitern der Beklagten noch mit den HAAD-Mitarbeitern vergleichbar, für die die VO 1985 normative Wirkung entfaltet.
a) Zwar war der Kläger bis zum Beginn seines Vorruhestandes am 1. Januar 2001 im Außendienst tätig, zuletzt mit der Wahrnehmung von Sonderaufgaben im Bereich Vertrieb betraut. Als Direktor der Landesdirektion mit Gesamtprokura war er jedoch leitender Angestellter iSd. § 5 Abs. 3 BetrVG. Im Anstellungsvertrag 1998 ist dies ausdrücklich festgehalten worden. Deswegen galt die VO 1985 für ihn auch nicht unmittelbar als Betriebsvereinbarung, sondern musste gesondert zwischen den Parteien im Dezember 1986 mit Rückwirkung zum 1. Januar 1985 vertraglich vereinbart werden. Wegen der ersichtlich unterschiedlichen Aufgabenstellung und Vergütung des Direktors einer der Landesdirektionen der Beklagten ist dessen Vergleichbarkeit mit anderen HAAD-Mitarbeitern ebenso wenig anzunehmen wie mit Führungskräften des Innendienstes. Auch in den vom Kläger angesprochenen Entscheidungen zur Gleichbehandlung hat der Senat stets darauf verwiesen, eine unterschiedliche Behandlung bei der Gewährung betrieblicher Versorgungsleistungen könne aus betrieblichen Gründen (nachvollziehbar unterschiedliches Interesse an fortdauernder Betriebstreue der jeweiligen Arbeitnehmergruppen) oder aus sozialen Gründen (typischerweise unterschiedlicher Versorgungsbedarf) sachlich gerechtfertigt sein (9. Dezember 1997 – 3 AZR 661/96 – AP BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 40 = EzA BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 16, zu B II 2 der Gründe). Wenn die Beklagte den als leitenden Angestellten von der als Betriebsvereinbarung in Kraft getretenen VO 1985 nicht erfassten Kläger mittels einer individualvertraglichen Absprache in den Anwendungsbereich dieser Versorgungszusage zum Teil einbezogen hat, bedeutet dies nicht, dass der Kläger als leitender Angestellter stets und in allen Fragen der Versorgung mit den nichtleitenden Angestellten des Außendienstes und den Mitarbeitern des Innendienstes gleich zu behandeln wäre.
b) Darüber hinaus hat der Kläger mehrfach ausdrücklich auf eine Mitgliedschaft in der Pensionskasse verzichtet, zuletzt nach Bekanntwerden des Senatsurteils vom 9. Dezember 1997 (– 3 AZR 661/96 – AP BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 40 = EzA BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 16). Zunächst ist er selbst nach fünfjähriger Mitgliedschaft 1975 aus der Pensionskasse ausgetreten und hat sich die von ihm gezahlten Beiträge erstatten lassen. In § 5 Abs. 5 seines ersten Anstellungsvertrages als Direktor der Landesdirektion vom 10./21. Januar 1984 heißt es ausdrücklich:
“5. Soweit der Direktor der Landesdirektion nicht Mitglied der Pensionskasse für die Angestellten des B… ist und/oder als Mitglied des akquisitorischen Außendienstes freiwillig seinen Austritt aus der Kasse erklärt hat, verzichtet er ausdrücklich auf Aufnahme in die Kasse.”
Aus Anlass der Zusage einer an die VO 1985 angelehnten lebenslänglichen Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenversorgung im Nachtrag 1986 zu diesem Vertrag 1984 wurde weiterhin ausdrücklich eine Mitgliedschaft in der Pensionskasse der B… ausgeschlossen (Ziff. II. 5. des Nachtrags vom 19. Dezember 1986/21. Januar 1987). Vor allem hat der Kläger im Anstellungsvertrag vom 10. November 1998 unter § 3 Abs. 1 mit der Beklagten ausdrücklich vereinbart, dass seine Altersversorgung in der bisherigen Form fortgeführt wird. Zu diesem Zeitpunkt war die Entscheidung des Senats vom 9. Dezember 1997 (– 3 AZR 661/96 – AP BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 40 = EzA BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 16) fast ein Jahr existent und zwischenzeitlich auch mit Entscheidungsgründen publiziert. Wenn er gleichwohl mit einer individuellen Sondervereinbarung seine besondere Form der Altersversorgung fortschreibt, wie sie in den früheren Arbeitsverträgen mit ausdrücklichem Verzicht auf die Mitgliedschaft in der Pensionskasse formuliert worden war, hat der Kläger mit der Beklagten eine gesonderte vertragliche Regelung getroffen, die gerade nicht auf einer Gleichstellung mit Beschäftigten des Innendienstes oder nichtleitenden HAAD-Mitarbeitern aufbaute. Sowohl in Bezug auf die betriebliche Altersversorgung als auch hinsichtlich der ihm arbeitsvertraglich zugewiesenen Aufgaben hat der Kläger somit besondere Vertragsbedingungen ausgehandelt und akzeptiert, die ihm nunmehr ein partielles Abstellen auf Gleichbehandlungsgesichtspunkte versperren.
3. Der Antrag festzustellen, dem Kläger die Kosten für die Ermittlung des steuerlichen Nachteils zu erstatten, ist nur für den Fall gestellt, dass der Antrag in der Hauptsache erfolgreich ist. Diese prozessuale Bedingung ist nicht eingetreten.
Unterschriften
Reinecke, Kremhelmer, Breinlinger, V. Ludwig, Perreng
Fundstellen
AP, 0 |
NZA-RR 2005, 560 |
NJOZ 2005, 3777 |