Entscheidungsstichwort (Thema)
Beweis für überwiegend bauliche Leistungen
Leitsatz (redaktionell)
Chemische Sanierung von Maschinen und Bauteilen nach Brandschäden; Betonarbeiten zur Torkretierung; Beweisantritt nach qualifiziertem Bestreiten an Hand sämtlicher Stundennachweise; unzulässiger Ausforschungsbeweis
Normenkette
TVG § 1 Tarifverträge: Bau; BRTV-Bau § 1
Verfahrensgang
Hessisches LAG (Urteil vom 13.03.1989; Aktenzeichen 14 Sa 1109/87) |
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 14.05.1987; Aktenzeichen 5 Ca 220/86) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 13. März 1989 – 14 Sa 1109/87 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Klägerin ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes. Sie nimmt die Beklagte auf Auskunftserteilung für die Monate Juni 1984 bis Mai 1985, hilfsweise auf Zahlung der Beiträge für diesen Zeitraum in Anspruch.
Zwischen den Parteien ist streitig, welche Arbeiten im Betrieb der Beklagten im Klagezeitraum ausgeführt wurden und welcher zeitliche Anteil der Arbeitszeit der im Betrieb der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer auf diese jeweils entfiel.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, daß der Betrieb vom betrieblichen Geltungsbereich des allgemeinverbindlichen Tarifvertrages über das Verfahren für den Urlaub, den Lohnausgleich und die Zusatzversorgung im Baugewerbe vom 19. Dezember 1983 in der Fassung vom 12. Dezember 1984 (Verfahrens-TV) erfaßt worden sei. Dazu hat sie behauptet, im Betrieb der Beklagten seien arbeitszeitlich überwiegend folgende Arbeiten ausgeführt worden:
- Montage von vorgefertigt bezogenen Decken- und Wandelementen, Verkleidung von Decken und Wänden (hierzu würden Unterkonstruktionen an Wände und Decken gedübelt, mit schalldämmender Mineralfaser beschichtet und anschließend serienmäßig vorgefertigte Deckensysteme – je nach Auftrag aus Holz oder Metall –, Rigipsplatten oder Holzpaneele – montiert) sowie Erstellen von Leichtbautrennwänden (hierbei werde ein Holz- oder Leichtmetallgerüst an Boden und Decke befestigt, die Zwischenräume mit Isoliermaterial ausgefüllt und auf beiden Seiten mit Gipskartonplatten oder Holzpaneelen verkleidet),
- chemische Sanierung von Gebäudeteilen nach Brandschäden; bei leichteren Brandschäden würden die Bauteile unter Verwendung von Hochdruckdampf mit Zusatz von neutralisierenden Mitteln behandelt, damit durch den Brand freigesetzte Chloride neutralisiert würden; diese Chloride könnten zu Spätschäden an Bauteilen führen. Soweit die Bauteile stärker beschädigt seien, werde die abdeckende Betonschicht von Decken, Böden, Wänden, Stützen usw. mechanisch abgestemmt, die freigelegten Stahleinlagen neutralisiert und danach das Bauteil wieder eingeschalt und vergossen.
Zum Beweis ihrer Behauptung hat die Klägerin acht im Betrieb der Beklagten im Klagezeitraum beschäftigte Arbeitnehmer benannt.
Die Klägerin meint, daß die zu 1) ausgeführten Arbeiten als Trocken- und Montagebauarbeiten nach § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 36 Verfahrens-TV und als Dämmarbeiten im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 8 Verfahrens-TV anzusehen seien. Soweit Sanierungsarbeiten mit dem Abstemmen von Bauteilen aus Beton verbunden seien, handele es sich um Beton- und Stahlbetonarbeiten im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt V Ziffer 4 Verfahrens-TV und um Schalungsarbeiten im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 25 Verfahrens-TV. Soweit die Sanierung durch Einsatz von Hochdruckdampf mit Zusatz neutralisierender Mittel erfolge, handele es sich um bauliche Leistungen im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt II bzw. III Verfahrens-TV.
Da die Beklagte Auskunft über die Lohnsummen der bei ihr im Klagezeitraum beschäftigten Arbeitnehmer nur jeweils pauschal für die Kalenderjahre 1984 und 1985 erteilt hat, hat die Klägerin hilfsweise zu ihrem auf tarifgemäße monatliche Auskunft gerichteten Hauptantrag Zahlung der Beiträge entsprechend den erteilten Auskünften verlangt.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
der Klägerin auf dem vorgeschriebenen Formular Auskunft darüber zu erteilen,
1.1 wieviel Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung über die Rentenversicherung der Arbeiter (RVO) versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, in den Monaten
Juni, Juli, August, September, Oktober, November, Dezember 1984 Januar, Februar, März, April, Mai 1985
im Betrieb der Beklagten beschäftigt wurden sowie in welcher Höhe die lohnsteuerpflichtige Bruttolohnsumme insgesamt für diese Arbeitnehmer und die Beiträge für die Sozialkassen der Bauwirtschaft in den genannten Monaten angefallen sind.
Für den Fall, daß diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung innerhalb einer Frist von einem Monat nach Urteilszustellung nicht erfüllt wird, an die Klägerin folgende Entschädigung zu zahlen:
zu Nr. 1.1 = 51.840,– DM;
hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin die Beiträge für Juni 1984 bis Mai 1985 in Höhe von 33.939,08 DM zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, daß ihr Betrieb nicht vom betrieblichen Geltungsbereich des Verfahrens-TV erfaßt worden sei. Arbeitszeitlich seien im Klagezeitraum nicht überwiegend Arbeiten ausgeführt worden, die dem Baugewerbe zuzurechnen seien.
Die Beklagte hat dazu behauptet, daß 30 % des Umsatzes auf die Montage von Metallschränken (zum Teil als Raumteiler in Umkleideräumen) entfallen sei. Bei zwei größeren Aufträgen, deren Ausführung jeweils 10 Tage mit 7 bis 8 Arbeitnehmern und 6 Tage mit 4 Arbeitnehmern gedauert habe, seien 1,50 m hohe Schränke miteinander verschraubt und Regale im Inneren der Schränke angebracht worden. Bei diesen Arbeiten habe das Verhältnis von Arbeitslohn zu Materialaufwand 10 zu 90 betragen.
Auf das Anbringen von Gipskartonplatten sei 5 % des Umsatzes entfallen, wobei das Verhältnis von Lohn zu Material 2/3 zu 1/3 betragen habe.
Der restliche Umsatz sei auf die Brandschadensanierung entfallen. Dabei seien zu 70 % Maschinen und maschinelle Einrichtungen aus Metall mit chemischen Lösungen behandelt worden, um die beim Brand entstandenen Chloride zu neutralisieren. 30 % seien auf die entsprechende Neutralisierung von Wänden entfallen.
Betonabstemmarbeiten mit anschließenden Torkretierungsarbeiten nach Neutralisierung der Stahlarmierung im Beton seien mangels entsprechender Maschinen und entsprechenden Personals nicht durchgeführt worden.
Ein Auftrag, der von 3 Arbeitnehmern in 2 Wochen ausgeführt worden sei, habe sich auf die Reparatur eines Kühlraums bezogen. Dabei seien eine Wand gemauert, Styroporplatten aufgeklebt und ein Spritzanstrich aufgebracht worden.
Die Beklagte hat für den gesamten Klagezeitraum die Stundennachweise der bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer vorgelegt und dazu vorgetragen, daß 64,98 % der Arbeitszeit auf Maschinensanierung, 20,40 % der Arbeitszeit auf Bausanierung und 14,62 % der Arbeitszeit auf Bauarbeiten entfallen sei.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter. Dabei hat sie die Entschädigungssumme in Ziff. 2 ihres Klageantrags auf 33.900,– DM ermäßigt. Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben zu Recht erkannt, daß der Klägerin ein Anspruch auf Auskunftserteilung nach dem Tarifvertrag über das Verfahren für den Urlaub, den Lohnausgleich und die Zusatzversorgung im Baugewerbe vom 19. Dezember 1983 in der Fassung vom 12. Dezember 1984 (Verfahrens-TV) nicht zusteht. Die Klägerin ist in Bezug auf die von ihr behaupteten Tatsachen, daß im Betrieb der Beklagten arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten ausgeführt werden, die den Schluß rechtfertigen, daß der Betrieb vom betrieblichen Geltungsbereich des Verfahrens-TV erfaßt wird, beweisfällig geblieben.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats wird ein Betrieb vom betrieblichen Geltungsbereich des Verfahrens-TV erfaßt, wenn von den Arbeitnehmern, bezogen auf den Zeitraum eines Kalenderjahres, arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten ausgeführt werden, die in § 1 Abs. 2 Verfahrens-TV aufgeführt sind. Auf wirtschaftliche Gesichtspunkte wie Umsatz und Verdienst oder auf handels- und gewerberechtliche Kriterien kommt es nicht an (BAGE 56, 227, 230 = AP Nr. 88 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau, m.w.N.). Dabei fallen unter den betrieblichen Geltungsbereich zunächst diejenigen Betriebe, in denen arbeitszeitlich überwiegend die in Abschnitt V von § 1 Abs. 2 Verfahrens-TV genannten Beispielstätigkeiten ausgeführt werden. Ist dies nicht der Fall, ist zu prüfen, ob die im Betrieb ausgeführten Tätigkeiten von Abschnitt IV erfaßt werden oder die allgemeinen Merkmale der Abschnitt I bis III von § 1 Abs. 2 Verfahrens-TV erfüllen (BAGE 55, 67, 71 = AP Nr. 79 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; BAG Urteil vom 28. September 1988 – 4 AZR 343/88 – AP Nr. 98 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Dabei werden die tariflich erfaßten Betriebe grundsätzlich in ihrer Gesamtheit in die Tarifgeltung einbezogen (§ 1 Abs. 2 Abschnitt VI Satz 1 Verfahrens-TV). Ferner ist darauf Bedacht zu nehmen, ob ein Betrieb nach Abschnitt VII des § 1 Abs. 2 Verfahrens-TV ausdrücklich vom betrieblichen Geltungsbereich ausgenommen ist (BAG Urteil vom 28. September 1988 – 4 AZR 352/88 – AP Nr. 96 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).
Da bei Auskunftsklagen nach den Sozialtarifverträgen des Baugewerbes die allgemeinen Grundsätze für die Darlegungs- und Beweislast gelten, hat die Klägerseite darzulegen und zu beweisen, daß im Betrieb des beklagten Arbeitgebers überwiegend baugewerbliche Tätigkeiten verrichtet werden (BAGE 56, 227, 240 = AP Nr. 88 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; BAGE 55, 78, 84 = AP Nr. 81 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; Urteil vom 10. September 1975 – 4 AZR 456/74 – AP Nr. 24 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Auch wenn die Klägerin bei ihren Auskunftsklagen Schwierigkeiten im Bereich der Darlegungs- und Beweislast hätte, weil sie in der Regel keinen detaillierten Überblick über die im Betrieb des beklagten Arbeitgebers geleistete Arbeit hat, rechtfertigt dies nicht – worauf der Senat bereits im Urteil vom 25. Februar 1987 (BAGE 55, 78, 85 = AP Nr. 81 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau) im einzelnen hingewiesen hat – an die Darlegungs- und Beweislast der Klägerin in derartigen Prozessen geringere Anforderungen zu stellen und diese ganz oder teilweise der beklagten Partei aufzuerlegen.
Bei der Beurteilung des Sachvortrags der Klägerin nach diesen Grundsätzen hat das Landesarbeitsgericht die Klage mit Recht abgewiesen. Die Klägerin ist hinsichtlich ihrer Behauptungen über die Art und den zeitlichen Anteil der im Betrieb der Beklagten ausgeführten Arbeiten beweisfällig geblieben. Somit kann dahingestellt bleiben, ob die „chemische Sanierung von Gebäudeteilen nach Brandschäden durch Aufbringung neutralisierender Mittel” als bauliche Leistung, die der Instandsetzung oder Instandhaltung von Bauwerken dient, von § 1 Abs. 2 Abschnitt II Verfahrens-TV erfaßt wird oder vom Landesarbeitsgericht zu Recht verneint worden ist, daß der Betrieb seiner Einrichtung und Zweckbestimmung entsprechend baulich geprägt ist, weil die verwendeten Werkstoffe, die Arbeitsmittel und die Arbeitsmethoden dem Gebäudereinigerhandwerk zuzurechnen sind.
Die Klägerin hat behauptet, daß im Betrieb der Beklagten vorgefertigt bezogene Decken- und Wandelemente montiert und Leichtbautrennwände errichtet werden und die chemische Sanierung von Gebäudeteilen nach Brandschäden unter Verwendung von Hochdruckdampf mit Zusatz neutralisierender Mittel sowie die chemische Sanierung von Bauteilen durch Abstemmen des Betons, Neutralisierung der Stahleinlagen und anschließender Erneuerung des Betons durchgeführt werde. Dabei hat die Klägerin keine zeitlichen Anteile der einzelnen Tätigkeiten angegeben, sondern nur in pauschaler Weise behauptet, daß alle genannten Tätigkeiten im Klagezeitraum, der vorliegend allerdings in Besonderheit zu sonstigen Fallgestaltungen die gesamte nur 12-monatige Betriebstätigkeit der Beklagten umfaßt, arbeitszeitlich überwogen hätten.
Diesen Sachvortrag der Klägerin hat die Beklagte substantiiert bestritten. Dazu hat sie im einzelnen vorgetragen, daß die überwiegende betriebliche Tätigkeit auf die sogenannte Brandschadensanierung entfallen sei. Diese habe sich aber in der weitaus überwiegenden Anzahl der Fälle auf die Neutralisierung von Maschinen und maschinellen Einrichtungen („Maschinensanierung”) und nicht auf die Neutralisierung von Wänden („Bausanierung”) bezogen. Betonabstemmarbeiten mit anschließender Torkretierung seien mangels entsprechenden Personals und entsprechender Maschinen überhaupt nicht durchgeführt worden. Bauarbeiten, wie das Anbringen von Gipskartonplatten und solche im Zusammenhang mit der Reparatur eines Kühlraums seien nur in geringem Umfange angefallen. Dabei hat die Beklagte ihren Sachvortrag in der Weise spezifiziert, daß sie für den gesamten Klagezeitraum die Stundennachweise aller bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer vorgelegt hat und auf diesen jeweils vermerkt hat, welche Stunden auf die „Maschinensanierung”, welche auf die „Bausanierung” und welche auf „Bauarbeiten” entfallen seien. Aus der zusammenfassenden Aufstellung ergab sich ein Anteil von 64,98 % „Maschinensanierung”, 20,40 % „Bausanierung” und 14,62 % „Bauarbeiten”.
Der Sachvortrag der Beklagten ist gegenüber dem Sachvortrag der Klägerin erheblich, da die Reinigung und Neutralisierung von Maschinen und maschinellen Einrichtungen nach Brandschäden nicht zu den Tätigkeiten gehört, die vom betrieblichen Geltungsbereich des Verfahrens-TV erfaßt werden.
Die Klägerin hat zu dem Sachvortrag der Beklagten im einzelnen keine Stellung genommen, sondern in pauschaler Weise an ihren Behauptungen in bezug auf die betriebliche Tätigkeit der Beklagten festgehalten. Für deren Richtigkeit hat sie jedoch nicht ordnungsgemäß Beweis angetreten. Die Klägerin hat sich zum Beweis ihrer Behauptungen nur auf das Zeugnis der acht im Klagezeitraum bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer bezogen. Insoweit bestehen schon Zweifel an der Bestimmtheit des Beweisangebots. Nach § 373 ZPO müssen diejenigen Tatsachen bezeichnet werden, zu denen der Zeuge vernommen werden soll, wobei als Tatsachen konkrete, nach Zeit und Raum bestimmte, der Vergangenheit oder Gegenwart angehörige Geschehnisse oder Zustände anzusehen sind (BAGE 40, 67, 74 = AP Nr. 2 zu § 1 TVG Tarifliche Übung). Eine derartige Konkretisierung enthält der Beweisantritt der Klägerin nicht. Die Zeugen werden weder für die Ausführung einzelner Tätigkeiten während eines bestimmten Zeitraums benannt noch wird erkennbar, aufgrund welcher Tatsachen ihnen ein Überblick über die gesamte Tätigkeit der Beklagten im Klagezeitraum zukommen soll. Dadurch werden auch Zweifel daran begründet, ob sie als Beweismittel für die Behauptung der Klägerin geeignet sind, welche Arbeiten im Betrieb arbeitszeitlich überwogen haben (vgl. BAG Urteil vom 29. Oktober 1986 – 4 AZR 614/85 – AP Nr. 14 zu § 1 TVG Tarifverträge: Rundfunk).
Dies kann jedoch dahinstehen. Der Beweisantritt stellt nämlich gegenüber der spezifizierten Darstellung der Beklagten den Versuch eines verfahrensrechtlich unzulässigen Ausforschungsbeweises dar. Ein solcher liegt vor, wenn ein Beweis angetreten wird, bei dem durch die damit beabsichtigte Beweiserhebung erst die Grundlagen zu substantiierten Tatsachenbehauptungen gewonnen werden sollen (BAG Urteil vom 29. Oktober 1986 – 4 AZR 614/85 – AP Nr. 14 zu § 1 TVG Tarifverträge: Rundfunk; BAGE 40, 67, 74 = AP Nr. 2 zu § 1 TVG Tarifliche Übung). Dies ist nach dem eingehenden, auf sämtlichen Stundennachweisen beruhenden Bestreiten der Beklagten hier der Fall. Mit dem Beweisantritt will die Klägerin nämlich erreichen, daß jeder einzelne Arbeitnehmer als Zeuge die von ihm im Klagezeitraum ausgeführte Tätigkeit anders als nach den Stundennachweisen bekundet, ohne im einzelnen anzugeben, inwiefern die vorliegenden Nachweise falsch oder unzutreffend sind. Dadurch soll sich ein anderes Gesamtbild der betrieblichen Tätigkeit ergeben, das nur pauschal behauptet wird. Damit will sich die Klägerin in die Lage versetzen, ein ihr günstiges Beweisergebnis zum Gegenstand ihres Sachvortrags zu machen, aus dem sich dann im einzelnen ergeben soll, welche Arbeiten tatsächlich ausgeführt worden sind und welcher zeitliche Anteil an der Gesamtarbeitszeit auf diese entfällt. Dieses Vorgehen ist nach prozeßrechtlichen Grundsätzen nicht zulässig, so daß sich das angefochtene Urteil im Ergebnis als zutreffend erweist.
Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
Unterschriften
Dr. Neumann, Dr. Etzel, Dr. Freitag, Koerner, Dr. Kiefer
Fundstellen