Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebliche Altersversorgung: beamtenförmige Versorgung eines privatrechtlich angestellten Bahnarztes. Anrechnung des weiterhin erzielten Einkommens als Arzt auf die Versorgung wegen Dienstunfähigkeit. Auskunftspflicht des Arztes. Kürzungsbefugnis des Arbeitgebers bei schuldhaft verletzter Auskunftspflicht. Weitgehend Parallelsache zu BAG 21. Oktober 2003 – 3 AZR 83/03 –
Normenkette
BeamtVG §§ 53, 62; BetrAVG § 5 Abs. 2; SGB VI § 5 Abs. 1, § 96a; GG Art. 3, 14, 33 Abs. 5
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 03.12.2002; Aktenzeichen 14 Sa 63/02) |
ArbG Karlsruhe (Urteil vom 28.05.2002; Aktenzeichen 6 Ca 480/01) |
Tenor
- Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg – Kammern Mannheim – vom 3. Dezember 2002 – 14 Sa 63/02 – wird zurückgewiesen.
- Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt ist, die Versorgungsbezüge des Klägers wegen seiner Einnahmen aus ärztlicher Erwerbstätigkeit zu kürzen und Auskunft über seine Einnahmen aus dieser Tätigkeit zu verlangen.
Der Kläger wurde zum 15. Oktober 1979 von der damaligen Deutschen Bundesbahn als Bahnarzt angestellt und erhielt zuletzt eine der Besoldungsgruppe A 16 entsprechende Vergütung. Seit dem 1. Mai 1997 war das Bundeseisenbahnvermögen (BEV), ein nicht rechtsfähiges Sondervermögen des Bundes (§ 1 Gesetz zur Neuordnung des Eisenbahnwesens vom 27. Dezember 1993, BGBl. I S. 2378), Arbeitgeber des Klägers. Im Arbeitsvertrag vom 4. September 1979 (AV 1979) heißt es ua.:
“ § 4
Sonstige ärztliche Tätigkeit
(1) Der Bahnarzt übt seine Tätigkeit hauptamtlich aus; er hat seine volle Arbeitskraft der Deutschen Bundesbahn zur Verfügung zu stellen.
(2) Private ärztliche Praxis ist dem Bahnarzt nur gestattet, soweit dadurch seine Tätigkeit für die Deutsche Bundesbahn nicht beeinträchtigt wird. Der Bahnarzt verpflichtet sich, auf die ärztliche Tätigkeit für die gesetzlichen Krankenkassen, die Ersatzkasse sowie in der Sozialhilfe zu verzichten.
…
§ 14
Ende des Beschäftigungsverhältnisses
(1) Für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gelten die Bestimmungen über den Eintritt in den Ruhestand für Bundesbahnbeamte sinngemäß.
(2) Der Bahnarzt kann das Beschäftigungsverhältnis jederzeit mit 6-monatiger Frist zum Schluß eines Kalenderhalbjahres kündigen, das Bundesbahn-Sozialamt nur in den beiden ersten Jahren mit der gleichen Frist. Zur fristlosen Entlassung des Bahnarztes ist es befugt, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, besonders wenn der Arzt fortgesetzt gegen seine Vertragspflichten verstößt.
§ 15
Versorgung
(1) Der Bahnarzt hat beim Eintritt des Versorgungsfalles Anspruch auf Versorgung für sich und seine Hinterbliebenen nach den Bestimmungen für die Beamten der Deutschen Bundesbahn und ihre Hinterbliebenen. Der Bahnarzt wird in den ersten 2 Jahren versorgungsrechtlich so behandelt, als wenn er Beamter auf Probe, und danach, als ob er Beamter auf Lebenszeit gewesen wäre.
(2) Scheidet der Bahnarzt freiwillig aus dem Beschäftigungsverhältnis aus, ohne daß gleichzeitig der Versorgungsfall eintritt, oder wird er entlasen, so besteht kein Anspruch auf Versorgung für ihn oder seine Hinterbliebenen.
(3) Der Versorgungsfall ist gegeben,
a) wenn der Bahnarzt durch einen Dienstunfall verletzt wird,
b) wenn der Bahnarzt stirbt,
c) wenn er nach den Bestimmungen über den Eintritt in den Ruhestand für Bundesbahnbeamte (vgl. § 14 Abs. 1) aus dem Beschäftigungsverhältnis ausscheidet.”
Mit Vermerk vom 12. August 1986, der auch dem Kläger übermittelt worden war, rückte die Deutsche Bundesbahn von ihrer zunächst vertretenen Auffassung ab, das Nebentätigkeitsbegrenzungsgesetz vom 21. Februar 1985 (BGBl. I S. 371) sei auch auf die im Ruhestand befindlichen Bahnärzte anzuwenden. Wörtlich heißt es in dem Schreiben:
“Insofern sind die aktiven wie auch die Bahnärzte im Ruhestand statusrechtlich nicht mit den Beamten vergleichbar; somit kann auch das Nebentätigkeitsbegrenzungsgesetz in beiden Fällen (aktiv und im Ruhestand) keine Anwendung finden. Dies wird auch nicht durch die Bestimmungen (für den Versorgungsfall) im § 15 Abs. 1 des Bahnarztvertrages eingeschränkt, weil es sich hier lediglich um eine Regelungsvorschrift handelt.”
Unter dem 24. Juni 1996 genehmigte das BEV dem Kläger, abweichend von den Bestimmungen des AV 1979 eine kassenärztliche Zulassung für das Teilgebiet Psychotherapie/Psychoanalyse zu erwirken. Mit dem 31. März 1999 schied der Kläger aus dem Arbeitsverhältnis als Bahnarzt wegen dauernder Dienstunfähigkeit iSd. § 42 Bundesbeamtengesetz aus. Seither erhält er eine Versorgung wegen dauernder Dienstunfähigkeit wie ein Beamter. Seine schon vorher ausgeübte nebenberufliche ärztliche Tätigkeit setzte der Kläger fort.
Mit Schreiben vom 12. Dezember 2000 und 20. März 2001 forderte das BEV den Kläger auf, im Hinblick auf § 53 des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG) gem. § 62 BeamtVG sein Erwerbseinkommen offen zu legen und durch geeignete Unterlagen nachzuweisen. Dies verweigerte der Kläger. Daraufhin kürzte das BEV ab dem 1. September 2001 nach entsprechender Ankündigung das Ruhegehalt des Klägers gem. § 62 Abs. 3 BeamtVG “vorläufig” um 5 % oder 337,27 DM brutto monatlich. Dieser Einbehalt wurde fortlaufend verlängert.
Dagegen wendet sich der Kläger. Er hat die Auffassung vertreten, § 53 BeamtVG solle nur Doppelbelastungen der öffentlichen Haushalte durch Zahlung von Versorgungsbezügen und sonstigen Leistungen unterschiedlicher öffentlich-rechtlicher Träger verhindern. Daher scheide eine sinngemäße Anwendung dieser Bestimmung auf seine Einkünfte aus privatärztlicher Tätigkeit trotz der arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf das BeamtVG aus. Darüber hinaus habe er auf die Nichtanrechnung seiner Privateinkünfte vertrauen dürfen, da er auch schon während seiner aktiven Dienstzeit die privatärztliche Tätigkeit anrechnungsfrei habe ausüben dürfen. Dies sei ihm mit dem Vermerk vom 12. August 1986 ausdrücklich bestätigt worden. Erst recht müsse diese Tätigkeit anrechnungsfrei nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis möglich sein, weil nunmehr eine Kollision mit den vertraglichen Verpflichtungen als Bahnarzt völlig ausgeschlossen sei. Abgesehen davon sei § 53 BeamtVG verfassungswidrig.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn 344,89 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes vom 9. Juni 1998 aus 172,44 Euro seit dem 1. September 2001 und aus 172,44 Euro seit dem 1. Oktober 2001 zu zahlen;
- festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, das vertraglich vereinbarte Ruhegehalt um monatlich 5 % zu kürzen, solange der Kläger nicht den geforderten “Anzeigepflichten eines Beamten im Ruhestand gem. § 62 Abs. 2 BeamtVG” nachkommt;
- festzustellen, dass dem Kläger auf die vertraglich vereinbarten Versorgungsbezüge keine Einkünfte aus privatärztlicher Tätigkeit gem. § 53 BeamtVG angerechnet werden.
Die Beklagte hat ihren Antrag auf Klageabweisung mit der Auffassung begründet, der Arbeitsvertrag verweise dynamisch auf das BeamtVG und damit auch auf § 53 BeamtVG. Aus der Mitteilung vom 12. August 1986 könne der Kläger keinen Vertrauensschutz hinsichtlich der Behandlung seiner Einkünfte aus privatärztlicher Nebentätigkeit ableiten, da es damals nur um die Anwendung des Nebentätigkeitsbegrenzungsgesetzes und nicht um die Frage der Anrechnung von Einkünften aus Nebentätigkeiten auf Versorgungsbezüge gegangen sei. Da § 53 BeamtVG nicht verfassungswidrig sei, müsse der Kläger nach § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BeamtVG seine Einkünfte offen legen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb erfolglos. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Die beklagte Bundesrepublik ist berechtigt, die Einkünfte des Klägers aus nebenberuflicher ärztlicher Tätigkeit auf seine Versorgungsbezüge nach § 53 Abs. 1, 2 und 7 BeamtVG anzurechnen. Der Kläger ist weiter gem. § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BeamtVG verpflichtet, der Beklagten seine Einkünfte aus privatärztlicher Tätigkeit offen zu legen. Da er dieser Pflicht schuldhaft nicht nachkommt, ist die Beklagte berechtigt, seine Versorgungsbezüge iHv. 5 % monatlich nach § 62 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG zu kürzen.
Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass der Arbeitsvertrag des Klägers dynamisch auf die Regelungen des BeamtVG und damit auch auf die §§ 53, 62 BeamtVG verweist.
1. Wie die Parteien in der Revisionsinstanz ausdrücklich bestätigt haben, handelt es sich bei dem zwischen der bundesweit tätigen Deutschen Bundesbahn und dem Kläger abgeschlossenen Arbeitsvertrag um einen typischen, in einer Vielzahl von Fällen verwendeten standardisierten Formulararbeitsvertrag. Solche typisierten Erklärungen unterliegen der unbeschränkten revisionsgerichtlichen Kontrolle (BAG 17. Dezember 1960 – 3 AZR 125/59 – BAGE 10, 271, 277 f.; 3. Mai 1979 – 2 AZR 679/77 – BAGE 32, 7, 9 f.; 20. Juni 1985 – 2 AZR 427/84 – AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 33 = EzA KSchG § 4 Ausgleichsquittung Nr. 1, zu B I 2 der Gründe).
2. Zwar enthält § 15 Abs. 1 AV 1979 keine ausdrückliche Jeweiligkeitsklausel (“Versorgung … nach den Bestimmungen für die Beamten …”). Gleichwohl ist von einer dynamischen Verweisung auszugehen. Da umfassend auf die Versorgung der Bahnbeamten verwiesen wird, handelt es sich um keine statische, sondern um eine dynamische Verweisung. Die Zusage einer von der jeweils geltenden Versorgungsordnung abgekoppelten Betriebsrente ist die Ausnahme und muss deswegen deutlich zum Ausdruck gebracht werden. Eine statische Verweisung lässt sich nicht damit begründen, dass in der Bezugnahme auf die Beamtenversorgung die Worte “in der jeweils geltenden Fassung” fehlen (BAG 20. August 2002 – 3 AZR 14/01 – AP BetrAVG § 1 Überversorgung Nr. 9).
3. Damit ist für die Versorgung des Klägers auch auf § 53 BeamtVG in der jeweils gültigen Fassung verwiesen. Dies berechtigt die Beklagte, auf die Versorgungsbezüge des Klägers wegen Dienstunfähigkeit seine nebenberuflich weiterhin erzielten Einkünfte anzurechnen. Der Kläger ist vor Erreichen der Altersgrenze dienstunfähig bei der Beklagten ausgeschieden, ohne dass dies auf einem Dienstunfall beruht hätte. Er bezieht aus seiner selbstständigen ärztlichen Tätigkeit weiterhin Erwerbseinkommen iSd. § 53 Abs. 7 Satz 1 BeamtVG. Deshalb erhält er seine Versorgungsbezüge nach § 53 Abs. 1 BeamtVG nur bis zum Erreichen der in § 53 Abs. 2 Nr. 3 BeamtVG bezeichneten Höchstgrenze. Nach § 53 Abs. 5 BeamtVG ist dem Kläger bei der Anrechnung der diese Grenze übersteigenden Einkünfte mindestens ein Betrag iHv. 20 vH seines jeweiligen Versorgungsbezuges zu belassen. Entgegen der Auffassung der Revision stehen der Anwendung von § 53 BeamtVG auf die Versorgung des Klägers keine rechtlichen Hindernisse entgegen.
a) Ohne Erfolg wendet die Revision ein, § 53 BeamtVG gehöre nicht zu den Vorschriften, die auf die Versorgung des Klägers “sinngemäß” anzuwenden seien. Zwar dürfen auch bei einer umfassenden Verweisung auf das Beamtenrecht solche Bestimmungen nicht herangezogen werden, deren Anwendung auf Nichtbeamte sinnwidrig wäre (BAG 14. Juli 1970 – 3 AZR 410/69 – AP BGB § 242 Ruhegehalt – Beamtenversorgung Nr. 1, zu 2 der Gründe; BGH 20. Oktober 1977 – II ZR 25/77 – AP BGB § 242 Ruhegehalt – Beamtenversorgung Nr. 5, zu 1a der Gründe). Diese Einschränkung gewinnt jedoch im vorliegenden Fall keine Bedeutung. Die Höchstgrenzen- und Anrechnungsregelungen des § 53 BeamtVG gehören zu den Bestimmungen, die auf Arbeitsverhältnisse entsprechend angewendet werden können (BAG 11. Dezember 1990 – 3 AZR 438/89 –, zu II 1 der Gründe). Sinn und Zweck des § 53 BeamtVG ist es, die aus den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums folgende Alimentationspflicht des Staates in den Fällen zu begrenzen, in denen ein Ruhestandsbeamter, der vor Erreichen der Altersgrenze von 65 Jahren wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt wird, neben seinen Versorgungsbezügen Erwerbseinkommen bezieht und die Summe beider über der Höchstgrenze des § 53 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 BeamtVG liegt. Es gibt keinen Grund, diese Bestimmungen bei einer der beamtenrechtlichen Alimentation entsprechenden Versorgung in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis des öffentlichen Dienstes nicht anzuwenden. Auch gegenüber dem Kläger ist die öffentliche Hand nicht verpflichtet, Zusatzeinkommen im Zeitraum vorzeitiger Zurruhesetzung bis zum Erreichen der Altersgrenze ungekürzt hinzunehmen.
Ohne Erfolg macht die Revision geltend, § 53 BeamtVG sei auf die Versorgungsbezüge des Klägers “sinngemäß” nicht anwendbar, weil er keine beamtenmäßige Alimentation erhalte, sondern vereinbarte Versorgungsbezüge. Die Verweisung auf das BeamtVG gilt nicht nur für die Höhe der Pension, sondern auch für etwaige Einschränkungen, da arbeitsvertraglich umfassend auf das BeamtVG verwiesen ist. Zu Recht hat bereits das Landesarbeitsgericht darauf hingewiesen, dass keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich seien, dass lediglich die begünstigenden Regelungen, nicht aber die belastenden Bestimmungen einbezogen werden sollten.
b) Der Anrechnung des durch ärztliche Tätigkeit erzielten Erwerbseinkommens des Klägers auf seine Versorgungsbezüge steht auch kein schützenswertes Vertrauen aus individuellen Zusagen entgegen. Aus dem Vermerk vom 12. August 1986 konnte der Kläger ein solches schützenswertes Vertrauen nicht entwickeln. Der Vermerk behandelt nicht die Frage der Anrechnung von Erwerbseinkommen aus Nebentätigkeit, und zwar weder während der aktiven Dienstzeit noch bei Ruhestandsbezügen. Der Vermerk beschäftigt sich allein mit der Frage der Genehmigungspflicht und des Umfangs der Nebentätigkeiten, die durch das Nebentätigkeitsbegrenzungsgesetz geregelt werden. Selbst wenn man beim als Bahnarzt auch mit dienstrechtlichen Fragen befassten Kläger Unkenntnis des Dienstrechts unterstellt, musste für ihn erkennbar sein, dass die Frage der Genehmigung von Nebentätigkeiten nichts zu tun hat mit dem Problem der Anrechnung von Nebentätigkeitseinkünften auf Versorgungsbezüge.
c) Die mit der dynamischen Verweisung auf das BeamtVG in Bezug genommene Anrechnungsbestimmung des § 53 BeamtVG verstößt nicht gegen zwingende Bestimmungen des Betriebsrentenrechts, insbesondere nicht gegen § 5 Abs. 2 BetrAVG. Diese Vorschrift verbietet nur die Schmälerung der betrieblichen Altersversorgung durch bestimmte andere Versorgungsbezüge. Eine Versorgungszusage kann vorsehen, dass Einkünfte des Versorgungsberechtigten aus selbstständiger oder unselbstständiger Tätigkeit auf die Versorgungsleistungen angerechnet werden dürfen, soweit nicht im Einzelfall gegen das Verbot der Willkür und der unsachlichen Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern verstoßen wird (BAG 9. Juli 1991 – 3 AZR 337/90 – BAGE 68, 119). Derartige Verstöße sind vorliegend nicht ersichtlich. Die in § 53 BeamtVG seit dem 1. Januar 1999 enthaltene Anrechnung auch von Erwerbseinkommen, das außerhalb des öffentlichen Dienstes erzielt wird, dient vielmehr der Gleichstellung der Beamten mit den aus der gesetzlichen Rentenversicherung Berechtigten. Dort bestanden schon früher die bis heute geltenden Anrechnungsbestimmungen für das Zusammentreffen von Renten wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit und Hinzuverdienst (vgl. jetzt § 96a SGB VI). Da der in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis beschäftigte Kläger auf Grund der ihm zugesagten beamtenförmigen Versorgung nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI versicherungsfrei im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung blieb, ist gerade eine Vorschrift wie § 53 BeamtVG auf seine Versorgungsansprüche anzuwenden, die das Recht der Beamtenversorgung an das Rentenversicherungsrecht angleichen soll.
d) § 53 Abs. 2 BeamtVG in der Fassung der Versorgungsreformgesetze 1998 und 2001 begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Die beamtenrechtlichen Versorgungsvorschriften sind an Art. 33 Abs. 5 GG zu messen, der als lex spezialis Art. 14 GG vorgeht. § 53 BeamtVG verstößt nicht gegen Art. 33 Abs. 5 GG. Zwar muss der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Beamtenversorgung das zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums zählende Alimentationsprinzip beachten. Er hat aber dabei einen weiten Gestaltungsspielraum und die angemessene, lebenslange Alimentation des Beamten und seiner Familie ist auch nach Einführung der Anrechnungs- bzw. Ruhensvorschriften des § 53 BeamtVG noch gewährleistet (BVerfG 30. September 1987 – 2 BvR 933/82 – BVerfGE 76, 256, 294 f.; BAG 22. Februar 2000 – 3 AZR 39/99 – AP BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 13 = EzA BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 3, zu B VI 1 der Gründe, beide zu § 55 BeamtVG). Der Ausgleich eines über die Höhe der vollen ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge hinausgehenden Vorteils aus dem Wegfall der Dienstpflicht ist verfassungsrechtlich zulässig (BVerwG 18. September 1997 – 2 C 35.96 – BVerwGE 105, 226, zu 3 der Gründe).
§ 53 BeamtVG verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Dieser gebietet dem Gesetzgeber, unter stetiger Orientierung am Gerechtigkeitsgedanken wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (BVerfG 15. Juli 1998 – 1 BvR 1554/89, 963, 964/94 – BVerfGE 98, 365 mwN). Dabei genügt im Regelungsbereich des Besoldungs- und Versorgungsrechts ein sachlicher Grund für eine gesetzliche Differenzierung, der Gesetzgeber muss nicht die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste aller möglichen Lösungen gewählt haben (BVerfG 29. November 1989 – 1 BvR 1402, 1528/87 – BVerfGE 81, 108, 117 f.; 8. Oktober 1991 – 1 BvL 50/86 – BVerfGE 84, 348, 359). Daher ist entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung die Differenzierung bei der Festlegung der Höchstgrenzen zwischen Beamten, deren Dienstunfähigkeit auf einem Dienstunfall beruht und anderen dienstunfähigen Beamten nicht zu beanstanden. Bei einem Dienstunfall trifft den Dienstherrn eine erhöhte Fürsorgepflicht, was ein sachgerechter Differenzierungsgrund für die Festlegung der Höchstgrenzen im Rahmen des § 53 Abs. 2 BeamtVG ist.
Auch die arbeitsvertragliche Übernahme der §§ 53, 62 BeamtVG widerspricht nicht verfassungsrechtlichen Wertungen. Diese sind über die Generalklauseln des BGB zu berücksichtigen. Zwar zählen die Betriebsrentenansprüche des Klägers zu den durch Art. 14 GG geschützten Rechtspositionen. Jedoch geht der Schutz nicht weiter als der konkrete Vertragsinhalt, bloße Chancen und Erwartungen werden nicht geschützt. Integraler Bestandteil des Betriebsrentenanspruchs des Klägers sind die jeweils geltenden Vorschriften des BeamtVG. Verfassungsgemäße Änderungen des BeamtVG stellen daher keinen Eingriff in die Versorgungsrechte des Klägers dar, sondern legen lediglich den aktuellen Anspruchsinhalt fest.
Die Beklagte darf dem Kläger seine Versorgung iHv. 5 % monatlich nach § 62 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG entziehen, da er der ihm nach § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BeamtVG obliegenden Verpflichtung schuldhaft nicht nachgekommen ist.
1. Infolge der dynamischen Verweisung auf die beamtenrechtlichen Versorgungsregelungen nach § 15 Abs. 1 AV 1979 gehört auch § 62 BeamtVG zu den sinngemäß auf das Versorgungsverhältnis des Klägers anwendbaren Vorschriften.
2. Der Kläger ist als Versorgungsberechtigter nach § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BeamtVG verpflichtet, der Versorgungsbehörde den Bezug und jede Änderung von Einkünften iSd. § 53 BeamtVG unverzüglich anzuzeigen. Darüber hinaus ist er auf Verlangen nach § 62 Abs. 2 Satz 2 BeamtVG verpflichtet, Nachweise vorzulegen oder der Erteilung erforderlicher Nachweise oder Auskünfte, die für die Versorgungsbezüge erheblich sind, durch Dritte zuzustimmen. Diese Auskunftspflicht, die sich wegen der “Kürzungsgrenze” nach § 53 BeamtVG auch auf die genaue Höhe seiner nebenberuflich erzielten Einkünfte bezieht (Stadler in Fürst GKÖD Band I Kommentar BeamtVG O § 62 Rn. 17) hat der Kläger schuldhaft iSd. § 62 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG verletzt. Der Kläger hat die Auskunft vorsätzlich und trotz ausdrücklicher Belehrung über die Anzeigepflicht und die versorgungsrechtlichen Folgen einer unterlassenen Anzeige verweigert. Die schließlich von der Beklagten vorgenommene Entziehung seiner Versorgungsbezüge iHv. 5 % monatlich ist ermessensfehlerfrei iSd. § 62 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG. Auf Grund der verweigerten Auskunft ist der Umfang der Einkünfte des Klägers aus seiner fortgeführten ärztlichen Tätigkeit unbekannt. Diese kann den seitens der Beklagten gewählten geringen Betrag von 5 % bei weitem übersteigen. Zudem erlöschen die entzogenen Versorgungsbezüge nicht endgültig, da sie später wieder zuerkannt werden können. Die Beklagte hat von dem Druckmittel des § 62 Abs. 3 BeamtVG nur in sehr schonender Weise Gebrauch gemacht.
- Entsprechend der Berechtigung der Beklagten, die Versorgungsbezüge ab dem 1. September 2001 zu kürzen, ist die Zahlungsklage für die Monate September und Oktober 2001 unbegründet.
Unterschriften
Reinecke, Kremhelmer, Breinlinger, Lohre
Der ehrenamtliche Richter Reissner ist durch Urlaub an der Unterschrift gehindert.
Reinecke
Fundstellen