Entscheidungsstichwort (Thema)
Kürzung der Sonderzuwendung für Soldaten auf Zeit
Leitsatz (amtlich)
Es verstößt weder gegen § 6 ArbPlatzSchutzG noch gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn die tarifliche Sonderzuwendung für Arbeitnehmer, die als Soldat auf Zeit gedient haben, für die Monate der Dienstzeit gekürzt wird, für Arbeitnehmer, die Grundwehrdienst leisten, jedoch nicht.
Normenkette
ArbPlatzSchutzG §§ 6, 16a; BGB § 242
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 20. Januar 1995 – 3 Sa 2067/94 – wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Revision tragt der Kläger.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung eines weiteren Betrages der tariflichen Sonderzuwendung für das Jahr 1988.
Der Kläger war seit dem 16. Juni 1985 als Verwaltungsfachangestellter bei der beklagten Stadt beschäftigt. In der Zeit vom 1. Oktober 1986 bis zum 30. September 1988 diente er als Zeitsoldat im Beamtenverhältnis bei der Bundeswehr. Nachdem der Kläger einen Einberufungsbescheid zum 1. April 1986 erhalten hatte, bat er auf Bitten der beklagten Stadt – erfolgreich – um seine Zurückstellung bis zum 1. Oktober 1986. Ab 1. Oktober 1988 wurde der Kläger bei der beklagten Stadt weiterbeschäftigt.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden aufgrund beiderseitiger Tarifbindung sowie zusätzlich kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und die diesen ergänzenden Tarifverträge Anwendung.
Für das Jahr 1988 zahlte die beklagte Stadt an den Kläger nur 3/12 der tariflichen Sonderzuwendung. Mit seiner Klage verlangt der Kläger die Zahlung der Differenz zur vollen Sonderzuwendung in Höhe von 1.691,46 DM.
Er ist der Ansicht, ihm stehe für das Jahr 1988 die volle tarifliche Sonderzuwendung zu, da § 2 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a des Tarifvertrags über eine Zuwendung für Angestellte (Zuwendungs-TV) insoweit, als er sich nur auf die Ableistung von Grundwehrdienst beziehe, unter Berücksichtigung von § 16 a ArbPlatzSchutzG bei gesetzeskonformer Auslegung auch auf ihn anzuwenden sei; anderenfalls läge ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG bzw. gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vor.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.691,46 DM brutto zuzüglich 4 % Zinsen auf den Nettobetrag seit dem 15. November 1988 zu zahlen.
Die beklagte Stadt hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Auffassung, aus § 16 a ArbPlatzSchutzG folge nicht, daß Grundwehrdienstleistende und Soldaten auf Zeit für höchstens zwei Jahre in jedem Fall gleich zu behandeln seien; insbesondere bestünden zwischen beiden Gruppen Unterschiede hinsichtlich der Höhe der Bezüge.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter, während die beklagte Stadt um Zurückweisung der Revision bittet.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Der Kläger kann für das Jahr 1988 nur 3/12 der tariflichen Sonderzuwendung verlangen.
I. Das Landesarbeitsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, nach dem Zuwendungstarifvertrag sei die Zuwendung nur dann in voller Höhe zu zahlen, wenn der Angestellte während des ganzen Jahres Bezüge von demselben Arbeitgeber erhalten habe; für Monate, in denen der Angestellte keine Bezüge von seinem Arbeitgeber bekommen habe, vermindere sich die Zuwendung um 1/12. Die Voraussetzungen für eine Ausnahme von dieser Kürzungsvorschrift erfülle der Kläger nicht; insbes. falle er nicht unter die Vorschrift, die die Kürzung der Zuwendung bei Ableistung von Grundwehr- oder Zivildienst ausschließt, da die zweijährige Dienstzeit als Soldat auf Zeit nicht als Grundwehrdienst anzusehen sei. Daran ändere auch § 16 a ArbPlatzSchutzG nichts. Auch liege kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz der Verfassung oder den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vor.
Diesen Ausführungen ist im Ergebnis und auch in der Begründung zuzustimmen.
II.1. Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, daß der Kläger die tariflichen Voraussetzungen für die Zahlung der Sonderzuwendung nach § 1 Abs. 1 des Tarifvertrages über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 (Zuwendungs-TV) erfüllt. Der Kläger stand am 1. Dezember 1988 im Arbeitsverhältnis zur beklagten Stadt und war im Monat Dezember nicht ohne Vergütung beurlaubt; unstreitig ist er bereits seit dem 1. Oktober 1988 wieder bei der beklagten Stadt beschäftigt. Daß das Arbeitsverhältnis des Klägers auch zuvor trotz der Ableistung einer zweijährigen Dienstzeit als Soldat auf Zeit bestand, jedoch ruhte (§ 16 a in Verb. mit § 1 Abs. 1 ArbPlatzSchutzG), ist ohne Bedeutung.
2. Zutreffend haben die Vorinstanzen die Kürzungsvorschrift des § 2 Abs. 2 Satz 1 Zuwendungs-TV angewandt; § 2 Abs. 1 Zuwendungs-TV lautet insoweit:
„(2) Hat der Angestellte nicht während des ganzen Kalenderjahres Bezüge von demselben Arbeitgeber aus einem Rechtsverhältnis der in § 1 Abs. 1 Nr. 2 genannten Art erhalten, vermindert sich die Zuwendung um ein Zwölftel für jeden Kalendermonat, für den er keine Bezüge erhalten hat. Die Verminderung unterbleibt für die Kalendermonate, für die der Angestellte keine Bezüge erhalten hat wegen
a) der Ableistung von Grundwehrdienst oder Zivildienst, wenn er vor dem 1. Dezember entlassen worden ist und nach der Entlassung die Arbeit unverzüglich wieder aufgenommen hat.
…”
Danach vermindert sich die Zuwendung um je ein Zwölftel für die Monate Januar bis September 1988, da der Kläger während dieser Monate keine Bezüge von demselben Arbeitgeber, d.h. der beklagten Stadt, erhalten hat.
3. Diese tarifliche Regelung, die zur Kürzung der Sonderzuwendung für Angestellte führt, die während des Kalenderjahres Wehrdienst geleistet haben, verstößt nicht gegen § 6 ArbPlatzSchutzG, der nach § 16 a ArbPlatzSchutzG auch für Arbeitnehmer gilt, die als Soldat auf Zeit für nicht mehr als zwei Jahre gedient haben.
Sinn und Zweck der Regelung in § 6 ArbPlatzSchutzG, wonach dem Arbeitnehmer aus der Abwesenheit, die durch seinen Wehrdienst veranlaßt war, in beruflicher und betrieblicher Hinsicht kein Nachteil entstehen darf, gehen dahin, Benachteiligungen des wehrdienstleistenden Arbeitnehmers in seinem fortbestehenden Arbeitsverhältnis in der Zeit nach dem Wehrdienst zu vermeiden. Die während des Wehrdienstes für den Arbeitnehmer entstehenden Nachteile, die insbes. in dem Wegfall des Lohnanspruches bestehen, werden durch das Arbeitsplatzschutzgesetz nicht behoben oder in ihren Auswirkungen gemildert. Von daher verbietet es § 6 Abs. 1 ArbPlatzSchutzG nicht, Leistungen mit Entgeltcharakter, die nach Beendigung des Wehrdienstes geleistet werden, im Hinblick darauf zu kürzen, daß der Arbeitnehmer während seines Wehrdienstes nicht gearbeitet und auch keinen Anspruch auf Fortzahlung seines Arbeitsentgeltes gehabt hat. Das hat das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 13. Mai 1970 (– 5 AZR 374/69 – AP Nr. 2 zu § 6 ArbPlatzSchutzG) schon entschieden und im einzelnen begründet. Dem schließt sich der Senat an.
4. Wenn die Tarifvertragsparteien in § 2 Abs. 2 Satz 2 Zuwendungs-TV – ohne hierzu nach dem Gesagten gesetzlich verpflichtet zu sein – von einer Kürzung der Sonderzuwendung für Arbeitnehmer, die den Grundwehrdienst geleistet haben, absehen, diese Regelung aber nicht auf Arbeitnehmer ausgedehnt haben, die als Soldat auf Zeit dienten, so verstößt das nicht gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
Wie die Vorinstanzen bereits zutreffend ausgeführt haben, bestehen zwischen dem Grundwehrdienst und dem Rechtsverhältnis des Soldaten auf Zeit Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht – insbes. im Hinblick auf die Freiwilligkeit der Dienstleistung als Soldat auf Zeit und die Ausgestaltung seiner Bezüge –, daß es nicht sachwidrig ist, beide Gruppen unterschiedlich zu behandeln, indem nur denjenigen Arbeitnehmern die volle Sonderzuwendung gewährt wird, die ihren Grundwehrdienst abgeleistet haben, nicht aber den Soldaten auf Zeit.
5. Wenn die beklagte Stadt die tarifliche Regelung auf den Kläger zur Anwendung bringt, so liegt darin kein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, auch wenn der Kläger auf ihre Bitten hin den Antritt seines Dienstes als Soldat auf Zeit vom 1. April auf den 1. Oktober 1986 verlegen ließ. Es ist nichts dafür ersichtlich, daß diese Bitte der beklagten Stadt aus unsachlichen Gründen erfolgte, etwa um die tarifliche Sonderzuwendung im Jahre 1988 um weitere 6/12 kürzen zu können.
Die Revision des Klägers war daher zurückzuweisen III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Matthes, Richter Prof. Dr. Jobs ist durch Urlaub an der Unterschrift verhindert. Matthes, Böck, Hromadka, Wolf
Fundstellen
Haufe-Index 436584 |
NZA 1996, 780 |