Entscheidungsstichwort (Thema)
Besoldung eines DO-Angestellten im Beitrittsgebiet
Leitsatz (amtlich)
Der Begriff der Befähigungsvoraussetzungen in § 4 der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung betrifft die Vor- und Ausbildungsvoraussetzungen einer Laufbahn. Diese müssen alle in den alten Bundesländern erworben sein. Dies folgt aus dem Zweck der Norm.
Normenkette
Zweite Verordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach Herstellung der Einheit Deutschlands (Zweite Besoldungsübergangsverordnung – 2. BesÜV) vom 21. Juni 1991 § 4 Abs. 1 S. 1; Zweite Verordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach Herstellung der Einheit Deutschlands (Zweite Besoldungsübergangsverordnung – 2. BesÜV) vom 21. Juni 1991 § 2 Abs. 1 S. 1; Zweite Verordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach Herstellung der Einheit Deutschlands (Zweite Besoldungsübergangsverordnung – 2. BesÜV) vom 21. Juni 1991 § 12; BBesG § 15 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 1 Abs. 2-3, § 73; Dienstordnung der Großhandels- und Lagerei-Berufsgenossenschaft § 2 Abs. 1 Nr. 4; Richtlinien für den berufsgenossenschaftlichen Dienst der gewerblichen Berufsgenossenschaft und der See-Berufsgenossenschaft § 2 Abs. 1, § 4 Abs. 1, §§ 23, 25 Abs. 2, § 20; GG Art. 3 Abs. 1-3; Einigungsvertrag Art. 3; BBG § 19
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 30. April 1998 – 16 Sa 93/97 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der Kläger verlangt von der Beklagten einen Zuschuß nach § 4 der Zweiten Verordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach Herstellung der Einheit Deutschlands (Zweite Besoldungs-Übergangsverordnung – 2. BesÜV) vom 21. Juni 1991 in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der erhaltenen Vergütung nach der 2. BesÜV und der bei gleichem Amt für das bisherige Bundesgebiet geltenden Vergütung.
Der Kläger erwarb im Juli 1984 an der Karl-Marx-Universität Leipzig den akademischen Grad eines Diplomphysikers. Er war in der Zeit vom 1. Juli 1986 bis zum 30. November 1990 in der Arbeitshygiene-Inspektion des Landkreises R tätig. Zum 1. Dezember 1990 wurde er von der Beklagten, einer Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung mit Sitz in Mannheim, für deren neu zu gründende Bezirksverwaltung Gera als Zeitangestellter eingestellt, zunächst für ein halbes Jahr. Ab dem 1. Juni 1991 wurde er auf unbestimmte Zeit als Tarifangestellter weiterbeschäftigt. Die Einarbeitung erfolgte bis Ende Juni 1991 im ehemaligen Westberlin. Danach war der Kläger von Juli bis September 1991 in Essen (NRW) eingesetzt. Ab dem 30. September 1991 wurde der Kläger der Bezirksverwaltung Gera zugeteilt und gleichzeitig für zwei Monate an die Hauptverwaltung der Beklagten in Mannheim abgeordnet. In der Zeit von Dezember 1991 bis Dezember 1992 wurde er zum technischen Aufsichtsbeamten ausgebildet. Alle wesentlichen Ausbildungsabschnitte leistete der Kläger im Gebiet der alten Bundesländer ab (Bad Dürkheim, Königswinter, ehemaliges Westberlin, München). Am 21. Februar 1992 wurde dem Kläger bescheinigt, daß er den „Nachweis der vorläufigen Befähigung für den Einsatz als technischer Aufsichtsbeamter in den Betrieben des Beitrittsgebietes” erbracht habe. Am 22. Dezember 1992 legte er in Essen (NRW) eine Prüfung ab, durch die er den „Nachweis der Befähigung für die Tätigkeit als technischer Aufsichtsbeamter” erbrachte. Danach war er als technischer Aufsichtsbeamter der für Thüringen und Sachsen zuständigen Bezirksverwaltung Gera tätig. Mit Schreiben vom 16. September 1993 bat er um Übernahme als Dienstordnungs-Angestellter (DO-Angestellter). Durch Dienstvertrag vom 23. November 1993 wurde er mit Wirkung vom 1. Januar 1994 als DO-Angestellter mit der Amtsbezeichnung eines technischen Verwaltungsrats angestellt.
Die Beklagte zahlte dem Kläger entsprechend den beamtenrechtlichen Vorschriften für das Beitrittsgebiet Vergütung in Höhe von zunächst 80 %, ab dem 1. Oktober 1994 82 % und ab dem 1. Oktober 1995 84 % der Dienstbezüge der Besoldungsgruppe A 13/A 14. Der Kläger erhielt damit in der Zeit vom 1. Januar 1994 bis einschließlich Juni 1996 32.786,85 DM weniger als ein vergleichbarer DO-Angestellter in den alten Bundesländern. Auch drei Kollegen des Klägers in der Bezirksverwaltung Gera erhielten die gekürzte Vergütung. Dagegen zahlte die Beklagte an acht weitere Kollegen mit vergleichbarer Ausbildung, die den Bezirksverwaltungen in Hamburg und im ehemaligen Westberlin zugewiesen sind, 100 % der Vergütung. Diese DO-Angestellten haben ihre Diensträume in Hamburg bzw. im ehemaligen Westberlin, sind aber im Außendienst in Mecklenburg-Vorpommern bzw. Brandenburg und Sachsen-Anhalt tätig.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe gegen die Beklagte nach § 4 2. BesÜV einen Anspruch auf Zuschuß in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen der an ihn ausgezahlten und der ungekürzten Vergütung. Die Anstellung durch Dienstvertrag vom 23. November 1993 sei auf Grund der in den alten Bundesländern erworbenen Befähigungsvoraussetzungen erfolgt. Es sei unerheblich, daß er im Beitrittsgebiet studiert habe. Ebenso, daß er von vornherein ausschließlich für die neu zu gründende Bezirksverwaltung Gera eingestellt worden sei. Der Anspruch ergebe sich auch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Die hinsichtlich Ausbildung und Tätigkeit vergleichbaren, jedoch den Bezirksverwaltungen Hamburg und Berlin zugewiesenen Kollegen erhielten die ungekürzte Vergütung, obwohl auch sie überwiegend im Beitrittsgebiet tätig seien. Für die unterschiedliche Behandlung gebe es keinen sachlichen Grund.
Der Kläger hat beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 32.786,85 DM brutto nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 7. August 1996 zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Ansicht vertreten, auf der Grundlage der entsprechend anwendbaren 2. BesÜV könne der Kläger die höhere Vergütung nicht verlangen. Danach erhielten erstmals ernannte Beamte, Richter und Soldaten im Beitrittsgebiet für eine Übergangszeit grundsätzlich eine abgesenkte Vergütung. Auf die Ausnahmevorschrift des § 4 2. BesÜV, wonach ein ruhegehaltsfähiger Zuschuß gezahlt wird, wenn die Ernennung auf Grund der im bisherigen Bundesgebiet erworbenen Befähigungsvoraussetzungen erfolgt ist, könne der Kläger nicht verweisen. Er habe die Befähigungsvoraussetzungen nicht vollständig in den alten Bundesländern erworben. Auch die Universitätsausbildung, die der Kläger in Leipzig absolviert habe, gehöre zu den Befähigungsvoraussetzungen. Die Vorschrift solle die Bereitschaft von Fachkräften aus dem bisherigen Bundesgebiet fördern, im Beitrittsgebiet tätig zu werden. Der Kläger sei jedoch von vornherein für eine Tätigkeit in den neuen Bundesländern eingestellt worden. Er habe daher für eine Tätigkeit im Beitrittsgebiet nicht mehr gewonnen werden können. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz liege nicht vor. Die den Bezirksverwaltungen Hamburg und Berlin (West) zugeordneten technischen Aufsichtsbeamten hätten ihren dienstlichen Wohnsitz nicht im Beitrittsgebiet und daher Anspruch auf die volle Vergütung.
Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat keinen Erfolg. Zu Recht haben die Vorinstanzen die Klage als unbegründet abgewiesen.
I. Nach den auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Regelungen der 2. BesÜV hat der Kläger nur Anspruch auf die abgesenkten Dienstbezüge gemäß § 2 2. BesÜV. Die Voraussetzungen für die Gewährung eines Zuschusses nach § 4 2. BesÜV sind nicht erfüllt.
1. Nach § 2 des Dienstvertrags des Klägers vom 23. November 1993 regelt sich das Dienstverhältnis des Klägers nach der Dienstordnung der Beklagten vom 30. Juni 1976, wobei Änderungen der Dienstordnung für den Angestellten bindend sind. Die gemäß §§ 690 ff. RVO erlassene Dienstordnung der Beklagten in der Fassung des ersten Nachtrags vom 24. Juni 1993 sieht in § 4 Abs. 1 vor, daß sich die Besoldung iSv. § 1 Absätze 2 und 3 BBesG nach den Vorschriften für Beamte des Bundes bestimmt. Diese Dienstordnung gilt nach Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das SGB (SGB VII) durch UVEG vom 7. August 1996 bis zum Erlaß einer neuen Dienstordnung weiter(Lauterbach Unfallversicherung SGB VII Stand September 1999 § 144 Rn. 4). Damit sind für die Besoldung des Klägers das Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) und die auf § 73 BBesG beruhende 2. BesÜV maßgebend.
2. Gemäß § 1 2. BesÜV gelten für Beamte, Richter und Soldaten, die nach Inkrafttreten des Einigungsvertrages in dem in Art. 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (Beitrittsgebiet) verwendet werden, die Vorschriften des Bundesbesoldungsgesetzes, soweit nicht in der 2. BesÜV etwas anderes bestimmt ist.
a) Der Kläger wurde und wird ausschließlich im Beitrittsgebiet verwendet. Er ist der Bezirksverwaltung der Beklagten in Gera zugeordnet, wo er seine Dienststelle hat. Seine Tätigkeit als technischer Aufsichtsbeamter übt er im Außendienst entsprechend der Zuständigkeit dieser Bezirksverwaltung ausschließlich in Thüringen und Sachsen aus.
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 2. BesÜV erhalten Beamte, Richter und Soldaten, die von ihrer erstmaligen Ernennung an im Beitrittsgebiet verwendet werden, eine gegenüber den für das bisherige Bundesgebiet geltenden Dienstbezügen geringere Besoldung. Diese Vorschrift ist für die Dienstbezüge des Klägers maßgeblich, da er seit seiner Anstellung als DO-Angestellter und damit von seiner erstmaligen Ernennung an im Beitrittsgebiet verwendet wurde.
Eine erstmalige Ernennung im oder zwecks Verwendung für das Beitrittsgebiet liegt vor, wenn durch die Ernennung erstmals Anspruch auf Dienstbezüge im Beitrittsgebiet begründet wird(Schwegmann/Summer BBesG Stand Januar 2000 IV/24 § 2 2.BesÜV Hinweis 1). Als erstmalige Ernennung des Klägers ist dessen Anstellung als DO-Angestellter auf Lebenszeit durch Dienstvertrag vom 23. November 1993 anzusehen. Mit Wirkung zum 1. Januar 1994 wurde er durch diesen Vertrag zum DO-Angestellten auf Lebenszeit angestellt. Hierdurch erwarb er erstmals einen Anspruch auf Besoldung entsprechend den beamtenrechtlichen Vorschriften, während ihm zuvor lediglich Vergütung zustand.
b) Die Ausnahmeregelung des § 4 Abs. 1 Satz 1 2. BesÜV ist auf den Kläger nicht anwendbar.
aa) Nach dieser Bestimmung erhalten Beamte, Richter und Soldaten mit Anspruch auf Besoldung nach § 2 2. BesÜV einen ruhegehaltfähigen Zuschuß zur Ergänzung der Dienstbezüge in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen den Bezügen nach § 2 und den bei gleichem Amt für das bisherige Bundesgebiet geltenden Dienstbezügen, „wenn sie auf Grund der im bisherigen Bundesgebiet erworbenen Befähigungsvoraussetzungen ernannt werden”. Zwar wurde § 4 durch die am 25. November 1997 in Kraft getretene 4. BesÜVÄndV(vom 17. November 1997, BGBl. I S 2713) geändert und zu einer „Kann-Vorschrift” umgestaltet. Gemäß § 12 2. BesÜV ist die bis zum 24. November 1997 geltende Fassung aber für Beamte, Richter und Soldaten, die bis zu diesem Tage ernannt worden sind – und damit entsprechend auch für Dienstordnungsangestellte, die bis zu diesem Tag als solche angestellt worden sind –, weiter anzuwenden, so daß dem Kläger ein Anspruch zustünde, wenn er die Voraussetzungen des § 4 2. BesÜV erfüllte. Das ist jedoch nicht der Fall.
bb) § 4 Abs. 1 Satz 1 2. BesÜV gilt nur für Personen, die sämtliche Befähigungsvoraussetzungen für die eingeschlagene Laufbahn im bisherigen Bundesgebiet erworben haben. Der Begriff der Befähigungsvoraussetzungen umfaßt die für diesen Befähigungserwerb geforderten Vor- und Ausbildungsvoraussetzungen, dh. den Vorbildungsabschluß, den Vorbereitungsdienst im laufbahnrechtlichen Rahmen und – soweit vorgeschrieben – die Laufbahnprüfung. Das Landesarbeitsgericht ist insoweit zu Recht der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts gefolgt, das die Ansprüche eines von seiner erstmaligen Ernennung an im Beitrittsgebiet verwendeten Richters, der sein rechtswissenschaftliches Studium im Beitrittsgebiet absolviert hatte, und eines Rechtspflegers mit Schulabschluß im Beitrittsgebiet – beides entsprach nicht den einschlägigen Laufbahnbestimmungen – abgelehnt hat(vgl. BVerwG 25. April 1996 – 2 C 27.95 – BVerwGE 101, 116; 11. März 1999 – 2 C 24.98 – ZTR 1999, 385 und 22. Juli 1999 – 2 C 37.98 – ZTR 1999, 528).
Diese Auslegung entspricht dem Wortlaut der Vorschrift. Die Verwendung des Begriffs Befähigungsvoraussetzungen statt Befähigungsvoraussetzung oder Befähigung und damit die Verwendung des Plural ergibt, daß nicht nur die letzte von mehreren erforderlichen Laufbahnvoraussetzungen ausschlaggebend sein soll. Hierfür spricht auch, daß der Erwerb der letzten Voraussetzung zwar notwendig für die Ernennung in einer bestimmten Laufbahn ist, die weiteren Voraussetzungen, zB der Schulabschluß oder das Studium, dadurch aber nicht entbehrlich werden, selbst wenn sie bereits Voraussetzung und damit ursächlich für die Übernahme in den Vorbereitungsdienst waren.
Auch Sinn und Zweck des § 4 2. BesÜV sprechen für diese Auslegung. Die Regelung zielt darauf ab, die Bereitschaft von Fachkräften aus dem bisherigen Bundesgebiet zu einer Tätigkeit in der öffentlichen Verwaltung, der Rechtspflege und der Bundeswehr im Beitrittsgebiet zu fördern(BR-Drucks. 215/91 S 22, 26). Durch die Zuschußregelung sollte dem dringenden Bedarf der neuen Länder an Fachkräften aus dem bisherigen Bundesgebiet entsprochen und die Personalgewinnung unterstützt werden. Da der Zuschuß nach § 4 der 2. BesÜV ausschließlich mobilitätsfördernden Charakter hat, kommt es auf etwaige Unterschiede der Vor- und Ausbildung im bisherigen Bundesgebiet und im Beitrittsgebiet nicht an. Entgegen der Auffassung des Klägers enthält die Vorschrift keine Bewertung der Qualität von Ausbildungen, von Vorbildungs- und Ausbildungsabschlüssen sowie der Eignung, Leistung und fachlichen Befähigung des begünstigten Personenkreises (BVerwG 22. Juli 1999 – 2 C 37/98 – aaO).
cc) Für DO-Angestellte kann hinsichtlich des Begriffs der Befähigungsvoraussetzungen nichts anderes gelten. Soweit die Dienstordnung in Anlehnung an die laufbahnrechtlichen Vorschriften der Bundesbeamten Voraussetzungen aufstellt, die für eine Anstellung in einer bestimmten Laufbahn erforderlich sind, müssen diese vollständig im bisherigen Bundesgebiet erworben worden sein.
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 DO darf nach der Dienstordnung nur angestellt werden, wer in fachlicher Beziehung den Befähigungsnachweis erbracht hat, soweit dieser in den unter Berücksichtigung der für Bundesbeamte geltenden Vorschriften aufgestellten Richtlinien für den berufsgenossenschaftlichen Dienst gefordert wird. Welche fachlichen Voraussetzungen technische Aufsichtsbeamte für die Übernahme in den Vorbereitungsdienst erfüllen müssen, legen die Richtlinien für den berufsgenossenschaftlichen Dienst, die als Bestandteil der Dienstordnung Rechtsnormen enthalten, und die Prüfungsordnungen für technische Aufsichtsbeamte der gewerblichen Berufsgenossenschaften fest(Lauterbach Unfallversicherung Stand Januar 1996 § 690 RVO Anm. 4 a jj). Gemäß § 4 Abs. 1 der Richtlinien wird die Befähigung für die Anstellung nach § 2 DO durch das Bestehen der vorgeschriebenen Prüfung nachgewiesen.
Die Richtlinien für den berufsgenossenschaftlichen Dienst der gewerblichen Berufsgenossenschaften und der See-Berufsgenossenschaft sehen gemäß § 2 Abs. 1 Laufbahngruppen des mittleren, des gehobenen und des höheren Dienstes vor. Im Abschnitt V. „Technischer Aufsichtsdienst” sind in § 23 die Voraussetzungen für die Einstellung als technischer Aufsichtsbeamter auf Probe im höheren Dienst geregelt. Eine Einstellung setzt danach eine abgeschlossene technische oder sonstige wissenschaftliche Ausbildung an einer Universität, einer Technischen Hochschule oder einer gleichstehenden Hochschule und eine dem höheren technischen Aufsichtsdienst gleichwertige hauptberufliche Tätigkeit, die für die Übernahme in den technischen Aufsichtsdienst förderlich ist, voraus. Nach § 25 Abs. 2 erfolgt eine Anstellung nach der Dienstordnung auf Lebenszeit, wenn die dienstrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Die Voraussetzungen entsprechen damit denjenigen nach § 19 BBG, wonach für die Laufbahnen des höheren Dienstes ein geeignetes, mindestens dreijähriges mit einer Prüfung abgeschlossenes Studium an einer Hochschule erforderlich ist.
Der Kläger hat nicht alle nach den Richtlinien für den berufsgenossenschaftlichen Dienst für eine Einstellung als technischer Aufsichtsbeamter auf Probe im höheren Dienst erforderlichen Befähigungsvoraussetzungen im bisherigen Bundesgebiet erworben. Seinen Hochschulabschluß hat er im Beitrittsgebiet erworben.
Soweit der Kläger meint, § 23 der Richtlinien gelte für ihn nicht, da er nicht als DO-Angestellter auf Probe eingestellt worden sei, sondern den Vorbereitungsdienst als Tarifangestellter abgeleistet habe, und die Voraussetzungen für eine Anstellung auf Lebenszeit nicht dieser Bestimmung zu entnehmen seien, kann ihm nicht gefolgt werden. Für die Übernahme als DO-Angestellter auf Lebenszeit als technischer Aufsichtsbeamter im höheren Dienst sind, auch wenn ihr keine Einstellung als DO-Angestellter auf Probe vorausgegangen ist, die in § 23 der Richtlinien genannten Voraussetzungen zu erfüllen. Das folgt daraus, daß in § 25 Abs. 2 der Richtlinien als Voraussetzung für die Anstellung auf Lebenszeit die Erfüllung der dienstrechtlichen Voraussetzungen gefordert wird. Zu diesem gehört aber das Studium, ohne daß insoweit eine Ausnahme zulässig wäre(vgl. § 27 der Richtlinien).
c) Die unterschiedliche Höhe der Dienstbezüge im Beitrittsgebiet und im bisherigen Bundesgebiet gemäß § 2 Abs. 1 2. BesÜV begegnet – jedenfalls für den hier streitgegenständlichen Zeitraum – keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in seinen Entscheidungen vom 25. April 1996 sowie vom 11. März und 22. Juli 1999(– 2 C 27.95 –;– 2 C 24.98 –;– 2 C 37.98 – aaO) sowie zuletzt in zwei Entscheidungen vom 20. Januar 2000(– 2 C 6.99 – ZTR 2000, 238 und – 2 C 12.99 – nv.) angenommen. Dies entspricht der Rechtsprechung des erkennenden Senats zu der Frage, ob die unterschiedlichen Arbeitsbedingungen nach dem BAT und dem BAT-O sachlich gerechtfertigt sind(vgl. BAG 15. April 1999 – 6 AZR 571/97 – nv.; 30. Juli 1992 – 6 AZR 11/92 – BAGE 71, 68). Der Fall gibt zu einer Überprüfung dieser Rechtsprechung keinen Anlaß.
d) Auch gegen die Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 1 BesÜV aF, wonach ein Zuschuß dann gewährt wird, wenn der im Beitrittsgebiet verwendete Beamte, Richter oder Soldat auf Grund der im bisherigen Bundesgebiet erworbenen Befähigungsvoraussetzungen ernannt worden ist, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Der erkennende Senat verweist auch insoweit auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach das auf Mobilität abstellende Differenzierungsmerkmal die Entscheidung rechtfertigt, auch soweit sie daran anknüpft, wo eine Ausbildung abgeleistet wurde(vgl. BVerwG 25. April 1996 – 2 C 27.95 – aaO; 11. März 1999 – 2 C 24.98 – aaO und 22. Juli 1999 – 2 C 37.98 – aaO).
II. Der Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
1. Nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, der inhaltlich durch den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bestimmt wird, hat ein Arbeitgeber seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, gleich zu behandeln; es ist ihm verwehrt, einzelne Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern von allgemein begünstigenden Regelungen auszunehmen, soweit hierfür keine sachlichen Gründe vorliegen(BAG 12. August 1998 – 10 AZR 483/97 – ZTR 1999, 80 und 10. Juni 1998 – 10 AZR 103/97 – AP BAT §§ 22, 23 Lehrer Nr. 72 mwN). Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund für eine Differenzierung nicht finden läßt(BAG 16. April 1997 – 4 AZR 653/95 – AP ArbGG 1979 § 72 Nr. 35 = EzA ZPO § 554 Nr. 6 mwN; 27. Januar 1999 – 4 AZR 52/98 – nv.). Ein solcher Grund besteht hier aber.
2. Die den Bezirksverwaltungen Hamburg und Berlin zugeteilten technischen Aufsichtsbeamten, die wie der Kläger aus dem Beitrittsgebiet stammen, dort studiert und in den alten Bundesländern die Vorbereitungszeit abgeleistet und den Befähigungsnachweis zum technischen Aufsichtsbeamten erbracht haben, werden nicht iSd. § 2 2. BesÜV im Beitrittsgebiet verwendet. Obwohl diese Mitarbeiter überwiegend im Außendienst in Mecklenburg-Vorpommern bzw. Brandenburg und Sachsen-Anhalt eingesetzt sind, liegen ihre Diensträume wie ihre dienstlichen Wohnsitze im bisherigen Bundesgebiet.
a) Unter Verwendung ist grundsätzlich die selbständige und eigenverantwortliche Wahrnehmung des übertragenen Aufgabengebiets (Dienstpostens) zu verstehen(Clemens/Millack/Engelking/Lantermann/Henkel Besoldungsrecht des Bundes und der Länder Stand Dezember 1999 Teil II § 42 BBesG Anm. 42.3.3). Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, die Anwendung der 2. BesÜV hänge davon ab, wo sich der dienstliche Wohnsitz des Beamten gemäß § 15 Abs. 1 BBesG befinde. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BBesG ist dienstlicher Wohnsitz eines Beamten oder Richters der Ort, an dem die Behörde oder ständige Dienststelle ihren Sitz hat. Diese Definition soll bei Anknüpfung einer besoldungsrechtlichen Rechtsfolge an einen Ort eine eindeutige Entscheidung ermöglichen (Schwegmann/Summer aaO II/1 § 15 BBesG Rn. 1). Dienststelle iSv. Abs. 1 ist die den Dienstposten des Beamten einschließende – regelmäßig eingerichtete – kleinste organisatorisch abgrenzbare Verwaltungseinheit, der ein örtlich und sachlich bestimmtes (Teil-)Aufgabengebiet zugewiesen ist, wobei eine, wenn auch nur geringfügige, organisatorische Abgrenzbarkeit genügt; auf die Zahl der dort Beschäftigten oder eine „rechtliche” Verselbständigung kommt es nicht an(Schwegmann/Summer aaO Rn. 2). Von der Anwendbarkeit des § 15 BBesG gehen auch die Hinweise des BMI vom 16. Juli 1991 – D II 1 221 731/1 – zur Durchführung der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung vom 21. Juni 1991(GMBl. S 667; abgedruckt bei Clemens/Millack/Engelking/Lantermann/Henkel aaO Teil VII Anhang 2.16) aus(vgl. dort § 1).
b) Danach hat das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen, daß sich die dienstlichen Wohnsitze der DO-Angestellten nicht am Hauptsitz der Beklagten, sondern an den Orten der jeweiligen Bezirksverwaltungen befinden. Entgegen der Auffassung des Klägers ist nicht entscheidend, ob die Bezirksverwaltungen rechtlich selbständig sind.
Unerheblich ist auch, daß die Beklagte gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1 BBesG den Mittelpunkt der dienstlichen Tätigkeit zum dienstlichen Wohnsitz bestimmen kann, also den technischen Aufsichtsbeamten, mit denen der Kläger gleichbehandelt werden möchte, im Beitrittsgebiet dienstliche Wohnsitze hätte anweisen können. Entscheidend ist, daß die Beklagte dies in Ausübung ihrer Organisationsgewalt nicht getan hat. Diese Entscheidung der Beklagten, im Beitrittsgebiet lediglich für die Länder Sachsen und Thüringen eine neue Bezirksverwaltung in Gera zu gründen und die weiteren Gebiete den bereits bestehenden Bezirksverwaltungen im alten Bundesgebiet zuzuteilen, ist nicht zu beanstanden. Sie ist auf Grund der geographischen Verhältnisse nachvollziehbar. Dafür, daß der Kläger durch diese Regelung willkürlich benachteiligt ist, bestehen keine Anhaltspunkte. Solche hat der Kläger nicht behauptet.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dr. Peifer, Dr. Armbrüster, Gräfl, R. Kamm, Matiaske
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 24.02.2000 durch Schneider, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
BB 2000, 2264 |
FA 2000, 395 |
NZA 2001, 677 |
ZTR 2001, 46 |
AP, 0 |
NJ 2001, 162 |