Entscheidungsstichwort (Thema)
Dienstwagennutzung. Unpfändbarkeit
Leitsatz (amtlich)
Sind die in Geld geleistete Nettovergütung und der Sachbezug aus der Überlassung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung in ihrer Summe nach § 850c Abs. 1, § 850e Nr. 3 ZPO unpfändbar, verstößt eine Anrechnung des Sachbezugs auf das Arbeitseinkommen gegen das Verbotsgesetz des § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO.
Orientierungssatz
1. Die Überlassung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung ist ein Sachbezug iSv. § 107 Abs. 2 Satz 1 und 5 GewO. Sachbezüge können als Teil des Arbeitsentgelts vereinbart werden, wenn dies dem Interesse des Arbeitnehmers oder der Eigenart des Arbeitsverhältnisses entspricht. Sachbezug in diesem Sinn ist jede Leistung des Arbeitgebers, die er als Gegenleistung für die Arbeitsleistung in anderer Form als in Geld erbringt. Sachleistung und Arbeitsleistung müssen im unmittelbaren Gegenseitigkeitsverhältnis stehen.
2. § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO bestimmt, dass der Wert der vereinbarten Sachbezüge oder die Anrechnung der überlassenen Waren auf das Arbeitsentgelt die Höhe des pfändbaren Teils des Arbeitsentgelts nicht übersteigen darf. Arbeitnehmern muss der unpfändbare Teil ihres Arbeitsentgelts verbleiben. Sie sollen nicht in eine Lage geraten, in der sie Gegenstände, die sie als Naturalvergütung erhalten haben, erst verkaufen müssen, bevor ihnen Geld zur Verfügung steht.
3. Die Pfändungsgrenze für einen Vergütungsanspruch, der nach dem Arbeitsvertrag monatlich fällig wird, bestimmt sich gemäß § 850c Abs. 1 ZPO auch dann nach dem monatlichen Nettoeinkommen, wenn der Arbeitnehmer in dem betreffenden Monat nicht die ganze Zeit gearbeitet hat. Entscheidend ist der regelmäßige monatliche Auszahlungszeitraum. Die Pfändungsgrenzen für Arbeitsentgelt, das wöchentlich oder täglich geschuldet wird, sind in einem solchen Fall unerheblich.
4. Geld- und Naturalleistungen sind nach § 850e Nr. 3 Satz 1 ZPO zusammenzurechnen, wenn der Schuldner neben seinem in Geld zahlbaren Einkommen auch Naturalleistungen erhält. Ist die Summe beider Leistungen nach § 850c Abs. 1, § 850e Nr. 3 ZPO unpfändbar, verstößt eine Anrechnung des Sachbezugs auf das Arbeitseinkommen gegen das Verbotsgesetz des § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO.
Normenkette
BGB §§ 134, 286, 288, 364, 611; EStG § 11; GewO § 107; ZPO §§ 253, 319, 850, 850c, 850e
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 10. Juli 2007 – 13 Sa 402/07 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Das Berufungsurteil wird berichtigt und im Ausspruch zur Hauptsache klarstellend wie folgt neu gefasst:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 23. Oktober 2006 – 8 Ca 2863/06 d – teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 319,83 Euro netto nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 13. Mai 2006 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Rz. 1
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt war, auf das Entgelt des Klägers für März 2006 den geldwerten Vorteil für die Privatnutzung eines ihm zur Verfügung gestellten Dienstwagens anzurechnen.
Rz. 2
Der für seine Ehefrau und drei Kinder unterhaltspflichtige Kläger war für die Beklagte vom 15. März 2006 bis 31. Mai 2006 als Bereichsleiter tätig. Die Parteien vereinbarten in § 2 Nr. 1 des Arbeitsvertrags ein monatliches Gehalt von 2.800,00 Euro brutto. Das Entgelt sollte nach § 2 Nr. 3 des Arbeitsvertrags jeweils am Ersten eines Monats zahlbar sein. Dem Kläger stand seit Beginn des Arbeitsverhältnisses ein Dienstwagen auch zur privaten Nutzung zur Verfügung. § 12 Satz 2 des Arbeitsvertrags vom 15. März 2006 lautet:
Ҥ 12
Besondere Abmachungen
…
Herr J… erhält ab Eintrittsdatum ein Firmenfahrzeug, welches nach den gesetzlichen sowie steuerlichen Vorschriften über das Monatsgehalt verrechnet wird. …”
Rz. 3
Die Beklagte verringerte die Beträge, die sie auf die Nettovergütungen des Klägers für die Monate März, April und Mai 2006 leistete, wegen des erlangten Vorteils der Pkw-Nutzung um jeweils 639,65 Euro. Das Bruttogehalt für die Zeit vom 15. bis 31. März 2006 belief sich auf 1.931,96 Euro. Das abgerechnete Nettoentgelt für diese Zeit betrug einschließlich des Vorteils für die Pkw-Nutzung von 639,65 Euro insgesamt 1.390,67 Euro. 751,02 Euro wurden an den Kläger ausgezahlt.
Rz. 4
Der Kläger meint, die Beklagte dürfe sein Entgelt wegen § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO nur in Höhe der pfändbaren Nettobeträge mit den geldwerten Vorteilen der privaten Nutzung des Dienstwagens verrechnen. Für die erste Hälfte des Monats März 2006 scheide eine Verrechnung aus, weil ihm das Fahrzeug in dieser Zeit noch nicht zur Verfügung gestanden habe.
Rz. 5
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat März 2006 eine Gehaltsdifferenz in Höhe von 582,12 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. Mai 2006 zu zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat April 2006 eine Gehaltsdifferenz in Höhe von 534,65 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. Mai 2006 zu zahlen;
3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat Mai 2006 eine Gehaltsdifferenz in Höhe von 522,65 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9. Juni 2006 zu zahlen.
Rz. 6
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Ansicht, § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO sei nicht anzuwenden, wenn der Arbeitnehmer zusätzlich zu seiner in Geld geleisteten Vergütung Sachbezüge erhalte. Der über das Entgelt von 2.800,00 Euro hinausgehende Sachbezug der privaten Kfz-Nutzung unterliege den steuerrechtlichen Vorschriften. Nach den Lohnsteuerrichtlinien sei der Monatswert von einem Prozent des inländischen Listenpreises des Fahrzeugs auch dann anzusetzen, wenn der Pkw dem Arbeitnehmer im Kalendermonat nur zeitweise zur Verfügung gestanden habe.
Rz. 7
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert. Es hat das stattgebende erstinstanzliche Urteil nur in Höhe eines Teils des Entgelts für März 2006 von 319,83 Euro nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 13. Mai 2006 bestätigt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte das Ziel der Abweisung der gesamten Klage weiter. Der Kläger beantragt, die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Rz. 8
A. Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben dem zur Entscheidung des Senats angefallenen Teil der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Der Kläger hat weder Revision noch Anschlussrevision eingelegt. Die Abweisung der weitergehenden Klage ist rechtskräftig.
Rz. 9
I. Die noch rechtshängige, auf einen Teil der Nettovergütung für März 2006 gerichtete Klage ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die auf das Bruttoentgelt zu entrichtenden Steuern und Sozialversicherungsbeiträge sind bereits abgeführt. Die Steuern sind also geflossen iSd. einkommensteuerrechtlichen Zuflussprinzips (§ 11 Abs. 1 Satz 1 EStG). Die Steuermerkmale des Klägers bestimmen sich nach dem Zeitpunkt der Entrichtung der Steuern. Sie können sich nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung nicht mehr ändern (zu der abweichend von diesem Ausnahmefall regelmäßig zu erhebenden Bruttoentgeltklage BAG Großer Senat 7. März 2001 – GS 1/00 – zu III 1 der Gründe, BAGE 97, 150).
Rz. 10
II. Die noch rechtshängige Klage ist begründet. Der Kläger hat nach § 611 Abs. 1 BGB iVm. § 2 Nr. 1 des Arbeitsvertrags Anspruch auf Vergütung von 319,83 Euro netto für März 2006 nebst Verzugszinsen seit 13. Mai 2006. Sein Anspruch ist nicht durch Anrechnung des Sachbezugswerts erloschen. Die Anrechnung verletzt § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO und damit ein Verbotsgesetz iSv. § 134 1. Alt. BGB. Das Arbeitseinkommen des Klägers ist unpfändbar. Er konnte die Naturalvergütung – die Überlassung des Dienstwagens zur Privatnutzung – daher nicht anstelle der Erfüllung seines auf eine Geldleistung gerichteten Entgeltanspruchs nach § 364 Abs. 1 BGB annehmen. Erfüllungswirkung trat nicht ein.
Rz. 11
1. Die Anrechnung des sog. geldwerten Vorteils der Privatnutzung des Dienstwagens verstößt gegen § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO.
Rz. 12
a) Nach § 107 Abs. 1 GewO ist das Arbeitsentgelt in Euro zu berechnen und auszuzahlen. Von dem normierten Tauschverbot “Ware statt Lohn” (vgl. BVerfG 24. Februar 1992 – 1 BvR 980/88 – zu 1a der Gründe, AP GewO § 115 Nr. 5 = EzA GewO § 115 Nr. 6) darf nur unter den Voraussetzungen des § 107 Abs. 2 Satz 1 GewO abgewichen werden. Sachbezüge können als Teil des Arbeitsentgelts vereinbart werden, wenn dies dem Interesse des Arbeitnehmers oder der Eigenart des Arbeitsverhältnisses entspricht. Sachbezug in diesem Sinn ist jede Leistung des Arbeitgebers, die er als Gegenleistung für die Arbeitsleistung in anderer Form als in Geld erbringt. Sachleistung und Arbeitsleistung müssen im unmittelbaren Gegenseitigkeitsverhältnis stehen (Senat 17. Februar 2009 – 9 AZR 676/07 – Rn. 14 mwN).
Rz. 13
b) Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Rz. 14
aa) Die Parteien vereinbarten in § 12 Satz 2 des Arbeitsvertrags, dass der Kläger ein sog. Firmenfahrzeug erhalten sollte, das nach den gesetzlichen und steuerlichen Vorschriften über das Monatsgehalt verrechnet werden sollte. Sie gingen übereinstimmend davon aus, dass der Kläger den Dienstwagen auch privat nutzen durfte.
Rz. 15
bb) Die Parteien erweiterten mit der vereinbarten Überlassung des Dienstwagens zur privaten Nutzung die Hauptleistungspflicht der Beklagten. Die Überlassung des Wagens zu privaten Zwecken war eine zusätzliche Gegenleistung für die geschuldete Arbeitsleistung. Dem Kläger blieben entsprechende Aufwendungen erspart. Die Überlassung zur Privatnutzung lag objektiv betrachtet in seinem Interesse. Die Erfüllung des Anspruchs auf private Nutzung war deshalb ein Sachbezug iSv. § 107 Abs. 2 Satz 1 und 5 GewO (vgl. BT-Drucks. 14/8796 S. 24; zu der nötigen generalisierenden Bewertung der Interessenlage Bauer/Opolony BB 2002, 1590, 1593; Boemke in Boemke GewO § 107 Rn. 18; Wank in Tettinger/Wank GewO 7. Aufl. § 107 Rn. 5). Die Überlassung ist als geldwerter Vorteil steuerpflichtiger Teil der nach § 611 Abs. 1 letzter Halbs. BGB geschuldeten Arbeitsvergütung (vgl. nur Senat 19. Dezember 2006 – 9 AZR 294/06 – Rn. 15, AP BGB § 611 Sachbezüge Nr. 21 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 17; BAG 5. September 2002 – 8 AZR 702/01 – zu II 3 der Gründe, AP BGB § 280 nF Nr. 1 = EzA BGB § 615 Nr. 109).
Rz. 16
c) § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO bestimmt, dass der Wert der vereinbarten Sachbezüge oder die Anrechnung der überlassenen Waren auf das Arbeitsentgelt die Höhe des pfändbaren Teils des Arbeitsentgelts nicht übersteigen darf. Zusätzlich zum Arbeitsentgelt gewährte Sachbezüge werden von der Regelung nach der Gesetzesbegründung nicht erfasst (BT-Drucks. 14/8796 S. 25). Das bedeutet nach dem im Wortlaut des § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO ausgedrückten Zweck der Vorschrift jedoch nicht, dass die Pfändungsgrenzen des § 850c Abs. 1 ZPO nicht zu berücksichtigen sind. Dem Arbeitnehmer muss der unpfändbare Teil seines Arbeitsentgelts verbleiben. “Beschäftigte” sollen nicht in eine Lage geraten, in der sie Gegenstände, die sie als “Naturallohn” erhalten haben, erst verkaufen müssen, bevor ihnen Geld zur Verfügung steht (BT-Drucks. 14/8796 S. 25).
Rz. 17
d) Die Anrechnung der Beklagten verletzt § 850c Abs. 1 iVm. § 850e Nr. 3 ZPO. Insoweit kann offenbleiben, ob es sich bei der in § 12 Satz 2 des Arbeitsvertrags getroffenen Regelung um eine deklaratorische Bestätigung der gesetzlichen Aufrechnungsvorschriften der §§ 387 ff. und § 394 Satz 1 BGB, eine Verrechnungsvereinbarung oder einen Aufrechnungsvertrag handelt, auf den ebenfalls § 394 Satz 1 BGB anzuwenden wäre (zu der Unterscheidung Senat 17. Februar 2009 – 9 AZR 676/07 – Rn. 21 bis 23). § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO verbietet die Unterschreitung der Freibeträge, die sich aus den Pfändungsgrenzen ergeben.
Rz. 18
e) Der pfändbare Teil von Arbeitseinkommen, das in Geld zahlbar ist, bestimmt sich laut § 850 Abs. 1 ZPO nach Maßgabe der §§ 850a bis 850i ZPO. Zur Sicherung des Existenzminimums des Arbeitnehmers und seiner unterhaltsberechtigten Familienangehörigen weist § 850c Abs. 1 ZPO einen unpfändbaren Grundbetrag aus, der nach den Unterhaltspflichten des Arbeitnehmers gestaffelt ist. Das pfändbare Nettoentgelt errechnet sich nach § 850e ZPO.
Rz. 19
aa) Die Pfändungsgrenze für einen Vergütungsanspruch, der nach dem Arbeitsvertrag monatlich fällig wird, bestimmt sich auch dann nach dem monatlichen Nettoeinkommen, wenn der Arbeitnehmer in dem betreffenden Monat nicht die ganze Zeit gearbeitet hat. Entscheidend ist der regelmäßige monatliche Auszahlungszeitraum. Die Pfändungsgrenzen für Arbeitsentgelt, das wöchentlich oder täglich geschuldet wird, sind nicht maßgeblich (ebenso ArbG Frankfurt am Main 7. Mai 1998 – 2 Ca 1991/98 – juris Rn. 13 f., NJW-RR 1999, 723; ArbG Münster 10. Juli 1990 – 2 Ca 992/90 – DB 1990, 2332; Zöller/Stöber ZPO 27. Aufl. § 850c Rn. 3 mwN zu der Kontroverse). Es kommt deswegen nicht darauf an, dass der Kläger nur während eines Teils des Monats März 2006 – vom 15. bis 31. März 2006 – für die Beklagte tätig war.
Rz. 20
(1) Für eine Bestimmung der Pfändungsgrenze anhand des Monatsentgelts bei Vereinbarung eines Monatsgehalts spricht zunächst der Wortlaut des § 850c Abs. 1 Satz 1 ZPO. Danach ist Arbeitseinkommen “unpfändbar, wenn es, je nach dem Zeitraum, für den es gezahlt wird, nicht mehr als … beträgt”.
Rz. 21
(2) Der Normzweck stützt dieses Auslegungsergebnis. Die Pfändungsgrenzen sollen sicherstellen, dass der Arbeitnehmer innerhalb des Abrechnungszeitraums über ein bestimmtes Mindesteinkommen verfügt. Er soll auf dieses unpfändbare Mindesteinkommen im Hinblick auf andere Verpflichtungen – zB Mietzins- und Darlehensverbindlichkeiten – vertrauen dürfen.
Rz. 22
bb) Das Entgelt des Klägers für März 2006 ist nach § 850c Abs. 1 ZPO auch unter Berücksichtigung der Additionsvorschrift des § 850e Nr. 3 ZPO unpfändbar (vgl. dazu Hessisches LAG 15. Oktober 2008 – 6 Sa 1025/07 – juris Rn. 20, JurBüro 2009, 210; LAG Hamm 10. April 1991 – 2 (16) Sa 619/90 – zu 2 der Gründe, LAGE ZPO § 850e Nr. 2). Nach § 850e Nr. 3 Satz 1 ZPO sind Geld- und Naturalleistungen zusammenzurechnen, wenn der Schuldner neben seinem in Geld zahlbaren Einkommen auch Naturalleistungen erhält.
Rz. 23
(1) Das Gesamteinkommen des Klägers für März 2006 überschritt den nach § 850c Abs. 1 ZPO unpfändbaren Betrag nicht. Es betrug 1.390,67 Euro. Dieser Gesamtbetrag setzte sich nach § 850e Nr. 3 Satz 1 ZPO aus der in Geld geleisteten Nettovergütung von 751,02 Euro und dem geldwerten Vorteil für die Pkw-Nutzung von 639,65 Euro zusammen. Der Pfändungsfreibetrag belief sich nach dem seit 1. Juli 2005 geltenden Anhang zu § 850c ZPO (BGBl. I S. 493) auf monatlich 1.979,99 Euro netto, weil der Kläger vier Unterhaltspflichten zu erfüllen hat.
Rz. 24
(2) Die besondere Regelung für die Pfändung des in Geld zahlbaren Betrags bei Zusammentreffen von Geld- und Naturalleistungen nach § 850e Nr. 3 Satz 2 ZPO ist hier nicht anzuwenden. Sie setzt voraus, dass das Gesamteinkommen den unpfändbaren Betrag übersteigt (vgl. Zöller/Stöber § 850e Rn. 26).
Rz. 25
2. Die Verrechnungsregelung in § 12 Satz 2 des Arbeitsvertrags ist nach § 134 1. Alt. BGB nichtig. Sie verstößt gegen das Verbotsgesetz des § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO (zu der Rechtsfolge Boemke in Boemke GewO § 107 Rn. 23; Wank in Tettinger/Wank § 107 Rn. 18). Der Vergütungsanspruch des Klägers ging daher in Höhe des noch rechtshängigen Betrags von 319,83 Euro netto nicht durch Annahme an Erfüllungs statt nach § 364 Abs. 1 BGB unter (vgl. Palandt/Grüneberg BGB 68. Aufl. § 364 Rn. 1; ErfK/Preis 9. Aufl. § 107 GewO Rn. 7).
Rz. 26
3. Der Anspruch des Klägers ist ab 13. Mai 2006 unter dem Gesichtspunkt des Verzugs mit dem gesetzlichen Zinssatz zu verzinsen (§ 286 Abs. 2 Nr. 1, § 288 BGB).
Rz. 27
B. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.
Rz. 28
C. Der Senat hatte den Ausspruch des Landesarbeitsgerichts zur Hauptsache zu berichtigen, weil das Berufungsgericht die weitergehende Berufung der Beklagten in der Urteilsformel nicht ausdrücklich zurückgewiesen hat. Die Auslassung ist ein erkennbares Versehen und damit eine offenbare Unrichtigkeit iSv. § 319 Abs. 1 ZPO. Das zeigt der Einleitungssatz der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils. Danach hat die Berufung (der Beklagten) überwiegend Erfolg. Der Senat ist als das mit der Sache befasste Rechtsmittelgericht für die Berichtigung zuständig (vgl. nur BGH 3. Juli 1996 – VIII ZR 221/95 – zu II 3b der Gründe, BGHZ 133, 184; 9. Februar 1989 – V ZB 25/88 – zu III der Gründe, BGHZ 106, 370).
Unterschriften
Düwell, Krasshöfer, Gallner, Preuß, Benrath
Fundstellen
Haufe-Index 2183046 |
BAGE 2010, 101 |
DB 2009, 1828 |