Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung einer Versorgungszusage – „ruhegeldfähige Bezüge” – „als Beihilfe gewährte Zahlungen” – Feststellungsinteresse und Bestimmheit des Klageantrages
Orientierungssatz
1. Feststellungsanträge bedürfen nicht der Bezifferung. Es genügt, wenn der Inhalt des streitigen Rechtsverhältnisses oder einzelner sich aus dem Rechtsverhältnis ergebender Rechte, Pflichten oder Folgen hinreichend deutlich beschrieben werden.
2. Wenn eine Ruhelohnordnung bestimmte „als Beihilfe gewährte Zahlungen” aus den „ruhegeldfähigen Bezügen” ausnimmt, hat es der Arbeitgeber oder haben es die Betriebspartner grundsätzlich in der Hand, durch die Bezeichnung einer neueingeführten Arbeitgeberleistung über deren Ruhegeldfähigkeit zu entscheiden, wenn sie diese Leistungen auch entsprechend der gewählten Bezeichnung ausgestalten.
3. Arbeitgeberfinanzierte Beiträge zu einer Direktversicherung sind regelmäßig keine „Bezüge” des Arbeitnehmers, weil der Arbeitgeber mit ihnen keine Leistung an den Arbeitnehmer erbringt, sondern eine eigene Verpflichtung gegenüber der Versicherung erfüllt, mit dem Ziel, dem bezugsberechtigten Arbeitnehmer den versprochenen Versicherungsanspruch zu verschaffen.
Normenkette
BetrAVG § 1; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 256 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 28. Januar 2000 – 4 Sa 1321/99 – wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob „Erholungsbeihilfen” und von der Beklagten finanzierten Beiträge zu einer Direktversicherung ruhegeldfähig sind.
Die Klägerin war vom 1. Dezember 1975 bis zum 30. September 1997 bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt als außertarifliche Angestellte gegen ein monatliches Bruttogehalt von 8.685,00 DM. Auf ihren Antrag hin war sie vertragsgemäß mit Wirkung zum 1. März 1978 in das DEG-Versorgungswerk aufgenommen worden. Die Richtlinien der Beklagten für die Gewährung von Versorgungsbezügen an ihre Mitarbeiter und deren Hinterbliebenen (im folgenden: DEG-Richtlinien) enthalten ua. folgende Bestimmungen:
„§ 2
Versorgungswerk
(1) Die DEG gewährt ihren Mitarbeitern, die in das Versorgungswerk aufgenommen worden sind, die Anwartschaft auf die Versorgungsleistungen in Form von Ruhegeld (§ 3) und Hinterbliebenenversorgung (Witwen- und Waisengeld, §§ 4 und 5) nach Maßgabe dieser Richtlinien.
(2) Die in das Versorgungswerk aufgenommenen Mitarbeiter sind verpflichtet, sich spätestens vom Zeitpunkt der Aufnahme in das Versorgungswerk an mittels einer Zusatzvereinbarung zum Dienstvertrag (Anlage 1) im Rahmen des Gruppenversicherungsvertrages des Versorgungsverbandes bundes- und landesgeförderter Unternehmen e.V. (VBLU) versichern zu lassen und die auf sie jeweils entfallenden Prämienanteile zu entrichten. …
§ 6
Berechnungsgrundlagen
(1) Das Ruhegeld wird auf der Grundlage der ruhegeldfähigen Bezüge und der ruhegeldfähigen Dienstzeit berechnet.
(2) Als ruhegeldfähige Bezüge gilt der monatliche Durchschnitt der Bezüge, die der Mitarbeiter während der letzten beiden vor Eintritt des Versorgungsfalles nach § 3 Abs. (1) in voller vertraglicher Beschäftigung verbrachten Jahre erhalten hat. Nicht zu den Bezügen in diesem Sinne zählen das Kindergeld, als Unterstützungen und Beihilfen gewährte Zahlungen, Überstundenentgelte und sonstige für Sonderleistungen gewährte Sondervergütungen. …”
Am 6./7. März 1978 schlossen die Parteien folgende Zusatzvereinbarung:
„Die Vertragsschließenden sind sich darüber einig, daß der Arbeitnehmer für die Dauer seines Dienstvertrages im Rahmen des von dem Versorgungsverband bundes- und landesgeförderter Unternehmen e.V. (VBLU) abgeschlossenen Gruppenversicherungsvertrages zusätzlich versichert wird.
Die Beiträge betragen zur Zeit insgesamt 6,9 % des jeweiligen Arbeitsentgelts, das der Berechnung der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zugrunde liegt oder ggfs. zugrunde zu legen wäre; die Beitragsbemessungsgrenze bleibt dabei unberücksichtigt. Für die Beiträge ist der Arbeitnehmer zu 1/3 und der Arbeitgeber zu 2/3 Beitragsschuldner. Der Arbeitgeber trägt die auf seine Beitragsteile entfallende Lohnsteuer.
Der Arbeitgeber erklärt sich bereit, zusätzlich zu den auf ihn entfallenden Beitragsanteilen auch den Beitragsanteil des Arbeitnehmers an den VBLU weiterzuleiten. Der Arbeitnehmer ist damit einverstanden, daß die nach der vorstehenden Vereinbarung von ihm geschuldeten Beitragsteile von seinem Arbeitsentgelt einbehalten werden.
…”
In einer Betriebsvereinbarung vom 31. März 1989 ist die „Erholungsbeihilfe” wie folgt geregelt:
„1. Die DEG gewährt ihren Mitarbeitern des tariflichen und außertariflichen Bereichs jährlich eine Erholungsbeihilfe. Voraussetzung hierfür ist, daß sie
…
2. Die Erholungsbeihilfe beträgt:
a) |
für nicht verheiratete Mitarbeiter in Vollzeitbeschäftigung |
netto DM 300,00 |
b) |
für verheiratete Mitarbeiter in Vollzeitbeschäftigung |
netto DM 500,00 |
c) |
für jedes Kind, das auf der Lohnsteuerkarte des Mitarbeiters eingetragen ist |
netto DM 100,00 …” |
Die Beklagte führte in der Hausmitteilung vom 17. Juni 1997 Nr. 07/97 zum Begriff der ruhegeldfähigen Bezüge aus:
„Zu den ruhegeldfähigen Bezügen gehört das Monatsgehalt (im Tarifbereich das Tarifgehalt einschließlich der übertariflichen Gehaltszulagen und tariflichen Einmalzahlungen), Leistungen aus dem Vermögensbildungsgesetz sowie die Weihnachtsgratifikation. Alle anderen Gehaltsbestandteile, die bereits in § 6 Abs. 2 genannt sind sowie einsatzgebundene Auslandszulagen, Tantiemen, Arbeitgeberbeitragsanteile zum VBLU und als Erholungsbeihilfen gewährte Zahlungen sind keine ruhegeldfähigen Bezüge.”
Am 17. Juli/1. August 1997 schlossen die Parteien eine Vorruhestandsvereinbarung. Seit dem 1. Oktober 1997 befindet sich die Klägerin im Vorruhestand.
Sie hat die Auffassung vertreten, die „Erholungsbehilfen” und die von der Beklagten aufgebrachten Beiträge zu der vom VBLU abgeschlossenen Gruppenversicherung seien nach § 6 Abs. 2 DEG-Richtlinien ruhegeldfähige Bezüge. Bei den Erholungsbehilfen handele es sich um Urlaubsgeld, auf das die Klägerin schon auf Grund von § 10 des arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Manteltarifvertrages für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken einen Anspruch habe. Es zähle zum Arbeitsentgelt und falle trotz der mißverständlichen Formulierung nicht unter die abschließende Ausschlußregelung des § 6 Abs. 2 Satz 2 der Versorgungsrichtlinien. Der Ausschlußtatbestand stehe im Zusammenhang mit den Richtlinien der Beklagten für die Gewährung von Unterstützungen und Zuwendungen vom 18. Januar 1971. Lediglich antragsbedürftige Einzelleistungen und Ermessensleistungen seien als „Unterstützungen und Beihilfen” im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 2 DEG-Richtlinien anzusehen. Zahlungen, auf die ein Rechtsanspruch bestehe, würden nicht erfaßt. Die Beiträge der Beklagten zu der vom VBLU abgeschlossenen Gruppenversicherung stellten ebenfalls zusätzliches ruhegeldfähiges Arbeitsentgelt dar. Sie fielen nicht unter die abschließende Ausschlußvorschrift des § 6 Abs. 2 Satz 2 DEG-Richtlinien. Auch die von der Beklagten als ruhegeldfähig anerkannten vermögenswirksamen Leistungen seien keine synallagmatischen Entgeltbestandteile. Die Beklagte müsse sich insoweit zumindest die Unklarkeitenregelung entgegenhalten lassen.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, an sie als Erholungsbeihilfe und Arbeitgeberbeiträge zur Direktversicherung (VBLU) gewährten Zahlungen gemäß § 6 der „DEG-Richtlinien für die Gewährung von Versorgungsbezügen an ihre Mitarbeiter und deren Hinterbliebene” in die Berechnung des ab 1. Januar 2001 zu gewährenden Ruhegeldes einzubeziehen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die „Erholungsbeihilfe”, die einen besonderen Aufwand der Arbeitnehmer auf Grund des Urlaubes abdecken solle, falle unter die Ausschlußvorschrift des § 6 Abs. 2 Satz 2 der Versorgungsrichtlinien. Die Betriebsvereinbarung vom 31. März 1989 habe bewußt den Begriff „Erholungsbeihilfe” verwandt. Auch bei den von der Beklagten aufgebrachten Versicherungsbeiträgen handele es sich nicht um ruhegeldfähige Bezüge. Hiermit werde lediglich ein Teil der Gesamtversorgung der Klägerin vorfinanziert.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Die Beklagte berechnet die ruhegeldfähigen Bezüge richtig.
I. Die Klage ist allerdings entgegen der Auffassung der Beklagten zulässig.
1. Der Klageantrag ist im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügend bestimmt. Feststellungsanträge bedürfen anders als Leistungsanträge keiner Bezifferung(vgl. ua. BAG 1. Juni 1983 – 4 AZR 578/80 – AP BAT § 23 a Nr. 16; 7. November 1995 – 3 AZR 952/94 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Bühnen Nr. 1, zu A 1 der Gründe). Den Inhalt der geltend gemachten Versorgungsrechte hat die Klägerin hinreichend klar beschrieben.
2. Die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO sind erfüllt.
a) Ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis besteht selbst dann, wenn der Versorgungsfall noch nicht eingetreten ist. Bereits die Versorgungsanwartschaft begründet ein betriebsrentenrechtliches Rechtsverhältnis(ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. ua. BAG 7. März 1995 – 3 AZR 282/94 – BAGE 79, 236, 239; 28. Juli 1998 – 3 AZR 100/98 – BAGE 89, 262, 266). Nicht nur das Rechtsverhältnis im Ganzen, sondern auch einzelne daraus entstehende Rechte, Pflichten oder Folgen können Gegenstand einer Feststellungsklage sein(vgl. ua. BAG 15. Mai 1984 – 3 AZR 520/81 – BAGE 46, 18, 20; 19. Juni 1985 – 5 AZR 57/84 – AP BAT § 4 Nr. 11 = EzA BGB § 315 Nr. 32, zu A I der Gründe; 9. November 1999 – 3 AZR 361/98 – AP BetrAVG § 7 Nr. 96, zu A 3 der Gründe). Nichts anderes gilt für einen Streit der Parteien über die Berechnung der Betriebsrente(vgl. ua. BAG 8. Mai 1984 – 3 AZR 68/82 – AP BetrAVG § 7 Nr. 20 = EzA BetrAVG § 7 Nr. 14, zu I der Gründe; 22. September 1987 – 3 AZR 662/85 – BAGE 56, 138).
b) Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung der richtigen Berechnung ihrer Versorgungsrechte. Ihre Feststellungsklage führt zu einer abschließenden Klärung, weil keine weiteren Meinungsverschiedenheiten bestehen. Der Rechtsstreit wird von zusätzlichem Zahlenwerk entlastet, das keiner gerichtlichen Prüfung bedarf.
c) Das Feststellungsinteresse der Klägerin hängt nicht davon ab, wann der Vorruhestand endet und der Versorgungsfall eintritt. Die Klägerin hat bereits vor Eintritt des Versorgungsfalles ein schützenswertes Interesse an alsbaldiger Feststellung von Inhalt und Umfang ihrer Versorgungsrechte. Sie muß sich auf etwaige Versorgungslücken einstellen und entsprechend planen können.
II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht weder die „Erholungsbeihilfe” noch die arbeitgeberfinanzierten Beiträge zu der vom VBLU abgeschlossenen Gruppenversicherung als ruhegeldfähige Bezüge angesehen.
1. „Erholungsbeihilfen” zählen nicht zu den ruhegeldfähigen Bezügen. Diese Arbeitgeberleistung fällt unter den Ausschlußtatbestand des § 6 Abs. 2 Satz 2 DEG-Richtlinien. Es kommt deshalb nicht darauf an, was allgemein unter „Bezügen” im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 DEG-Richtlinien zu verstehen ist.
a) Die Klägerin möchte die Ausschlußvorschrift des § 6 Abs. 2 Satz 2 DEG-Richtlinien eng auslegen und zu den „Unterstützungen und Beihilfen” nur die Leistungen nach den Richtlinien über die Gewährung von Unterstützungen und Zuwendungen zählen. Eine solche Verknüpfung nehmen die DEG-Richtlinien aber weder nach ihrem Wortlaut noch nach dem aus ihnen erkennbaren Sinn und Zweck vor.
aa) § 6 Abs. 2 Satz 2 DEG-Richtlinien stellt darauf ab, ob die Zahlungen „als Unterstützungen oder Beihilfen gewährt” werden. Nach diesem Wortlaut kommt es entscheidend darauf an, wie die Arbeitgeberleistungen bezeichnet werden, und erst danach, welcher Zweck ihnen beigemessen wird. Bei der auch über die Ruhegeldfähigkeit entscheidenden Leistungsbezeichnung und Zweckbestimmung steht den Betriebspartnern ein Ermessensspielraum zu. Es genügt, daß der Inhalt und die Ausgestaltung der Arbeitgeberleistung nicht im Widerspruch zur gewählten Bezeichnung stehen.
bb) Mit „Unterstützungen und Beihilfen” sind nicht lediglich die in den Richtlinien vom 18. Januar 1971 geregelten „Unterstützungen und Zuwendungen” gemeint. Diese Richtlinien lagen bei Erlaß der Versorgungsordnung vom 1. Januar 1973 bereits vor. Wenn nur die unter die Richtlinien vom 18. Januar 1971 fallenden Leistungen hätten ausgenommen werden sollen, hätte es nahegelegen, darauf zumindest durch die Wortwahl zu verweisen. Statt dessen wurde eine eigenständige Regelung mit teilweise abweichenden Begriffen geschaffen. Die DEG-Richtlinien sprechen nicht von „Unterstützungen und Zuwendungen”, sondern von „Unterstützungen und Beihilfen”. Ohne konkrete Anhaltspunkte kann nicht unterstellt werden, daß es sich dabei um ein Versehen gehandelt hat.
§ 6 Abs. 2 Satz 2 der Versorgungsrichtlinien verlangt auch nicht, daß die in dieser Vorschrift erwähnten „Unterstützungen und Beihilfen” ähnlich ausgestaltet sind wie die nach den Richtlinien vom 18. Januar 1971 gewährten Leistungen. Soweit vorhandene anderweitige Regelungssysteme als Bezugspunkt oder Vergleichsmaßstab dienen sollen, wird dies üblicherweise durch eine entsprechende Formulierung zum Ausdruck gebracht. Die abweichende Begriffsbildung in den Versorgungsrichtlinien unterstreicht, daß eine weitergehende Einschränkung der ruhegeldfähigen Bezüge beabsichtigt ist.
Unterstützungen und Beihilfen sind bedarfs- oder anlaßbezogen. Sie zählen zwar zum Entgelt im arbeitsrechtlichen und steuerrechtlichen Sinne, hängen aber nicht oder wenigstens nicht ausschließlich vom Umfang und Wert der Arbeitsleistung ab. Bei den Beihilfen muß es sich nicht um Ermessensleistungen handeln, wie die Beihilfeansprüche im öffentlichen Dienst zeigen. Die systematische Stellung im unmittelbaren Anschluß an das Kindergeld spricht ebenfalls dafür, daß das Bestehen eines Rechtsanspruchs die Annahme einer „Beihilfe” nicht ausschließt.
b) Der Begriff der Beihilfe setzt nicht voraus, daß sie nur im Einzelfall und auf Antrag gewährt wird. Generelle Beihilfen zu bestimmten Anlässen sind möglich. Es reicht aus, daß die Leistung dazu beitragen soll, die bei bestimmten Anlässen erfahrungsgemäß anfallenden Aufwendungen zu decken. Ob bei der Begründung des Leistungsanspruchs der Entgelt- oder der Beihilfecharakter in den Vordergrund gestellt wird, bleibt der Regelung überlassen, wenn nur die Leistungsbedingungen der gewählten Bezeichnung entsprechen und Tarifvorschriften nicht entgegenstehen. Diesen Anforderungen genügt die in der Betriebsvereinbarung vom 31. März 1989 geregelte Erholungs-„Beihilfe”.
aa) Die Betriebsvereinbarung vom 31. März 1989 betont den Beihilfecharakter nicht nur durch die Bezeichnung der Leistung, sondern auch durch deren inhaltliche Ausgestaltung. Die Erholungsbeihilfe knüpft an typisierte urlaubsbedingte Aufwendungen an. Die Höhe der Erholungsbeihilfe ist von der Höhe des Arbeitsverdienstes unabhängig und allein gestaffelt nach dem Familienstand und der Zahl der Kinder, die auf der Lohnsteuerkarte des Arbeitnehmers eingetragen sind und für die der Arbeitnehmer typischerweise zu sorgen hat. Auf diese Weise haben die Betriebspartner die Erholungsbeihilfe aus dem Leistungsaustausch im Arbeitsverhältnis ausgenommen und allein von dem je nach Familiengröße unterschiedlichen urlaubsbedingten Mehraufwand abhängig gemacht. Der auf diese Weise zum Ausdruck gekommene Zweck der Leistung rechtfertigt deren in der Betriebsvereinbarung gewählten Bezeichnung.
bb) Die Bezeichnung der Leistung als Beihilfe und deren entsprechende Ausgestaltung durch die Betriebspartner steht nicht im Widerspruch zu § 10 des arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Manteltarifvertrags für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken (MTV). Nach § 10 Nr. 1 MTV haben die Arbeitnehmer nur einen Anspruch darauf, daß die tariflichen Sonderzahlungen in einem Kalenderjahr 100 % des monatlichen Tarifgehalts zuzüglich aller tariflichen Zulagen und des Wechselschichtzuschlags nicht unterschreiten. Diese Sonderzahlung hat Entgeltcharakter und gehört zu den ruhegeldfähigen Bezügen. Sie fällt nicht unter die Ausschlußvorschrift des § 6 Abs. 2 Satz 2 der Versorgungsrichtlinien. Davon geht auch die Beklagte aus, wie ihre Hausmitteilung vom 17. Juni 1997 Nr. 07/97 zeigt.
Dem Arbeitgeber bleibt es aber überlassen, wie er die tarifliche Sonderzahlung erbringt, als Weihnachtsgratifikation, Jahresabschlußvergütung, Urlaubsgeld oder anderweitige zusätzliche Zahlung(vgl. Dutti/Kappes/Sauer Tarifverträge für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken 4. Aufl. Stand: April 2000 § 10 MTV Erl. 1). Die Beklagte ist dieser tarifvertraglichen Verpflichtung dadurch nachgekommen, daß sie sich im Arbeitsvertrag zur Zahlung einer Weihnachtsgratifikation in Höhe eines vollen Monatsgehalts verpflichtete. Damit ist dem Anspruch der Klägerin aus § 10 MTV Rechnung getragen. Demnach enthält § 10 MTV für die Ausgestaltung der an die Klägerin zusätzlich zu zahlenden „Erholungsbeihilfe” keine Vorgaben mehr. Bei ihrer Ausgestaltung waren die Betriebspartner frei.
cc) Entgegen der Auffassung der Klägerin haben sich die Betriebspartner in der Betriebsvereinbarung vom 31. März 1989 auch nicht mißverständlich ausgedrückt. Sie haben den für sie durch § 6 Abs. 2 Satz 2 DEG-Richtlinien eröffneten Gestaltungsspielraum zweckentsprechend genutzt.
2. Auch die von der Beklagten finanzierten Beiträge zur VBLU-Gruppenversicherung sind keine ruhegehaltsfähigen Bezüge im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 DEG-Richtlinien. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut, der Systematik und dem erkennbaren Zweck der Regelung.
a) Berechnungsgrundlage der Altersversorgung sind nach § 6 Abs. 2 Satz 1 der Versorgungsrichtlinien die „Bezüge”, die der Mitarbeiter „vor Eintritt des Versorgungsfalles … erhalten hat”. Der Ausdruck „erhalten” spricht dafür, daß wenigstens die Möglichkeit bestehen muß, über die gewährten Leistungen zu verfügen. Es muß sich um Leistungen an den Arbeitnehmer handeln. Diese Voraussetzung ist bei der Weihnachtsgratifikation ebenso erfüllt wie bei den vermögenswirksamen Leistungen, die eine Arbeitgeberin anstelle des Arbeitnehmers aus dessen Bezügen an den Dritten zahlt. Anders verhält es sich aber bei den Arbeitgeberbeiträgen zur VBLU-Gruppenversicherung. Der durch die Versicherungsbeiträge begründete und dem Arbeitnehmer zu verschaffende Versicherungsanspruch entsteht erst mit dem Versicherungsfall, der gleichzeitig mit dem Versorgungsfall eintritt. Die beklagte Arbeitgeberin ist Versicherungsnehmerin. Bis zum Eintritt des Versicherungsfalls haben die Arbeitnehmer keine Verfügungsbefugnis über die Beiträge und den Wert der Versicherung. Sie können die Versicherung nicht kündigen und den Rückkaufswert nicht an sich ziehen. Zu Beleihungen und Abtretungen sind sie nicht berechtigt. Bis zum Versicherungsfall zahlt die beklagte Arbeitgeberin aus eigenen Mitteln auf eine eigene Verbindlichkeit gegenüber der Versicherung mit dem Ziel, den bezugsberechtigten Arbeitnehmern den versprochenen Versicherungsanspruch zu verschaffen.
b) Unerheblich ist es, daß nach dem Einkommenssteuergesetz keine nachgelagerte Besteuerung stattfindet, sondern die vom Arbeitgeber gezahlten Prämien zu einer Direktversicherung als lohnsteuerpflichtiges Einkommen angesehen werden. Das geltende Betriebsrentenrecht kennt keine Beitragszusage. Selbst bei beitragsorientierten Zusagen im Sinne des § 1 Abs. 6 BetrAVG handelt es sich um eine Leistungszusage. Der Arbeitgeber verpflichtet sich zu bestimmten Versorgungsleistungen, die Beitragszahlung ist lediglich Mittel zur Durchführung des Versorgungsversprechens.
c) Nach der Systematik der Versorgungsrichtlinien dient der Begriff der ruhegehaltsfähigen Bezüge dazu, das Versorgungsniveau festzulegen, das vom bisherigen Lebensstandard der Arbeitnehmer abhängt. Es wäre deshalb zweckwidrig, zählten Arbeitgeberleistungen zu den ruhegeldfähigen Bezügen, deren Gegenwert den Arbeitnehmern bestimmungsgemäß erst nach Eintritt des Versorgungsfalles zufließen kann und soll. So verhält es sich aber bei den Arbeitgeberbeiträgen zu einer Direktversicherung.
d) Im übrigen dienen die Beiträge zur Gruppenversicherung auch nicht dazu, die Gesamtversorgung zu erhöhen. Sie sollen vielmehr dazu beitragen, den Gesamtversorgungsbedarf zu befriedigen. Die Altersversorgung der Klägerin setzt sich aus drei Teilen zusammen. Die gesetzliche Rentenversicherung sorgt für die Grundsicherung. Sie wird durch die VBLU-Gruppenversicherung ergänzt, die zu 2/3 vom Arbeitgeber und zu 1/3 von den Arbeitnehmern finanziert wird. Die verbleibende Lücke bis zum Erreichen der Gesamtversorgungsobergrenze von 75 % des Nettobetrages der ruhegeldfähigen Bezüge füllt der Arbeitgeber selbst. Insoweit hat er eine Direktzusage erteilt.
3. Auf die Unklarheitenregel kann sich die Klägerin nicht berufen. Die Unklarheitenregel kommt nur zum Zuge, wenn nach Ausschöpfen aller in Betracht kommenden Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel am Inhalt des Geregelten bestehen bleibt (BAG 11. August 1987 – 3 AZR 6/86 – AP BetrAVG § 1 Hinterbliebenenversorgung Nr. 4 = EzA BetrAVG § 1 Hinterbliebenenversorgung Nr. 2, zu I 2 der Gründe; 16. April 1997 – 3 AZR 28/96 – AP BetrAVG § 1 Hinterbliebenenversorgung Nr. 16 = EzA BetrAVG § 1 Hinterbliebenenversorgung Nr. 5, zu II 2 der Gründe). Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt.
Unterschriften
Reinecke, Bepler, Dr. Armbrüster, Kaiser, Born
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 24.04.2001 durch Schiege, Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
FA 2001, 375 |
SAE 2002, 74 |
EzA-SD 2002, 10 |