Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung eines Schwimmeisters

 

Orientierungssatz

Parallelsache zu BAG Urteil vom 24.9.1986, 4 AZR 482/85.

 

Verfahrensgang

LAG Niedersachsen (Entscheidung vom 16.04.1985; Aktenzeichen 13 Sa 189/84)

ArbG Hannover (Entscheidung vom 04.10.1984; Aktenzeichen 8 Ca 479/84 E)

 

Tatbestand

Der Kläger, der der Gewerkschaft ÖTV angehört, ist seit dem 1. Januar 1975 als Schwimmeister bei der Beklagten beschäftigt. Am 24. November 1979 legte er die Prüfung zum anerkannten Abschluß "Geprüfter Schwimmeister" ab. Er erhält Vergütung nach VergGr. VI b BAT.

Der Kläger wird während der Freibadesaison vom 15. Mai bis zum 15. September eines jeden Jahres im L Bad eingesetzt. Ihm sind sieben Aufsichtskräfte, davon mehr als drei Schwimmmeistergehilfen, eine halbtags sowie drei ganztags beschäftigte Kassenkräfte, vier Platzarbeiter und fünf Badewärterinnen unterstellt. Zwei Wochen vor Beginn der Freibadesaison wird das Bad auf den Badebetrieb vorbereitet. Zwei Wochen nach Schließung des Bades werden benötigt, um das Bad winterfest zu machen. Während der Wintersaison wird der Kläger als Schwimmeister in einem Hallenbad eingesetzt. Mehr als die Hälfte seiner jährlichen Arbeitszeit erbringt der Kläger während der Freibadesaison.

Mit Schreiben vom 20. Juli 1983 hat der Kläger geltend gemacht, daß ihm Vergütung nach VergGr. V c BAT/VKA zustehe. Seine Tätigkeit erfülle das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. V c Fallgruppe 1 der Anlage 1 a zum BAT (Vergütungsordnung/VKA) in der Fassung des Tarifvertrages zur Änderung und Ergänzung der Anlage 1 a zum BAT (Schwimmeister und Schwimmeistergehilfen) vom 18. Februar 1981. Ihm sei die Aufsicht über mindestens zehn Arbeitnehmer, davon mindestens drei Schwimmeister bzw. Schwimmmeistergehilfen ständig übertragen. Auch übe er die Tätigkeit eines Betriebsleiters aus, da er die in der Protokollerklärung Nr. 5 genannten Aufgaben wahrnehme. Er wirke bei der Aufstellung des Haushaltsplanes mit, indem er Defekte der Badeanlage dem Sport- und Bäderamt melde. Die Reparaturkosten müßten bei der Aufstellung des Haushaltsplans berücksichtigt werden. Außerdem prüfe er die Tagesabrechnung. In Personalangelegenheiten werde er durch die Führung der Stundennachweise und die Bearbeitung von Urlaubs- und Krankheitsfällen tätig. Ferner obliege ihm die Aufsicht über das Verwaltungspersonal und wirke er bei der Erstellung der Dienstpläne mit, indem er die spezifischen Belange des Badebetriebes einbringe. Auch die in der Protokollerklärung Nr. 5 genannten allgemeinen Verwaltungsangelegenheiten seien ihm übertragen.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist,

ihn seit dem 1. Januar 1983 in die VergGr. V c BAT

einzugruppieren und aus dieser Vergütungsgruppe

Gehalt zu bezahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, daß der Kläger tarifgerecht vergütet werde. Ihm sei nicht die Aufsicht über mindestens zehn Arbeitnehmer ständig übertragen, weil er Aufsichtsbefugnisse nur während der Freibadesaison wahrnehme. Außerdem übe er nicht die Tätigkeit eines Betriebsleiters aus, weil er keine Haushaltsangelegenheiten wahrnehme und mit Kassenangelegenheiten nur durch die Prüfung der Tagesabrechnung befaßt sei. Auch sei er nicht in hinreichendem Umfange in Personalangelegenheiten tätig, da die Geltendmachung badespezifischer Belange nicht als Mitwirkung bei der Erstellung der Dienstpläne anzusehen sei. Stundennachweise führe er zwar, prüfe sie aber nicht. Ebenso könne die in der Protokollerklärung Nr. 5 geforderte Aufsicht über das betriebstechnische Personal vom Kläger nicht wahrgenommen werden, weil solches im L Bad nicht beschäftigt werde. Die übrigen ihm übertragenen Aufgaben rechtfertigten nicht den Schluß, daß er Betriebsleiter im Sinne der tariflichen Bestimmung sei.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat der Kläger klargestellt, daß er die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten begehrt, an ihn seit dem 1. Januar 1983 Vergütung nach VergGr. V c BAT/VKA zu zahlen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Kläger, der im Hinblick auf die tarifvertragliche Ausschlußfrist sein Klagebegehren auf die Zeit ab 1. Februar 1983 beschränkt hat, beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat mit Recht angenommen, daß dem Kläger Vergütung nach VergGr. V c BAT zusteht. Im Hinblick auf das in der Revisionsinstanz beschränkte Klagebegehren war die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der entsprechenden Vergütung seit dem 1. Februar 1983 festzustellen.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der BAT kraft beiderseitiger Tarifbindung unmittelbar und zwingend Anwendung (§ 3 Abs. 1 TVG, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG). Danach kommt es für die Eingruppierung des Klägers darauf an, ob zeitlich mindestens zur Hälfte seiner gesamten auszuübenden Tätigkeit Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals der VergGr. V c BAT erfüllen (§ 22 Abs. 2 Unterabsatz 2 Satz 1 BAT). Hierbei ist unter einem Arbeitsvorgang eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten zu verstehen (ständige Rechtsprechung, BAG Urteil vom 27. November 1985 - 4 AZR 280/84 - AP Nr. 110 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, daß die "Leitung des L Bades" durch den Kläger in der Zeit vom 1. Mai bis zum 30. September jeden Jahres als Arbeitsvorgang anzusehen sei und diesen der tariflichen Bewertung der Tätigkeit des Klägers zugrunde gelegt, da er nach dem insoweit unstreitigen Vortrag der Parteien weit mehr als die Hälfte der Gesamtarbeitszeit des Klägers in Anspruch nehme.

Dem vermag der Senat nicht in vollem Umfange zu folgen. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, daß die Leitung des Freibadebetriebes durch den Kläger als ein Arbeitsvorgang anzusehen ist. Arbeitsergebnis ist die Leitung des Badebetriebes. Diese Leitungstätigkeit ist tatsächlich abgrenzbar und nicht weiter aufspaltbar. Zusammenhangstätigkeiten und Verwaltungsübung stehen fest. Die Leitungstätigkeit des Klägers ist auch rechtlich selbständig bewertbar. Dieses Ergebnis entspricht der Rechtsprechung des Senats, nach der Leitungstätigkeiten regelmäßig nur als ein Arbeitsvorgang angesehen werden können (ständige Rechtsprechung, BAG Urteil vom 23. Januar 1985 - 4 AZR 547/83 - AP Nr. 100 zu §§ 22, 23 BAT 1975 m. w. N.).

Nach dem unstreitigen Sachverhalt übt der Kläger diese Leitungstätigkeit, mit der insbesondere die Aufsicht über die ihm unterstellten Arbeitnehmer verbunden ist, jedoch nur während der Freibadesaison vom 15. Mai bis zum 15. September jeden Jahres aus. In diesen Arbeitsvorgang können nicht die Tätigkeiten zur Vorbereitung des Freibadebetriebes in der Zeit vom 1. Mai bis zum 15. Mai und die Tätigkeiten einbezogen werden, die nach der Beendigung des Badebetriebes bis zum 30. September durchgeführt werden, um das Bad winterfest zu machen. Insoweit nimmt der Kläger für sich nicht die Wahrnehmung von Aufsichtsfunktionen in Anspruch. Dies bedingt eine selbständige tarifliche Bewertbarkeit dieser Tätigkeiten, abgesehen davon, daß andere Arbeitsergebnisse erzielt werden und diese Tätigkeiten auch tatsächlich abgrenzbar sind. Da der Senat die Arbeitsvorgänge jedoch selbst festlegen kann (ständige Rechtsprechung, BAG Urteil vom 23. Januar 1985 - 4 AZR 547/83 - AP Nr. 100 zu §§ 22, 23 BAT 1975), war aufgrund der insoweit ausreichenden Tatsachenfeststellungen der tariflichen Bewertung der Arbeitsvorgang "Leitung des Freibadebetriebes" während der Freibadesaison in der Zeit vom 15. Mai bis zum 15. September zugrunde zu legen.

Dieser Arbeitsvorgang nimmt mehr als die Hälfte der Gesamtarbeitszeit des Klägers in Anspruch. Denn zwischen den Parteien ist unstreitig, wie aus der vom Landesarbeitsgericht in Bezug genommenen Arbeitszeitaufstellung des Sport- und Bäderamtes folgt, daß die vom Kläger während dieses Zeitraums dienstplanmäßig tatsächlich geleistete Arbeitszeit bezogen auf seine Jahresarbeitsleistung die überwiegend auszuübende Tätigkeit darstellt. Wenn demgegenüber die Revision einwendet, daß es sich nicht um die regelmäßige Arbeitszeit des Klägers handeln könne und zur Begründung Berechnungen auf der Grundlage der 40-Stundenwoche anstellt, so übersieht sie dabei zum einen die nach § 15 Abs. 4 BAT rechtlich mögliche Verteilung der Arbeitszeit in Saisonbetrieben, zum anderen handelt es sich um neuen Tatsachenvortrag, dessen Berücksichtigung in der Revisionsinstanz nicht zulässig ist (§ 561 Abs. 2 ZPO) und der außerdem noch in Widerspruch zu dem bisher unstreitigen Parteivorbringen steht.

Der Arbeitsvorgang "Leitung des Freibadebetriebes" erfüllt auch das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. V c Fallgruppe 1 der Anlage 1 a zum BAT (Vergütungsordnung/VKA) in der Fassung des Tarifvertrages zur Änderung und Ergänzung der Anlage 1 a zum BAT (Schwimmeister und Schwimmeistergehilfen) vom 18. Februar 1981. Dieses hat folgenden Wortlaut:

"Geprüfte Schwimmeister als Betriebsleiter, denen

die Aufsicht über mindestens zehn Arbeitnehmer,

davon mindestens drei Schwimmeistergehilfen

mit Abschlußprüfung bzw. Angestellte in der

Tätigkeit von Schwimmeistergehilfen, durch aus-

drückliche Anordnung ständig übertragen ist.

(Hierzu Protokollerkärungen Nummern 1 - 5)."

Die Protokollerklärung Nr. 5 lautet:

"Die Aufgaben des Betriebsleiters bestehen zu-

sätzlich zu den Aufgaben des Badebetriebsleiters

(im wesentlichen: Überwachung des Badebetriebes,

der Einhaltung der Haus- und Badeordnung; Ein-

satz, Beaufsichtigung und Überwachung des Bade-

personals; Überwachung der Badeeinrichtungen und

Beaufsichtigung der Reinigungsarbeiten) im fol-

genden:

a) Haushalts- und Kassenangelegenheiten

Mitwirkung bei der Aufstellung des Haushalts-

planes, Bewirtschaftung der Haushaltsmittel,

Auswertung der ermittelten Betriebsergebnisse,

Prüfung der Tages- und Monatsabrechnungen.

b) Personalangelegenheiten

Erstellung der Dienstpläne bzw. Mitwirkung

bei der Erstellung der Dienstpläne, Prüfung

der Stundennachweise, Bearbeitung von Urlaubs-

und Krankheitsfällen, Aufsicht über das ver-

waltungs- und das betriebstechnische Personal.

c) Allgemeine Verwaltungsangelegenheiten

Aufnahme von Diebstählen und Unfällen, Führen

von Statistiken, Fertigen von Berichten, Ma-

terialverwaltung.

Es ist unschädlich, wenn dem Betriebsleiter ein-

zelne in den Buchstaben a bis c genannten Auf-

gaben nicht übertragen sind."

Der Kläger ist geprüfter Schwimmeister, da er die Prüfung zum anerkannten Abschluß "Geprüfter Schwimmeister" nach der Verordnung über die berufliche Fortbildung zum Geprüften Schwimmmeister vom 3. Dezember 1975 (BGBl.I, S. 2986) abgelegt hat. Ihm ist ferner die Aufsicht über mindestens zehn Arbeitnehmer, davon mindestens drei Schwimmeistergehilfen mit Abschlußprüfung bzw. Angestellte in der Tätigkeit von Schwimmeistergehilfen durch ausdrückliche Anordnung ständig übertragen. Entgegen der Auffassung der Beklagten, die von ihr bis in die Revisionsinstanz aufrechterhalten wurde, ist nach § 22 Abs. 2 Unterabsatz 2 Satz 1 BAT für die tarifliche Bewertung eines Arbeitsvorganges maßgeblich, ob dieser für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals erfüllt. Die Erfüllung der tariflichen Anforderung der "ständigen Übertragung der Aufsicht" über eine entsprechende Anzahl von Arbeitnehmern ist somit hinsichtlich des Arbeitsvorganges "Leitung des Freibadebetriebes" zu prüfen. Es kommt nicht darauf an, ob dem Kläger diese Aufsichtsbefugnisse während seiner gesamten Arbeitszeit übertragen sind. Vielmehr ist für die tarifliche Bewertung seiner Tätigkeit entscheidend, daß die tarifliche Anforderung während der Freibadesaison erfüllt wird und damit hier während des überwiegenden Teils seiner Gesamtarbeitszeit vorliegt.

Das Landesarbeitsgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, daß der Kläger während der Freibadesaison auch zusätzlich zu den Aufgaben des Badebetriebsleiters die Aufgaben eines Betriebsleiters im Sinne der Protokollerklärung Nr. 5 wahrnimmt. Von den in der Protokollerklärung genannten Aufgaben im Bereich der Haushalts- und Kassenangelegenheiten obliegt dem Kläger die Prüfung der Tagesabrechnungen. Soweit er Defekte an den Badeanlagen dem Sport- und Bäderamt meldet, die notwendigerweise Reparaturkosten hervorrufen, welche im Haushaltsplan berücksichtigt werden müssen, hat das Landesarbeitsgericht darin zu Recht keine Wahrnehmung von Haushaltsangelegenheiten gesehen. Der Kläger hat insoweit keinen Einfluß darauf, in welcher Weise die entsprechenden Haushaltsmittel eingesetzt werden. Im Bereich der Personalangelegenheiten obliegt dem Kläger die Bearbeitung von Urlaubs- und Krankheitsfällen und die Aufsicht über das Verwaltungspersonal. Dem Landesarbeitsgericht ist auch darin zu folgen, daß der Kläger, soweit er die spezifischen Belange des Badebetriebes geltend macht, bei der Erstellung der Dienstpläne mitwirkt. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts stellt der Kläger auch die Stundennachweise auf. Im übrigen ist ihm der gesamte Bereich der allgemeinen Verwaltungsangelegenheiten übertragen. Aus der Summe der dem Kläger übertragenen Aufgaben hat das Landesarbeitsgericht entnommen, daß er als Betriebsleiter im Sinne der Protokollerklärung Nr. 5 anzusehen ist.

Die Revision macht demgegenüber geltend, daß dem Kläger in zu geringem Umfange die in der Protokollerklärung Nr. 5 genannten Aufgaben übertragen seien, um seine Stellung als Betriebsleiter zu begründen. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.

Bei der Tarifauslegung ist zunächst vom Wortlaut der Tarifnorm auszugehen. Daraus ergibt sich, daß die Tarifvertragsparteien für die Tätigkeit eines Betriebsleiters die Erfüllung von Aufgaben in den unter den Buchstaben a bis c genannten Aufgabenbereichen fordern. Dem Betriebsleiter müssen also sowohl Haushalts- und Kassenangelegenheiten sowie Personalangelegenheiten als auch allgemeine Verwaltungsangelegenheiten übertragen sein. Ist er mit einem Aufgabenbereich gar nicht befaßt, so fehlt es an einer maßgeblichen tariflichen Anforderung für die Tätigkeit eines Betriebsleiters (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT, Vergütungsordnung BL, Anm. 173 L.d).

Hinsichtlich des Umfanges der Wahrnehmung der unter den Buchstaben a bis c genannten Aufgaben haben die Tarifvertragsparteien bestimmt, daß es unschädlich sei, wenn dem Betriebsleiter einzelne Aufgaben nicht übertragen seien. Sie haben damit dem Umstand Rechnung getragen, daß Badebetriebe unterschiedlich organisiert sind. Dies hängt jedoch in erster Linie nicht, wie das Landesarbeitsgericht meint, von ihrer Größe ab, sondern von der Organisation der Verwaltung, in die sie eingegliedert sind. Weder aus dem für die Tarifauslegung maßgeblichen Wortlaut noch aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang (vgl. BAG 46, 308, 313 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung) läßt sich jedoch entnehmen, daß die Tarifvertragsparteien eine überwiegende Erfüllung der in den einzelnen Aufgabenbereichen genannten Aufgaben für erforderlich halten, noch ist bei den in den drei Aufgabenbereichen genannten Aufgaben eine unterschiedliche Gewichtung für die tarifliche Bewertung zum Ausdruck gekommen. Sofern ein Angestellter Aufgaben aus allen drei Aufgabenbereichen wahrnimmt, kommt es für die tarifliche Bewertung auf eine Gesamtbetrachtung der ihm übertragenen Aufgaben an, wobei jedoch zu fordern ist, daß er insgesamt den überwiegenden und wesentlichen Teil der Aufgaben wahrzunehmen hat, weil es nach der Protokollerklärung Nr. 5 nur unschädlich ist, wenn einzelne der in den Aufgabenbereichen a bis c insgesamt genannten Aufgaben fehlen. Ergibt sich, daß wesentliche Teilaufgaben nicht wahrgenommen werden, rechtfertigt dies den Schluß, daß der Angestellte nicht als Betriebsleiter anzusehen ist. Bei der Gewichtung im Einzelfall kommt dabei den Tatsacheninstanzen ein Beurteilungsspielraum zu, der vom Revisionsgericht nur dahin überprüft werden kann, ob die jeweiligen Rechtsbegriffe verkannt, bei der Subsumtion gegen die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen worden ist oder die Beurteilung wegen Außerachtlassung wesentlicher Umstände offensichtlich fehlerhaft ist (BAG Urteil vom 24. April 1974 - 4 AZR 267/73 - AP Nr. 2 zu § 58 TVAL II; Urteil vom 6. Juni 1984 - 4 AZR 218/82 - AP Nr. 90 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

Unter Berücksichtigung dieses Beurteilungsspielraumes hält das angefochtene Urteil einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht darauf abgestellt, daß der Kläger Aufgaben aus allen unter den Buchstaben a bis c der Protokollerklärung Nr. 5 genannten Aufgabenbereichen wahrnimmt. Es hat ferner aus der Summe der ihm insgesamt übertragenen Aufgaben gefolgert, daß seine Tätigkeit als diejenige eines Betriebsleiters anzusehen ist. Damit hat es dem Umstand Rechnung getragen, daß der Kläger alle unter Buchstabe c genannten allgemeinen Verwaltungsangelegenheiten wahrnimmt. Ihm ist ferner die Mehrzahl der unter Buchstabe b genannten Personalangelegenheiten übertragen, selbst wenn insoweit die Aufstellung der Stundennachweise nicht mit deren Prüfung gleichzusetzen sein sollte. Im Hinblick auf den Umfang der dem Kläger in diesen beiden Aufgabenbereichen übertragenen Aufgaben ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, daß das Landesarbeitsgericht bei der Gesamtbetrachtung der Tätigkeit des Klägers hat ausreichen lassen, daß ihm im Bereich der Haushalts- und Kassenangelegenheiten nur die Prüfung der Tagesabrechnung obliegt. Zum einen kann dieser Tätigkeit nach dem Wortlaut der Tarifnorm kein geringeres Gewicht als den übrigen unter Buchstabe a genannten Aufgaben beigemessen werden. Zum anderen wird entgegen der Auffassung der Revision nicht kumulativ die Prüfung der Tages- und Monatsabrechnungen gefordert.

Die Verknüpfung von Tagesabrechnungen und Monatsabrechnungen zu Tages- und Monatsabrechnungen ist rein sprachlicher Art. Dies ergibt sich daraus, daß die Tarifvertragsparteien in der Aufzählung der Aufgaben eines Betriebsleiters in der Protokollerklärung Nr. 5 eine Vielzahl derartiger Verknüpfungen vorgenommen haben. So haben sie unter Buchstabe a Haushalts- und Kassenangelegenheiten aufgeführt und unter Buchstabe b die Aufsicht über das Verwaltungs- und das betriebstechnische Personal genannt. Müßten die mit dem Wort "und" verbundenen tariflichen Anforderungen jeweils kumulativ vorliegen, führte dies z. B. zu dem Ergebnis, daß die Aufsicht über das Verwaltungspersonal auch dann für die tarifliche Bewertung der Tätigkeit nicht berücksichtigt werden dürfte, wenn, wie vorliegend, betriebstechnisches Personal in dem Badebetrieb gar nicht beschäftigt wird. Eine solche Auslegung stünde mit der tariflichen Bestimmung, daß das Fehlen einzelner Aufgaben unschädlich sei, nicht in Einklang und würde zudem einer vernünftigen, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Tarifauslegung widersprechen (vgl. BAG 42, 244, 254 = AP Nr. 2 zu § 21 TVAL II). Wenn einzelne Aufgaben wegfallen dürfen, kann das auch die Tages- oder Monatsabrechnungen betreffen.

Da das Landesarbeitsgericht somit zu Recht angenommen hat, daß die Tätigkeit des Klägers ein Tätigkeitsmerkmal der VergGr. V c BAT erfüllt, war die Revision unter Feststellung des sich aus der Beschränkung des Klagebegehrens ergebenden Zeitraums zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Dr. Neumann Dr. Etzel Dr. Freitag

Preuße Schmalz

 

Fundstellen

Dokument-Index HI439272

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge