Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütungsstufe gem. § 27 BAT-O/VKA. deklaratorische Bedeutung von Einstufungs- und Eingruppierungserklärungen des Arbeitgebers
Orientierungssatz
- Sowohl die Bestimmung der Ausgangsstufe gem. § 27 BAT-O/VKA als auch das Aufrücken in eine höhere Stufe derselben Vergütungsgruppe ist nicht an einen Einordnungsakt des Arbeitgebers gebunden, sondern folgt allein der tariflichen Einordnung.
- Eine dieser tariflichen Einordnung entgegenstehende praktische Durchführung des Arbeitsverhältnisses kann die Zuordnung zu der zutreffenden Stufe und damit den tariflichen Vergütungsanspruch eines Angestellten nicht beeinträchtigen.
Normenkette
BAT-O/VKA § 27
Verfahrensgang
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die für die Vergütung des Klägers maßgebliche Stufe.
Der am 14. Juni 1952 geborene Kläger ist bei der beklagten Stadt seit dem 1. August 1986 beschäftigt. Auf Grund des Arbeitsvertrages vom 1. Juli 1991 sowie eines Änderungsvertrages vom 23. August 2002 ist er als Sachgebietsleiter der Abteilung Stadtentwicklung/Wirtschaft/Gewerbe im Amt für Wirtschaftsförderung tätig. Auf das Arbeitsverhältnis findet gem. § 2 des Arbeitsvertrages der BAT-O in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (BAT-O/VKA) jeweils geltenden Fassung Anwendung.
Seit dem 1. Juli 1991 war der Kläger in der VergGr. IVa (Fallgr. 1b) der Anlage 1a BAT-O/VKA eingruppiert und wurde nach Stufe 9 vergütet. Seit Juni 1993 erhielt er die entsprechende Vergütung der Stufe 10.
Am 30. Juni 1995 vollendete der Kläger die vierjährige Bewährungszeit der VergGr. III Fallgr. 1b. Die Beklagte zahlte gleichwohl weiter Vergütung nach der VergGr. IVa.
Mit Schreiben vom 22. April 2002 machte der Kläger seinen Anspruch auf höhere Vergütung geltend. Die Beklagte zahlte ihm rückwirkend mit Wirkung ab 1. Oktober 2001 Vergütung nach der Vergütungsgruppe III, Stufe 9. Ab dem 1. Juli 2003 erhielt er eine Vergütung nach der Stufe 10. Mit Schreiben vom 2. Oktober 2002 beanstandete der Kläger diese Einstufung und begehrte Vergütung nach Stufe 11.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er sei bereits seit dem 1. Juli 1995 im Wege des Fallgruppenbewährungsaufstiegs in der Vergütungsgruppe III BAT-O/VKA eingruppiert. Daraus ergebe sich für die Zeit ab dem 1. Juli 1999 die zutreffende Einstufung in die Stufe 11 mit entsprechender Vergütung. Nur auf Grund der verspäteten Geltendmachung sei dieser Anspruch für den Zeitraum bis zum 30. September 2001 gem. § 70 BAT-O verfallen.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.704,46 Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 19. November 2003 zu zahlen;
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem 1. November 2003 nach der Vergütungsgruppe III Stufe 11 BAT-O/VKA zu vergüten.
Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, für die Berechnung der Stufe komme es auf den Zeitpunkt der “tatsächlichen Höhergruppierung” durch den Arbeitgeber an, hier: 1. Oktober 2001. Anders als bei der Eingruppierung nach § 22 Abs. 1 Satz 2 BAT-O/VKA folge die Zuweisung der Stufe nicht den Grundsätzen der sog. Tarifautomatik. Ein entsprechender Grundsatz sei § 27 BAT-O/VKA nicht zu entnehmen.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben der Klage zu Recht stattgegeben. Der Kläger hat seit dem 1. Oktober 2001 einen Anspruch auf Vergütung nach der Vergütungsgruppe III BAT-O/VKA in der Stufe 11.
A. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger sei auf Grund der erfolgreichen Bewährung mit Wirkung vom 1. Juli 1995 in der VergGr. III eingruppiert. Auch wenn er nach dieser Vergütungsgruppe durch die Beklagte tatsächlich erst ab dem 1. Oktober 2001 vergütet worden sei, sei die davor liegende Zeit bei der Berechnung der Stufe zu berücksichtigen. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut von § 27 Abs. 2 BAT-O/VKA, der für die Berechnung der Stufe an die Eingruppierung des Angestellten und nicht an die tatsächlich vom Arbeitgeber gezahlte Vergütung oder einen durch diesen vorgenommenen förmlichen Akt der Einstufung anknüpfe.
B. Dem folgt der Senat im Ergebnis und in der Begründung.
I. Die Klage ist als eine im öffentlichen Dienst allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage nach ständiger Rechtsprechung des Senats zulässig (vgl. nur 10. Juli 1996 – 4 AZR 996/94 – AP BMT-G II § 20 Nr. 5, zu I der Gründe). Dies gilt auch für die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Vergütung nach bestimmten, zwischen den Parteien streitigen Stufen einer zwischen den Parteien unstreitigen Vergütungsgruppe (15. Juni 1994 – 4 AZR 821/93 – AP BAT § 27 Nr. 4 = EzBAT BAT § 27 Abschnitt A-VKA Nr. 2, zu A 2 der Gründe; BAG 8. September 1994 – 6 AZR 272/94 – AP BAT § 27 Nr. 6 = EzBAT BAT § 27 Abschnitt A-VKA Nr. 1, zu I der Gründe).
II. Die Klage ist auch begründet. Der Kläger ist jedenfalls seit dem 1. Oktober 2001 in der VergGr. III eingruppiert mit der Einstufung in die Stufe 11. Deshalb hat er Anspruch auf die bereits entstandene Vergütungsdifferenz zu der ihm tatsächlich gezahlten Vergütung sowie auf die begehrte Feststellung.
1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der BAT-O in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (BAT-O/VKA) jeweils geltenden Fassung auf Grund einzelvertraglicher Inbezugnahme Anwendung.
2. Die Eingruppierung des Klägers richtet sich nach §§ 22 bis 24 BAT-O/VKA sowie nach der Vergütungsordnung (Anlage 1a). Danach ist der Kläger seit dem 1. Juli 1995 in die VergGr. III BAT-O/VKA eingruppiert.
Die Parteien sind sich einig darüber, dass der Kläger bis zum 30. Juni 1995 in der Vergütungsgruppe IVa BAT-O/VKA eingruppiert war und die erforderliche vierjährige Bewährungszeit bis zum 1. Juli 1995 erfolgreich zurückgelegt hat. Das Landesarbeitsgericht nimmt in Übereinstimmung mit der Senatsrechtsprechung zutreffend an, dass eine pauschale Überprüfung ausreicht, soweit die Parteien die Tätigkeit des Klägers als unstreitig ansehen und der Beklagte selbst für die Tätigkeit die Tätigkeitsmerkmale als erfüllt erachtet (Senat 5. März 1997 – 4 AZR 511/95 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 222 = EzBAT BAT §§ 22, 23 B.1 Allgemeiner Verwaltungsdienst VergGr. IVb Nr. 14, zu II 3a der Gründe mwN). Damit ist von einer zum 1. Juli 1995 wirksam gewordenen Höhergruppierung des Klägers in die VergGr. III BAT-O/VKA auszugehen.
3. Der Kläger ist jedenfalls seit dem 1. Oktober 2001 in der Stufe 11 eingestuft. Dies ergibt sich aus § 27 Abschnitt A Abs. 1 bis 3 BAT-O/VKA sowie der Übergangsvorschrift zu Absatz 3 Unterabs. 1.
a) Die maßgebliche Vorschrift des auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwendenden BAT-O/VKA hat, soweit von Interesse, folgenden Wortlaut:
“§ 27 Grundvergütung
A. Angestellte, die unter die Anlage 1a fallen
…
Für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände
(1) Vom Beginn des Monats an, in dem ein Angestellter der Vergütungsgruppen X bis III das 21. Lebensjahr … vollendet, erhält er die Anfangsgrundvergütung (1. Stufe) seiner Vergütungsgruppe. Nach je zwei Jahren erhält der Angestellte bis zum Erreichen der Endgrundvergütung (letzte Stufe) die Grundvergütung der nächsthöheren Stufe seiner Vergütungsgruppe.
(2) Wird der Angestellte höhergruppiert, erhält er vom Beginn des Monats an, in dem die Höhergruppierung wirksam wird, in der Aufrückungsgruppe die Grundvergütung der Stufe, deren Satz mindestens um den Garantiebetrag höher ist als seine bisherige Grundvergütung, höchstens jedoch die Endgrundvergütung (letzte Stufe) … Garantiebetrag im Sinne des Satzes 1 ist der Unterschiedsbetrag zwischen den Anfangsgrundvergütungen (ersten Stufen) der bisherigen Vergütungsgruppe und der Aufrückungsgruppe.
…
(3) Der Angestellte, der bei der Einstellung das 21. … Lebensjahr überschritten hat, erhält die Grundvergütung der nächstniedrigeren Stufe als der Stufe, die er zu erhalten hätte, wenn er seit Vollendung des 21. … Lebensjahres in der unmittelbar unter seiner Anstellungsgruppe liegenden Vergütungsgruppe beschäftigt und am Tage der Einstellung höhergruppiert worden wäre, mindestens jedoch die Anfangsgrundvergütung (1. Stufe) der Anstellungsgruppe. …
…
Nach der Einstellung erhält der Angestellte erstmals vom Beginn des Monats an, in dem er ein mit ungerader Zahl bezeichnetes Lebensjahr vollendet, und weiterhin nach je zwei Jahren bis zum Erreichen der Endgrundvergütung (letzte Stufe) die Grundvergütung der nächsthöheren Stufe seiner Vergütungsgruppe.
…
Übergangsvorschrift zu Absatz 3 Unterabs. 1:
Sind für den Angestellten, der am 30. November 1991 schon und am 1. Dezember 1991 noch im Arbeitsverhältnis zu demselben Arbeitgeber steht, Zeiten vor dem 1. Januar 1991 nach § 19 Abs. 1 und 2 und den Übergangsvorschriften hierzu als Beschäftigungszeit zu berücksichtigen, erhält der Angestellte die Grundvergütung der Stufe, die er zu erhalten hätte, wenn er seit Beginn der ununterbrochenen Beschäftigungszeit (…), frühestens jedoch seit Vollendung des 21. … Lebensjahres in der für ihn am 1. Dezember 1991 maßgebenden Vergütungsgruppe beschäftigt worden wäre.”
Danach ist für Angestellte, die nach Vollendung ihres 21. Lebensjahres eingestellt werden, im Anwendungsbereich des § 27 BAT-O/VKA die zutreffende Stufe unter Heranziehung von drei Fiktionen zu ermitteln. Die erste Fiktion ist die Annahme einer Einstellung des Angestellten mit dem 21. Lebensjahr in derjenigen Vergütungsgruppe, die unter der bei der tatsächlichen Einstellung maßgeblichen Vergütungsgruppe liegt. Hierzu erfolgt eine Rückrechnung auf das Kalenderjahr, das dem 21. Lebensjahr des Angestellten entspricht. Die zweite Fiktion ist die Annahme, der Angestellte sei in dieser Vergütungsgruppe bis zum Tage der (realen) Einstellung beschäftigt worden. Die sich daraus ergebende Stufe in dieser Vergütungsgruppe ist der Ausgangspunkt für die dritte Fiktion, nämlich die Höhergruppierung in die zutreffende Vergütungsgruppe am Tage der realen Einstellung. Diese Höhergruppierung erfolgt nach Maßgabe des § 27 Abs. 2 Unterabs. 1 BAT-O/VKA. Dabei kann es in Vergütungsgruppen ab VergGr. VIII zu einer Zuordnung zu einer gegenüber dem vorherigen Zeitraum niedrigeren Stufe in der höheren Vergütungsgruppe kommen. Von der auf diese Weise ermittelten Stufe in der aktuellen Vergütungsgruppe ist nunmehr die nächstniedrigere Stufe zu ermitteln (§ 27 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 1 BAT-O/VKA). Dies ist nach dem Willen der Tarifvertragsparteien die bei der Einstellung zutreffende Stufe.
Erfolgte die reale Einstellung des Angestellten in den neuen Bundesländern vor dem 1. Januar 1991, hätte zur Ermittlung der zutreffenden Vergütungsgruppe zum Zeitpunkt der Einstellung jede Tätigkeit im öffentlichen Dienst der DDR einer Bewertung nach den Kriterien der Vergütungsgruppenordnung des BAT-O unterzogen werden müssen. Die Tarifvertragsparteien haben in der Übergangsvorschrift aber pauschalierend vereinbart, dass bei der Festlegung der Einstellungsvergütungsgruppe insoweit keine einzelfallbezogene Rückbetrachtung über den 1. Januar 1991 hinaus erfolgen solle, sondern die am 1. Dezember 1991 zutreffende Vergütungsgruppe als die für das gesamte Arbeitsverhältnis seit Einstellung zutreffende Vergütungsgruppe fingiert werden solle.
Nach der Einstellung richtet sich das weitere Aufrücken des Angestellten in der Stufentabelle innerhalb der Vergütungsgruppe nach § 27 Abs. 3 Unterabs. 4 BAT-O/VKA. Danach erhält der Angestellte Vergütung nach der nächsthöheren Stufe vom Beginn desjenigen Monats an, in dem er ein mit ungerader Zahl beziffertes Lebensjahr vollendet.
b) Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich für die Zeit ab dem 1. Juli 1999 die Zuordnung der Stufe 11 für den Kläger.
Der Kläger war am 1. Dezember 1991 in der VergGr. IVa eingruppiert. Seine Einstellung war zum 1. August 1986 erfolgt. Aus der Übergangsvorschrift zu Absatz 3 Unterabs. 1 folgt, dass der Kläger so gestellt werden soll, als sei er bei der Zuordnung der Stufe bereits zu diesem Datum in der Vergütungsgruppe IVa eingruppiert gewesen. Die dazu gehörende Stufe ergibt sich aus der fiktiven Einstellung des Klägers am 1. Juni 1973, dem Monat der Vollendung seines 21. Lebensjahres, in der VergGr. IVb in der Stufe 1. Dies entspräche bei einer ununterbrochenen Beschäftigung in dieser Gruppe der Stufe 7 am 1. August 1986. Wenn zu diesem Zeitpunkt die Höhergruppierung in die VergGr. IVa erfolgt wäre, hätte ein Stufenwechsel nicht stattgefunden. Da die Einstellung aber nicht in der entsprechenden Stufe, sondern in der nächstniedrigeren Stufe erfolgt, ist die Zuordnung des Klägers zum Zeitpunkt seiner Einstellung in der Stufe 6 vorzunehmen. Dies ist zwischen den Parteien im Ergebnis auch unstreitig.
Im Folgenden wäre der Kläger zum 1. Juni 1987 in die Stufe 7, zum gleichen Datum 1989 in die Stufe 8 und 1991 in die Stufe 9 einzustufen gewesen. Dies entspricht den Festlegungen des zwischen den Parteien zum 1. Juli 1991 geschlossenen Arbeitsvertrages.
Damit befand sich der Kläger an dem Tage, an dem er die erforderliche vierjährige Fallgruppenbewährungszeit in der Vergütungsgruppe IVa BAT-O/VKA erfolgreich zurückgelegt hatte, dem 30. Juni 1995 in der Stufe 10, der letzten Stufe der VergGr. IVa. Die Höhergruppierung in die VergGr. III hatte dann nach den Regeln des § 27 Abs. 2 Unterabs. 1 BAT-O/VKA zu erfolgen. Aus ihnen ergab sich eine Zuweisung der Stufe 9. Auch hierüber sind sich die Parteien einig.
Infolge des weiteren Aufrückens in den Stufen hat der Kläger am 1. Juni 1999 die für die Vergütungsgruppe III letzte Stufe 11 erreicht.
c) Die dem entgegenstehende Auffassung der Beklagten, die für die Zuweisung der Stufen maßgebliche Zeit beginne erst mit der tatsächlichen Vergütung des Klägers nach der Vergütungsgruppe III am 1. Oktober 2001, erst ab diesem Zeitpunkt habe der Aufrückungszeitraum für den Kläger mit der Stufe 9 begonnen, ist unzutreffend.
aa) Die Zuordnung der Tätigkeit eines Angestellten zu einer Vergütungsgruppe anhand der Merkmale der Vergütungsgruppenordnung durch den Arbeitgeber ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats kein konstitutiver Vorgang, sondern hat lediglich deklaratorische Bedeutung (seit BAG 23. September 1954 – 2 AZR 31/53 – BAGE 1, 85, 88; vgl. zB Senat 18. November 1975 – 4 AZR 595/74 – AP BAT §§ 22, 23 Nr. 91; 16. Februar 2000 – 4 AZR 62/99 – BAGE 93, 340, 346 f.). Ein Angestellter ist in der Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmale die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 1 BAT-O). Die bloße Ausübung der ihm übertragenen Tätigkeit konstituiert damit seine Eingruppierung und den daraus erwachsenden Vergütungsanspruch (§ 22 Abs. 1 Satz 2 BAT-O).
Auch eine zurückzulegende Bewährungszeit innerhalb der Vergütungsgruppe ist unabhängig von einem die Vergütungsgruppe und ggf. die Fallgruppe bestätigenden Akt des Arbeitgebers. Sinn und Zweck der tariflichen Regelung des Bewährungsaufstiegs ist, dass sich der Angestellte in einer nach bestimmten Merkmalen der tariflichen Vergütungsordnung qualifizierten Tätigkeit bewährt hat. Die ihm in diesem Zeitraum gezahlte Vergütung ist hierfür ohne Bedeutung (Senat 15. November 1967 – 4 AZR 48/67 – BAGE 20, 150, 154; 18. Februar 1998 – 4 AZR 552/96 –, zu B II 4d der Gründe).
Dem entsprechend ist der Kläger – insoweit auch nach Auffassung der Beklagten – seit dem 1. Juli 1995 in der VergGr. III eingruppiert, da er die Fallgruppenbewährungszeit zum 30. Juni 1995 vollendet hat und somit die Höhergruppierung ohne weiteres zum 1. Juli 1995 wirksam geworden ist. Diese Eingruppierung ist auch davon unabhängig, ob er nach von Rechts wegen erfolgter Höhergruppierung die dieser entsprechende Vergütung tatsächlich erhalten hat.
bb) Nichts anderes gilt im Grundsatz für die Zuordnung der zutreffenden Stufe nach § 27 BAT-O/VKA. Sowohl die Bestimmung der Ausgangsstufe als auch das Aufrücken in eine höhere Stufe ist nicht an einen entsprechenden Einordnungsakt des Arbeitgebers gebunden, sondern folgt allein der tariflichen Einordnung. Eine dieser Einordnung entgegenstehende Praxis, die – wie vorliegend – auf einer unrichtigen Beurteilung der zutreffenden Vergütungsgruppe durch den Arbeitgeber beruht, kann die Zuordnung zu der zutreffenden Stufe und damit den tariflichen Vergütungsanspruch eines Angestellten nicht beeinträchtigen.
(1) Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Tarifvertrages. Schon das Entstehen eines Vergütungsanspruchs eines Angestellten ist nicht allein an die Eingruppierung gebunden, da sich aus dieser allein keine bezifferbare Vergütung ergibt. Innerhalb einer Vergütungsgruppe sind Vergütungsansprüche in einer beträchtlichen Bandbreite möglich. Die genaue Zuweisung eines bezifferten Anspruchs ergibt sich erst aus der Zuordnung des Angestellten zu einer Stufe innerhalb der Vergütungsgruppe. Diese Zuordnung ist damit notwendiger Bestandteil eines Vergütungsanspruchs. Sie ist wie die Eingruppierung selbst der subjektiven Bewertung des Arbeitgebers entzogen und allein auf Grund objektiver Merkmale nach den tariflichen Bestimmungen vorzunehmen.
(2) Der Wortlaut der Bestimmungen, in denen die Stufe behandelt wird, geht wie bei der Eingruppierung von einem bestehenden Anspruch des Angestellten aus. Danach “erhält er die Anfangsgrundvergütung (1. Stufe) seiner Vergütungsgruppe” ab Vollendung des 21. Lebensjahres (§ 27 Abs. 1 Satz 1 BAT-O/VKA). Nach je zwei Jahren “erhält” er die Vergütung nach der nächsthöheren Stufe (§ 27 Abs. 1 Satz 2 BAT-O/VKA). Bei Höhergruppierung “erhält” er die Vergütung nach der sich aus § 27 Abs. 2 BAT-O/VKA unmittelbar ergebenden Stufe. Gleiche Formulierungen finden sich bei der Einstellung nach Vollendung des 21. Lebensjahres (§ 27 Abs. 3 BAT-O/VKA) und bei der Herabgruppierung (§ 27 Abs. 4 BAT-O/VKA). Bei der Festsetzung der Grundvergütung “ist … die Vollendung eines Lebensjahres mit Beginn des Monats anzunehmen, in den der Geburtstag fällt” (§ 27 Abs. 5 BAT-O/VKA).
Daraus wird deutlich, dass die Tarifvertragsparteien dem Arbeitgeber bezüglich eines nach diesen Vorschriften bestehenden Vergütungsanspruchs keinerlei Dispositionsbefugnis eingeräumt haben.
(3) Nach dem Tarifvertrag wird das Aufrücken in der Stufe innerhalb der Vergütungsgruppe nur und ausschließlich durch den Geburtstag des Angestellten (§ 27 Abs. 1, Abs. 2 Unterabs. 6, Abs. 3 Unterabs. 1 und 4, Abs. 4 Unterabs. 3, Abs. 5, Abs. 6 Unterabs. 1 und 2 BAT-O/VKA) bestimmt. Die von der Beklagten vorgenommene Anknüpfung an die von ihr gezahlte Vergütung nach der zutreffenden Vergütungsgruppe entspricht diesen Regelungen nicht.
(4) Auch Sinn und Zweck der Bemessung der konkreten Vergütung innerhalb einer Vergütungsgruppe nach einer Stufe, die sich allein nach dem Lebensalter richtet, sprechen gegen die Annahme, eine tatsächliche Vergütungszahlung nach der betreffenden Vergütungsgruppe sei Voraussetzung für den Beginn der Aufrückungslaufzeit in dieser Gruppe. Mit der Bemessung der Grundvergütung nach Stufen, die sich an dem Lebensalter des Angestellten orientieren, haben die Tarifvertragsparteien zum Ausdruck gebracht, dass sie einer größeren Lebenserfahrung bei der Einstellung und einer danach hinzukommenden Berufserfahrung eine höhere Grundvergütung zubilligen. Dabei wird der Zuwachs an Lebenserfahrung mit zunehmendem Alter in den Bereichen des Bundes und der TdL bis zum vollendeten 31. bzw. 35. Lebensjahr im gleichen Maße wie eine Berufserfahrung gewertet (BAG 19. Oktober 2000 – 6 AZR 244/99 – ZTR 2001, 362, 364, zu II 2a der Gründe, zu § 27 Abschnitt A Abs. 6 BAT). Für den VKA-Bereich wird auf Grund der Einstufungsvorschrift in § 27 Abs. 3 Unterabs. 1 BAT bzw. BAT-O diese Gleichsetzung dahin gehend modifiziert, dass die nicht im Dienst erworbene Lebenserfahrung fiktiv der Berufserfahrung in einer niedrigeren Vergütungsgruppe zugeordnet wird. Vom Lebensaltersprinzip wird jedoch nicht abgegangen.
(5) Die hiernach richtige Sichtweise erschließt sich auch aus der Tarifgeschichte. Bis zum 31. Dezember 1987 hatten alle Formen der Nichtarbeit bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, also insbesondere eine längerfristige Beurlaubung ohne Bezüge oder ein sonstiges Ruhen des Arbeitsverhältnisses, keine Auswirkungen auf den Aufrückungszeitraum hinsichtlich der Stufen. Während dieser Ruhenszeiten waren die Stufen fiktiv fortzuschreiben (Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese BAT Stand Januar 2006 § 27 Abschn. A – Grundvergütung VKA Erl. 20; Dassau/Wiesend-Rothbrust BAT 4. Aufl. § 27 Rn. 91). Erst mit dem 59. ÄnderungsTV zum BAT vom 12. November 1987 wurde der Unterabs. 6 in § 27 Abschnitt A Abs. 3 BAT/VKA eingefügt. Diese Regelung entspricht im Wesentlichen § 27 Abs. 3 Unterabs. 5 BAT-O/VKA und besagt, dass nach einer Beurlaubung ohne Bezüge für die Dauer von mehr als sechs Monaten oder einem Ruhen des Arbeitsverhältnisses aus sonstigem Grunde diese Zeiten bei der Stufe nicht berücksichtigt werden. In Satz 2 dieser Vorschrift werden hiervon Rückausnahmen, zB für Zeiten der Kinderbetreuung und des Grundwehr- oder Zivildienstes, gemacht; diese sollen wie vorher Anrechnung finden.
Daraus ergibt sich, dass die Stufenregelung jedenfalls generell von dem bloßen Ablauf der Lebenszeit im Dienst, nicht aber von der Qualität der Tätigkeit oder gar von der dafür gezahlten Vergütung abhängt. Wenn schon für die Nichtberücksichtigung von Zeiten, in denen der Angestellte überhaupt keine Arbeit leistet und auch nicht vergütet wird, eine Sonderregelung erforderlich ist, die die Anrechnung solcher Zeiträume auf die Aufrückung im Stufenbereich ausschließen soll, dann erhellt daraus die Absicht der Tarifvertragsparteien, im Übrigen allein das Lebensalter (nach Maßgabe der näheren Vorschriften) für die Einstufung und damit für die Bemessung der Vergütung innerhalb der Vergütungsgruppe heranzuziehen.
d) Die Höhe der Vergütungsdifferenzen, die auf Grund der fehlerhaften Zuordnung der Stufe entstanden sind, ist zwischen den Parteien unstreitig.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Bepler, Wolter, Creutzfeld, Umlandt
Die Amtszeit des ehrenamtlichen Richters Rzadkowski ist abgelaufen.
Bepler
Fundstellen
DB 2006, 2584 |
NZA 2007, 472 |
ZTR 2006, 541 |
NZA-RR 2007, 45 |
PersV 2006, 475 |