Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung eines Kraftfahrers des Bundes. Fahrer eines sondergeschützten (gepanzerten) Kraftfahrzeuges
Leitsatz (amtlich)
- Unter einem “sonstigen Spezialfahrzeug” i. S. der Lohngruppe 5 Fallgruppe 5.3. des Lohngruppenverzeichnisses zum MTB II ist ein Kraftfahrzeug zu verstehen, das aufgrund seines besonderen Verwendungszwecks mit verschiedenen Zusatzeinrichtungen versehen ist, und das aufgrund dieser Einrichtungen und der mit dem Spezialzweck typischerweise verbundenen Art der Nutzung gegenüber einem Normalfahrzeug erheblich gesteigerte Anforderungen an den Fahrer stellt.
- Ein stark gepanzerter und mit einem 3,7 cm dicken, mehrschichtigen Sicherheitsglas ausgestatteter, dem Personenschutz dienender Personenkraftwagen ist ein sonstiges Spezialfahrzeug in diesem Sinne.
Normenkette
MTB II § 21; Tarifvertrag über das Lohngruppenverzeichnis zum MTB II
Verfahrensgang
LAG Köln (Urteil vom 21.08.1992; Aktenzeichen 12 Sa 440/92) |
ArbG Bonn (Urteil vom 13.03.1992; Aktenzeichen 4 Ca 2737/91) |
Tenor
- . Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 21. August 1992 – 12 Sa 440/92 – wird zurückgewiesen.
- Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der Kläger ist seit November 1977 als Kraftfahrer im Bundeskriminalamt beschäftigt. Im Arbeitsvertrag ist die Anwendung des Manteltarifvertrages für Arbeiter des Bundes (MTB II) und der diesen ändernden und ergänzenden Tarifverträge vereinbart.
Seit dem Jahre 1980 ist der Kläger als Fahrzeugführer sondergeschützter Kraftfahrzeuge eingesetzt. Dabei handelt es sich um Limousinen des Typs Mercedes 420 SEL, die aufgrund ihrer Panzerung ein Leergewicht von 2.580 kg haben (serienmäßig: 1.800 kg) und deren zulässiges Gesamtgewicht bei 2.930 kg liegt (serienmäßig: 2.150 kg). Das Fahrzeug ist mit mehrschichtigem Glas von insgesamt 3,7 cm Stärke ausgerüstet. Dadurch kommt es zu in ihren Auswirkungen auf die Sichtbedingungen zwischen den Parteien umstrittenen Verzerrungen im Blickfeld des Fahrers. Die Holme des Fahrzeugs sind breiter ausgelegt als beim Serienmodell. Die Seitenfenster des mit einer Klimaanlage versehenen Fahrzeugs sind nicht zu öffnen.
Der Kläger bezieht derzeit Vergütung nach der Lohngruppe 4a des Lohngruppenverzeichnisses zum MTB II (Allgemeiner Teil). Diese Lohngruppe erreichte der Kläger durch Zeitaufstieg aus der Lohngruppe 4 Fallgruppe 5.10 (“Kraftfahrer, soweit nicht höher eingereiht”).
Mit seiner am 13. Dezember 1991 zugestellten Klage hat der Kläger seine Eingruppierung in die Lohngruppe 5 Fallgruppe 5.3 des Allgemeinen Teils des Lohngruppenverzeichnisses zum MTB II (“Fahrer von überschweren Kraftfahrzeugen, Baugeräten oder sonstigen Spezialfahrzeugen”) geltend gemacht.
Er hat den Standpunkt vertreten, er führe ein sonstiges Spezialfahrzeug im Sinne dieser Fallgruppe. Bei der Fahrt würden erhöhte Anforderungen hinsichtlich der physischen wie auch der psychischen Belastung gestellt. Der Fahrer eines sondergeschützten Fahrzeuges müsse sich den Besonderheiten dieses Fahrzeuges und den damit verbundenen Problemen anpassen. Wegen des erhöhten Fahrzeuggewichts ergäben sich Schwierigkeiten etwa beim Bremsen sowie in Grenzbereichen (Schleudern, Ausbrechen, Kurvenverhalten, Fliehkraft allgemein und Massenträgheit). Die Rundumsicht für den Fahrer sei durch kleinere Scheiben sowie durch verstärkte Holme und andere veränderte Innenverkleidungsteile stark eingeschränkt. Es sei erforderlich, daß die Fahrer durchgängig eine überdurchschnittliche Konzentrationsfähigkeit zeigten, damit keine Unfälle durch Wahrnehmungstäuschungen geschähen, die durch die Wölbung der gepanzerten mehrschichtigen Glasscheiben entstünden. Besondere Erschwernisse ergäben sich durch witterungsbedingte Einflüsse sowie bei niedrigem Sonnenstand. Aufgrund der Sicherheitsverglasung komme es auch dazu, daß die Abstände der voraus- oder nachfahrenden Fahrzeuge sowie die Weiten- und Höhenverhältnisse des Fahrzeuges und der Umgebung falsch eingeschätzt würden. Für alle Fahrten im Personenschutz sei die Konzentrationsfähigkeit der Fahrzeugführer besonders bedeutsam. Um eines möglichst effektiven Personenschutzes willen führen die Fahrzeuge regelmäßig mit hoher Geschwindigkeit und geringem Fahrzeugabstand. Bei Verkehrsunfällen seien die Fahrer sondergeschützter Fahrzeuge besonders gefährdet. Die mehr als einen Zentner schweren Türen eines Fahrzeuges ließen sich nach einem Unfall je nach Lage des Fahrzeuges nicht mehr öffnen.
Der Kläger hat zuletzt beantragt
festzustellen, daß der Kläger aufgrund seiner Tätigkeit bei der Beklagten in die Lohngruppe 5 gemäß dem Lohngruppenverzeichnis zum Tarifvertrag über das Lohngruppenverzeichnis zum MTB II ab Rechtshängigkeit eingereiht ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat den Standpunkt vertreten, der Kläger werde tarifgerecht bezahlt. Das Führen eines sondergeschützten Fahrzeuges belaste den Fahrer möglicherweise höher als das Fahren eines normalen Behördenfahrzeuges. Diese Tätigkeit sei aber nicht mit den in der Lohngruppe 5 Fallgruppe 5.3 erfaßten Arbeiten gleichwertig. Es handele sich bei einem sondergeschützten Fahrzeug weder um ein überschweres Kraftfahrzeug noch um ein sonstiges Spezialfahrzeug. Dies ergebe sich aus einem Vergleich mit den in der Fallgruppe beispielhaft aufgezählten Kraftfahrzeugen. Diese Zusammenstellung zeige, daß das Maß der Schwierigkeit beim Führen eines Spezialfahrzeuges sich erheblich von dem unterscheiden müsse, was üblicherweise von einem Kraftfahrer zu überwinden sei. Eine höhere Bezahlung sei nicht allein deshalb zu rechtfertigen, weil sich in einem Kraftfahrzeug eine Sondereinrichtung befinde oder vom Fahrer eine leichtere Spezialisierung verlangt werde. Die Beklagte hat behauptet, das Fahren gepanzerter Speziallimousinen erreiche den für die höhere Eingruppierung zu fordernden Schwierigkeitsgrad bei weitem nicht. Dem erhöhten Gewicht entspreche die besondere Auslegung des Fahrwerkes einschließlich der Bremsen. Auch der Motor sei mit weit über 200 PS dem Gewicht des Fahrzeuges entsprechend ausgelegt. Das Fahrzeug sei zwar gegenüber der gleichen serienmäßigen Limousine schwerfälliger zu fahren, jedoch nicht in dem Umfang, wie der Kläger dies darstelle. Die Vergrößerung der Holme der Karosserie führte für die Fahrer nicht in einem nennenswerten Umfang zu einer Einschränkung der Sicht. Auch die Ausrüstung mit den Sicherheitsscheiben habe in der Praxis keine wirklich bedeutsamen Auswirkungen. Auch im übrigen sei nicht erkennbar, warum durch die besondere Bauart des Fahrzeuges eine ernsthafte Erschwernis im Sinne der Tarifnorm gegeben sei.
Das Arbeitsgericht hat der ohne zeitliche Konkretisierung erhobenen Klage entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß es festgestellt hat, daß die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger nach der Lohngruppe 5 des Lohngruppenverzeichnisses zum Tarifvertrag über das Lohngruppenverzeichnis zum MTB II ab dem 13. Dezember 1991 zu vergüten.
Mit ihrer zugelassenen Revision strebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage an. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist unbegründet.
A. Das Landesarbeitsgericht hat den verlesenen Feststellungsantrag des Klägers in seinem Urteilstenor ohne inhaltliche Änderung umformuliert. Diese Formulierung hat sich der Kläger durch seinen Revisionsantrag als Sachantrag zu eigen gemacht. Der Antrag ist als einer der im öffentlichen Dienst üblichen, auch im Hinblick auf § 256 ZPO statthaften Eingruppierungsklagen zulässig.
B. Die Vorinstanzen haben der Klage auch in der Sache zu Recht stattgegeben. Der Kläger kann verlangen, ab dem 13. Dezember 1991 Lohn nach der Lohngruppe 5 des Lohngruppenverzeichnisses zum Tarifvertrag über das Lohngruppenverzeichnis zum MTB II zu erhalten.
I. Der Lohnanspruch des Klägers wird nach § 21 Abs. 1, § 22 des kraft Vereinbarung auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren MTB II nach der “Tätigkeit (Lohngruppen)” bemessen. Die Lohngruppen sind im Tarifvertrag über das Lohngruppenverzeichnis und der Anlage hierzu besonders vereinbart. Nach § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 und Abs. 2a dieses Tarifvertrages ergeben sich die nach der auszuübenden Tätigkeit festgelegten Lohngruppen und deren Tätigkeitsmerkmale aus dem dem Tarifvertrag angefügten Lohngruppenverzeichnis. Der Allgemeine Teil dieses Verzeichnisses ist auf die Tätigkeit von Arbeitern in Bereichen anzuwenden, für die keine Sonderverzeichnisse bestehen. Dies ist bei dem dem Bundesinnenministerium zugeordneten Bundeskriminalamt und dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern mit Ausnahme von nicht einschlägigen Teilbereichen der Fall.
Der Lohnanspruch des Klägers als Fahrer eines sondergeschützten Kraftfahrzeuges richtet sich deshalb nach dem Allgemeinen Teil des Lohngruppenverzeichnisses, das für Kraftfahrer nur zwei Lohngruppen vorsieht:
“Lohngruppe 4 Fallgruppe 5.10: Kraftfahrer, soweit nicht höher eingereiht”
Von dieser Lohngruppe aus ist der vom Kläger erreichte Zeitaufstieg in die Lohngruppe 4a möglich.
“Lohngruppe 5 Fallgruppe 5.3:
Fahrer von überschweren Kraftfahrzeugen, Baugeräten oder sonstigen Spezialfahrzeugen (z. B. Lastkraftwagen – ggf. mit Anhänger – mit mehr als 5 t Tragfähigkeit, Kraftomnibussen oder Mannschaftstransportwagen mit mindestens jeweils 14 Fahrgastsitzplätzen, Sattelschleppern, Röntgenschirmbildzügen, Planierraupen, Straßenhobeln, Baggern)”
II. Der Kläger ist in die Lohngruppe 5 eingruppiert, weil er mit dem sondergeschützten Kraftfahrzeug ein sonstiges Spezialfahrzeug im Sinne der Fallgruppe 5.3 führt. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend festgestellt.
1. Der normative Teil eines Tarifvertrages ist wie ein Gesetz auszulegen. Bei der Bestimmung des Begriffsinhalts des “sonstigen Spezialfahrzeuges” ist deshalb vom Wortlaut der Norm auszugehen. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien zu berücksichtigen, wie er in den tariflichen Normen selbst, insbesondere im tariflichen Gesamtzusammenhang, seinen Niederschlag gefunden hat. Im Zweifelsfall kann auch auf die Tarifgeschichte, die praktische Tarifübung und die Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages zurückgegriffen werden (BAGE 46, 308 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung; BAG Urteil vom 13. Mai 1992 – 4 AZR 424/91 – AP Nr. 1 zu § 23a MTA).
2. Unter einem “sonstigen Spezialfahrzeug” i. S. der Lohngrupe 5 Fallgruppe 5.3 ist hiernach ein Kraftfahrzeug zu verstehen, das aufgrund seines besonderen Verwendungszwecks mit verschiedenen Zusatzeinrichtungen versehen ist. Voraussetzung für die Begriffsausfüllung ist weiter, daß es aufgrund dieser Einrichtungen und der mit seinem Spezialzweck typischerweise verbundenen besonderen Art der Nutzung gegenüber einem Normalfahrzeug erheblich gesteigerte Anforderungen stellt.
a) Den Begriff des Spezialfahrzeugs haben die Tarifvertragsparteien weder im Lohngruppenverzeichnis noch an anderer Stelle definiert. Zur Begriffsbestimmung ist deshalb auf den allgemeinen Sprachgebrauch zurückzugreifen. Hiernach ist unter einem Spezialfahrzeug ein Fahrzeug für einen besonderen Verwendungszweck mit verschiedenen Zusatzeinrichtungen zu verstehen (Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Fünfter Band, S. 835). Von diesem Begriffsinhalt ist der Senat bereits in seinem Urteil vom 20. August 1986 (– 4 AZR 271/85 – AP Nr. 4 zu § 51 TVAL II) bei der Auslegung des Tarifvertrages für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ausgegangen, in dem dieselben Tarifvertragsparteien für die Eingruppierung von Kraftfahrern denselben Begriff gewählt haben.
Aus dem Zusammenhang der drei in der Fallgruppe 5.3 vor die Klammerbeispiele gesetzten Fahrzeugarten kann nicht entnommen werden, daß die Tarifvertragsparteien abweichend vom allgemeinen Sprachgebrauch einen engeren, allein auf Größe und Gewicht abstellenden Begriff des Spezialfahrzeuges zugrunde gelegt haben. Daß allein Größe und Gewicht eines Fahrzeuges unter bestimmten, aus den Klammerbeispielen näher zu erschließenden Umständen die Eingruppierung in die Lohngruppe 5 begründen können, ergibt sich schon aus der Verwendung des Begriffes der “überschweren Kraftfahrzeuge”. Anschließend haben die Tarifvertragsparteien besondere Spezialfahrzeuge, nämlich Baugeräte, aufgeführt, um dann ihre Aufzählung mit einem ausfüllungsbedürftigen Begriff aus dem allgemeinen Sprachgebrauch, den “Spezialfahrzeugen”, abzuschließen, der mit Größe und Gewicht des Fahrzeuges nicht notwendigerweise etwas zu tun hat. Hätten die Tarifvertragsparteien auch insoweit auf Größe und Gewicht des Fahrzeuges abstellen wollen, hätten sie dies durch ein entsprechendes Attribut zum Ausdruck gebracht.
b) Aus der Systematik der für Kraftfahrer geltenden Lohngruppen und den von den Tarifvertragsparteien gewählten Fahrzeugbeispielen folgt, daß das Fahren eines mit Zusatzeinrichtungen versehenen Fahrzeuges allein nicht zur Ausfüllung der für Kraftfahrer höchsten Lohngruppe 5 Fallgruppe 5.3 ausreicht. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, muß hinzukommen, daß aus der Eigenart des Spezialfahrzeuges erheblich gesteigerte Anforderungen an den Fahrer erwachsen.
Zu Unrecht meint die Revision auch in diesem Zusammenhang, es komme nicht auf subjektive Merkmale der Tätigkeit des Fahrers, sondern auf objektive, an die Größe und das Gewicht anknüpfende Eigenschaften der Fahrzeuge an. Alle von den Tarifvertragsparteien angesprochenen Fahrzeuge seien erheblich größer und schwerer als der sondergeschützte Personenkraftwagen, den der Kläger zu führen habe. Bei diesem Fahrzeug könne es sich deshalb nicht um ein “sonstiges Spezialfahrzeug” handeln.
Die Tarifvertragsparteien haben die Eingruppierung der Fahrer zwar nur davon abhängig gemacht, was für ein Fahrzeug sie zu führen haben. Subjektive Merkmale wie besondere Verantwortung oder Schwierigkeit der Tätigkeit haben sie nicht genannt. Dies kann aber nicht bedeuten, daß es allein auf die äußere Beschaffenheit der Fahrzeuge unabhängig von den Anforderungen ankommen soll. Die Tarifvertragsparteien wollen mit Eingruppierungsregelungen arbeitsvertragliche Tätigkeiten und deren Wert beschreiben. Auch wenn sie dies mit Hilfe der Gerätschaften tun, die durch den Arbeitnehmer zu bedienen sind, haben sie doch die sich typischerweise aus der Bedienung dieser Geräte ergebenden Anforderungen oder eine hierfür erforderliche höhere Qualifikation vor Augen. In der Fallgruppe 5.3 haben die Tarifvertragsparteien die Gerätschaften, von deren Bedienung der höhere Lohnanspruch abhängen soll, nicht abschließend aufgezählt. Durch eine Aufzählung von Klammerbeispielen haben sie vielmehr deutlich gemacht, daß auch andere als die konkret genannten Fahrzeuge den Begriff des sonstigen Spezialfahrzeuges ausfüllen können. Um festzustellen, ob ein nicht genanntes Spezialfahrzeug als “sonstiges Spezialfahrzeug” angesehen werden kann, sind die für die Bedienung der Fahrzeuge bedeutsamen Eigenschaften und Besonderheiten zu ermitteln, um derentwillen die Beispiele in die tarifliche Regelung aufgenommen wurden. Subjektive Anforderungen an den Fahrer sind aufgrund der von den Tarifvertragsparteien gewählten Regelungstechnik deshalb nur insoweit ohne Bedeutung für die Eingruppierung, wie sie unabhängig von der Art und dem Zweck des zu führenden Fahrzeuges sind.
Eine Auswertung der Klammerbeispiele ergibt entgegen der Auffassung der Revision, daß nicht nur die objektiven Merkmale der Größe und des Gewichts, sondern auch sonstige bauliche Besonderheiten und die sich daraus sowie aus einer typischen Nutzung des Spezialfahrzeuges ergebenden besonderen Anforderungen eine Bewertung als “sonstiges Spezialfahrzeug” im Sinne der Fallgruppe 5.3 auslösen können.
Der Zusammenstellung der Tarifvertragsparteien ist nicht zu entnehmen, daß für die begehrte Eingruppierung ein Fahrzeug mit einer bestimmten Mindestgröße oder einem bestimmten Mindestgewicht geführt werden muß, das deutlich über den Maßen eines Personenkraftwagens liegt. Zwar sind in den Beispielen der Fallgruppe 5.3 im Allgemeinen Teil des Lohngruppenverzeichnisses nur Fahrzeuge genannt, die regelmäßig größer und wohl auch schwerer als Personenkraftwagen sind. Dies schließt es aber nicht aus, daß auch Personenkraftwagen “sonstige Spezialfahrzeuge” sein können. Die Tarifvertragsparteien haben bei der Aufzählung der Fahrzeugarten nicht etwa auf das Fahren von Lastkraftwagen, Kraftomnibussen und Baugeräten abgestellt oder vergleichbar konkretisiert und so die Personenkraftwagen aus der Aufstellung herausgenommen. Dies hätte bei einem entsprechenden Regelungswillen nahegelegen. Die Tarifvertragsparteien haben vielmehr die Oberbegriffe der Fahrzeuge und Kraftfahrzeuge gewählt. Dies läßt den Schluß zu, daß es nach dem Willen der Tarifvertragsparteien nicht ausgeschlossen ist, auch Personenkraftwagen zu den sonstigen Spezialfahrzeugen zu zählen. Hinzu kommt, daß in den im hier wesentlichen identischen Parallelvorschriften zur Fallgruppe 5.3 in mehrere Sonderverzeichnisse des Lohngruppenverzeichnisses als weiteres Klammerbeispiel Krankentransportwagen aufgenommen worden sind (Lohngruppe 5, Fallgruppe 5.7 SV 2 a/BMVg; Lohngruppe 5, Fallgruppe 5.3 SV 2 h/BGS, Beschaffungsstelle des BMI; Lohngruppe 5, Fallgruppe 5.2 SV 2 1/Bundesamt für Zivilschutz). Solche Fahrzeuge weichen weder nach den äußeren Maßen noch nach dem Gewicht erheblich von einem sondergeschützen Personenkraftwagen ab. Das Klammerbeispiel des Krankentransportwagens kann auch zum Verständnis der Lohngruppe 5, Fallgruppe 5.3 des Allgemeinen Teils des Lohngruppenverzeichnisses herangezogen werden, obwohl es dort nicht ausdrücklich genannt worden ist. Es ist ausgeschlossen, daß die Tarifvertragsparteien den von ihnen einheitlich verwendeten Begriff des Spezialfahrzeuges in verschiedenen Teilen des Lohngruppenverzeichnisses bei gleicher Eingruppierung verschieden verstanden haben. Hiergegen spricht schon, daß die vor die Klammerbeispiele gesetzten Fahrzeugarten im hier wesentlichen stets gleich benannt werden. Die teilweise unterschiedlichen Klammerbeispiele lassen sich nur daraus erklären, daß bei der Zusammenstellung der Beispiele in den Sonderverzeichnissen der einzelnen Geschäftsbereiche zusätzliche Fahrzeuge als dort typischerweise genutzt angesehen und deshalb aufgenommen wurden. Eine Änderung des Begriffs “sonstige Spezialfahrzeuge” in den angesprochenen Sonderverzeichnissen kann hieraus nicht entnommen werden. Gegen die von der Beklagten verfochtene Begrenzung der maßgeblichen Kriterien auf Größe und Gewicht spricht schließlich, daß die Tarifvertragsparteien derartig unterschiedliche Fahrzeuge in die Reihe der Beispiele aufgenommen haben. Ihnen kann weder ein bestimmtes noch ein bestimmbares Mindestmaß oder Mindestgewicht entnommen werden. Eine allein auf Größe und Gewicht abstellende Begrenzung des Kreises der sonstigen Spezialfahrzeuge wäre damit nicht handhabbar.
Der Fallgruppe 5.3 und den angesprochenen Parallelfallgruppen läßt sich entnehmen, daß für die Zuordnung zu den sonstigen Spezialfahrzeugen auch andere Kriterien als Größe und Gewicht maßgeblich sein können, wenn sie nur auf die Beschaffenheit und die typische Nutzungsart der Fahrzeuge zurückzuführen sind. Die Aufnahme von Kraftomnibussen und Mannschaftstransportwagen mit mindestens jeweils 14 Fahrgastplätzen zeigt, daß es auch auf das Maß der bei typischer Nutzung mit der Fahrertätigkeit verbundenen besonderen Verantwortung ankommt. Solche Fahrzeuge können eine erheblich geringere Tragfähigkeit als 5 t haben. Gleichwohl haben die Tarifvertragsparteien sie solchen Lastkraftwagen gleichgestellt. Dies kann nur damit erklärt werden, daß wegen der hier erforderlichen Personenbeförderung eine andere Besonderheit, die gesteigerte Verantwortung, für die Bewertung maßgeblich ist. Aus der von den Tarifvertragsparteien angesprochenen Mindestzahl der Fahrgastplätze läßt sich aber immerhin noch schließen, daß hier neben der gesteigerten Veranwortung auch eine – allerdings nicht näher bestimmte – Mindestgröße der Fahrzeuge erforderlich sein soll. Dies läßt sich für das Klammerbeispiel der Krankentransportwagen nicht sagen. Hier geht es ersichtlich nicht um Mindestgröße und Mindestgewicht. Entscheidend können für die Aufnahme dieses Beispieles nur die besondere Verantwortung beim Transport eines Kranken und die dabei auftretenden besonderen Anforderungen an den Fahrer sein, was Schnelligkeit der Reaktion und Sicherheit in der Beherrschung des Fahrzeuges in extremen Fahrsituationen angeht. Aus anderen Klammerbeispielen schließlich ergibt sich, daß es den Tarifvertragsparteien auch darauf ankam, eine besondere, sich aus Spezialeinrichtung und Spezialzweck ergebende Schwierigkeit bei der Handhabung der Fahrzeuge zu honorieren.
Gegenüber der Aufnahme auch subjektiver Anforderungen an die typische Nutzung der Fahrzeuge zur Bestimmung dessen, was unter “sonstigen Spezialfahrzeugen” zu verstehen ist, verweist die Revision zu Unrecht auf § 29 MTB II. Nach dieser Vorschrift werden für außergewöhnliche Arbeiten, insbesondere wenn sie besonders gefährlich oder gesundheitsschädigend sind oder unter besonders erschwerten Umständen ausgeführt werden müssen, Lohnzuschläge gezahlt. Nach Abs. 3 der Vorschrift werden die Zuschläge aber dann nicht gewährt, wenn das Verrichten außergewöhnlicher Arbeiten ausdrücklich durch die Einreihung in eine höhere Lohngruppe oder durch Gewährung von Schutzkleidung ausreichend abgegolten ist. Hieraus soll sich nach Auffassung der Revision im Umkehrschluß ergeben, daß dann, wenn beispielsweise eine besondere Gefährlichkeit nicht ausdrücklich in der Lohngruppe genannt ist, sie nach dem Willen der Tarifvertragsparteien auch für die tarifliche Bewertung keine Rolle spielen soll. Dies überzeugt nicht. Der Umkehrschluß ist nicht zwingend. Daß ein Zuschlag nur gegenüber ausdrücklicher Berücksichtigung von Sondersituationen in einer Lohngruppe zurücktreten soll, bedeutet nicht, daß bei der Ermittlung der Anforderungen aus einer Lohngruppe nicht ausdrücklich genannte Belastungen keine Rolle spielen dürfen. Es geht hier um grundsätzlich andere Regelungsbereiche. Die Lohnzuschläge werden für konkrete Arbeiten unter besonderen Erschwernissen erbracht und auch nur in dem Umfang, wie die Arbeiten tatsächlich ausgeführt werden. Im Zusammenhang mit der Lohngruppe 5.3 geht es demgegenüber darum, aus typischen Belastungen beim Führen eines Kraftfahrzeuges auf dessen Eigenschaft als “sonstiges Spezialfahrzeug” zu schließen. Darüber hinaus haben die Tarifvertragsparteien nur bei ganz außergewöhnlichen Belastungen bei der Arbeit einen Anspruch auf Zuschläge eingeräumt. Dazu, welche Rolle Belastungen mit einer Intensität unterhalb des in § 29 MTB II Genannten spielen können, enthält der Tarifvertrag keine Regelung.
3. Das Landesarbeitsgericht hat bei seinen Feststellungen den Begriff des “sonstigen Spezialfahrzeuges” mit dem hergeleiteten Inhalt zugrunde gelegt. Es hat aus den baulichen Besonderheiten des vom Kläger gefahrenen sondergeschützten Personenkraftwagens und dessen typischer Nutzung entnommen, daß es sich hier um ein solches Fahrzeug handelt. Die erheblich gesteigerten Anforderungen an das Führen des Fahrzeuges hat das Landesarbeitsgericht dem gegenüber dem Serienfahrzeug durch die Spezialpanzerung wesentlich gesteigerten Gewicht entnommen. Dieser Umstand könne durch etwaige Anpassungen in der Bauweise nicht voll ausgeglichen werden. Die ungewöhnlich dicke und mehrschichtige Sicherheitsverglasung stelle gesteigerte Anforderungen an die Konzentration des Fahrers. Dasselbe gelte verstärkt für die zur Erledigung der Spezialaufgaben des Sicherungsfahrzeuges abverlangte Fahrweise, die zu gesteigerten physischen und psychischen Belastungen führe.
Die Revision rügt demgegenüber, daß das Berufungsgericht Art und Ausmaß der nach seiner Auffassung gesteigerten Anforderungen trotz angebotener Beweise nicht im einzelnen ermittelt habe. Es habe auch keine für das Gericht ausreichenden Anknüpfungstatsachen gegeben. Mit dieser Rüge hat die Beklagte keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat sich im Rahmen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraumes gehalten.
a) Eine, wenn auch nicht die entscheidende Rolle für die Bewertung des sondergeschützten Personenkraftwagens spielt dessen gegenüber dem Seriengewicht um mehr als ein Drittel gesteigertes Gewicht, das auch ganz erheblich über dem allgemeinen Durchschnittsgewicht eines Personenkraftwagens liegt. Das Landesarbeitsgericht weist zu Recht darauf hin, daß ein gegenüber dem Normalmaß erheblich gesteigertes Gewicht nach dem Willen der Tarifvertragsparteien unabhängig davon für die Eingruppierung von Bedeutung sein soll, ob die Bauweise des Fahrzeuges dieser Besonderheit angepaßt ist. Auch bei den übrigen in der Fallgruppe 5.3 genannten schweren Fahrzeugen wird nicht nach der Bauweise differenziert. Die Tarifvertragsparteien gehen also bei einem erhöhten Gewicht typischerweise davon aus, daß es in schwierigen Fahrtsituationen zu zusätzlichen Erschwernissen für den Fahrer kommt. Angesichts des gegenüber jedem vergleichbaren Personenkraftwagen aufgrund der eingebauten Sondereinrichtungen ganz erheblich gesteigerten Gewichts bestand für das Landesarbeitsgericht ein hinreichender Anhaltspunkt, um im Rahmen des tatrichterlichen Beurteilungsspielraumes von einer durch ein atypisch hohes Gewicht ausgelösten Heraushebung des vom Kläger geführten Fahrzeuges gegenüber einem vergleichbaren Personenkraftfahrzeug auszugehen.
Die Revision beanstandet demgegenüber, das Landesarbeitsgericht hätte das Gewicht innerhalb der gesamten Palette der Kraftfahrzeuge einordnen müssen. Bei diesem Vergleich komme dem Gewicht des vom Kläger geführten Fahrzeuges keine besondere Bedeutung zu. Hieran ist richtig, daß die Tarifvertragsparteien in ihre Klammerbeispiele solche Fahrzeuge aufgenommen haben, deren Gewicht im Vergleich aller Kraftfahrzeuge überdurchschnittlich ist. Dabei ging es den Tarifvertragsparteien jedoch ersichtlich darum, den Begriff des “überschweren Kraftfahrzeuges” auszufüllen. Hierzu zählt ein sondergeschützter Personenkraftwagen nicht. Aus der gleichwertigen Gegenüberstellung der “überschweren Kraftfahrzeuge” und der “sonstigen Spezialfahrzeuge” in der Lohngruppe 5 Fallgruppe 5.3 ergibt sich auch, daß es ausgeschlossen wäre, allein mit dem gegenüber einem vergleichbaren Serienfahrzeug wesentlich erhöhten Gewicht eines Spezialfahrzeuges dessen Zuordnung zu den “sonstigen Spezialfahrzeugen” zu begründen. Es ist aber nicht zu beanstanden, wenn dieses Erschwernis zusammen mit anderen den Normalgebrauch belastenden Umständen herangezogen wird, um insgesamt erheblich gesteigerte Belastungen festzustellen.
b) Das Landesarbeitsgericht hat auch zu Recht auf die Sichtbehinderungen durch das 3,7 cm dicke, mehrschichtige Sicherheitsglas und die sich daraus ergebenden gesteigerten Anforderungen an die Konzentrationsfähigkeit abgestellt.
Daß es durch die außergewöhnliche Dicke der Scheiben zumindest in deren Randbereichen zu Lichtbrechungen kommt, ist zwischen den Parteien nicht umstritten. Jede am Straßenverkehr beteiligte Person kann aus eigener Sachkunde nachvollziehen, daß solche Sichtverhältnisse besondere Anforderungen an den Fahrer stellen, insbesondere bei schneller Fahrweise. Durch Augenscheinseinnahme zur genauen Feststellung der Brechungsintensität hätte das Landesarbeitsgericht seine Subsumtionsgrundlagen verbreitern können. Es hält sich aber im Rahmen des ihm bei der Subsumtion unbestimmter Rechtsbegriffe eingeräumten Beurteilungsspielraumes, wenn es allein die zumindest im Randbereich vorkommenden Lichtbrechungen berücksichtigt, und dieser Beeinträchtigung zusammen mit den übrigen Umständen die für die Eingruppierung erforderlichen besonderen Anforderungen entnimmt.
c) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht besonders darauf abgestellt, daß der sondergeschützte Personenkraftwagen typischerweise in einer Art und Weise gefahren werden muß, die besondere Anforderungen an den Fahrer stellt. Entsprechend dem Vortrag der Parteien hat das Landesarbeitsgericht festgestellt, daß es für die Nutzung der für den Personenschutz gepanzerten Spezialfahrzeuge typisch ist, daß mehrere Fahrzeuge in dichtem Abstand und hoher Geschwindigkeit zur Durchführung ihres Schutzauftrages am allgemeinen Straßenverkehr teilnehmen. Hieraus ergeben sich erhebliche Anforderungen an den Fahrer, was dessen Konzentration und Reaktionsfähigkeit sowie seine psychische Belastbarkeit angeht.
Darauf, in welchem zeitlichen Anteil der Gesamttätigkeit der Kläger solche Fahrten durchzuführen hat, kommt es entgegen der Auffassung der Beklagten nicht an. Es geht nicht um die Bewertung der Tätigkeiten des Klägers, sondern um die Bewertung des vom Kläger bei seiner arbeitsvertraglichen Tätigkeit zu führenden Fahrzeuges. Dieses Fahrzeug ist bereits deshalb ein sonstiges Spezialfahrzeug im Sinne der Lohngruppe 5 Fallgruppe 5.3, weil es für die Fahrten mit ihm aufgrund seiner speziellen, auch für die Sonderausstattung verantwortlichen Aufgabenstellung typisch ist, daß sie unter den geschilderten Umständen durchzuführen sind.
Die Beklagte wendet demgegenüber zu Unrecht ein, es komme durch ein solches Verständnis der Fallgruppe zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung mit den Fahrern, die mit nicht sondergeschützten Serienfahrzeugen im Personenschutz eingesetzt werden und am allgemeinen Straßenverkehr teilnehmen. Es ist wahrscheinlich richtig, daß Fahrten im Personenschutz in gepanzerten Serienfahrzeugen schwieriger und gefährlicher sind als entsprechende Fahrten mit sondergeschützten Fahrzeugen. Bei solchen Fahrten wird aber für die Tätigkeitszeit ein Anspruch auf einen Zuschlag nach § 29 MTB II zu dem Lohn nach der Lohngruppe 4 oder 4a in Betracht kommen. Nur dann, wenn die als besonders schwierig bewertete Fahrweise kennzeichnende Folge der speziellen, durch entsprechende tatsächliche Einrichtungen auch manifestierten Aufgabenstellung des Fahrzeuges ist, handelt es sich nach dem Willen der Tarifvertragsparteien, die bei ihren Eingruppierungsregeln für gehobene Kraftfahrer auf das zu führende Kraftfahrzeug abstellen, um ein maßgebliches Tätigkeitsmerkmal.
C. Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
Unterschriften
Schaub, Schneider, Bepler, Dr. Konow, Schwitzer
Fundstellen
Haufe-Index 848142 |
BB 1994, 868 |
NZA 1994, 951 |