Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorläufige Beauftragung eines Lehrers mit höherwertiger Tätigkeit. Lehrer. Sekundarschulkonrektor. stellvertretender Schulleiter. Lehrereingruppierung. Besoldung der Lehrer. höherwertige Tätigkeit. vorläufige Beauftragung. Zulage. Sachsen-Anhalt. Eingruppierung Lehrer. Tarifauslegung
Orientierungssatz
- Die vorläufige Beauftragung mit der Wahrnehmung der Aufgaben eines Amtes führt besoldungsrechtlich nicht zu einer entsprechenden Einstufung. Deshalb kann der vorläufig beauftragte angestellte Lehrer nicht so eingruppiert werden, als wäre ihm das Amt übertragen worden.
- § 24 BAT-O stellt eine Ausnahmeregelung zu dem Regelfall dar, daß sich die Eingruppierung nach der nicht nur vorübergehend auszuübenden Tätigkeit richtet. Diese Norm hat ohne die Geltung des § 22 BAT-O keinen Geltungsbereich.
- § 46 BBesG findet auf angestellte Lehrer entsprechende Anwendung.
- Die 18-Monats-Frist des § 46 Abs. 1 Satz 1 BBesG läuft erst ab dem Inkrafttreten des Gesetzes (1. Juli 1997). Der Anspruch auf die Zulage kann deshalb erst ab Januar 1999 erworben werden.
- Der Anspruch nach § 46 Abs. 1 Satz 1 BBesG setzt voraus, daß die haushaltsrechtlichen und laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für die Übertragung des höherwertigen Amtes vorliegen. Das ist zunächst vom Anspruchsteller darzulegen.
Normenkette
BAT-O § 24; Änderungstarifvertrag Nr. 1 zum BAT-O § 2 Nr. 3; BBesG § 46; Lehrereingruppierungsrichtlinien LSA; BAT-O §§ 11, 22 ff.; Änderungstarifvertrag Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 § 2 Nr. 3; Sonderregelungen für Angestellte als Lehrkräfte (SR 2 II BAT-O) Nrn. 1, 3a; BBesG §§ 1, 3, 18-20; LBesG LSA § 2; LBesO A BesGr. A 14; Lehrerinnen- und Lehrergleichstellungsgesetz LSA vom 27. Juli 1995 Art. 3; Laufbahnverordnung LSA §§ 2, 10
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 3. Mai 2000 – 5 Sa 536/99 E – aufgehoben.
Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Halberstadt vom 1. Juni 1999 – 1 Ca 1275/98 E – teilweise abgeändert.
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Die Klägerin hat die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende Vergütung der Klägerin.
Die Klägerin ist Diplomlehrerin für Geschichte und Germanistik. Sie erwarb im Jahre 1979 die Lehrbefähigung zur Erteilung des Fachunterrichts Geschichte/Germanistik der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschulen der DDR. Derzeit unterrichtet sie an der Sekundarschule “B…” in W.… Am 25. November 1991 unterzeichneten die Parteien einen Arbeitsvertrag, wonach die Klägerin seit 1. August 1991 als vollbeschäftigte Angestellte auf unbestimmte Zeit weiterbeschäftigt wurde. In dem Arbeitsvertrag heißt es:
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Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem ersten Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften – (BAT-O) vom 10.12.1990 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung.
…
§ 4
Für die Eingruppierung gilt Abschnitt F… der Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der nicht von der Anlage 1a zum BAT-O erfaßten Angestellten vom 24. Juni 1991 in der jeweiligen Fassung. Die Vergütungsgruppe ergibt sich aus einer dem Arbeitnehmer gesondert zugehenden Mitteilung.
…”
Die Klägerin war zunächst in VergGr. III BAT-O eingruppiert.
Unter dem 10. März 1997 vereinbarten die Parteien mit Wirkung vom 1. Januar 1997:
“Der § 4 des Arbeitsvertrages wird wie folgt geändert:
Für die Eingruppierung gelten die Eingruppierungsrichtlinien des Landes Sachsen-Anhalt über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte in der jeweiligen Fassung. Danach ist die Angestellte in der Vergütungsgruppe IIa BAT-O eingruppiert.”
Mit Schreiben vom 30. November 1991 wurde die Klägerin mit den Aufgaben eines ständigen Vertreters des Schulleiters vorläufig beauftragt. In dem Schreiben heißt es weiter:
“Für die Zeit der vorläufigen Beauftragung (ab 01.08.1991) erhalten Sie neben der Ihnen zustehenden Vergütung aus dem Arbeitsvertrag als Lehrkraft und neben den entsprechenden Anrechnungsstunden die der Funktion entsprechende Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der Eingruppierung nach VergGr. III BAT-O und der VergGr. Ib BAT-O, sofern Sie zumindest überwiegend die Aufgaben eines ständigen Vertreters des Schulleiters wahrnehmen.
Ich weise der Ordnung halber darauf hin, daß die Position des ständigen Vertreters des Schulleiters demnächst ausgeschrieben und zu gegebener Zeit endgültig besetzt wird. Insofern handelt es sich tatsächlich um eine vorläufige Beauftragung, aus der Sie künftig keine weiteren Rechte herleiten können.”
Im November 1992 leitete der Beklagte ein Ausschreibungsverfahren zur endgültigen Besetzung der Stelle ein. Das Ausschreibungs- und Auswahlverfahren wurde im November 1998 mit der Begründung eingestellt und aufgehoben, auf Grund der Fusion zweier Sekundarschulen könne die vakante Stelle des stellvertretenden Schulleiters an der Sekundarschule “B…” besetzt werden. Dessen ungeachtet übte die Klägerin diese ihr vorläufig übertragene Funktion bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht weiter aus.
Am 10. März 1997 teilte der Beklagte der Klägerin mit:
“Lehrkräfte, denen durch ausdrückliche Anordnung eine Funktion als Schulleiter/in oder als stellvertretende Schulleiterin/stellvertretender Schulleiter bis zum 30.06.1995 übertragen worden ist, erhalten eine Besitzstandszulage in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen ihrer Vergütung am 30.06.1995 und der aktuellen Vergütung.
Diese Zulage verringert sich jeweils um ein Drittel des Betrages, um den sich die Vergütung auf Grund einer allgemeinen Anpassung der Bezüge erhöht.
Die Zulage verringert sich ferner um jede andere Erhöhung des Grundgehaltes, der Stellenzulagen oder im Ortszuschlag (z.B. Dienstaltersstufensteigerungen, Höhergruppierungen).
…
Die Besitzstandszulage wird nur solange gewährt, wie die bisherigen Anspruchsvoraussetzungen (z.B. Schülerzahlen) für die Gewährung der Zulage weiterhin erfüllt werden.”
Der Beklagte stellte die Zahlung der Besitzstandszulage im Laufe der Zeit stufenweise ein. Mit Schreiben vom 2. März 1996 erhob die Klägerin “Widerspruch gegen die Kürzung bzw. den bevorstehenden Wegfall der Besitzstandszulage”. Mit Schreiben vom 6. Juni 1997 machte sie ihre Eingruppierung in die VergGr. Ib BAT-O mit Zulage für die Zeit ab 1. Januar 1997 geltend.
Mit ihrer am 24. Juli 1998 erhobenen Klage hat die Klägerin Vergütung nach der VergGr. Ib BAT-O einschließlich Amtszulage ab dem 1. Januar 1996 verlangt. Sie hat die Ansicht vertreten, die nur vorläufige Zuweisung der Funktion als stellvertretende Schulleiterin sei unwirksam, da keine sachlichen Gründe für ein Hinauszögern der Stellenbesetzung in einem Zeitraum von mehr als sieben Jahren bestünden.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin Vergütung nach VergGr. Ib BAT-O einschließlich Amtszulage gemäß Landesbesoldungsgesetz A… iVm. Art. 1 Lehrerinnen- und Lehrergleichstellungsgesetz LSA Fußnote 13 ab dem 1. Januar 1996 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, und die Ansicht vertreten, der Anspruch stehe der Klägerin nicht zu, weil sie nicht formell zur stellvertretenden Schulleiterin bestellt worden sei.
Das Arbeitsgericht hat dem Antrag für die Zeit ab dem 1. Januar 1997 stattgegeben und die Klage im übrigen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte weiterhin Klageabweisung in vollem Umfang. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
Unterschriften
Etzel, Dr. Wittek, Mikosch, Harnack, Zankl
Fundstellen
Haufe-Index 901920 |
FA 2001, 381 |
ZTR 2002, 77 |