Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechnung des Aufschlags zur Urlaubsvergütung

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Aufschlag zur Urlaubsvergütung nach § 47 Abs 2 Unterabs 2 BAT wird nach den unständigen Zulagen des Kalenderjahres berechnet, das dem Beginn des Urlaubs vorangegangen ist.

 

Normenkette

BAT §§ 26, 36, 50, 47 Abs. 2

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Entscheidung vom 01.08.1985; Aktenzeichen 9 Sa 1390/84)

ArbG Kassel (Entscheidung vom 11.09.1984; Aktenzeichen 5 Ca 78/84)

 

Tatbestand

Die Klägerin ist seit dem 1. Januar 1971 in den Städtischen Kliniken der Beklagten als Operationsschwester beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) Anwendung. Darin ist u.a. geregelt:

"§ 36

Berechnung und Auszahlung der Bezüge,

Vorschüsse

(1) Die Bezüge sind für den Kalendermonat zu

berechnen und am 15. eines jeden Monats (Zahltag)

für den laufenden Monat auf ein von dem

Angestellten eingerichtetes Giro- oder Postscheckkonto

zu zahlen. .....

Der Teil der Bezüge, der nicht in Monatsbeträgen

festgelegt ist, bemißt sich nach der

Arbeitsleistung des Vorvormonats. Haben in

dem Vorvormonat Urlaubsvergütung oder Krankenbezüge

zugestanden, gilt als Teil der Bezüge

nach Satz 1 dieses Unterabsatzes auch der

Aufschlag nach § 47 Abs. 2 für die Tage des

Urlaubs und der Arbeitsunfähigkeit des Vorvormonats.

Der Teil der Bezüge, der nicht in

Monatsbeträgen festgelegt ist, bemißt sich

auch dann nach Satz 1 und 2 dieses Unterabsatzes,

wenn für den Monat nur Urlaubsvergütung

oder Krankenbezüge zustehen. Für Monate, für

die weder Vergütung (§ 26) noch Urlaubsvergütung

noch Krankenbezüge zustehen, stehen

auch keine Bezüge nach Satz 1 und 2 dieses

Unterabsatzes zu. Diese Monate bleiben bei

der Feststellung, welcher Monat Vorvormonat

im Sinne des Satzes 1 dieses Unterabsatzes

ist, unberücksichtigt.

.....

(5) § 11 Abs. 2 des Bundesurlaubsgesetzes findet

keine Anwendung.

.....

§ 47

Erholungsurlaub

.....

(2) Als Urlaubsvergütung werden die Vergütung

(§ 26) und die Zulagen, die in Monatsbeträgen

festgelegt sind, weitergezahlt. Der

Teil der Bezüge, der nicht in Monatsbeträgen

festgelegt ist, wird nach Maßgabe des § 36

Abs. 1 Unterabs. 2 durch eine Zulage (Aufschlag)

für jeden Urlaubstag nach Unterabsatz

2 als Teil der Urlaubsvergütung berücksichtigt.

Der Aufschlag beträgt 108 v.H. des Tagesdurchschnitts

der Zulagen, die nicht in

Monatsbeträgen festgelegt sind, der Zeitzuschläge

nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b

bis d, der Überstundenvergütungen (ausgenommen

die Überstundenpauschvergütung nach Nr. 5

SR 2 s) und des Zeitzuschlags nach § 35 Abs.

1 Satz 2 Buchst. a für ausgeglichene Überstunden,

der Bezüge nach § 34 Abs. 1 Satz 2

sowie der Vergütungen für Bereitschaftsdienst

und Rufbereitschaft des vorangegangenen Kalenderjahres.

Hat das Arbeitsverhältnis erst nach dem 30.

Juni des vorangegangenen Kalenderjahres oder

erst in dem laufenden Kalenderjahr begonnen,

treten als Berechnungszeitraum für den Aufschlag

an die Stelle des vorangegangenen

Kalenderjahres die vor dem Beginn des Urlaubs

liegenden vollen Kalendermonate, in denen

das Arbeitsverhältnis bestanden hat. Hat das

Arbeitsverhältnis bei Beginn des Urlaubs mindestens

sechs volle Kalendermonate bestanden,

bleibt der danach berechnete Aufschlag

für den Rest des Urlaubsjahres maßgebend.

Ändert sich die arbeitsvertraglich vereinbarte

regelmäßige Arbeitszeit (§ 34) oder

die regelmäßige Arbeitszeit (§ 15 Abs. 1 bis

4 und die entsprechenden Sonderregelungen

hierzu) - mit Ausnahme allgemeiner Veränderungen

der Arbeitszeit -, sind Berechnungszeitraum

für den Aufschlag die nach der Änderung

der Arbeitszeit und vor dem Beginn des

Urlaubs liegenden vollen Kalendermonate.

Unterabsatz 3 Satz 2 gilt entsprechend.

.....

Protokollnotizen zu Absatz 2:

.....

4. Bei Anwendung der Unterabsätze 3 und 4

stehen dem Beginn des Urlaubs gleich

a) ein freier Tag nach § 15 a,

b) der Zeitpunkt, von dem an nach § 37

Krankenbezüge zu zahlen sind,

c) der Beginn eines Sonderurlaubs nach

§ 50 Abs. 1,

d) der Erste des Kalendermonats, nach dem

die Zuwendung nach dem Tarifvertrag

über eine Zuwendung für Angestellte

zu bemessen ist.

§ 50

Sonderurlaub

(1) Dem Angestellten ist für die Dauer eines

von einem Träger der Sozialversicherung, von

einem Träger der Tuberkulosehilfe oder von

einem Beauftragten für die Durchführung der

Tuberkulosehilfe, von einem Träger einer

Altersversorgung einer öffentlichen Verwaltung

oder eines Betriebes oder von der Versorgungsbehörde

verordneten Kur- oder Heilverfahrens

oder einer als beihilfefähig anerkannten

Heilkur ein Sonderurlaub unter Zahlung

der Urlaubsvergütung (§ 47 Abs. 2) bis

zur Höchstdauer von sechs Wochen zu gewähren.

....."

In der Zeit vom 30. November 1982 bis zum 10. Januar 1983 befand die Klägerin sich in Sonderurlaub nach § 50 Abs. 1 BAT. Den Aufschlag zur Urlaubsvergütung nach § 47 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 2 BAT zahlte die Beklagte mit den Bezügen für Februar und März 1983 aus. Der Berechnung legte sie die nicht in Monatsbeträgen festgelegten Zulagen des Jahres 1982 zugrunde.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr Anspruch auf Urlaubsvergütung übersteige den von der Beklagten gezahlten Betrag um 576,30 DM. Berechnungsgrundlage für den Aufschlag seien nicht die unständigen Bezüge des Jahres 1982, sondern die des Jahres 1981; es komme auf das Kalenderjahr an, das dem Beginn des Urlaubs vorangegangen sei. Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie

576,30 DM brutto zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, sie sei zu Recht von den unständigen Bezügen des Jahres 1982 ausgegangen. Für die Bestimmung des Berechnungszeitraums sei der Zeitpunkt der Zahlung der Zulage maßgebend.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und die Berufung zugelassen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage als unbegründet abgewiesen. Mit der Revision bittet die Klägerin um Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat Erfolg. Die Klägerin kann von der Beklagten für den Sonderurlaub in der Zeit vom 30. November 1982 bis 10. Januar 1983 als weitere Urlaubsvergütung den der Höhe nach unstreitigen Betrag von 576,30 DM verlangen.

I. Während des Sonderurlaubs hatte die Klägerin nach § 50 Abs. 1 BAT Anspruch auf Zahlung von Urlaubsvergütung (§ 47 Abs. 2 BAT). Zu dieser gehörte der in § 47 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 2 BAT geregelte Aufschlag. Er betrug 108 % des Tagesdurchschnitts der unständigen Zulagen des vorangegangenen Kalenderjahres (§ 47 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT). Vorangegangenes Kalenderjahr war das Jahr 1981.

1. Das Landesarbeitsgericht und die Beklagte meinen, daß es für die Höhe des Aufschlags auf die Verhältnisse am Zahltag ankomme. Die Arbeitsleistung des Vorvormonats sei für die Bezahlung wie eine Arbeitsleistung des laufenden Monats anzusehen (§ 36 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 1 BAT); auch Urlaub des Vorvormonats sei deshalb nach den Verhältnissen des laufenden Monats zu vergüten. An den Zahltagen im Februar und März 1983 sei somit der Zuschlag auf der Grundlage des Kalenderjahres 1982 zu errechnen gewesen. Die Tarifpartner hätten eine Lohnabrechnung im Wege der elektronischen Datenverarbeitung vor Augen gehabt. Ihnen sei nicht zu unterstellen, daß sie einerseits die unständigen Bezügebestandteile nach den zeitnahen Unterlagen des Vorvormonats, andererseits aber den Aufschlag nach einer älteren Berechnungsgrundlage bemessen wollten.

2. Dem ist nicht zu folgen. Ausgangspunkt für die Bestimmung des in § 47 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT genannten Berechnungszeitraums ist der Beginn des Urlaubs (vgl. auch Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, BAT, Stand November 1987, § 47 Rz 45; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT, Stand Februar 1988, § 47 Anm. 17). Der Tarifwortlaut und der Gesamtzusammenhang sprechen für diese Auslegung.

Schon der Wortlaut der Tarifbestimmung legt nahe, unter dem "vorangegangenen" Kalenderjahr das Kalenderjahr zu verstehen, das dem Urlaub vorangegangen ist. Bestätigt wird diese Auslegung durch die den Unterabsatz 2 modifizierenden und in dem hier streitigen Punkt genauer gefaßten Unterabsätze 3 und 4. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmungen müssen die dort genannten Berechnungszeiträume, auf die es ankommt, wenn der Arbeitnehmer nicht während des ganzen vorangegangenen Kalenderjahres beschäftigt war oder wenn die Arbeitszeit sich geändert hat, "vor dem Beginn des Urlaubs" liegen. Auch die Protokollnotiz Nr. 4 zu § 47 Abs. 2 BAT geht davon aus, daß es nach den Unterabsätzen 3 und 4 auf den Beginn des Urlaubs ankommt. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, daß nach § 47 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT, wenn also die Besonderheiten der Absätze 3 und 4 nicht vorliegen, ein anderer Ausgangspunkt für den Berechnungszeitraum maßgebend sein soll.

II. Entgegen der Auffassung der Beklagten widerspricht dieses Ergebnis nicht § 47 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 2 BAT. Diese Bestimmung regelt Grund und Fälligkeit des Aufschlags, nicht aber seine Berechnung. Nach ihr wird der Teil der Bezüge, der nicht in Monatsbeträgen festgelegt ist, durch eine Zulage (Aufschlag) "berücksichtigt"; dies geschieht, wie sich aus dem Tarifwortlaut ergibt, "nach Maßgabe des § 36 Abs. 1 Unterabs. 2". Der Aufschlag ist also im Nachmonat zu zahlen. Aus der zeitlichen Lage des Zahltags läßt sich aber für die Höhe des Aufschlags nichts entnehmen. Insoweit gilt allein die in § 47 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT geregelte Bezugsmethode, die an den Beginn des Urlaubs anknüpft.

III. Auch § 36 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 2 BAT führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Diese Bestimmung betrifft die Höhe unständiger Bezüge, nicht aber des Aufschlags nach § 47 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT. Sie regelt die Berechnung der unständigen Bezüge, soweit es im Vorvormonat (u.a. wegen Urlaubs) an Arbeitsleistungen fehlte. Über den Ausgangspunkt für die Bestimmung des Berechnungszeitraums nach § 47 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT besagt sie nichts.

Michels-Holl Dr. Leinemann Dr. Peifer

Schömburg Hannig

 

Fundstellen

Haufe-Index 441717

DB 1988, 2008-2008 (L1)

EBE/BAG 1988, 2-3 (LT1)

DOK 1989, 118 (K)

RdA 1988, 320

USK, 8850 (ST)

ZTR 1988, 426-427 (LT1)

AP § 47 BAT (LT1), Nr 9

AR-Blattei, Öffentlicher Dienst Entsch 346 (LT1)

EzBAT § 36 BAT, Nr 9 (LT1)

PersR 1988, 308-308 (LT1)

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