Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung eines Verwaltungsangestellten

 

Normenkette

BAT 1975 §§ 22-23

 

Verfahrensgang

Thüringer LAG (Urteil vom 27.11.1996; Aktenzeichen 2/9 Sa 674/94)

ArbG Erfurt (Urteil vom 20.04.1994; Aktenzeichen 4 Ca 265/93)

 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 27. November 1996 – 2/9 Sa 674/94 – wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die zutreffende Vergütung des Klägers.

Der am 3. November 1941 geborene Kläger trat am 16. Januar 1991 in die Dienste des beklagten Freistaates und ist als Verwaltungsangestellter im Innenministerium beschäftigt. Zwischen den Parteien ist die Geltung des BAT-O (Bl.-Fassung) vertraglich vereinbart. Das zunächst befristete Arbeitsverhältnis der Parteien wurde durch den Änderungsvertrag vom 26. Juni/2. Juli 1991 mit Wirkung vom 1. Juli 1991 in ein unbefristetes umgewandelt. In § 3 dieses Änderungsvertrages ist bestimmt, daß der Kläger „in die VergGr. V c der Anlage 1 a zum BAT-O eingruppiert” ist.

Zunächst war der Kläger als Mitarbeiter in den Referaten „Verkehr” und „Innerer Dienst” tätig. Seit dem 1. Mai 1991 ist er als Redakteur für den öffentlichen Teil des Thüringer Staatsanzeigers zuständig. In der Redaktion arbeiten neben dem Kläger der nach VergGr. IV b BAT-O bezahlte Verwaltungsangestellte K., der für den amtlichen Teil des Staatsanzeigers zuständig ist, sowie eine Bürosachbearbeiterin. Der Kläger und der Verwaltungsangestellte K. vertreten sich gegenseitig in ihren Aufgabenbereichen.

Nach Ziff. 5 der zwischen den Parteien inhaltlich unstreitigen Tätigkeitsdarstellung (Stand Januar 1995) hat der Kläger folgende Tätigkeiten mit den angegebenen Zeitanteilen (in v.H.) an seiner Gesamtarbeitszeit auszuüben:

5.1Redaktionelle Bearbeitung von Manuskriptvorlagen, Anzeigen, Artikelserie

  • Planung und Organisation von Beiträgen zur Sicherung einer wöchentlichen Ausgabenummer (4-wöchige Vorlaufphase)
  • Manuskriptbearbeitung (Lektortätigkeit mit Verfasser und Auftraggeber)
  • Redigieren der eingereichten Druckvorlagen und ggf. Rücksprache mit Verfasser bzw. Abweisung der Vorlage
  • Prüfung auf rechtliche Zulässigkeit einer Veröffentlichung im ThürStAnz
  • Umbruch und Korrekturtätigkeiten
  • Eigenständige konzeptionelle Gestaltung einer wöchentlichen Artikelserie (Vorstellung: Stadt und Landkreise, Kreisstädte, Behörden, Verbände, IHK's, Hochschulen u.a.)
  • Informationsbeschaffung, Aufbereitung der Informationen, Autortätigkeit, Auswahl/Erstellung v. Bildmaterial
  • Übertragung der Manuskripte, Anzeigen und Artikel in Textdateien, Formatierungsbearbeitung und Vorbereitung und Senden mittels Datenfernübertragung zur Druckerei

    60 %

5.2Anlegen eines Schlagwort-Quellenregisters zum Auffinden bestimmter Veröffentlichungen, deren Fundstelle nicht bekannt ist

10 %

5.3Datenbearbeitung und -Sicherheit

3 %

5.4Konzeptionelle Weiterentwicklung des Thüringer Staatsanzeigers

10 %

5.5Maßnahmen zur kostendeckenden und gewinnbringenden Herausgabe des Amtsblattes

10 %

5.6Öffentlichkeitsarbeit

5 %

5.7Vertragsbeziehungen zum Verlag bzw. Postzeitungsdienst

2 %

Mit Schreiben vom 27. Juli 1992 wandte sich der Kläger erstmals ohne Erfolg gegen die Eingruppierung in VergGr. V c BAT-O. Mit Schreiben vom 7. Juni 1993 beantragte er, ab 1. Juni 1991 nach VergGr. IV a BAT vergütet zu werden. Diesen Antrag, vom Beklagten als Antrag auf Vergütung nach der VergGr. IV a BAT-O verstanden, lehnte dieser mit Schreiben vom 10. Juni 1993 ab.

Mit Schreiben vom 11. Januar 1995 teilte der Beklagte dem Kläger mit, er erfülle nach dreijähriger Bewährung in VergGr. V c Fallgr. 1 a BAT-O ab dem 1. Juli 1994 die Voraussetzungen der VergGr. V b Fallgr. 1 c BAT-O. Nach dieser Vergütungsgruppe wird der Kläger seither vergütet.

Der Kläger vertritt nunmehr die Auffassung, er erfülle mit seiner Tätigkeit die Anforderungen der VergGr. III BAT-O, hilfsweise die der VergGr. IV a bzw. der IV b BAT-O und – nur noch fürsorglich – seit dem 1. Juli 1991 die der VergGr. V b BAT-O. Die Feststellung des Bestehens dieser Ansprüche erstrebt er mit seiner Klage.

Zu deren Begründung hat er ausgeführt, er habe gründliche und umfassende Kenntnisse der Geschäftsverteilung der Landesregierung, des Behördenaufbaus und der Zuständigkeit innerhalb der einzelnen Geschäftsbereiche, ferner entsprechende Kenntnisse der Organisation, des Registraturwesens, der EDV und der Textverarbeitung. Ebenfalls habe er gründliche Kenntnisse des Thüringer Verkündungsgesetzes und der dazu erlassenen Vorschriften, die die Veröffentlichung im Thüringer Staatsanzeiger beträfen. Gründliche betriebswirtschaftliche und vertragliche Kenntnisse benötige er, da er im Rahmen seiner Tätigkeit einschätzen müsse, ob Rabatte eingeräumt würden und wie diesbezüglich einzelne Konditionen aussähen. Er müsse in Rechtszusammenhängen denken, komplexe Sachverhalte analysieren und die entsprechenden Maßnahmen eigenverantwortlich planen und veranlassen.

Seine Tätigkeit sei besonders verantwortungsvoll. Er habe für die sachgerechte, pünktliche und vorschriftsmäßige Erledigung seiner Aufgaben einzustehen. Der Referatsleiter trete in seinem – des Klägers – Aufgabenbereich sowie desjenigen seines Kollegen K. nicht in Erscheinung. Die Tätigkeit sei auch von besonderer Schwierigkeit und Bedeutung, da sie das normale Arbeitsgebiet eines verantwortlichen Redakteurs in einem Staatsanzeiger überschreite. Der Staatsanzeiger in Thüringen sei erstmals durch ihn und seinen Kollegen K. herausgegeben worden.

Sein Tätigkeitsfeld sei besonders bedeutsam, da der Thüringer Staatsanzeiger amtliches Verlautbarungsorgan des Bundeslandes Thüringen sei und eine Auflagenstärke von über 52.000 Exemplaren habe. Sein erhöhtes Maß an Verantwortung übersteige dasjenige entsprechender Angestellter in der VergGr. IV a BAT-O erheblich, womit sein Anspruch auf Vergütung nach VergGr. III BAT-O begründet sei.

Wegen der Gleichwertigkeit der Tätigkeiten in der Redaktion des Staatsanzeigers habe er zumindest – entsprechend der Vergütung des Verwaltungsangestellten K. – einen Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IV b BAT-O.

Der Kläger hat beantragt:

Es wird festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger seit 1. Juli 1991 Vergütungen nach der Vergütungsgruppe

III BAT-Ost zu zahlen.

Hilfsweise:

Es wird festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger seit 1. Juli 1991 Vergütungen nach der Vergütungsgruppe

IV a BAT-Ost zu zahlen.

Hilfsweise:

Es wird festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger seit 1. Juli 1991 Vergütungen nach der Vergütungsgruppe IV b BAT-Ost zu zahlen.

Nur noch fürsorglich:

Es wird festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger seit dem 1. Juli 1991 Vergütungen nach der Vergütungsgruppe V b BAT-Ost zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, die Tätigkeit des Klägers erfordere nicht im tariflich geforderten Umfang gründliche, umfassende Fachkenntnisse. Der Kläger habe im übrigen schon nicht schlüssig dargelegt, welche prozentual genau bezifferten Arbeitsvorgänge aus welchen Gründen gründliche, umfassende Fachkenntnisse erforderten.

Die Tätigkeit sei ebenfalls nicht von besonderer Schwierigkeit; dies könne auch nicht dem Umstand entnommen werden, daß der Thüringer Staatsanzeiger erst habe aufgebaut werden müssen.

Aus der Vergütung des – gleichwertig tätigen – Verwaltungsangestellten K. könne der Kläger einen Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IV b BAT-O nicht herleiten. Die Tätigkeit des Verwaltungsangestellten K. entspreche korrekt bewertet ebenfalls lediglich den Anforderungen der VergGr. V c/V b BAT-O.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben die als

Eingruppierungsfeststellungsklage zulässige Klage mit Recht abgewiesen.

1. Der Kläger hat gegen das beklagte Land keinen vertraglichen Anspruch auf Vergütung nach VergGr. V b BAT-O ab 1. Juli 1991 und demzufolge auch nicht auf Vergütung nach den VergGr. IV b, IV a und III BAT-O. Seine Tätigkeit erfüllt bereits nicht die Anforderungen der erstgenannten Vergütungsgruppe.

1.1 Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der BAT-O (BL-Fassung) kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung Anwendung.

1.2 Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt damit davon ab, ob mindestens die Hälfte der die gesamte Arbeitszeit des Klägers ausfüllenden Arbeitsvorgänge einem Tätigkeitsmerkmal der von ihm für sich im Hauptantrag in Anspruch genommenen VergGr. III BAT-O entspricht (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT-O).

1.2.1 Zu Unrecht rügt der Kläger, das Landesarbeitsgericht habe rechtsfehlerhaft nicht geprüft, ob seine Tätigkeit den Anforderungen der speziellen Tätigkeitsmerkmale für Angestellte im Pressedienst erfülle. Insoweit nennt er die Fallgr. 26 der VergGr. V b BAT-O und die Fallgr. 17 der VergGr. IV b BAT-O. Diese betreffen die Eingruppierung von Angestellten im Pressedienst mit besonderen Fachkenntnissen als Schriftleiter. Auf diese speziellen Tätigkeitsmerkmale hat der Kläger seine Klage in den Tatsacheninstanzen jedoch nicht gestützt. Dementsprechend fehlt jeder Sachvortrag zu den speziellen Anforderungen dieser Tätigkeitsmerkmale. Mit diesen mußte sich das Landesarbeitsgericht daher nicht befassen.

1.2.2 Der Kläger hat Tatsachen vielmehr allein zu den Tätigkeitsmerkmalen des Teils I (Allgemeiner Teil) der Anlage 1 a zum BAT-O vorgetragen.

Diese haben, soweit für die Entscheidung des Rechtsstreits von Bedeutung, folgenden Wortlaut:

VergGr. III

1 a. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich durch das Maß der damit verbundenen Verantwortung erheblich aus der Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 1 a heraushebt.

(Hierzu Protokollnotiz Nr. 9)

VergGr. IV a

1 a. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 1 a heraushebt.

(Hierzu Protokollnotiz Nr. 9)

VergGr. IV b

1 a. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 a heraushebt, daß sie besonders verantwortungsvoll ist.

(Hierzu Protokollnotiz Nr. 9)

VergGr. V b

1 a. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert.

(Gründliche, umfassende Fachkenntnisse bedeuten gegenüber den in den Fallgruppen 1 a der Vergütungsgruppen VII, VI b und V c geforderten gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen eine Steigerung der Tiefe und der Breite nach.)*

(Hierzu Protokollnotiz Nr. 9)

VergGr. V c

1 a. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert.

(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung ≪des Betriebes≫, bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muß aber so gestaltet sein, daß er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann. Selbständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderung nicht erfüllen.)

(Hierzu Protokollnotiz Nr. 9)

Die Protokollnotiz Nr. 9 ist hier nicht von Bedeutung.

1.3 Das Landesarbeitsgericht hat keine Arbeitsvorgänge gebildet. Es kann auch offen bleiben, aus welchen Arbeitsvorgängen die Tätigkeit des Klägers besteht. Denn dem Kläger steht bei jedem denkbaren Zuschnitt der Arbeitsvorgänge die geforderte Vergütung nicht zu.

1.4 Die unter 1.2.2 aufgeführten Tätigkeitsmerkmale bauen aufeinander auf. Bei Aufbaufallgruppen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats die Tätigkeit zunächst daraufhin zu überprüfen, ob sie die Anforderungen der niedrigeren Vergütungsgruppe, hier die der VergGr. V c Fallgr. 1 a BAT-O erfüllt, und anschließend, ob die Voraussetzungen der darauf aufbauenden VergGr. V b Fallgr. 1 a, der VergGr.

IV b Fallgr. 1 a, der VergGr. IV a Fallgr 1 a und endlich die der VergGr. III Fallgr. 1 a BAT-O vorliegen. Hierbei ist eine pauschale Überprüfung ausreichend, wenn der maßgebliche Sachverhalt unstreitig ist und der Arbeitgeber selbst für die Tätigkeit des Angestellten die Tätigkeitsmerkmale der entsprechenden Vergütungsgruppe als erfüllt ansieht (z.B. Senatsurteil vom 6. Juni 1984 – 4 AZR 203/82 – AP Nr. 91 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

1.5 Das Landesarbeitsgericht hat – dem Arbeitsgericht folgend – angenommen, die Tätigkeit des Klägers erfülle die Anforderungen der gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse und der selbständigen Leistungen im Sinne der VergGr. V c Fallgr. 1 a BAT-O.

Der Kläger hat bei der redaktionellen Bearbeitung der Vorlagen und Anzeigen typographische, verlagsrechtliche und Kenntnisse über Ausschreibungen und das Verdingungswesen einzusetzen. Er prüft die Veröffentlichungen auf deren rechtliche Zulässigkeit und verhandelt mit dem Verlag und Anzeigenkunden über die Gewährung von Sonderkonditionen. Ihm steht auch bei der Erstellung der wöchentlichen Ausgabe hinsichtlich des öffentlichen Teils des Staatsanzeigers, für den er grundsätzlich allein zuständig ist, ein Ermessens- und Gestaltungsspielraum zu, der für das Merkmal der „selbständigen Leistungen” gefordert wird. Da die Tätigkeit des Klägers zwischen den Parteien unstreitig ist und der Beklagte selbst die Tätigkeitsmerkmale der VergGr. V c Fallgr. 1 a BAT-O als erfüllt betrachtet, reichte insoweit eine pauschale Überprüfung durch die Vorinstanzen aus. Deren Ergebnis ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

1.6 Hingegen erfüllt die Tätigkeit des Klägers nicht die Anforderungen der VergGr. V b BAT-O, wie das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat.

1.6.1 Die Eingruppierung in die VergGr. V b Fallgr. 1 a BAT-O erfordert gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen. Nach dem Klammerzusatz zu VergGr. V b Fallgr. 1 a BAT-O bedeuten gründliche, umfassende Fachkenntnisse gegenüber den in der Fallgr. 1 a der VergGr. V c BAT-O geforderten gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen eine Steigerung der Tiefe und der Breite nach. In der VergGr. V b BAT-O sind die Anforderungen an die Gründlichkeit nicht mehr dieselben wie in den niedrigeren Vergütungsgruppen. Denn nunmehr wird nach dem erläuternden Klammerzusatz ausdrücklich eine Steigerung nicht nur der Breite (gleich Umfang), sondern auch nach der Tiefe der einzusetzenden Fachkenntnisse gefordert. Die Begriffe „gründlich” und „umfassend” sind also nicht getrennt zu beurteilen. Vielmehr ist das Merkmal „gründliche, umfassende Fachkenntnisse” den „gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen” zusammenfassend gegenüberzustellen und einheitlich zu bewerten. Nur wenn dann eine entsprechende Steigerung nach Tiefe und Breite, nach Qualität und Quantität, gegenüber der Anforderungskombination „gründliche und vielseitige Fachkenntnisse” festgestellt werden kann, ist das Merkmal „gründliche, umfassende Fachkenntnisse” erfüllt (Senatsurteil vom 10. Dezember 1997 – 4 AZR 221/96 – AP Nr. 237 zu §§ 22, 23 BAT 1975, m.w.N.).

1.6.2 Bei dem Merkmal der „gründlichen, umfassenden Fachkenntnisse” handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Bei unbestimmten Rechtsbegriffen ist die Überprüfung durch das Revisionsgericht grundsätzlich darauf beschränkt, ob der Rechtsbegriff selbst verkannt ist, ob die Unterordnung des Sachverhalts („Subsumtion”) unter den Rechtsbegriff Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob die Beurteilung wegen Außerachtlassung wesentlicher Umstände offensichtlich fehlerhaft ist (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z.B. jüngst Urteil vom 24. Juni 1998 – 4 AZR 304/97 – AP Nr. 241 zu §§ 22, 23 BAT 1975, m.w.N.).

1.6.3 Dieser eingeschränkten Prüfung hält das angefochtene Urteil stand.

1.6.3.1 Der Kläger rügt nicht, das Landesarbeitsgericht habe den unbestimmten Rechtsbegriff der „gründlichen, umfassenden Fach Kenntnisse” verkannt. Erbeanstandet auch nicht, das Landesarbeitsgericht habe bei der Subsumtion des Sachverhalts unter den – von diesem zutreffend verstandenen – unbestimmten Rechtsbegriff gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen. Vielmehr rügt er allein, das Berufungsurteil sei deshalb rechtsfehlerhaft, weil das Landesarbeitsgericht bei der Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs wesentliche Umstände, insbesondere die Tätigkeitsdarstellung Stand Januar 1995 außer Acht gelassen und demzufolge keinen Beweis über von ihm vorgetragene Tatsachen zu der von ihm ausgeübten Tätigkeit erhoben habe. Diese Rüge geht fehlt, denn das Landesarbeitsgericht hat nicht unter Übergehung erheblicher Beweisanträge einen Sachverhalt festgestellt, der zu dem Tatsachenvortrag des Klägers im Widerspruch steht. Der Inhalt der Tätigkeit des Klägers ist zwischen den Parteien unstreitig und bedarf deshalb keines Beweises. Insbesondere geht das Landesarbeitsgericht bei der tarifrechtlichen Bewertung der Tätigkeit des Klägers von der Tätigkeitsbeschreibung Stand Januar 1995 aus. Das Landesarbeitsgericht legt seiner Rechtsanwendung also den Sachverhalt zugrunde, aus dem der Kläger die Erfüllung der Anforderungen des unbestimmten Rechtsbegriffs ableitet. Es gelangt dabei jedoch zu einem anderen Ergebnis als der Kläger. Der Sache nach rügt der Kläger daher die Subsumtion des Sachverhalts unter den unbestimmten Rechtsbegriff durch das Landesarbeitsgericht. Er setzt im Ergebnis seine Beurteilung der Erfüllung der Anforderungen des unbestimmten Rechtsbegriffs an die Stelle derjenigen des Landesarbeitsgerichts. Damit kann eine Revisionsrüge betreffend die Rechtsanwendung bei einem unbestimmten Rechtsbegriff nicht mit Erfolg begründet werden.

1.6.3.2 Die Rüge des Klägers, das Landesarbeitsgericht habe entsprechend seiner Verpflichtung gem. § 139 ZPO darauf hinweisen müssen, daß es die Anforderung „gründliche, umfassende Fachkenntnisse” nicht für erfüllt erachte, damit er weiteres hätte ausführen können, muß erfolglos bleiben. Dieser Vortrag des Klägers reicht schon für die Zulässigkeit der Verfahrensrüge nach § 139 ZPO nicht aus. Wird eine Verletzung des § 139 ZPO gerügt, muß nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im einzelnen vorgetragen werden, was der Revisionskläger auf eine entsprechende Frage oder einen Hinweis des Gerichts vorgetragen hätte. Der unterbliebene Vortrag muß über die Rüge des § 139 ZPO schlüssig gemacht werden. Fehlt die Angabe dessen, was die Partei vorgetragen hätte, läßt sich nicht absehen, ob der Hinweis, wenn er angebracht war, zu einem anderen Ergebnis hätte führen können (Senatsurteil vom 18. Februar 1998 – 4 AZR 363/96 – AP Nr. 3 zu § 1 TVG Kündigung, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, m.w.N.). Solche Ausführungen läßt die Revision vermissen.

1.7 Da die Tätigkeit des Klägers nicht den Anforderungen der VergGr. V b Fallgr. 1 a BAT-O entspricht, ist eine Prüfung der jeweils qualifizierenden Anforderungen der höheren Vergütungsgruppen entbehrlich. Der Kläger hat demzufolge keinen Anspruch auf Vergütung nach den begehrten VergGr. IV b, IV a bzw. III BAT-O.

2. Der Kläger kann seinen Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IV b BAT-O auch nicht mit Erfolg auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz stützen. Denn er hat sich insoweit ausschließlich auf die Vergütung seines Kollegen K. berufen, nicht dagegen behauptet, der Beklagte gehe nach einer selbst gegebenen Regel vor, indem er Sachbearbeiter mit gleichwertigem Aufgabenbereich generell – übertariflich – nach VergGr. IV b BAT-O vergüte. Nur wenn der Arbeitgeber die Arbeitsvergütung nach einem erkennbaren und generalisierenden Prinzip festlegt, kommt ein Anspruch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz in Betracht (Senatsurteil vom 12. Juni 1996 – 4 AZR 7/95 – AP Nr. 213 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Zudem wird eine individuelle Besserstellung einzelner Arbeitnehmer durch den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht ausgeschlossen (BAG Urteil vom 19. August 1992 – 5 AZR 513/91 – AP Nr. 102 zu § 242 BGB Gleichbehandlung). Schließlich hat der Beklagte ausgeführt, die Tätigkeit des Verwaltungsangestellten K. sei irrtümlich nach VergGr. IV b BAT-O bewertet worden, und er – der Beklagte – behalte sich dessen Herabgruppierung vor. Es gibt aber weder einen Anspruch auf „Gleichbehandlung im Unrecht” noch einen Anspruch auf „Gleichbehandlung im Rechtsirrtum”.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Schneider, Friedrich, Bott, Hecker, Dräger

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1251956

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