Entscheidungsstichwort (Thema)
Gehaltserhöhung. Gleichbehandlung
Normenkette
BGB §§ 242, 305; BetrVG § 37 Abs. 4, § 78
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 23. Juni 1988 – 4 Sa 175/88 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der Kläger beansprucht eine Gehaltserhöhung im gleichen Umfang, wie die Beklagte die Löhne der Betriebsschlosser im Jahre 1987 angehoben hat.
Der Kläger ist Betriebselektriker und Betriebsratsmitglied. Er verdiente im Jahre 1986 im Angestelltenverhältnis 3.425,– DM brutto monatlich. Außer dem Kläger beschäftigt die Beklagte einen weiteren Betriebselektriker namens F., der als gewerblicher Arbeitnehmer im Jahre 1986 einen Monatslohn von 3.150,– DM brutto erhalten hat.
Daneben sind bei der Beklagten drei Betriebsschlosser tätig. Die Beklagte zahlte ihnen 1986 Monatslöhne von 3.000,– DM brutto, 3.136,– DM brutto und 3.209,– DM brutto.
Im Jahre 1987 hat die Beklagte das Gehalt des Klägers auf 3.495,– DM brutto erhöht (2,04 %) und den Lohn des Arbeitskollegen F. von 3.150,– DM brutto auf 3.400,– DM brutto (um 7,94 %) angehoben. Die Beklagte hat die Monatsvergütungen der Betriebsschlosser um durchschnittlich 3,6 % auf 3.108,– DM brutto, 3.249,– DM brutto und 3.325,– DM brutto erhöht.
Der Kläger sieht darin eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und des Billigkeitsgebotes sowie eine Benachteiligung wegen seiner Betriebsratstätigkeit. Er hat in den Vorinstanzen noch eine Gehaltserhöhung von 7,94 % im gleichen Umfang wie sein Arbeitskollege F. gefordert und dementsprechend 1.009,75 DM für die Monate Mai bis September 1987 eingeklagt. Er beansprucht jetzt nur noch eine Anhebung seines Gehalts um 3,6 % im Umfang der Lohnerhöhung für die Betriebsschlosser und fordert für den streitbefangenen Zeitraum eine Gehaltsanhebung von 53,30 DM monatlich.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 852,80 DM zuzüglich 4 % Zinsen auf 266,50 DM seit dem 3. November 1987 sowie 4 % Zinsen auf den jeweils um 53,30 DM erhöhten Betrag seit dem 3. der jeweiligen Folgemonate zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, der Kläger könne über den Ausgleich der Preissteigerungsrate hinaus keine Gehaltserhöhung beanspruchen. Die Beklagte verweist dazu auf ihr Schreiben vom 10. September 1987 an den Kläger, in dem sie ihn darauf hingewiesen hat, daß sie mit der unterschiedlichen Erhöhung der Vergütungen das Lohnniveau der beiden Elektriker annähernd angleichen wolle, weil der Arbeitskollege F. fachlich und leistungsmäßig nicht schlechter zu beurteilen sei als der Kläger.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Der Kläger verfolgt mit der Revision sein Klageziel im Umfang der Gehaltsanhebung für die Betriebsschlosser weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Der Kläger kann keine höhere Gehaltsanpassung fordern als er bekommen hat. Dafür fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Insbesondere hat die Beklagte den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt.
I. Nach dem arbeitsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung ist es dem Arbeitgeber verwehrt, in seinem Betrieb einzelne oder Gruppen von Arbeitnehmern ohne sachlichen Grund von allgemein begünstigenden Regelungen auszunehmen und schlechterzustellen. Das gilt auch im Bereich der Entlohnung, wenn Arbeitsentgelte durch eine betrieblich einheitliche Regelung nach allgemeinen Grundsätzen angehoben werden. Wenn der Arbeitgeber jedoch aufgrund einzelvertraglicher Abreden einzelne Arbeitnehmer besserstellt, kann er nicht unter Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichtet werden, die gleichen Leistungen an alle Arbeitnehmer zu erbringen (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. zuletzt BAGE 45, 76, 81 = AP Nr. 67 zu § 242 BGB Gleichbehandlung, zu II 3 b der Gründe). Unter diesen Umständen ist es nicht zu beanstanden, wenn ein Arbeitgeber mit einzelnen Arbeitnehmern arbeitsvertraglich höhere Gehaltserhöhungen vereinbart, als sie üblicherweise im Betrieb gewährt werden (unveröffentlichtes Senatsurteil vom 19. Februar 1986 – 5 AZR 55/85 –, zu III 2 der Gründe).
1. Die Beklagte hat die unterschiedliche Anhebung der Vergütung des Klägers und seines Arbeitskollegen F. ausdrücklich damit begründet, daß sie die Vergütungsdifferenz zwischen dem im Angestelltenverhältnis beschäftigten Kläger und dem fachlich und leistungsmäßig ebenso guten gewerblichen Mitarbeiter F. abbauen wolle. Darauf hat die Beklagte sich rechtzeitig berufen, als der Kläger mit seinem auf Gleichbehandlung gestützten Begehren an sie herantrat, um ebenfalls eine Vergütungserhöhung im Umfang wie der Arbeitskollege F. zu erhalten (vgl. BAGE 36, 187, 199 = AP Nr. 117 zu Art. 3 GG, zu II 3 der Gründe). Dementsprechend handelt der Arbeitgeber sachlich gerechtfertigt, wenn er Tariflohnerhöhungen zum Anlaß nimmt, durch eine unterschiedliche Erhöhung der Effektivlöhne die Lohn- und Gehaltsdifferenzen im Betrieb zu vermindern, um zu verhindern, daß sich die Löhne und Gehälter durch prozentuale Lohnerhöhungen immer weiter auseinanderentwickeln. Die unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmergruppen im übertariflichen Bereich ist also dann sachlich begründet, wenn ungleiche Verhältnisse zwischen den Arbeitnehmern vermieden oder beseitigt werden sollen (unveröffentlichtes Senatsurteil vom 28. August 1985 – 5 AZR 500/84 –, zu II 2 c der Gründe). Damit hat die Beklagte die unterschiedliche Lohnerhöhung des Klägers und des Arbeitskollegen F. auf einen sachlichen Differenzierungsgrund im Sinne des Gleichbehandlungsgebotes gestützt.
2. Eine gleiche Vergütungsanhebung, wie sie die drei Betriebsschlosser erhalten haben, kann der Kläger nicht beanspruchen. Die Betriebsschlosser bilden eine in sich abgeschlossene Gruppe mit einer anderen handwerklichen Tätigkeit. Die von der Beklagten vorgebrachten Differenzierungsgründe treffen auf den Personenkreis der Betriebsschlosser nicht zu. Aus der Anhebung der Löhne für die Betriebsschlosser um durchschnittlich 3,6 % kann der Kläger nicht herleiten, daß die Beklagte allgemein die Handwerkerlöhne um 3≫6 % anheben wollte. Die dazu vom Arbeitsgericht durchgeführte Vernehmung des Betriebsleiters H. hat die Vorinstanz in revisionsrechtlich nicht angreifbarer Weise dahin gewürdigt, daß die Beklagte die Handwerkerlöhne nicht generell um diesen Prozentsatz anheben wollte.
3. Der Kläger kann seine Forderung nicht zusätzlich auf eine Verletzung des Billigkeitsgebotes stützen, denn die Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung ist in Wahrheit nichts anderes als das Gebot, nach Billigkeit zu verfahren (BAG Urteil vom 22. Dezember 1970 – 3 AZR 52/70 – AP Nr. 2 zu § 305 BGB Billigkeitskontrolle, zu II 2 der Gründe).
II. Die Vorinstanz hat auch zutreffend einen Anspruch des Klägers auf eine Gehaltsanhebung nach § 37 Abs. 4 BetrVG verneint.
Danach darf das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrats nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Nachdem das Landesarbeitsgericht, mit zulässigen Verfahrensrügen nicht angegriffen, festgestellt hat, daß „die verhältnismäßig geringere Lohnerhöhung des Klägers nicht auf seine Tätigkeit im Betriebsrat zurückzuführen” sei, läßt sich schon aus diesem Grund kein Verstoß der Beklagten gegen § 37 Abs. 4 BetrVG herleiten (vgl. BAG Urteil vom 21. April 1983 – 6 AZR 407/80 – AP Nr. 43 zu § 37 BetrVG 1972, zu 2 und 3 der Gründe; unveröffentlichtes Senatsurteil vom 4. Dezember 1985 – 5 AZR 660/84 –, zu II 2 der Gründe). Ebensowenig kann der Kläger seinen Anspruch auf eine Verletzung des § 78 BetrVG stützen, denn nach den insoweit für die Revision bindenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ist in der geringeren Gehaltserhöhung für den Kläger keine Benachteiligung wegen seiner Betriebsratsarbeit zu sehen.
Unterschriften
Dr. Gehring, Dr. Olderog, Dr. Wittek, Dr. Kukies, Pallas
Fundstellen