Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Arbeitszeitermäßigung zur Kinderbetreuung. Zur Auslegung von Klageanträgen
Leitsatz (amtlich)
Lehrer an nordrhein-westfälischen Ersatzschulen, mit denen vertraglich die Anwendung der beamtenrechtlichen Grundsätze vereinbart ist, soweit diese Grundsätze nicht auf der Eigenart des öffentlichen Dienstes beruhen, können entsprechend § 85a LBG NW Anspruch auf Beurlaubung oder Ermäßigung der Arbeitszeit zur Kinderbetreuung haben. § 85a LBG NW beruht nicht auf der Eigenart des öffentlichen Dienstes.
Normenkette
ErsatzschulfinanzG NW § 8 Abs. 2; SchulOG NW § 37 Abs. 3 Buchst. d; LBG NW § 85a
Verfahrensgang
LAG Hamm (Urteil vom 01.03.1990; Aktenzeichen 17 Sa 1568/89) |
ArbG Minden (Urteil vom 22.08.1989; Aktenzeichen 1 Ca 249/89) |
Tenor
- Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 1. März 1990 – 17 Sa 1568/89 – wird zurückgewiesen.
- Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der beklagte Verein verpflichtet ist, die Arbeitszeit der Klägerin wegen der Betreuung ihres Kindes entsprechend § 85a des Beamtengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (LBG NW) herabzusetzen.
Der Beklagte ist Träger einer Sonderschule für Geistigbehinderte. Diese Sonderschule wurde durch Bescheid des Kultusministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 20. April 1976 als Ersatzschule im Sinne von § 37 des Ersten Gesetzes zur Ordnung des Schulwesens im Lande Nordrhein-Westfalen (SchOG NW) genehmigt.
§ 37 SchOG NW lautet auszugsweise:
(1) Ersatzschulen bedürfen der Genehmigung des Kultusministers.
(2) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland erfüllt sind; andernfalls ist die Genehmigung zu versagen.
(3) Für die Entscheidung, ob die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 erfüllt sind, gelten folgende Grundsätze:
…
d) Die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte muß der Stellung der Lehrer an den vergleichbaren öffentlichen Schulen entsprechen.
Das Gesetz über die Finanzierung der Ersatzschulen (EFG NW) lautet auszugsweise:
§ 1
Gewährung von Zuschüssen
(1) Genehmigte Ersatzschulen haben zur Durchführung ihrer Aufgaben und zur Erfüllung ihrer Pflichten Anspruch auf Zuschüsse des Landes nach näherer Bestimmung dieses Gesetzes.
§ 2
Verwendung der Zuschüsse
Die Zuschüsse sind zur Sicherung der Gehälter und der Altersversorgung der Lehrer sowie der unterrichtlichen Leistungsfähigkeit der Schule zu verwenden.
§ 8
Personalausgaben für hauptberufliche Lehrer
(1) Vier Fünftel der hauptberuflichen Lehrkräfte an Ersatzschulen sollen Planstelleninhaber sein.
(2) Das Anstellungsverhältnis der an Ersatzschulen beschäftigten Planstelleninhaber muß demjenigen eines Beamten auf Lebenszeit vergleichbar sein. Das trifft zu, wenn bei der Berufung in das Dienstverhältnis und bei Beendigung des Dienstverhältnisses die allgemeinen beamtenrechtlichen Vorschriften beachtet werden, soweit diese nicht auf der Eigenart des öffentlichen Dienstes beruhen.
(3) Dienst- und Versorgungsbezüge hauptberuflicher Leiter und Lehrer sind in der Höhe zu veranschlagen, in der sie ihnen als Lehrer im öffentlichen Dienst an vergleichbaren öffentlichen Schulen nach dem Beamten-, Besoldungs- oder Tarifrecht zustehen würden.
Der Beklagte hält sich hinsichtlich der Anzahl der Lehrerstellen an die Verordnung zur Ausführung des § 5 Schulfinanzgesetz (VO zu § 5 SchFG NW – GVBl NW 1979, 548), in der u.a. die Zahl der wöchentlichen Pflichtstunden der Lehrer, die Relation “Schüler je Stelle” (Zahl der Schüler je Lehrerstelle) sowie die Zahl der zusätzlich zugewiesenen Lehrerstellen festgesetzt sind. Er finanziert aus eigenen Mitteln keine darüber hinausgehenden Lehrerstellen. Die vom Beklagten als Ganztagsschule geführte Sonderschule ist montags bis donnerstags jeweils von 8.15 bis 15.30 Uhr und freitags von 8.15 bis 14.30 Uhr geöffnet, was einer wöchentlichen Gesamtöffnungszeit von 35 ¼ Zeitstunden entspricht. Der Unterricht wird grundsätzlich fächerübergreifend erteilt. Aufgrund der VO zu § 5 SchFG NW ergaben sich für das Schuljahr 1989/1990 für die Sonderschule des Beklagten 21,7 refinanzierbare Lehrerplanstellen.
Die am 4. Dezember 1955 geborene Klägerin ist ausgebildete Sonderschullehrerin. Sie ist mit einem evangelischen Pfarrer verheiratet. Sie ist seit dem 17. Oktober 1983 an der Sonderschule des Beklagten als Lehrkraft tätig. Durch Anstellungsvertrag (AV) vom 12. März 1986 wurde die Klägerin mit Wirkung ab 1. Mai 1986 als hauptberufliche Sonderschullehrerin auf Lebenszeit angestellt und in eine Planstelle eingewiesen. In dem Vertrag, der auf § 8 EFG NW Bezug nimmt, heißt es unter anderem:
§ 2
Frau S… verpflichtet sich, ihren Dienst an der Schule für Geistigbehinderte mit voller Hingabe zu versehen. Sie ist gewillt und erklärt sich bereit, ihre gesamte Unterrichts- und Erziehungsarbeit im Geiste der vom Schulträger und der Schule erstrebten Bildungsideale gewissenhaft zu leisten.
Frau S… hat alle die den entsprechenden Lehrern an vergleichbaren öffentlichen Schulen obliegenden Pflichten zu übernehmen und wird ihre Tätigkeit nach den Weisungen der Schulleitung und in kollegialer Zusammenarbeit mit den anderen Lehrern der Schule ausüben.
Im übrigen gelten für die Rechte und Pflichten der Frau S… sinngemäß die Grundsätze, die allgemein für entsprechende hauptamtliche Lehrer an vergleichbaren öffentlichen Schulen maßgebend sind, soweit diese Grundsätze nicht auf der Eigenart des öffentlichen Dienstes beruhen.
§ 3
Die Dienstbezüge der Frau S… werden nach Maßgabe der besoldungsrechtlichen Bestimmungen errechnet, die für vergleichbare Landesbeamte gelten.
Frau S… wird in die Besoldungsgruppe A 13 des Besoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in der jeweils geltenden Fassung eingestuft. Das Besoldungsdienstalter ist nach den für vergleichbare Landesbeamte geltenden Bestimmungen im Einvernehmen mit der oberen Schulaufsichtsbehörde festzusetzen. …
…
§ 4
…
Der Schulträger gewährt Frau S… Unterstützungen, Beihilfen, Vorschüsse und sonstige Fürsorgeleistungen nach den für vergleichbare Landesbeamte maßgebenden Bestimmungen.
…
§ 5
Frau S… hat Anwartschaft auf beamtenmäßige Versorgung. Bei der Berechnung der Versorgungsbezüge werden die für vergleichbare Landesbeamte geltenden Bestimmungen entsprechend angewandt.
§ 6
Der Umfang der Beschäftigung wird nach den für entsprechende hauptamtliche Lehrer an vergleichbaren öffentlichen Schulen geltenden Bestimmungen festgesetzt.
…
§ 8
Auf Grund der Entscheidung des Kultusministers des Landes Nordrhein-Westfalen … besteht für das durch diesen Vertrag begründete Anstellungsverhältnis … Versicherungsfreiheit in der Rentenversicherung der Angestellten.
Dieser Arbeitsvertrag wurde – wie es § 41 Abs. 3 SchOG NW vorsieht – von der Schulaufsichtsbehörde geprüft; zugleich wurde der Klägerin die nach § 41 Abs. 2 SchOG NW erforderliche Genehmigung zur Ausübung der Unterrichtstätigkeit erteilt.
Am 25. November 1988 bekam die Klägerin ihr erstes Kind. Nach Ablauf der Mutterschutzfrist trat sie ihren Erziehungsurlaub an. Da die Klägerin beabsichtigte, ihr Kind zusammen mit ihrem Ehemann selbst zu betreuen, beantragte sie mit Schreiben vom 11. Januar 1989 beim Beklagten, ihre Arbeitszeit nach Ablauf des Erziehungsurlaubs entsprechend § 85a LBG NW auf 2/3 der regelmäßigen Arbeitszeit festzusetzen. Eine bestimmte Zeitdauer der zu gewährenden Teilzeitbeschäftigung gab die Klägerin nicht an.
In § 85a LBG NW heißt es u.a.:
(1) Einem Beamten mit Dienstbezügen kann auf Antrag
1. Teilzeitbeschäftigung in der Weise bewilligt werden, daß die Arbeitszeit bis auf die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit ermäßigt wird,
2. ein Urlaub ohne Dienstbezüge bis zur Dauer von drei Jahren mit der Möglichkeit der Verlängerung gewährt werden,
wenn er
a) mindestens ein Kind unter achtzehn Jahren oder
b) einen nach ärztlichem Gutachten pflegebedürftigen sonstigen Angehörigen
tatsächlich betraut oder pflegt.
(2) Die Dauer des Urlaubs darf zwölf Jahre nicht überschreiten. Teilzeitbeschäftigung und Urlaub dürfen zusammen eine Dauer von fünfzehn Jahren nicht überschreiten. …
Hierauf teilte der Beklagte, der in der Vergangenheit bereits zwei entsprechende Anträge anderer Lehrkräfte abgelehnt hatte, der Klägerin mit Schreiben vom 3. Februar 1989 folgendes mit:
Der Vorstand hat sich wiederholt mit Anträgen auf Teilzeitarbeit auseinandergesetzt und folgenden Grundsatzbeschluß gefaßt:
Teilzeitarbeitsplätze sind nur dort vertretbar, wo es der Betrieb gestattet, wie z.B. in der Verwaltung, Hausreinigung, Küche.
Im pädagogischen Bereich werden keine Teilzeitarbeitsplätze eingerichtet. Alle in der Betreuung und Erziehung eingesetzten Mitarbeiter gehören zu den Personen, durch die die Lebenshilfe als Tendenzbetrieb ihre Zielsetzungen unmittelbar verfolgt. Eines der Ziele der Lebenshilfe ist es, den ihr anvertrauten Behinderten die bestmögliche Betreuung angedeihen zu lassen.
Uns ist bekannt, daß die Schüler mit zunehmendem Reifegrad einen größeren Kreis von Bezugspersonen benötigen, jedoch muß dieser Kreis überschaubar bleiben. Das wäre bei einer gewissen Zahl von Teilzeitkräften nicht mehr gegeben. Außerdem würde sich eine Teilzeitarbeit nachteilig auf den Kommunikationsfluß innerhalb der Einrichtung auswirken.
Abschließend dürfen wir darauf hinweisen, daß es sich bei dem zitierten § 85a (1) LBG um eine “Kann”-Vorschrift handelt, die wir aus den oben genannten Gründen nicht übernehmen. Wir bedauern daher, Ihrem Antrag nicht entsprechen zu können.
Daraufhin hat die Klägerin noch im März 1989 Klage gegen den Beklagten erhoben, mit der sie die Feststellung begehrt, daß der Beklagte verpflichtet ist, ihre regelmäßige Arbeitszeit ab dem 25. November 1989 auf 2/3 zu ermäßigen. Sie hat vorgetragen: Der Beklagte sei verpflichtet, ihre Arbeitszeit entsprechend § 85a Abs. 1 Nr. 1 LBG NW zur Betreuung ihres Kindes zu ermäßigen. Die Anwendung dieser Bestimmung ergebe sich aus den §§ 2, 4 des Arbeitsvertrages (im folgenden: AV). Alle beamteten Lehrkräfte an öffentlichen Schulen – auch denen an Sonderschulen für Geistigbehinderte – werde die Arbeitszeitermäßigung zur Kindesbetreuung nach der genannten Vorschrift gewährt, soweit keine zwingenden dienstlichen Interessen entgegenstünden. Auf solche zwingenden dienstlichen Gründe könne sich der Beklagte jedoch nicht berufen. Insbesondere zeige die tatsächliche Handhabung, daß die Vorstellung des Beklagten, die behinderten Schüler sollten jeweils nur von zwei “festen” Lehrkräften betreut werden, gar nicht realisiert worden sei und auch wegen der Sachzwänge gar nicht durchgeführt werden könnte. Im übrigen sei sie bereit, dem Beklagten entgegenzukommen und eine andere Entscheidung hinsichtlich des Umfangs und der zeitlichen Dauer ihrer Arbeitszeitermäßigung hinzunehmen. Die besondere Eigenart der vom Beklagten unterhaltenen Sonderschule rechtfertige nicht die generelle Entscheidung des Beklagten, § 85a LBG NW im Hinblick auf die bei ihr beschäftigten Lehrkräfte mit sogenannten Lebenszeitverträgen von vornherein nicht anzuwenden. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, daß die Sonderschule ein Tendenzbetrieb im Sinne von § 118 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG sei und sie Tendenzträgerin.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, ihre regelmäßige Arbeitszeit mit Wirkung ab dem 25. November 1989 für die Dauer von bis zu 15 Jahren auf 2/3 der regelmäßigen Arbeitszeit zu ermäßigen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, ihm stehe schon deswegen ein weites Ermessen hinsichtlich der Gestaltung der Arbeitsbedingungen der bei ihm tätigen Lehrkräfte zu, weil die Sonderschule ein Tendenzbetrieb im Sinne von § 118 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG sei und die Lehrkräfte als Tendenzträger anzusehen seien. Daher habe er von vornherein die Entscheidung treffen können, daß § 85a LBG NW auf die Arbeitsverhältnisse der Lehrkräfte mit sogenannten Lebenszeitverträgen keine Anwendung finden sollte. Die Stattgabe der Klage würde in unzulässiger Weise in seine Ermessensfreiheit eingreifen. Die Entscheidung, § 85a LBG NW nicht anzuwenden, sei deswegen gerechtfertigt, weil diese Vorschrift auf der Eigenart des öffentlichen Dienstes beruhe. Denn die an öffentlichen Schulen beschäftigten beamteten Lehrer könnten zu anderen öffentlichen Schulen versetzt werden. Er unterhalte jedoch nur eine Ersatzschule. Bei einer Ermäßigung der Arbeitszeit nach § 85a Abs. 1 Nr. 1 LBG NW würde er das Risiko tragen, nach Ablauf des Zeitraumes der gewährten Arbeitszeitermäßigung die betroffenen Lehrkräfte nicht wieder in vollem Umfang beschäftigen zu können, da zu diesem Zeitpunkt alle Planstellen besetzt seien. Dann müßte er diese Lehrkräfte aus eigenen Mitteln vergüten, da er zusätzliche Personalkosten vom Land Nordrhein-Westfalen nicht refinanziert bekäme. Schließlich sei seine generelle Entscheidung, § 85a LBG NW nicht anzuwenden, auch aufgrund seiner pädagogisch begründeten Vorstellung gerechtfertigt, die Schüler von möglichst wenigen “festen” Lehrkräften betreuen zu lassen. Die Einrichtung von weiteren Teilzeitarbeitsplätzen – neben der einen stellenplanbedingten – würde dieser Vorstellung zuwiderlaufen.
Im übrigen sei zu berücksichtigen, daß der Ehemann der Klägerin als Pfarrer in der Festlegung seiner Arbeitszeit ohnehin flexibler als andere berufstätige Personen sei. Insofern sei die Klägerin mit ihrer Familie bereits besser gestellt als viele andere Familien.
Das Arbeitsgericht hat der Klage durch Urteil vom 22. August 1989, also noch während des Erziehungsurlaubs der Klägerin, stattgegeben. Der Beklagte ist dem Urteil des Arbeitsgerichts nicht gefolgt und hat die Arbeitszeit nach Beendigung des Erziehungsurlaubs nicht herabgesetzt. Vielmehr hat die Klägerin seit dem 25. November 1989 ihre Vollzeitbeschäftigung wieder aufgenommen. Zur Betreuung ihres Kindes haben sie und ihr Ehemann eine bezahlte Kraft eingestellt. Die Klägerin hat jedoch erklärt, sie und ihr Ehemann seien weiter entschlossen, ihr Kind allein zu betreuen, sobald der Beklagte ihre Arbeitszeit antragsgemäß herabsetze.
Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag, die Klage abzuweisen, weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Ermäßigung ihrer Arbeitszeit für die Zeit bis zum 24. November 2004.
I.1. Der unklar formulierte Klageantrag bedarf der Auslegung. Die Unklarheiten ergeben sich aus zwei Punkten, zum einen daraus, daß es um eine Arbeitszeitermäßigung “ab dem 25. November 1989” geht, zum anderen daraus, daß Teilzeitbeschäftigung für die Dauer “von bis zu 15 Jahren” begehrt wird. Bei der Auslegung von Klageanträgen gilt ähnlich wie bei der Auslegung von Willenserklärungen nach § 133 BGB der Grundsatz, daß der Wortlaut hinter den erkennbaren Sinn und Zweck des Antrages zurückzutreten hat (BAGE 9, 273 = AP Nr. 2 zu § 253 ZPO; Urteil vom 19. Mai 1961 – 1 AZR 35/60 – AP Nr. 25 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers).
Die Vorinstanzen haben die Formulierung “bis zu 15 Jahren” dahin ausgelegt, daß damit nur der gesetzliche Höchstrahmen und noch keine bestimmte Dauer der Arbeitszeitermäßigung bezeichnet werden sollte. Dem kann nicht gefolgt werden. Der Antrag der Klägerin ist vielmehr so auszulegen, daß sie die Arbeitszeitermäßigung für die Zeit bis zum 24. November 2004 begehrt.
Die Klägerin erstrebte ursprünglich eine Arbeitszeitermäßigung für 15 Jahre. Dies ergibt sich aus ihrem Vortrag, sie sei bereit, dem Beklagten entgegenzukommen und eine andere Entscheidung des Beklagten unter anderem hinsichtlich der zeitlichen Dauer ihrer Arbeitszeitermäßigung hinzunehmen. Dieser Vortrag ist nur dann sinnvoll, wenn man den Klageantrag dahin auslegt, daß sie die Arbeitszeitermäßigung für eine bestimmte Dauer begehrt. Das konnten aber nur die im Antrag genannten 15 Jahre sein. Diese Zeitspanne sollte mit dem 25.November 1989 beginnen und dementsprechend mit dem 24. November 2004 enden. Infolge Zeitablaufs hat der Anfangstermin seine Bedeutung verloren. Der Endtermin hat sich dadurch, daß der Beklagte trotz seines Unterliegens in den Vorinstanzen in die Ermäßigung der Arbeitszeit bislang nicht eingewilligt hatte, nicht verschoben. Es geht also weiter um eine Arbeitszeitermäßigung bis zum 24. November 2004.
2. Der so ausgelegte Feststellungsantrag ist zulässig.
Insbesondere genügt er dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO sind gegeben. Die Klägerin begehrt die Feststellung der Verpflichtung des Beklagten, mit ihr eine Änderung ihrer Arbeitszeit zu vereinbaren. Der Beklagte leugnet eine solche Verpflichtung. In der Rechtsprechung ist anerkannt, daß Gegenstand einer Feststellungsklage auch einzelne Ansprüche oder Verpflichtungen aus einem Rechtsverhältnis oder der Umfang einer Leistungspflicht sein können (Urteil des Senats vom 19. Juni 1985 – 5 AZR 57/84 – AP Nr. 11 zu § 4 BAT, zu A I der Gründe). Das Rechtsschutzbedürfnis ist hier trotz der Möglichkeit, eine Leistungsklage zu erheben, zu bejahen. Das Berufungsgericht hat zu Recht ausgeführt, vom Beklagten als Träger einer staatlich anerkannten und deswegen mit öffentlichen Mitteln geförderten Ersatzschule sei wie von öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern zu erwarten, daß er sich dem rechtskräftigen Feststellungsurteil beugen werde. Es hat dabei weiter darauf verwiesen, daß der Beklagte vor dem Landesarbeitsgericht zu Protokoll erklärt hat, er werde einer für die Klägerin positiven rechtskräftigen Entscheidung nachkommen.
II. Die Klage ist auch begründet.
Der Anspruch der Klägerin ergibt sich aus § 2 Abs. 3 AV in Verb. mit § 85a LBG NW.
1. Der Senat kann die Auslegung des Arbeitsvertrages auch in der Revisionsinstanz uneingeschränkt überprüfen, da es sich dabei um einen sogenannten typischen Vertrag handelt, nämlich um den in Nordrhein-Westfalen vielfach verwandten vom Kultusministerium genehmigten Vertrag zwischen Ersatzschule und Lehrkraft (vgl. zuletzt BAG Urteil vom 4. Juli 1991 – 2 AZR 16/91 –, n.v., zu II 2b bb der Gründe). Empfangsbedürftige Willenserklärungen sind nach den §§ 133, 157 BGB so auszulegen, wie der Erklärungsempfänger sie nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen mußte. Der Umstand, daß der Beklagte ein Tendenzunternehmen im Sinne von § 118 Abs. 1 BetrVG und die Klägerin Tendenzträgerin ist, ändert an diesen Auslegungsgrundsätzen nichts. Dem Beklagten ist also die Tendenzverwirklichung nur innerhalb des arbeitsvertraglichen Vereinbarten möglich.
Der Arbeitsvertrag stellt die Klägerin überwiegend so wie eine beamtete Sonderschullehrerin an einer entsprechenden staatlichen Schule. Der Arbeitsvertrag verweist mehrfach auf die “für vergleichbare Landesbeamte” oder “entsprechende hauptamtliche Lehrer an vergleichbaren öffentlichen Schulen” maßgebenden Bestimmungen und damit auf die jeweils für den genannten Personenkreis gültigen Regelungen. Dies gilt sowohl hinsichtlich ihrer Pflichten (§ 2 Abs. 3, § 6 Abs. 1 AV), als auch hinsichtlich ihrer Rechte. So hat sie Anspruch auf Dienstbezüge und Versorgung wie eine Landesbeamtin (§§ 3, 4 Abs. 2, §§ 5, 8 AV). Sie ist zwar Arbeitnehmerin, aber in eine Planstelle eingewiesen und auf Lebenszeit angestellt (§ 1 AV). Nach § 4 Abs. 2 AV hat sie Anspruch auf “Unterstützungen, Beihilfen, Vorschüsse und sonstige Fürsorgeleistungen nach den für vergleichbare Landesbeamte maßgebenden Bestimmungen”; nach § 2 Abs. 3 AV gelten “im übrigen … für die Rechte und Pflichten … sinngemäß die Grundsätze, die allgemein für entsprechende hauptamtliche Lehrer an vergleichbaren öffentlichen Schulen maßgebend sind, soweit diese Grundsätze nicht auf der Eigenart des öffentlichen Dienstes beruhen”. Allerdings erklärt sich die Klägerin in § 2 Abs. 1 Satz 2 AV “bereit, ihre gesamte Unterrichts- und Erziehungsarbeit im Geiste der vom Schulträger und der Schule erstrebten Bildungsideale gewissenhaft zu leisten”.
Die Rechtsstellung der Klägerin unterscheidet sich von der einer vergleichbaren beamteten Lehrerin insbesondere im Hinblick auf die vom Beklagten “erstrebten Bildungsideale” (§ 2 Abs. 1 Satz 2 AV), ferner im Hinblick darauf, daß die für entsprechende hauptamtliche Lehrer an vergleichbaren öffentlichen Schulen maßgebenden Grundsätze nur insoweit gelten, als sie “nicht auf der Eigenart des öffentlichen Dienstes beruhen”.Zu den für die Lehrer an staatlichen Schulen maßgebenden Grundsätzen im Sinne von § 2 Abs. 3 AV gehört auch § 85a LBG NW.
2. Die Vorinstanzen haben zutreffend erkannt, daß die genannte Bestimmung nicht “auf der Eigenart des öffentlichen Dienstes” beruht. Die Revision hat sich auf das Urteil der 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 13. Dezember 1983 (– 7 Sa 679/83 – NZA 1984, 361) bezogen, das seinen gegenteiligen Standpunkt wie folgt begründet hat: Das Recht auf Beurlaubung nach § 85a LBG NW sprenge den Rahmen der abverlangten Fürsorge. Während in privatrechtlich gestalteten Arbeitsverhältnissen der Arbeitgeber nur in ganz besonderen Einzelfällen unbezahlte Freistellung zu gewähren habe, so habe der Staat für sich als besonderen Interessenkonflikt seiner Bediensteten die Kindererziehung angesehen und ihnen deshalb allgemein die Möglichkeit eingeräumt, sich beurlauben zu lassen oder aber die Arbeitszeit zu reduzieren. Die Übertragung der Rechte aus § 85a LBG NW auf eine Privatschule mit eng begrenzten Planstellen und unsicheren Schülerzahlen sei demzufolge nicht gerechtfertigt.
Dem kann nicht gefolgt werden. Auf der “Eigenart des öffentlichen Dienstes sinnwidrig wäre (vgl. BAG Urteil vom 14. Juli 1970 – 3 AZR 410/69 –; BGB Urteil vom 20. Oktober 1977 – II ZR 25/77 – AP Nr. 1 und 5 zu § 342 BGB Ruhegehalt-Beamtenversorgung) oder aus praktischen Gründen nicht in Betracht kommt.
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. § 85a LBG NW beruht zwar – wie das Landesarbeitsgericht und die Revision zutreffend ausführen – vorwiegend auf familien- und beschäftigungspolitischen Gründen (vgl. den schriftlichen Bericht des Innenausschusses des Bundestages – BT-Drucks. zu V/3831, für die entsprechende Vorschrift des § 79a BBG; Plog/Wiedow/Beck, BBG, Stand Januar 1992, § 79a Rz 1 a.E). Das schließt ihre Anwendbarkeit in Arbeitsverträgen außerhalb des öffentlichen Dienstes jedoch nicht aus. Auch außerhalb des öffentlichen Dienstes finden sich nämlich immer häufiger Regelungen, die Vätern und Müttern über die gesetzlichen Regelungen hinausgehende Möglichkeiten zur Kinderbetreuung einräumen. Es sei hier nur auf § 17 des MTV für den Einzelhandel im Lande Nordrhein-Westfalen vom 6. Juli 1989 verwiesen, der unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf “Erziehungs- und Elternurlaub” gibt und (unter Abs. 5) die Möglichkeit einräumt, “nach näherer Absprache mit dem Arbeitgeber und unter Berücksichtigung betrieblicher Belange … auf Wunsch des Arbeitnehmers an Stelle einer vollen Beurlaubung eine teilweise Beurlaubung (Teilzeitbeschäftigung)” zu gewähren. Sind aber § 85a LBG NW vergleichbare Regelungen ebenfalls in Tarif- oder Betriebsvereinbarungen außerhalb des öffentlichen Dienstes anzutreffen, so kann keine Rede davon sein, daß diese gesetzliche Bestimmung auf der “Eigenart des öffentlichen Dienstes” beruht. Auch der Runderlaß des Kultusministers vom 16. Dezember 1983 (Gem. Amtsbl. d. Kult.Min. NRW 1984, 6), der den Trägern von Ersatzschulen “empfiehlt”, entsprechend § 85a LBG NW zu verfahren, geht letztlich davon aus, daß diese Vorschrift nicht auf der Eigenart des öffentlichen Dienstes beruht. Zu verweisen ist ferner auf § 21 Abs. 1 BErzGG in der Fassung vom 21. Januar 1992 (BGBl. I, S. 68), wo der Gesetzgeber in weitem Umfange von Arbeitsfreistellungen zur Kindererziehung ausgeht.
Die Unanwendbarkeit des § 85a LBG NW folgt schließlich nicht aus § 2 Abs. 1 AV, wonach die Klägerin “ihre gesamte Unterrichts- und Erziehungsarbeit im Geiste der vom Schulträger und der Schule erstrebten Bildungsideale gewissenhaft zu leisten” hat. Denn diese Bestimmung betrifft nicht die Dauer der Arbeitszeit. Im übrigen war der Klägerin das pädagogische Konzept, die behinderten Schüler von einer möglichst geringen Anzahl von Lehrern unterrichten und dieses Konzept nicht durch Teilzeitbeschäftigung aufweichen zu lassen, nicht erkennbar. Das wäre aber erforderlich gewesen, zumal da die Möglichkeit von Teilzeitarbeit und Beurlaubung zu Zwecken der Kinderbetreuung für die Lebensund Berufsplanung jüngerer Lehrkräfte von erheblicher Bedeutung ist. Die Klägerin hätte dieses Konzept auch dann nicht erkennen können, wenn sie sich – wozu sie nicht verpflichtet war – anhand der Satzung über die Bildungsideale des Beklagten hätte informieren wollen. Denn das besagte pädagogische Konzept ist dort nicht erwähnt.
Die Auslegung des Arbeitsvertrages ergibt daher, daß auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin § 85a LBG NW sinngemäß anwendbar ist. Die Frage, ob der Beklagte die Anwendbarkeit dieser Vorschrift vertraglich hätte ausschließen können und ob ein solcher Ausschluß mit § 37 Abs. 3 Buchst. d SchOG NW, § 8 Abs. 2 EFG NW vereinbar wäre und ob dadurch die staatliche Anerkennung als Ersatzschule und ihre Refinanzierung durch das Land gefährdet wäre, stellt sich hier also nicht.
3. § 85a LBG NW und die entsprechenden beamtenrechtlichen Vorschriften des Bundes (§ 79a BBG) und der anderen Bundesländer geben dem Beamten keinen unbedingten Rechtsanspruch auf Beurlaubung oder Herabsetzung der Arbeitszeit. Die Entscheidung darüber steht vielmehr, wie sich aus Wortlaut, Sinn und Entstehungsgeschichte des Gesetzes ergibt, im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde.
Nach § 40 VwVfG NW, der gleich lautet wie § 40 VwVfG des Bundes, hat die Behörde ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Der Anspruch des Beamten auf fehlerfreie Ermessensausübung kann sich dabei im Einzelfall zu einem Anspruch auf Beurlaubung oder Gewährung von Teilzeitbeschäftigung verdichten (“Ermessensreduktion auf Null” – vgl. dazu Kopp, VwVfG, 5. Aufl. 1991, § 40 Rz 6; Kopp, VwGO, 8. Aufl. 1989, § 114 Rz 6; VGH Baden-Württemberg, Beschluß vom 21. Juni 1979 – IV 156/79 – ZBR 1980, 123). In diesem Fall spricht das Gericht die Verpflichtung zum Erlaß des beantragten Verwaltungsaktes aus. Im Zweifelsfall ist die Behörde beweispflichtig, daß sie überhaupt ihr Ermessen ausgeübt und daß sie es sachgemäß und nicht fehlerhaft ausgeübt hat (BVerwG Urteil vom 29. April 1983 – 1 C 5.83 –, DVBl 1983, 997; Kopp, VwGO, aaO, § 114 Rz 11).
Bei der Entscheidung über Beurlaubung oder Teilzeitarbeit sind die persönlichen und familiären Interessen des Beamten mit den dienstlichen Bedürfnissen der Verwaltung abzuwägen. In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, daß allgemeine Erschwernisse, wie sie mit jeder Beurlaubung oder Herabsetzung der Arbeitszeit einhergehen, in Kauf zu nehmen sind (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluß vom 5. Oktober 1977 – 2 B 189/77 – DÖD 1978, 59; VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 30. April 1982 – 4 S 609/82 – Die Justiz 1982, 309 und vom 2. Juli 1987 – 4 S 1239/87 – RiA 1988, 78; OVG Lüneburg, Beschluß vom 28. Januar 1987 – 5 OVB B 2/87 – Nds.Rpfl. 1987, 63, 64; VG Berlin, Beschluß vom 27. Juni 1978 – V A 154/78 – DÖD 1980, 260, 261). Dem Interesse des Beamten an der Beurlaubung oder an der Herabsetzung seiner Arbeitszeit zur Kinderbetreuung kommt wegen Art. 6 Abs. 2 GG erhebliches Gewicht zu (OVG Rheinland-Pfalz, aaO; VGH Baden-Württemberg; aaO; OVG Lüneburg, aaO). Im Ergebnis besteht Einigkeit darüber, daß die Gründe, die den öffentlichen Dienstherrn zur Ablehnung solcher Anträge berechtigen, ebenfalls besonderes Gewicht haben müssen (vgl. die vorgenannten Entscheidungen sowie Mühl in GKÖD, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Stand Januar 1992, K § 79a BBG Rz 6; Plog/Wiedow/Beck, BBG, Stand Januar 1992, § 79a Rz 11; vgl. auch LAG Hamm, Urteil vom 1. Februar 1983 – 11 Sa 1417/82 –, n.v.). Damit rückt die “Kannvorschrift” in die Nähe einer “Sollvorschrift” (so ausdrücklich OVG Saarland, Beschluß vom 7. Dezember 1970 – III W 41/70 – ZBR 1971, 312; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluß vom 5. Oktober 1977, aaO; OVG Lüneburg, Beschluß vom 28. Januar 1987, aaO). Als Gründe, die zu einer Ablehnung berechtigen, sind in der Rechtsprechung z.B. das Fehlen einer Ersatzkraft (VGH Baden-Württemberg, Beschluß vom 30. April 1982, aaO; OVG Saarland, Beschluß vom 7. Dezember 1970, aaO) und herausgehobene Führungs- und Aufsichtsfunktionen des Amtsinhabers angesehen worden (VGH Baden-Württemberg, Beschluß vom 21. Juni 1979, aaO, und Urteil vom 8. Februar 1977 – IV 1138/75 – ZBR 1977, 225). Im ersteren Fall wird allerdings von der Behörde verlangt, die notwendigen organisatorischen Änderungen zu treffen (VGH Baden-Württemberg, Beschluß vom 2. Juli 1987 – 4 Sa 1239/87 – RiA 1988, 78, 79; VG Berlin, Beschluß vom 27. Juni 1978, aaO). Eine Herabsetzung der Arbeitszeit scheidet weiter dann aus, wenn ein sinnvoller und wirtschaftlicher Einsatz des Beamten dann nicht mehr möglich wäre (Plog/Wiedow/Beck, aaO, § 79a Rz 11).
Weiter besteht Einigkeit darüber, daß die genannten Vorschriften und Grundsätze auch für Beamte kleinerer Verwaltungen gelten (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluß vom 5. Oktober 1977; VGH Baden-Württemberg, Beschluß vom 2. Juli 1987, beide aaO). Die Verwaltung kann also Beurlaubungen und Teilzeitarbeit nicht allein unter Berufung auf ihre geringe Größe grundsätzlich ablehnen. Unter Umständen muß allerdings der Beamte einer kleineren Organisation wegen der größeren verwaltungsmäßigen Schwierigkeiten im Hinblick auf Dauer und Ausmaß der Beurlaubung oder der Teilzeitarbeit flexibler sein als die Kollegen größerer Verwaltungen. Die grundsätzliche Anwendung des § 85a LBG NW scheitert also im Streitfall nicht daran, daß der Beklagte nur eine Ersatzschule mit wenigen Planstellen unterhält.
4. Die dargestellten Grundsätze gelten für das Arbeitsverhältnis der Klägerin sinngemäß. Der Beklagte hatte also über den Antrag der Klägerin nach Ermessen zu entscheiden. Da ihm dieses Ermessen durch den Arbeitsvertrag (und die in ihm enthaltene Verweisung auf § 85a LBG NW) eingeräumt wurde, handelt es sich um ein einzelvertragliches Leistungsbestimmungsrecht im Sinne von § 315 BGB.
Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen im Sinne von § 315 Abs. 3 BGB, wenn sie die wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt hat (BAGE 47, 238, 249 = AP Nr. 1 zu § 4 TVG Bestimmungsrecht, zu A II 2 der Gründe; BAG Urteil vom 26. November 1986 – 4 AZR 789/85 – AP Nr. 15 zu § 1 TVG Tarifverträge: Rundfunk; BAGE 55, 53 = AP Nr. 131 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Ob dies geschehen ist, richtet sich im Streitfall nach den dargestellten beamtenrechtlichen Grundsätzen. Nach allgemeiner Auffassung hat die Partei, der das Recht zur Bestimmung zusteht, die Darlegungsund Beweislast dafür, daß ihre Bestimmung gemäß § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB der Billigkeit entspricht (BAG Urteil vom 26. November 1986, aaO). Ob die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind, unterliegt nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB der gerichtlichen Kontrolle.
Die Frage, wie weit die revisionsgerichtliche Überprüfung geht, wird in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht einheitlich beantwortet. Während der erkennende Senat und ihm folgend der Zweite Senat die Auffassung vertreten haben, die gerichtliche Kontrolle sei in der Revisionsinstanz unbeschränkt nachzuprüfen (BAGE 47, 238, 249 = AP Nr. 1 zu § 4 TVG Bestimmungsrecht, zu A II 2 der Gründe; Urteil vom 19. Juni 1985 – 5 AZR 57/84 – AP Nr. 11 zu § 4 BAT, zu A II 2a der Gründe; Urteil vom 25. Oktober 1989 – 2 AZR 633/88 – AP Nr. 36 zu § 611 BGB Direktionsrecht, zu II 2b aa der Gründe sowie Urteile des Vierten Senats vom 28. September 1977 – 4 AZR 743/76 – und vom 26. November 1986 – 4 AZR 789/85 – AP Nr. 4 und 15 zu § 1 TVG Tarifverträge: Rundfunk), hat sich der Achte Senat auf den Standpunkt gestellt, das Revisionsgericht könne nur prüfen, ob das Tatsachengericht den Rechtsbegriff verkannt habe, den äußeren Ermessensrahmen überschritten oder innere Ermessensfehler begangen habe, also von unsachlichen Erwägungen ausgegangen sei oder wesentliche Tatsachen außer acht gelassen habe (BAGE 60, 362, 366 = AP Nr. 14 zu § 50 BAT, zu B I 2d cc der Gründe; ebenso Urteil des Vierten Senats vom 30. April 1975 – 4 AZR 351/74 – AP Nr. 8 zu § 38 MTB II). Es kann hier dahinstehen, welcher Auffassung zu folgen ist, da die Revision auch dann erfolglos bleibt, wenn das Revisionsgericht die Ausführungen des LAG zum billigen Ermessen unbeschränkt nachzuprüfen hätte.
5. Für den Streitfall ergibt sich daraus folgendes: Die Voraussetzungen des § 85a Abs. 1 Buchst. a LBG NW sind erfüllt. Die Klägerin lebt mit einem Kind unter 18 Jahren in häuslicher Gemeinschaft und betreut es tatsächlich. Daß sie dazu aufgrund ihrer Vollzeittätigkeit derzeit nur beschränkt in der Lage ist, ändert daran nichts.
Damit hatte der Beklagte nach Ermessen zu entscheiden. In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, daß ermessensfehlerhaft eine Entscheidung auch dann ist, wenn die Behörde eine in Wahrheit nicht bestehende Beschränkung des Ermessens oder Gebundenheit schlechthin annimmt (BVerwGE 68, 101, 102; Kopp, VwGO, 8. Aufl. 1989, § 114 Rz 14) oder sie aus anderen Gründen überhaupt keine Ermessensentscheidung trifft (BVerwGE 61, 105, 110; Kopp, aaO). Überträgt man diese Grundsätze auf § 315 BGB, so erweist sich eine Leistungsbestimmung schon dann als unbillig und unverbindlich, wenn der Bestimmungsberechtigte annimmt, es bestehe kein Ermessen. Dies muß auch dann gelten, wenn die Behörde oder der Arbeitgeber der Auffassung ist, eine Entscheidung stünde in ihrem freien Belieben.
Im Streitfall hat der Beklagte in erster Linie geltend gemacht, § 85a LBG NW sei nicht anwendbar. ES liegt daher nahe, daß seine Ablehnung des Antrags der Klägerin schon deshalb unbillig ist. Die Frage bedarf hier allerdings keiner abschließenden Erörterung, da zugunsten des Beklagten unterstellt werden kann, daß er überhaupt eine Ermessensentscheidung getroffen hat. Denn zumindest hat er von seinem Ermessen in einer den Zwecken des § 85a LBG NW nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht und so die Interessen der Klägerin nicht (angemessen) berücksichtigt.
Der Beklagte hat den “Grundsatzbeschluß” gefaßt, im pädagogischen Bereich keine Teilzeitarbeitsplätze einzurichten. Dies hat er in seinem ablehnenden Schreiben vom 3. Februar 1989 mit seinen Zielsetzungen “als Tendenzbetrieb” begründet, und im vorliegenden Verfahren weiter mit den für ihn als kleinerer Einrichtung bestehenden organisatorischen Schwierigkeiten. Diese Erwägungen sind zwar nachzuvollziehen. Sie sind aber im öffentlichen Dienst – dessen Grundsätze hier heranzuziehen sind – nicht als Gründe für eine Ablehnung der Teilzeitarbeit anerkannt. Das bedeutet im Rahmen der Ermessensüberprüfung nach § 315 Abs. 3 BGB, daß der Beklagte damit ausschließlich seine eigenen Interessen berücksichtigt hat und nicht die der Klägerin. Die Ablehnung des Antrags erweist sich daher als unbillig.
Das Ergebnis ist auch dann kein anderes, wenn man zugunsten des Beklagten unterstellt, er sei in Ausnahmefällen – etwa bei Alleinerziehenden oder im Falle besonderer Erziehungsschwierigkeiten – zur Herabsetzung der Arbeitszeit bereit. Der Beklagte hat zwar die vorprozessuale Ablehnung des Antrags der Klägerin nicht so begründet; sein Hinweis im vorliegenden Verfahren, der Ehemann der Klägerin sei als evangelischer Pfarrer in der Festlegung seiner Arbeitszeit ohnehin flexibler als andere Berufstätige, insofern sei die Klägerin mit ihrer Familie ohnehin schon besser gestellt als viele andere Familien, könnte aber – wohlwollend – so verstanden werden. Denn auch in einem solchen Fall wäre dem Zweck des § 85a Abs. 1 LBG NW nicht Genüge getan. Wie ausgeführt, gelten für die vom Beklagten zu treffenden Ermessensentscheidungen die für den öffentlichen Dienst entwickelten Grundsätze. Die vom Beklagten angeführten Gründe rechtfertigen aber auch im öffentlichen Dienst nicht eine Ermessenspraxis, die darauf hinausläuft, Teilzeitarbeit nur in Ausnahmefällen zu erlauben.
Mit den vom Beklagten gegebenen Begründungen durfte der Antrag der Klägerin also nicht abgelehnt werden. Zur Verdeutlichung sei noch einmal darauf hingewiesen, daß dieses Ergebnis nicht auf einer wie auch immer gearteten Beurteilung oder Bewertung des pädagogischen Konzepts des Beklagten beruht, sondern auf der Auslegung des Vertrages und der Auslegung des § 85a Abs. 1 LBG NW. Wie zu entscheiden wäre, wenn die Parteien vertraglich die Nichtanwendbarkeit des § 85a LBG NW vereinbart hätten, kann hier offenbleiben.
Da die Bestimmung des Beklagten unbillig ist, wird sie durch Urteil getroffen (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB). Wie die Vorinstanzen zutreffend entschieden haben, ist dem Antrag der Klägerin zu entsprechen. Der Antrag hält sich in dem von § 85a Abs. 1 Buchstabe a, Abs. 2 Satz 2 LBG NW vorgegebenen zeitlichen Rahmen. Wie ausgeführt, müssen Beamte kleinerer Körperschaften im Hinblick auf Dauer und Ausmaßherabsetzung ihrer Arbeitszeit unter Umständen flexibler sein als ihre bei größeren Körperschaften tätigen Kollegen, da dort mehr Versetzungsmöglichkeiten bestehen.
Die Klägerin hat im vorliegenden Verfahren ihre Bereitschaft bekundet, eine kürzere Dauer und einen anderen Umfang der Teilzeitarbeit hinzunehmen. Sie hat sich ferner in dem erkennbaren Bestreben, bei der Überwindung der organisatorischen Schwierigkeiten zu helfen, bei einer Kollegin erkundigt und von dieser die Zusage erhalten, daß diese ihre Arbeitszeit zeitlich übereinstimmend mit der Klägerin ebenfalls auf 2/3 herabsetzen wolle. Damit hätte der Beklagte die Möglichkeit, zur Vertretung der Klägerin und ihrer Kollegin eine 2/3-Kraft einzustellen. Darauf ist der Beklagte, der offenbar eine grundsätzliche Klärung anstrebt, nicht eingegangen. Er hat sich dementsprechend auch nicht auf konkrete organisatorische Schwierigkeiten berufen, die im Streitfall einer Stattgabe des Antrages gerade in seiner konkreten Form entgegenstehen. Er hat dies auch nicht getan, nachdem das Arbeitsgericht seiner grundsätzlichen Auffassung von der Unanwendbarkeit des § 85a LBG NW nicht gefolgt war. Da der Beklagte insoweit darlegungs- und beweispflichtig ist, ist davon auszugehen, daß es solche der Teilzeitarbeit der Klägerin entgegenstehenden konkreten Schwierigkeiten auch nicht gibt. Das Landesarbeitsgericht hat in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hingewiesen, daß der Beklagte Lehrkräften, die mit sogenannten BAT-Verträgen, also nicht auf Lebenszeit, bei ihm angestellt sind, betriebsbedingt mit der Begründung kündigen kann, die Zeit der Beurlaubung oder der Teilzeitarbeit einer Planstelleninhaberin sei abgelaufen.
III. Nach alledem war die Revision des Beklagten zurückzuweisen. Der Beklagte hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Unterschriften
Dr. Thomas, Dr. Gehring, Dr. Reinecke, Dr. Kukies, Kähler
Fundstellen
NZA 1992, 853 |
RdA 1992, 223 |