Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsetzung eines Referatsleiters im Ministerium
Orientierungssatz
Nach den im öffentlichen Dienst üblichen Arbeitsverträgen wird der Angestellte regelmäßig nicht für eine bestimmte Tätigkeit eingestellt, sondern für einen allgemein umschriebenen Aufgabenbereich, der lediglich durch die Nennung der Vergütungsgruppe bezeichnet ist. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers im öffentlichen Dienst erstreckt sich bei dieser Vertragsgestaltung auf alle dem Beruf des Arbeitnehmers entsprechenden Tätigkeiten, die den Merkmalen seiner Vergütungsgruppe entsprechen, sofern nicht ausnahmsweise Billigkeitsgesichtspunkte entgegenstehen. Das Weisungs- oder Direktionsrecht berechtigt den Arbeitgeber grundsätzlich nicht, dem Arbeitnehmer Tätigkeiten einer niedrigeren Vergütungsgruppe zu übertragen, und zwar auch dann nicht, wenn er die der bisherigen Tätigkeit entsprechende höhere Vergütung weiter zahlt.
Tatbestand
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, zu welchen Bedingungen der Kläger weiterzubeschäftigen ist.
Der Kläger, Dipl.-Betriebswirt, ist seit dem 1. Juli 1991 beim beklagten Land beschäftigt. Zum Abschluß des Arbeitsvertrages vom 24. Juni 1991 war es wie folgt gekommen: Das beklagte Land trat mit Schreiben vom 25. April 1991 an den Kläger wegen dessen "Kenntnissen über die staatlichen Finanzierungsmöglichkeiten der mittelständischen Wirtschaft" heran. Darin heißt es, daß man im Wirtschaftsministerium für das Referat 22 - Strukturpolitik und regionale Wirtschaftsförderung - oder das Referat 23 - Finanzierung der Wirtschaftsförderung - einen qualifizierten Förderreferenten suche. Nach dem Vorstellungsgespräch teilte das beklagte Land dem Kläger mit Schreiben vom 21. Mai 1991 mit, man sei bereit, ihn zum 1. Juli 1991 in das Referat 23 einzustellen. Weiter heißt es in dem Schreiben:
"Während der maximal 6monatigen Probezeit würden
Sie als Referent unter Eingruppierung in die Ver-
gütungsgruppe I b BAT eingesetzt; gleichzeitig
würden Sie mit der Wahrnehmung der Geschäfte des
Referatsleiters beauftragt.
Nach erfolgreichem Abschluß der Probezeit beab-
sichtige ich, Sie unter Eingruppierung in die
Vergütungsgruppe I a BAT endgültig mit der Refe-
ratsleitung zu beauftragen."
Der Kläger teilte mit Schreiben vom 12. Juni 1991 mit, er nehme das Angebot an. Er äußerte den Wunsch, in den Arbeitsvertrag aufzunehmen, daß 1992 eine Eingruppierung nach BAT I in Aussicht gestellt würde. Mit Schreiben vom 14. Juni 1991 bestätigte das Land den Eingang dieses Schreibens. Weiter heißt es, daß "nähere Einzelheiten ... der noch abzuschließende Arbeitsvertrag" regele.
Im Arbeitsvertrag vom 24. Juni 1991 heißt es u.a., daß der Kläger ab 1. Juli 1991 als vollbeschäftigter Angestellter auf unbestimmte Zeit beschäftigt wird und sich das Arbeitsverhältnis nach dem BAT-O bestimmt. Weitere Bestimmungen des Vertrages lauten:
"§ 4
Die Eingruppierung und die Vergütung richten sich
nach der Vergütungsordnung (Anlagen 1a und 1b zum
BAT).
Der/Die Angestellte ist danach eingruppiert in
Vergütungsgruppe I b BAT (§ 22 Abs. 3 BAT); Ver-
gütung zu 100 %.
§ 5
Es wird folgende Nebenabrede vereinbart:
Nach erfolgreichem Abschluß der Probezeit und Er-
füllen der Voraussetzung, daß sich die Tätigkeit
durch das Maß der Verantwortung erheblich aus der
Vergütungsgruppe I b BAT - Fallgruppe 1 a - her-
aushebt, erfolgt eine Eingruppierung nach Vergü-
tungsgruppe I a BAT."
Mit Einstellungsschreiben vom 4. Juli 1991 teilte das beklagte Land dem Kläger nochmals mit, daß er in die VerGr. I b BAT eingruppiert ist und für das Arbeitsverhältnis der schriftliche Arbeitsvertrag maßgebend ist. Zugleich übertrug es dem Kläger den Arbeitsplatz des Referenten 23 und beauftragte ihn mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Referatsleiters 23.
Am 21. Januar 1992 beschloß das Landeskabinett, dem Kläger die Funktion des Leiters des Referats 23 zu übertragen. Mit Schreiben vom 29. Januar 1992 teilte der damalige Minister für Wirtschaft, Technologie und Verkehr dem Kläger mit, daß ihm gem. Beschluß des Landeskabinetts ... der Arbeitsplatz des Referatsleiters 23 "Finanzierung der Wirtschaftsförderung" nunmehr endgültig übertragen und er mit Wirkung vom 1. Januar 1992 in VergGr. I a BAT (Vergütung 100 %) eingruppiert werde. Mit Änderungsvertrag vom 31. Januar 1992 wurde dann vereinbart, daß "an die Stelle der VergGr. I b BAT ... mit Wirkung vom 1. Januar 1992 die VergGr. I a BAT" tritt.
Das vom Kläger geleitete Referat 23 "Finanzierung der Wirtschaftsförderung" bearbeitete nach dem alten Geschäftsverteilungsplan (Stand 1. Dezember 1993) im wesentlichen folgende Aufgaben:
23.1 Finanzierung der Wirtschaftsförderung
- Erfassung, Auswertung, Bewertung und Beratung über Förder-
programme (außer GA und EFRE; GA: "Gemeinschaftsaufgabe Ver-
besserung der regionalen Wirtschaftsstruktur")
- Allgemeine Angelegenheiten der Finanzierung von Wirtschafts-
förderprogrammen
- Kontrolle der Mittelverwendung
- Mittelbewirtschaftung der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung
der regionalen Wirtschaftsstruktur"
- Mittelbewirtschaftung der EG-Regionalprogramme und Sonder-
programme
- Grundsatzfragen "Bürgschaften"
23.2 Bürgschaften, Geld- und Kapitalmarkt, Steuerfragen der Wirt-
schaft
- Verwendungsnachweise
- Allgemeine Angelegenheiten des Geld- und Kapitalmarktes
- Zusammenarbeit mit den Banken und sonstigen Organisationen
des Kreditwesens
- Kreditfinanzierung der Wirtschaft
- Landesdarlehensprogramme
- Allgemeine Angelegenheiten von Landes- und Bundesbürgschaf-
ten
- Zusammenarbeit mit den Bürgschaftsbanken
- Vertretung des MW in den jeweiligen Bewilligungsausschüssen Der Kläger war neben seiner Funktion als Leiter des Referats 23 zugleich auch der für 23.1 zuständige Referent. Für 23.2 war ein anderer Referent zuständig. Zwischen den Parteien ist streitig, in welchem Umfang der Kläger selbst für den Bereich 23.2 tätig war.
Mit Schreiben vom 31. Januar 1994 wurde der Kläger mit Wirkung vom 1. Februar 1994 von den Aufgaben als Referatsleiter 23 entbunden, in das Referat 31 umgesetzt und mit den Aufgaben des Referenten 31.2 beauftragt. Dieses Schreiben war - wie der Änderungsvertrag vom 31. Januar 1992 - unterzeichnet mit "Im Auftrag - Maas". Dieser ist Abteilungsleiter 1 des Ministeriums für Wirtschaft und Technologie und zuständig für allgemeine Angelegenheiten, insbesondere für Frage der Organisation und der Personalwirtschaft. Der Kläger widersprach mit Schreiben vom 2. Februar 1994, nahm dann aber die Tätigkeit als Referent auf, wobei er sich mit Schreiben vom 7. Februar 1994 eine gerichtliche Überprüfung vorbehielt. Als Referent 31.2 war der Kläger fortan auch stellvertretender Referatsleiter und erhielt weiterhin Vergütung nach VergGr. I a BAT.
Die Umsetzung des Klägers war erfolgt im zeitlichen Zusammenhang mit der Neuorganisation verschiedener Ministerien, Abteilungen und Referate. Das Referat 23 wurde erheblich verkleinert, nach Darstellung des Klägers um 50 %. Vom Referatsteil 23.1 wurde die Aufgabe der Erfassung, Auswertung und Beratung über Förderungsprogramme übertragen auf das Referat 24 Industrieansiedlung. Diese Tätigkeiten waren nach Behauptung des Beklagten zurückgegangen, nach Behauptung des Klägers hingegen aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung erheblich gestiegen. Die dem Referat 23.2 obliegende Verwendungsnachweisprüfung für die Gemeinschaftsaufgabe wurde fortan aufgrund entsprechender Vereinbarungen mit der Landestreuhandstelle Wirtschaft von der C+L Treuarbeit Deutsche Revision wahrgenommen. Bis 5. März 1994 wurden vier Mitarbeiter von Referat 23 in andere Referate umgesetzt.
Durch Erlaß des Ministeriums für Wirtschaft, Technologie und Verkehr vom 19. Januar 1994, in Kraft getreten am 1. Februar 1994, wurde festgelegt, daß Förderungsanträge im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" an das jeweils zuständige Regierungspräsidium zu richten seien und daß das Landesförderungsinstitut Bewilligungsbehörde für diese Zuwendungen sei. Durch Erlaß an die Regierungspräsidien wurden die Grundsätze für die Zusammenarbeit von Regierungspräsidien und Landesförderungsinstituten beim Vollzug der Gemeinschaftsaufgabe festgelegt.
Bereits mit Datum vom 28. Mai 1992 hatte der Kläger einen an den Staatssekretär des MWI gerichteten "Entwurf für eine Neufestlegung des Aufgabenbereiches des Referats 23" gefertigt. Darin hatte er festgestellt, daß durch den steigenden Zeitaufwand für die Gemeinschaftsaufgabe die Beratung und Information über die Wirtschaftsförderungsprogramme des Landes, des Bundes und der EG nur teilweise wahrgenommen werden konnte und daß im Referatsteil 23.1 ab 1994 durch die Übertragung der Gemeinschaftsaufgabe an das neu zu gründende Landesförderungsinstitut Freiräume entstehen würden.
Nach Konstituierung der neuen Landesregierung im Juni 1994 wurde durch Beschluß des Landtages vom 15. November 1994 das Konsolidierungsprogramm "Impuls 2000" aufgelegt, welches die Gewährung von Darlehen an mittelständische Unternehmen im Land Sachsen-Anhalt vorsah. Die Richtlinien für die Vergabe dieser Kredite wurden durch ministeriellen Runderlaß vom 15. November 1994 geregelt.
Nach dem neuen Geschäftsverteilungsplan vom 21. März 1995 wurde das Referat 23 "Bürgschaften, Kapitalbeteiligung" bezeichnet. Es ist danach zuständig für Bürgschaften, Garantien (23.1), Kapitalbeteiligungen (23.2) sowie Controlling der Wirtschaftsförderung (23.3). Der neue Referatsleiter 23 hatte bereits unmittelbar ab dem 1. Februar 1994 Vergütung nach VergGr. I BAT erhalten.
Das Referat 31, ehemals zuständig für Grundsatzfragen von Mittelstand, Tourismus und beruflicher Bildung, ist nach dem Geschäftsverteilungsplan vom 21. März 1995 zuständig für die Koordinierung mittelstandspolitischer Aufgaben (31.1), Querschnittsaufgaben und Koordinierung der Mittelstandsförderung (31.2) und Sonderaufgabe Konsolidierungsprogramm (31.3).
Referent in 31.1 und zugleich Referatsleiter ist ein Jurist, besoldet nach B 3. Der Kläger ist Referent und zugleich stellvertretender Referatsleiter in 31.2. Zu seiner Zuständigkeit im einzelnen gehören:
- Koordinierung der Mittelstandsangelegenheiten einschließlich
der mittelstandsrelevanten Förderung (Programme des Landes,
Bundes und der EU)
- Mittelstandsberichte
- Wirtschaftsbeobachtung für den Mittelstand
- Kontakte zu wirtschaftswissenschaftlichen Instituten und
Hochschulen
- Grundsatzangelegenheiten der Mittelstandsförderung und Koor-
dinierung der mittelstandsrelevanten Förderpolitik ein-
schließlich GA (Gemeinschaftsaufgabe) und EFRE, soweit Ab-
teilung 3 betroffen
- Entwicklung mittelstandspolitischer Föderkonzepte und Koor-
dinierung der Mittelstandsförderprogramme
- Mitarbeit bei der Überprüfung von Vorlagen des LFI (Landes-
förderungsinstitut) im Rahmen des Konsolidierungsprogrammes
- Erfassung und Auswertung statistischer Daten der Mittel-
standsförderung.
In dieser Tätigkeit sind dem Kläger keine Sachbearbeiter mehr unterstellt; er hat keine Zeichnungsbefugnisse mehr.
Der Kläger begehrt seine Weiterbeschäftigung als Leiter des Referats 23. Er hat vorgetragen: Die Zuweisung der Referententätigkeit und der Entzug der Unterzeichnungsbefugnis sei aus mehreren Gründen unwirksam. Sein Arbeitsverhältnis habe sich auf die Tätigkeit des Referatsleiters konkretisiert. Die neue Tätigkeit sei deshalb unterwertig, weil der neue Referatsleiter 23 seit dem 1. Februar 1994 Bezüge nach VerGr. I BAT erhalte; diese Vergütungsgruppe könne er aus seiner Tätigkeit als Referent im Referat 31 nicht erreichen. Weiter könne er die Tätigkeit als Referent 31.2 nicht verrichten, da es sich um eine reine Juristenstelle handele. Die Maßnahme entspreche zudem nicht billigem Ermessen. Zum Zeitpunkt der Umsetzung habe keine Umorganisation stattgefunden, da der neue Geschäftsverteilungsplan erst zum 31. März 1995 in Kraft getreten sei. Seine neue Tätigkeit als Referent sei hierarchisch und wegen fehlender Zeichnungsbefugnis und fehlender Unterstellung von Sachbearbeitern unzumutbar.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist,
ihn über den 31. Januar 1994 hinaus zu unverän-
derten Bedingungen des Arbeitsvertrages als Refe-
ratsleiter des Referates 23 weiter zu beschäfti-
gen.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat vorgetragen: Die Umsetzung des Klägers sei durch das Direktionsrecht gedeckt. Die Vergütungs- und Fallgruppe der Tätigkeit habe sich nicht geändert. Billiges Ermessen sei gewahrt. Die Neuorganisation des Referates 23 sei nach der Verlagerung öffentlicher Aufgaben auf das Landesförderungsinstitut und die C+L Treuarbeit Deutsche Revision und der Übertragung der Beratung über Förderungsprogramme auf das Referat 24 erforderlich geworden. Demgegenüber sei der Beratungsbedarf in Abteilung 3 durch das Mittelstandsförderungsprogramm "Impuls 2000" erheblich gestiegen, und der Kläger dort im Hinblick auf seine Kenntnisse in der Wirtschaftsförderung adäquat eingesetzt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der Revision strebt das beklagte Land die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Das beklagte Land ist nicht verpflichtet, den Kläger über den 31. Januar 1994 hinaus zu unveränderten Bedingungen als Leiter des Referats 23 weiter zu beschäftigen. Der Kläger wurde wirksam umgesetzt.
A. Der vom Kläger gestellte Feststellungsantrag ist zulässig. Es ist davon auszugehen, daß das beklagte Land einem Feststellungsurteil Folge leisten würde. An der Feststellung des Inhalts der zu erbringenden Arbeitsleistung besteht bei entsprechendem Streit der Parteien regelmäßig ein Feststellungsinteresse im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO.
B. Nach dem Schreiben vom 31. Januar 1994 hat das beklagte Land den Kläger von den Aufgaben als Referatsleiter 23 entbunden, ihn in das Referat 31 umgesetzt und mit den Aufgaben des Referenten 31.2 beauftragt. Es hat damit sein Direktionsrecht wirksam ausgeübt.
I.1. Das Weisungs- oder Direktionsrecht des Arbeitgebers ist wesentlicher Bestandteil eines jeden Arbeitsverhältnisses. Es erlaubt dem Arbeitgeber, die im Arbeitsvertrag meist nur rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht nach Art, Zeit und Ort zu konkretisieren. Seine Grenzen können sich aus Einzelarbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag und Gesetz ergeben. Bei der Ausübung dieses Rechts steht dem Arbeitgeber in diesem Rahmen regelmäßig ein weiter Raum zur einseitigen Gestaltung der Arbeitsbedingungen zu. Dabei darf er auch einen Wechsel in der Art der Beschäftigung des Arbeitnehmers herbeiführen.
Auch soweit das Direktionsrecht danach grundsätzlich besteht, darf es nur nach billigem Ermessen im Sinne des § 315 Abs. 3 BGB ausgeübt werden. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen berücksichtigt worden sind. Ob dies der Fall ist, unterliegt der gerichtlichen Kontrolle. Dabei kommt dem Revisionsgericht ein unbeschränktes Überprüfungsrecht zu (BAG Urteil vom 11. Oktober 1995 - 5 AZR 1009/94 - und vom 24. April 1996 - 4 AZR 976/94 - AP Nr. 45, 49 zu § 611 BGB Direktionsrecht).
2. Nach den im öffentlichen Dienst üblichen Arbeitsverträgen wird der Angestellte regelmäßig nicht für eine bestimmte Tätigkeit eingestellt, sondern für einen allgemein umschriebenen Aufgabenbereich, der lediglich durch die Nennung der Vergütungsgruppe bezeichnet ist. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers im öffentlichen Dienst erstreckt sich bei dieser Vertragsgestaltung auf alle dem Beruf des Arbeitnehmers entsprechenden Tätigkeiten, die den Merkmalen seiner Vergütungsgruppe entsprechen, sofern nicht ausnahmsweise Billigkeitsgesichtspunkte entgegenstehen. Das Weisungs- oder Direktionsrecht berechtigt den Arbeitgeber grundsätzlich nicht, dem Arbeitnehmer Tätigkeiten einer niedrigeren Vergütungsgruppe zu übertragen, und zwar auch dann nicht, wenn er die der bisherigen Tätigkeit entsprechende höhere Vergütung weiter zahlt. Auch die Übertragung einer Tätigkeit, die geringerwertige Qualifikationsmerkmale erfüllt und nur im Wege des Bewährungsaufstiegs die Eingruppierung in die ursprünglich maßgebende Vergütungsgruppe ermöglicht, ist regelmäßig vom Direktionsrecht nicht gedeckt. Andererseits ist es - entgegen der Auffassung des Klägers - unerheblich, ob aus der einschlägigen Fallgruppe dieser Vergütungsgruppe ein Bewährungsaufstieg in eine höhere Vergütungsgruppe möglich ist oder nicht (BAG Urteil vom 30. August 1995 - 1 AZR 47/95 -, vom 24. April 1996 - 4 AZR 976/94 - AP Nr. 44, 49 zu § 611 BGB Direktionsrecht).
II.1. Die Parteien haben den im öffentlichen Dienst üblichen Arbeitsvertrag geschlossen. Nach § 1 des Vertrages vom 24. Juni 1991 wurde der Kläger ab 1. Juli 1991 als "vollbeschäftigter Angestellter" nach VergGr. I b BAT (100%) bezahlt. Im Änderungsvertrag vom 31. Januar 1992 wurde lediglich vereinbart, daß an die Stelle der bisherigen Vergütungsgruppe mit Wirkung vom 1. Januar 1992 die VergGr. I a BAT tritt. Weder hat die Unterzeichnung des Arbeitsvertrages - wie der Kläger meint - nur deklaratorische Bedeutung noch hat sich die Dienstpflicht des Klägers auf die Tätigkeit des Referatsleiters 23 konkretisiert. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt. In den Schreiben des beklagten Landes vom 21. Mai, 14. Juni und 4. Juli 1991 liegt keine Zusage eines bestimmten Tätigkeitsbereichs. In den beiden letztgenannten Schreiben wurde ausdrücklich auf die Maßgeblichkeit des Arbeitsvertrages hingewiesen.
Das Arbeitsverhältnis hat sich auch nicht später auf die Tätigkeit des Leiters des Referats 23 konkretisiert. Voraussetzung für eine derartige Konkretisierung ist zunächst, daß die bisherige Tätigkeit über einen langen Zeitraum ausgeübt wurde. Hinzukommen müssen besondere Umstände, aus denen sich ergibt, daß der Arbeitnehmer nicht zu anderen Arbeitsleistungen herangezogen werden soll. Solche Umstände bedarf es vor allem im öffentlichen Dienst, wo vom Arbeitnehmer erwartet wird, daß er grundsätzlich jede den Merkmalen seiner Vergütungsgruppe entsprechende Tätigkeit übernimmt. Es fehlt hier bereits an einer genügend langen Ausübung der Tätigkeit als Referatsleiter. Der Kläger war dies weniger als drei Jahre.
2. Es ist auch davon auszugehen, daß die neue Tätigkeit des Klägers als Referent 31.2 tarifgerecht ist, also den Merkmalen der VergGr. I a BAT entspricht. Erstmals in der Revisionsinstanz hat der Kläger vorgetragen, er werde nunmehr tariflich unterwertig beschäftigt. Damit kann er nicht mehr gehört werden. Die Feststellungen beider Vorinstanzen, der Kläger werde tarifgerecht beschäftigt, hat der Kläger mit Verfahrensrügen nicht angegriffen. Sie sind daher für den Senat bindend (§ 561 ZPO).
3. Das beklagte Land hat sich auch - entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts - noch in den Grenzen billigen Ermessens gehalten. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dem Vorbringen des beklagten Landes lasse sich nicht entnehmen, warum die Umsetzung bereits zum 1. Februar 1994 erfolgt sei. Die Maßnahme erscheine willkürlich, da ihre Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit nicht erkennbar sei und sie ohne äußeren Anlaß, insbesondere ohne vorherige Anhörung des Klägers erfolgt sei.
a) Dem kann der Senat nicht folgen. Das beklagte Land hat im Bereich der Wirtschaftsförderung unstreitig erheblich umstrukturiert. So hat es durch Erlaß vom 19. Januar 1994 mit Wirkung vom 1. Februar 1994 die Bearbeitung und Mittelverwaltung für die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstrukturen" auf das neugegründete Landesförderungsinstitut verlagert. Vom 30. Juni 1993 bis März 1994 wurden mehrere Mitarbeiter des Referats 23 in andere Referate umgesetzt. Weiter wurde die Prüfung der Verwendungsnachweise für die Gemeinschaftsaufgabe auf andere Stellen übertragen.
Damit war zum Zeitpunkt der Umsetzung des Klägers (1. Februar 1994) ein erheblicher Teil der zum Referat 23 gehörenden Aufgaben durch organisatorische Vorgaben des beklagten Landes verlagert. Der Kläger hatte bereits mit Schreiben vom 28. Mai 1992 zukünftige Freiräume im Referat 23 durch Verlagerung von Aufgaben ausgemacht. Bereits diese Umstände rechtfertigen eine Neustrukturierung des Referats 23 und die Umsetzung des Klägers.
Die dem Kläger zugewiesene neue Tätigkeit entspricht seinen Fähigkeiten und seiner Ausbildung. Es handelt sich entgegen seiner Ansicht nicht um eine "reine Juristenstelle". Der Kläger hat diese Behauptung auch nicht näher substantiiert. Mit der Übertragung der Aufgaben der Mittelstandsförderung wurde der Kläger auch keinesfalls auf ein Randgebiet abgedrängt. Die Landesregierung hatte darin ein Schwerpunktziel gesehen und dazu das Wirtschaftsförderungsprogramm "Impuls 2000" beschlossen.
Die Umsetzung des Klägers ist auch nicht deshalb unbillig, weil er nunmehr lediglich stellvertretender Referatsleiter ist, ihm kein Sachbearbeiter untergeordnet ist und seine Zeichnungsbefugnis weggefallen ist. Das Zeichnungsrecht hängt allein von der Hierarchiestufe, nicht aber von der Tätigkeit, der damit verbundenen Verantwortung und der tariflichen Wertigkeit ab. Diese ist aber nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts erhalten geblieben, obwohl ihm keine Sachbearbeiter mehr unterstellt sind. Von einer Unzumutbarkeit der neuen Tätigkeit als Referent und stellvertretender Referatsleiter kann nach alledem keine Rede sein.
b) Das Landesarbeitsgericht hat weiter angenommen, die Behauptung des Beklagten, nur durch eine Umsetzung des Klägers in das Referat 31 habe ihm die bisherige Vergütungsgruppe erhalten werden können, widerspreche der unmittelbar zum 1. Februar 1994 vorgenommenen Bewertung der Stelle des Referatsleiters 23 nach BAT I. Für Außenstehende ist schwer verständlich, warum der Nachfolger des Klägers in der Referatsleitung trotz Verkleinerung des Referats nach BAT I bezahlt wird und nicht wie der Kläger zuvor nach BAT I a. Es mag in der Tat fraglich erscheinen, ob die Leitung des neu zugeschnittenen Referats 23 den Merkmalen der VergGr. I entspricht. Darauf kommt es jedoch nicht an. Der Kläger genießt zwar Bestandsschutz insoweit, als er eine tarifgerechte Beschäftigung und Bezahlung nach BAT I a verlangen kann. Er genießt aber keinen Bestandsschutz hinsichtlich der Tätigkeit als Referatsleiter. Erst recht hat er keinen Anspruch darauf, als Leiter des alten oder neuen Referats 23 nach VergGr. I BAT bezahlt zu werden. Seinem im Schreiben vom 12. Juni 1991 geäußerten Wunsch, in den Arbeitsvertrag aufzunehmen, daß 1992 eine Eingruppierung nach BAT I in Aussicht gestellt wurde, hat das beklagte Land nicht entsprochen. Der Kläger hat auch zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht, daß seine Tätigkeit als Leiter des Referats 23 nicht tarifgerecht vergütet wurde.
III. Die personelle Maßnahme ist auch nicht gem. § 174 Satz 1 BGB unwirksam. Es kann zugunsten des Klägers unterstellt werden, daß die §§ 164 ff. BGB auch auf die hier im Streit befindliche Erklärung der Umsetzung anwendbar sind. Denn der Kläger hat - wie die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt haben - die Umsetzung vom 31. Januar 1994 nicht unverzüglich wegen mangelnder Vollmacht zurückgewiesen. Sein Schreiben vom 2. Februar 1994 enthält dafür keine Anhaltspunkte. Zudem war der Unterzeichner dieses Schreibens als Leiter der Abteilung 1 für Personalangelegenheiten zuständig, wie das Landesarbeitsgericht für den Senat bindend (§ 561 ZPO) festgestellt hat. Dieser handelte also mit Vollmacht, so daß § 180 BGB nicht anwendbar ist. Der Kläger kann auch nichts daraus herleiten, daß ihm die Referatsleiterstelle durch Kabinettsbeschluß übertragen wurde. Daraus ergibt sich nicht, daß sie ihm nur auf demselben Wege wieder entzogen werden könnte.
Entgegen der Auffassung des Klägers brauchte er auch nicht vorher angehört zu werden. § 12 Abs. 1 BAT-O (= § 12 Abs. 1 BAT) verlangt eine Anhörung nur bei Versetzungen oder Abordnungen an eine Dienststelle außerhalb des bisherigen Dienstortes.
Schließlich ist die Umsetzung des Klägers nicht deshalb unwirksam, weil der Personalrat nicht beteiligt worden ist. Es liegt kein mitbestimmungspflichtiger Tatbestand vor. Mitbestimmungspflichtig sind nach § 67 Abs. 1 Nr. 3, 4, 5 PersVG-Sachsen-Anhalt nur die Übertragung einer niedriger zu bewertenden Tätigkeit, die Versetzung zu einer anderen Dienststelle und die mit einem Wechsel des Dienstortes verbundene anderweitige Verwendung in derselben Dienststelle. Darum handelt es sich hier nicht.
Griebeling Schliemann Reinecke
Werner Winterfeld
Fundstellen
ZTR 1998, 187-188 (red. Leitsatz 1 und Gründe) |
ZfPR 1998, 165 (red. Leitsatz 1) |