Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung für Datenpflege in „HEPOLIS”
Leitsatz (redaktionell)
4 AZR 378/89
Normenkette
BAT 1975 §§ 22-23
Verfahrensgang
Hessisches LAG (Urteil vom 19.05.1989; Aktenzeichen 13 Sa 797/88) |
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 18.02.1988; Aktenzeichen 5 Ca 3264/86) |
Tenor
Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 19. Mai 1989 – 13 Sa 797/88 – wird auf Kosten des beklagten Landes mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß festgestellt wird, daß das beklagte Land verpflichtet ist, der Klägerin ab 1. Oktober 1984 Vergütung nach VergGr. V c BAT zu zahlen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Klägerin ist seit dem 1. Oktober 1974 als Angestellte im Landeskriminalamt des beklagten Landes beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) Anwendung. Die Klägerin erhält Vergütung nach VergGr. VI b BAT.
In einer Arbeitsplatzbeschreibung vom 18. November 1985 wird die von der Klägerin auszuübende Tätigkeit als „Datenpflege” und „Auskunftsdienst im HEPOLIS” bezeichnet. Die Tätigkeit der „Datenpflege” setzt sich zusammen aus der „Analyse”, die 65 v. H. der Arbeitszeit, und dem „Änderungsdienst”, der 20 v. H. der Arbeitszeit der Klägerin beansprucht. Bei der „Analyse” sind die im HEPOLIS gespeicherten personenbezogenen Daten regelmäßig daraufhin zu überprüfen, ob sie rechtmäßig, richtig und vollständig sind. Die Klägerin überprüft anhand von Akten den Datenbestand im HEPOLIS und stellt fest, ob eine Korrektur, eine Ergänzung oder aufgrund der sogenannten Aussonderungsprüfung eine Löschung vorzunehmen ist. Der „Änderungsdienst” besteht nach der Arbeitsplatzbeschreibung aus der Neuerfassung von Datensätzen und Datengruppen, der Änderung vorhandener Datenfeldinhalte, der Eingabe neuer Datenfeldinhalte in Datengruppen, die vorher nicht belegt waren, der Löschung von Datensätzen, Datengruppen und Datenfeldern sowie der Besitzübertragung. Die Datenstation der Klägerin ist mit einer allumfassenden Änderungsberechtigung (Masterfunktion) ausgestattet. Als weiterer Tätigkeitsbereich der Klägerin ist in der Arbeitsplatzbeschreibung der „Auskunftsdienst im HEPOLIS” aufgeführt, der 15 v. H. der Arbeitszeit der Klägerin in Anspruch nimmt.
Mit Schreiben vom 18. März 1985 begehrte die Klägerin eine Überprüfung ihrer Tätigkeit im Hinblick auf eine mögliche Höhergruppierung. Dies wurde von dem beklagten Land mit der Begründung abgelehnt, daß ihre Tätigkeit das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. VI b Fallgruppe 4, Teil II, Abschnitt B, Unterabschnitt V (Angestellte in der Datenerfassung) der Anlage 1 a zum BAT erfülle.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, daß ihre Tätigkeit das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. V c Fallgruppe 1 a, Teil I der Anlage 1 a zum BAT erfülle. Ihre Tätigkeit sei nicht nach den Tätigkeitsmerkmalen des Teils II, Abschnitt B, Unterabschnitt V (Angestellte in der Datenerfassung) der Anlage 1 a zum BAT zu bewerten, da sie zu mindestens 70 v. H. ihrer Gesamtarbeitszeit als Sachbearbeiterin tätig sei und nur zu 30 v. H. Arbeiten ausführe, die der Datenverarbeitung zuzurechnen seien. Dazu hat die Klägerin ausgeführt, daß sich ihre Tätigkeit in sechs Arbeitsvorgänge gliedere, nämlich die Bearbeitung von Mitteilungsverfahren (16,48 v. H.), Aktenlöschungen (21,19 v.H.), Aktenüberprüfungen (38,35 v. H.), Ansprechpartner für Dienststellen (10,58 v. H.), Bearbeitung von Unterlagen des Bundeskriminalamtes (6,56 v. H.), Überprüfung und Archivierung von Totenakten (0,72 v. H.) und Dienstbesprechungen etc. (6,12 v. H.).
Die Klägerin meint, bei den im Rahmen der sog. Aktenlöschungen und Aktenüberprüfungen auszuführenden Arbeiten handele es sich um Sachbearbeiter-Tätigkeiten, die das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. V c BAT Fallgruppe 1 a erfüllten. Sie habe die geforderten gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse, da sie eine Vielzahl von Verwaltungsvorschriften zum Teil schwierigen Inhalts beherrschen müsse, und erbringe selbständige Leistungen, da sie selbständig entscheide, ob eine Löschung durchgeführt werde und in welcher Weise eine Ergänzung, Zusammenführung, Veränderung oder Verbindung zwischen mehreren Datensätzen zu erfolgen habe.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, ihr ab 1. September 1984 Vergütung nach VergGr. V c BAT zu gewähren.
Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt.
Es hat die Auffassung vertreten, daß die Klägerin zutreffend in VergGr. VI b Fallgruppe 4, Teil II, Abschnitt B, Unterabschnitt V der Anlage 1 a zum BAT eingruppiert sei. Die Tätigkeit der Klägerin sei durch die EDV geprägt. Ihre Arbeit sei ohne sie nicht denkbar. Die Tätigkeit der Klägerin im Rahmen der sog. Aktenlöschungen und Aktenüberprüfungen sei Datenerfassung im Sinne des Abs. 1 Buchst. b der Vorbemerkungen und der VergGr. VI b Fallgruppe 4 des Teils II, Abschnitt B, Unterabschnitt V der Anlage 1 a zum BAT, da die Klägerin insoweit die Richtigkeit und Vollständigkeit der Datenerfassung prüfe, festgestellte Fehler berichtige und Daten formal ergänze. Es handele sich deshalb nicht um eine Sachbearbeitertätigkeit im Sinne des allgemeinen Teils der Anlage 1 a zum BAT. Im übrigen erfülle diese Tätigkeit auch nicht das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. V c BAT Fallgruppe 1 a. Zwar erfordere sie gründliche und vielseitige Fachkenntnisse. Die Klägerin erbringe aber keine selbständigen Leistungen, da sich der Arbeitsablauf und die Arbeitsweise nach vorgegebenen Arbeitsanweisungen richteten, die der Klägerin keinen rechtserheblichen Entscheidungsspielraum ließen. Selbständige Leistungen ließen sich allenfalls bei den sog. Aktenlöschungen bejahen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt das beklagte Land seinen Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt Zurückweisung der Revision. Dabei hat sie im Hinblick auf die tarifliche Ausschlußfrist ihre Klage auf den Zeitraum ab 1. Oktober 1984 beschränkt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben mit Recht erkannt, daß der Klägerin ein Anspruch auf Vergütung nach VergGr. V c BAT zusteht. Die Tätigkeit der Klägerin erfüllt die tariflichen Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der VergGr. V c Fallgruppe 1 a, Teil I der Anlage 1 a zum BAT. Die Voraussetzungen für eine Eingruppierung nach den Tätigkeitsmerkmalen des Teils II, Abschnitt B (Angestellte in der Datenverarbeitung), Unterabschnitt V (Angestellte in der Datenerfassung) der Anlage 1 a zum BAT liegen nicht vor.
Auf das Arbeitsverhältnis findet aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit der BAT unmittelbar und zwingend Anwendung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG). Damit hängt die Entscheidung des Rechtsstreits davon ab, ob die Hälfte der Gesamtarbeitszeit der Klägerin ausfüllende Arbeitsvorgänge einem Tätigkeitsmerkmal der von ihr in Anspruch genommenen VergGr. V c BAT entsprechen (§ 22 Abs. 1, Abs. 2 Unterabs. 1 und Unterabs. 2 Satz 1 BAT). Dabei ist von dem von der Senatsrechtsprechung entwickelten Begriff des Arbeitsvorgangs auszugehen, wonach darunter eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten zu verstehen ist (BAGE 51, 59, 65; 282, 287; 356, 360 = AP Nrn. 115, 116 und 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
Das Landesarbeitsgericht nimmt an, daß die Tätigkeit der Klägerin, die in der Arbeitsplatzbeschreibung als „Datenpflege” bezeichnet wird und die sich aus der „Analyse” und dem „Änderungsdienst” zusammensetzt, als ein Arbeitsvorgang im Tarifsinne anzusehen ist. Diese Beurteilung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung, die bei der Bildung von Arbeitsvorgängen stets geboten ist (vgl. BAGE 29, 364, 370 = AP Nr. 2 zu §§ 22, 23 BAT 1975), stand. Zwar umfaßt der vom Landesarbeitsgericht so bezeichnete Arbeitsbereich der „Datenpflege” eine Vielzahl einzelner Arbeitseinheiten. Da nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts diese jedoch nach dem Arbeitsablauf gleichartig verlaufen und keine Anhaltspunkte für eine unterschiedliche tarifliche Wertigkeit vorliegen (vgl. BAG Urteil vom 19. März 1980 – 4 AZR 300/78 – AP Nr. 32 zu §§ 22, 23 BAT 1975), konnten sie vom Landesarbeitsgericht mit Recht als ein Arbeitsvorgang im Tarifsinne behandelt werden.
Im Bereich der „Analyse” vergleicht die Klägerin Daten aus den ihr vorliegenden Akten mit dem Datenbestand im HEPOLIS (Hess. Polizeiinformationssystem). Nach den tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist Ergebnis der „Analyse” die Feststellung, ob eine Korrektur, Ergänzung oder Löschung des Datenbestandes erforderlich ist oder nicht. Dies ist aber noch nicht das der Tätigkeit zuzurechende Arbeitsergebnis. Die mit „Analyse” bezeichnete Tätigkeit hat nämlich das Ziel, den Datenbestand entsprechend dem Ergebnis der Analyse zu korrigieren, zu ergänzen oder zu löschen bzw., wenn derartiges nicht erforderlich ist, unverändert zu lassen. Dieser Teil der Tätigkeit wird in der Arbeitsplatzbeschreibung mit „Änderungsdienst” bezeichnet. Mit Recht sieht deshalb das Landesarbeitsgericht die Analyse und den Änderungsdienst als einen Arbeitsvorgang im Tarifsinne an. Arbeitsergebnis der Tätigkeit ist insoweit – wie es auch in der Einleitung der Arbeitsplatzbeschreibung deutlich zum Ausdruck kommt – die Herstellung eines rechtmäßigen, möglichst richtigen und vollständigen Datenbestandes im HEPOLIS. Alle von der Klägerin in dem Bereich der „Datenpflege” durchgeführten Arbeiten dienen diesem Arbeitsergebnis. Sie sind tatsächlich von der übrigen Tätigkeit der Klägerin abgrenzbar und ihr nach der Verwaltungsübung allein übertragen, da sie in dem ihr zugewiesenen Bereich die sog. Masterfunktion hat. Die Tätigkeit ist auch selbständig tariflich bewertbar.
Das Landesarbeitsgericht war auch hinsichtlich der Bildung des Arbeitsvorganges „Datenpflege” nicht an die Darstellung der Klägerin gebunden, die „Aktenlöschungen” und „Aktenüberprüfungen” als eigene Arbeitsvorgänge bezeichnet hat. Die Aktenlöschungen betreffen nur den Teil der Tätigkeit der Klägerin, bei dem das Ergebnis der Aktenüberprüfung zu der Feststellung führt, daß Daten im Datenbestand zu löschen sind. Da die Bildung von Arbeitsvorgängen als Rechtsanwendung Sache der Gerichte ist, mußte das Landesarbeitsgericht aber darauf Bedacht nehmen, daß im Hinblick auf den gleichartigen Arbeitsablauf und fehlende Anhaltspunkte für eine tariflich unterschiedliche Bewertung dieser Teil der Tätigkeit der Klägerin mit den übrigen im Bereich der Datenpflege anfallenden Tätigkeiten, die zur Änderung oder Ergänzung des Datenbestandes führen, zu einem Arbeitsvorgang im tariflichen Sinne zusammenzufassen ist.
Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht ferner davon aus, daß für die Entscheidung des Rechtsstreits maßgebend ist, ob der Arbeitsvorgang „Datenpflege”, der nach der Arbeitsplatzbeschreibung 85 v. H. der Gesamtarbeitszeit der Klägerin, nach ihrem Sachvortrag 59,54 v. H. und damit auf jeden Fall mehr als das tariflich geforderte Maß von 50 v. H. der Gesamtarbeitszeit in Anspruch nimmt, nach den tariflichen Tätigkeitsmerkmalen des allgemeinen Teils der Anlage 1 a oder nach den speziellen Tätigkeitsmerkmalen des Teils II, Abschnitt B, Unterabschnitt V (Angestellte in der Datenerfassung) zu bewerten ist.
Insoweit sind folgende tariflichen Bestimmungen des Teils II, Abschnitt B, Unterabschnitt V der Anlage 1 a zum BAT heranzuziehen:
„V. Angestellte in der Datenerfassung
Vorbemerkungen:
(1) Datenerfassung im Sinne dieses Unterabschnitts ist die Bedienung eines Gerätes mit Tastatur (Alphazeichen, numerische Zeichen sowie Satz- und Sonderzeichen) oder mit sonstigen Erfassungshilfen (z.B. Funktionstasten, Lichtstift, Digitizer), um
- Daten von Vorlagen in eine DV-Anlage, ein programmgesteuertes Datenerfassungs- bzw. Datensammelsystem oder auf einen Datenträger (z.B. Lochkarte, Lochstreifen, Magnetband, Diskette) für Zwecke der Datenverarbeitung zu übertragen oder
- die Richtigkeit und Vollständigkeit der Datenerfassung zu prüfen und festgestellte Fehler (Abweichung der erfaßten Daten von den Vorlagen) zu berichtigen,
ohne daß – außer in den Fällen der Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 4 dieses Unterabschnitts – die Daten inhaltlich verändert werden.
Datenerfassung im Sinne dieses Unterabschnitts ist auch die Leitung von Datenerfassungsgruppen.
…
(3) Angestellte, die zur Erledigung ihrer fachlichen Aufgabe auch Daten erfassen (z.B. bei wissenschaftlichtechnischen Berechnungen im Dialog, bei der Fortschreibung von Datenbeständen einschließlich Auskünften aus den Beständen, im Schalterdienst – z.B. in Kassen und Sparkassen –, im Meldewesen, im Kfz-Halterregister, bei der Patientenaufnahme in Krankenhäusern, bei Buchhaltungstätigkeiten, bei der Lagerhaltung), fallen nicht unter diesen Unterabschnitt.
Vergütungsgruppe VI b
4. Angestellte in der Datenerfassung, die sich dadurch aus der Vergütungsgruppe VII dieses Unterabschnitts herausheben, daß sie in nicht unerheblichem Umfang
nach vorgegebenen Arbeitsanweisungen selbständig Urbelege prüfen und Daten verschlüsseln, offensichtliche Datenfehler berichtigen oder Daten formal ergänzen, soweit diese zusätzlichen Tätigkeiten gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordern.
(Der Umfang der Tätigkeit ist nicht mehr unerheblich, wenn er etwa ein Viertel der gesamten Tätigkeit ausmacht.)”
Das Landesarbeitsgericht nimmt an, daß die von der Klägerin mit dem Arbeitsvorgang Datenpflege zu erbringende Tätigkeit nicht
als Datenerfassung im Tarifsinne anzusehen ist, da sie in eine inhaltliche Veränderung der gespeicherten Daten einmünde. Datenerfassung im Sinne des Abs. 1 der Vorbemerkungen sei nur eine Tätigkeit, die – außer in den Fällen der VergGr. VI b Fallgruppe 4 – zu keiner inhaltlichen Veränderung der Daten führe. Daraus folge, daß die inhaltliche Veränderung von Daten nur dann Datenerfassung im Tarifsinne sei, wenn sie sich auf die Berichtigung offensichtlicher Datenfehler bzw. die formale Ergänzung von Daten beziehe. Insoweit handele es sich um die Behebung solcher Datenfehler, die durch einfachen Vergleich mit der Vorlage erkannt werden könnten. Anderweitige inhaltliche Veränderungen des Datenbestandes seien nicht als Datenerfassung im Tarifsinne anzusehen, so daß die Tätigkeit nicht nach den entsprechenden Tätigkeitsmerkmalen, sondern nach den Tätigkeitsmerkmalen des allgemeinen Teils der Anlage 1 a zum BAT zu bewerten sei. Das Landesarbeitsgericht stellt dazu fest, daß die Klägerin zwar auch Daten formal ergänze bzw. offensichtliche Datenfehler berichtige, diese Tätigkeit aber in nicht erwähnenswertem Umfang anfalle. Daraus folgert das Landesarbeitsgericht, daß die von der Klägerin im Bereich der Datenpflege vorgenommenen inhaltlichen Veränderungen der Daten nicht mehr Datenerfassung im Sinne der Tätigkeitsmerkmale des Unterabschnitts V seien, sondern nach den allgemeinen Fallgruppen des Teils I der Anlage 1 a zum BAT zu bewerten seien.
Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts ist zuzustimmen. Die Tarifvertragsparteien haben in den Vorbemerkungen zum Teil II, Abschnitt B, Unterabschnitt V der Anlage 1 a zum BAT im einzelnen die Voraussetzungen für die Anwendung der Tätigkeitsmerkmale für Angestellte in der Datenerfassung erläutert. Datenerfassung ist danach die tariflich in Abs. 1 der Vorbemerkungen näher bezeichnete Bedienung eines Gerätes mit Tastatur oder sonstigen Erfassungshilfen, um im Sinne des Abs. 1 Buchst. a Daten von Vorlagen in eine Datenverarbeitungs-Anlage für Zwecke der Datenverarbeitung zu übertragen oder um im Sinne von Abs. 1 Buchst. b die Richtigkeit und Vollständigkeit der Datenerfassung zu prüfen und festgestellte Fehler zu berichtigen. Datenerfassung im tariflichen Sinne liegt nicht vor, wenn sie zu einer inhaltlichen Veränderung der Daten führt, wie die Tarifvertragsparteien am Schluß des Satzes 1 des Abs. 1 der Vorbemerkungen deutlich gemacht haben.
Mit dieser Regelung haben die Tarifvertragsparteien einen eng begrenzten Teilbereich der Datenverarbeitung im allgemeinen Sinne umschrieben. Angestellte in der Datenerfassung sind mithin nur diejenigen Angestellten, die die Voraussetzungen der Vorbemerkungen des Unterabschnittes V erfüllen, und nicht schon, wie das beklagte Land meint, alle Angestellten, deren Tätigkeit durch die EDV geprägt wird oder ohne sie nicht denkbar wäre. Dies haben die Tarifvertragsparteien in Abs. 3 der Vorbemerkungen zum Ausdruck gebracht. Danach fallen Angestellte, die zur Erledigung ihrer fachlichen Aufgaben auch Daten erfassen, nicht unter den Unterabschnitt V. Arbeitsergebnis dieser Angestellten ist, wie die Klammerbeispiele deutlich machen, mithin nicht die Erfassung von Daten, sondern die Erledigung der jeweiligen fachlichen Aufgaben, auch wenn diese die Bedienung eines Gerätes mit Tastatur oder sonstigen Erfassungshilfen zur Erfassung von Daten erfordert. Eine derartige Tätigkeit ist als Sachbearbeiter-Tätigkeit nicht nach den Tätigkeitsmerkmalen des Unterabschnitts V, sondern nach den Tätigkeitsmerkmalen des allgemeinen Teils der Anlage 1 a zum BAT zu bewerten (vgl. Beck/Klang/Thiel/Wenneis, Die Eingruppierung der Angestellten in der Datenverarbeitung (BAT), Rz 316; Leib, Eingruppierung der Angestellten in der Datenverarbeitung, S. 95). Die Einschränkung des Anwendungsbereichs des Unterabschnitts V kommt insbesondere bei Tätigkeiten im Polizeidienst in Betracht, wenn Angestellten einerseits Datenerfassung im Sinne des Unterabschnitts V und andererseits Auskunftserteilung aufgrund von Recherchen im Datenbestand obliegen (vgl. Leib, a.a.O.). Besteht die Arbeitsaufgabe in der Erteilung von Auskünften aufgrund von Recherchen im Datenbestand, wie bei der Klägerin zu 15 v. H. ihrer Arbeitszeit, so ist dieser Teil der Tätigkeit entsprechend dem Abs. 3 der Vorbemerkungen nicht nach Teil II, Abschnitt B, Unterabschnitt V der Anlage 1 a zum BAT, sondern nach den allgemeinen Fallgruppen des Teils I der Anlage 1 a zum BAT zu bewerten.
Darauf kommt es vorliegend aber nicht entscheidend an, da das Landesarbeitsgericht mit Recht annimmt, daß auch die Aufgaben in der „Datenpflege”, die 85 v. H. der Arbeitszeit der Klägerin beanspruchen, nicht der Datenerfassung im Tarifsinne zuzurechnen sind. Wie die Tarifvertragsparteien am Schluß des Satzes 1 des Abs. 1 der Vorbemerkungen zum Unterabschnitt V bestimmt haben, fällt unter Datenerfassung im Tarifsinne nur eine Tätigkeit, die zu keiner inhaltlichen Veränderung der Daten führt. Davon ausgenommen haben sie jedoch die Fälle der VergGr. VI b Fallgruppe 4 des Unterabschnitts V. Die Verweisung auf die Fälle der VergGr. VI b Fallgruppe 4 des Unterabschnitts V bedeutet nach dem tariflichen Gesamtzusammenhang, der bei der Tarifauslegung maßgebend mit zu berücksichtigen ist (vgl. BAGE 46, 308, 313 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung), entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht, daß nur diejenigen Angestellten unter die Ausnahme fallen, die in vollem Umfange die Tätigkeitsmerkmale der VergGrn. IX b bis VII sowie die Heraushebungsmerkmale der VergGr. VI b Fallgruppe 4 des Unterabschnitts V erfüllen. Die Tarifvertragsparteien haben mit der Bezugnahme auf die Fälle der VergGr. VI b Fallgruppe 4 am Schluß des Satzes 1 des Abs. 1 der Vorbemerkungen zum Unterabschnitt V vielmehr nur zum Ausdruck bringen wollen, welche Tätigkeiten trotz inhaltlicher Veränderung der Daten noch als Datenerfassung im Tarifsinne gelten sollen.
In Abs. 1 Buchst. b der Vorbemerkungen ist die Berichtigung festgestellter Fehler (Abweichung der erfaßten Daten von den Vorlagen) als Tätigkeit der Datenerfassung genannt. Diese fällt aber nur dann unter den Unterabschnitt V, wenn sie sich auf die Fälle der VergGr. VI b Fallgruppe 4 bezieht. Diese wiederum erfaßt nur, soweit inhaltliche Veränderungen der Daten in Betracht kommen, die Berichtigung offensichtlicher Datenfehler oder die formale Ergänzung von Daten. Offensichtliche Datenfehler sind z.B. Zahlendreher, Schreibfehler, unmögliche Altersangaben oder Geburtsdaten, falsche Schlüssel- oder Katalogwerte, d.h. alle Fehler, die durch einen einfachen Vergleich der bereits erfaßten Daten mit der Vorlage erkannt werden können (vgl. Beck/Klang/Thiel/Wenneis, a.a.O., Rz 310). Daraus folgt zugleich, daß sich entgegen der Auffassung der Klägerin die Tätigkeit auf die Berichtigung oder Ergänzung von Daten im Datenbestand der Datenverarbeitungsanlage, nicht aber auf die Daten in der Vorlage beziehen muß.
Nach dem tariflichen Gesamtzusammenhang fällt damit entgegen der Auffassung des beklagten Landes nicht jede inhaltliche Veränderung von Daten unter die VergGr. VI b Fallgruppe 4, sondern nur eine inhaltliche Veränderung, die auf der Berichtigung offensichtlicher Datenfehler oder der formalen Ergänzung von Daten beruht. Führt die Tätigkeit eines Angestellten zur inhaltlichen Veränderung von Daten, so ist mithin für die tarifliche Bewertung der Tätigkeit maßgebend, ob diese durch die Berichtigung offensichtlicher Datenfehler oder die formale Ergänzung von Daten erfolgt oder nicht. Werden nur offensichtliche Datenfehler berichtigt, ist die Tätigkeit als Datenerfassung im Sinne des Unterabschnitts V anzusehen, weil sie von der VergGr. VI b Fallgruppe 4 erfaßt wird. Dies gilt entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts auch, wenn diese Tätigkeit mehr als 50 v. H. der Arbeitszeit des Angestellten in Anspruch nimmt. Bezieht sich die Tätigkeit auf andere inhaltliche Veränderungen, so stellt sie gemäß der Einschränkung am Schluß des Satzes 1 des Abs. 1 der Vorbemerkungen zum Unterabschnitt V keine Datenerfassung im Tarifsinne dar und ist nach den allgemeinen Fallgruppen des Teils I der Anlage 1 a zu bewerten.
Damit kommt es für die Zuordnung des Arbeitsvorgangs „Datenpflege” zur Datenerfassung im Sinne des Unterabschnitts V oder zu den allgemeinen Fallgruppen des Teils I der Anlage 1 a zum BAT maßgeblich auf die tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts in bezug auf die Art der von der Klägerin durchgeführten inhaltlichen Veränderungen von Daten im HEPOLIS an. Insoweit stellt das Landesarbeitsgericht fest, daß die Klägerin zwar auch offensichtliche Datenfehler berichtigt bzw. Daten formal ergänzt, diese Tätigkeit aber in zeitlich nicht erwähnenswertem Umfange anfalle. Entsprechend ihrer Aufgabenstellung nehme die Klägerin in der sog. Masterfunktion Änderungen im Datenbestand (Korrekturen, Ergänzungen, Löschungen) vor, die über die Berichtigung offensichtlicher Datenfehler oder die formale Ergänzung von Daten hinausgingen, so daß ihre Tätigkeit nicht als Datenerfassung im Sinne des Unterabschnitts V angesehen werden könne.
An diese tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist der Senat gebunden (§ 561 Abs. 2 ZPO), da sie vom beklagten Land mit der Revision nicht formell gerügt worden sind. Steht damit fest, daß die Klägerin nur in rechtlich nicht erheblichem Umfange inhaltliche Veränderungen von Daten im Sinne der VergGr. VI b Fallgruppe 4 vornimmt, so folgt daraus, daß das Landesarbeitsgericht zu Recht die tarifliche Bewertung des Arbeitsvorganges „Datenpflege” nach den Tätigkeitsmerkmalen der allgemeinen Fallgruppen des Teils I der Anlage 1 a zum BAT vorgenommen hat. Insoweit ist das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. V c BAT Fallgruppe 1 a heranzuziehen, das folgenden Wortlaut hat:
1
„Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert.
(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung (des Betriebes), bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muß aber so gestaltet sein, daß er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann. Selbständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderung nicht erfüllen.)”
Das Landesarbeitsgericht nimmt an, daß die Tätigkeit der Klägerin mit dem Arbeitsvorgang „Datenpflege” diese tariflichen Anforderungen erfülle. Dabei geht das Landesarbeitsgericht hinsichtlich der geforderten gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen unter Bezugnahme auf die Senatsrechtsprechung (BAG Urteil vom 29. August 1984 – 4 AZR 338/82 – AP Nr. 94 zu §§ 22, 23 BAT 1975) vom zutreffenden Rechtsbegriff aus und legt bei der Subsumtion im einzelnen dar, daß die von der Klägerin bei ihrer Tätigkeit geforderten Kenntnisse die tariflichen Anforderungen erfüllen. Dagegen werden vom beklagten Land mit der Revision auch keine Einwendungen erhoben.
Auch hinsichtlich des tariflichen Erfordernisses der selbständigen Leistungen geht das Landesarbeitsgericht in Übereinstimmung mit der Senatsrechtsprechung (vgl. BAGE 49, 250 = AP Nr. 109 zu §§ 22, 23 BAT 1975) vom zutreffenden Rechtsbegriff aus, wenn es ein selbständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung eigener geistiger Initiative fordert, wobei leichte geistige Arbeit nicht auszureichen vermag. Die Subsumtion des Landesarbeitsgerichts ist im Hinblick auf den tatrichterlichen Beurteilungsspielraum revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Landesarbeitsgericht begründet im einzelnen unter Bezugnahme auf die von der Klägerin dargelegten Tätigkeitsbeispiele und das Ergebnis der Beweisaufnahme, daß der Klägerin trotz vorhandener Vorgaben hinsichtlich der Art und Weise des Arbeitsablaufs ein Gestaltungsspielraum zukommt, der bei den sog. Aktenlöschungen sogar in ihrer Entscheidungskompetenz zum Ausdruck kommt. Daraus folgert das Landesarbeitsgericht ohne Verstoß gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze und unter Berücksichtigung aller wesentlichen Umstände, daß der von ihm so bezeichnete Arbeitsvorgang „Datenpflege”, der 85 v. H. der Arbeitszeit in Anspruch nimmt, selbständige Leistungen im Tarifsinne (vgl. BAGE 51, 282 = AP Nr. 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975) erfordert und damit die gesamte Tätigkeit der Klägerin die tariflichen Anforderungen der VergGr. V c BAT Fallgruppe 1 a erfüllt.
Das beklagte Land hat die Kosten seiner erfolglosen Revision nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
Unterschriften
Dr. Neumann, Dr. Etzel, Dr. Freitag, H. Pallas, Preuße
Fundstellen