Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitszeitverlängerung für Rettungssanitäter
Leitsatz (amtlich)
1. Das Deutsche Rote Kreuz darf nach dem Tarifvertrag über die Arbeitsbedingungen seiner Arbeitnehmer (DRK-TV) die regelmäßige tägliche und wöchentliche Arbeitszeit durch einseitige Erklärung verlängern.
2. Die Arbeitszeitverlängerung nach § 14 Abs. 2 Unterabs. 3 DRK-TV setzt voraus, daß die Arbeitnehmer zum einen nur Anwesenheit an der Arbeitsstelle, zum anderen Arbeitsleistungen schulden, die sich aus dem jeweils auftretenden Bedarf ergeben. Sie dürfen auch Nebenarbeiten verrichten, die zur Erfüllung ihrer bedarfsorientierten Aufgaben erforderlich sind.
3. § 14 Abs. 2 Unterabs. 3 DRK-TV ist auch dann anwendbar, wenn die Anwesenheitszeiten als Arbeitsbereitschaft anzusehen sind und dem Arbeitnehmer nicht lediglich eine dem Bereitschaftsdienst entsprechende Leistung abverlangt wird.
4. Für eine Arbeitszeitverlängerung nach § 14 Abs. 2 Unterabs. 3 DRK-TV ist aber erforderlich, daß der größere Teil der Arbeitszeit auf die Anwesenheitszeiten und der geringere Teil auf bedarfsorientierte Vollarbeit einschließlich der Nebenarbeiten entfällt.
Normenkette
BAT § 15 Abs. 2; TVG § 1 Auslegung; GG Art. 3 Abs. 1; BetrVG § 87 Abs. 1 Nrn. 2-3
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 26. September 1994 – 11 Sa 150/94 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, in welchem Umfang der Beklagte nach § 14 Abs. 2 des Tarifvertrages über Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und Auszubildende des Deutschen Roten Kreuzes (DRK-TV) die regelmäßige Arbeitszeit verlängern durfte.
Der Beklagte beschäftigt den Kläger in der Rettungswache O. als Rettungssanitäter. Der Kläger hat nach Alarmierung durch die Rettungsleitstelle den Krankenwagen zu dem jeweiligen Einsatzort zu fahren. Das Fahrzeug hat er täglich zu überprüfen. Er arbeitet im Schichtdienst. Eine Schicht läuft von 8.00 Uhr bis 16.00 Uhr, die andere von 8.00 Uhr bis 8.00 Uhr. Schon vor Beginn des Arbeitsverhältnisses (1. März 1981) hatte der Beklagte nach § 14 Abs. 2 Unterabs. 3 DRK-TV die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit verlängert. Zuletzt hat er sie durch Aushang vom 5. März 1993 auf 54 Stunden verlängert. Auf das Arbeitsverhältnis ist kraft beiderseitiger Tarifbindung der DRK-TV anzuwenden.
§ 14 DRK-TV in der Fassung des 12. Änderungstarifvertrages vom 1. Juli 1992 enthält folgende Regelungen:
„§ 14
Regelmäßige Arbeitszeit
…
(2) Die regelmäßige Arbeitszeit kann verlängert werden bis zu zehn Stunden täglich (durchschnittlich 47 Stunden wöchentlich), wenn in sie regelmäßig eine Arbeitsbereitschaft von durchschnittlich mindestens zwei Stunden täglich fällt,
bis zu 11 Stunden täglich (durchschnittlich 51 Stunden wöchentlich), wenn in sie regelmäßig eine Arbeitsbereitschaft von durchschnittlich mindestens drei Stunden täglich fällt,
bis zu 12 Stunden täglich (durchschnittlich 56,5 Stunden wöchentlich), wenn der Mitarbeiter lediglich an der Arbeitsstelle anwesend sein muß, um im Bedarfsfall vorkommende Arbeiten zu verrichten.
…
(5) Der Mitarbeiter ist verpflichtet, sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufzuhalten, um im Bedarfsfalle die Arbeit aufzunehmen (Bereitschaftsdienst). Der Arbeitgeber darf Bereitschaftsdienst nur anordnen, wenn zu erwarten ist, daß zwar Arbeit anfällt, erfahrungsgemäß aber die Zeit ohne Arbeitsleistung überwiegt.
…”
Für Mitarbeiter im Rettungsdienst und Krankentransport schreibt die Protokollnotiz vom 31. Dezember 1990 zu § 14 Abs. 2 DRK-TV vor:
„Die Möglichkeit zur Verlängerung der regelmäßigen Arbeitszeit nach § 14 Abs. 2 DRK-Tarifvertrag wird wie folgt eingeschränkt:
Ab 1. Juli 1991:
§ 14 Abs. 2 a: Von 49 Stunden/Woche auf 47 Stunden/Woche.
§ 14 Abs. 2 b: Von 54 Stunden/Woche auf 51 Stunden/Woche.
§ 14 Abs. 2 c: Von 60 Stunden/Woche auf 56,5 Stunden/Woche.
Ab 1. Januar 1993:
§ 14 Abs. 2 a: Von 47 Stunden/Woche auf 45 Stunden/Woche.
§ 14 Abs. 2 b: Von 51 Stunden/Woche auf 49 Stunden/Woche.
§ 14 Abs. 2 c: Von 56,5 Stunden/Woche auf 54 Stunden/Woche.”
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 Unterabs. 3 (= Buchst. c) DRK-TV seien bei seiner Tätigkeit nicht erfüllt. Diese Tarifvorschrift sei nur anzuwenden, wenn Arbeiten lediglich ausnahmsweise und gelegentlich anfielen. Er habe in nahezu jeder Schicht mindestens eine Einsatzfahrt und außerdem regelmäßig Nebenarbeiten ausführen müssen. Nach seiner Aufstellung für die Monate März bis August 1992 habe sich seine tägliche Arbeitsleistung auf 19,80 % bis 33,97 % der Anwesenheitsstunden belaufen. Seine Tätigkeit habe aus Einsatzfahrten, Fahrzeugcheck, Aufräumen und Reinigen des Fahrzeugs, Auffüllen der Medikamente, Schreibarbeiten und Umziehen bestanden. Für eine Arbeitszeitverlängerung nach § 14 Abs. 2 Unterabs. 3 DRK-TV genüge es nicht, daß auf volle Arbeitsleistungen weniger als die Hälfte der Anwesenheitszeit entfalle. Vielmehr sei es erforderlich, daß bei weniger als der Hälfte der abgeleisteten Schichten eine volle Arbeitsleistung anfalle.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet sei, den Kläger ab dem 1. Oktober 1992 nach § 14 Abs. 2 Unterabs. 2 des Tarifvertrages über Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und Auszubildende des Deutschen Roten Kreuzes zu beschäftigen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat gemeint, § 14 Abs. 2 Unterabs. 3 DRK-TV und die Protokollnotiz zu dieser Vorschrift hätten die angeordnete Arbeitszeitverlängerung auf 56,5 Stunden wöchentlich bis 31. Dezember 1992 und auf 54 Stunden wöchentlich ab 1. Januar 1993 ermöglicht.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Der Beklagte hat die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit wirksam auf durchschnittlich 56,5 Stunden bis 31. Dezember 1992 und auf durchschnittlich 54 Stunden ab 1. Januar 1993 verlängert.
I. Die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 Unterabs. 3 DRK-TV, der dem § 15 Abs. 2 BAT entspricht, sind nach dem Wortlaut, der Systematik und dem Zweck des Tarifvertrages erfüllt.
1. Nach § 14 Abs. 2 Unterabs. 3 DRK-TV kann die regelmäßige Arbeitszeit verlängert werden, wenn der Arbeitnehmer lediglich an der Arbeitsstelle anwesend sein muß, um im Bedarfsfall vorkommende Arbeit zu verrichten. Die unter diese Vorschrift fallenden Arbeitnehmer schulden zum einen ihre Anwesenheit an der Arbeitsstelle, zum anderen Arbeitsleistungen, die sich aus dem jeweils auftretenden Bedarf ergeben. Eine derartige Beschäftigung übt der Kläger aus. Den ganz überwiegenden Teil seiner Arbeitszeit bilden die Anwesenheitszeiten. Nach der eigenen Aufstellung des Klägers erbringt er im Monatsdurchschnitt nur zwischen 19,80 % bis 33,97 % seiner Arbeitszeit volle Arbeitsleistungen. Seine Arbeit besteht in erster Linie darin, nach Alarmierung durch die Rettungsleitstelle mit einem Krankenwagen zum jeweiligen Einsatzort zu fahren. Bei den übrigen Tätigkeiten handelt es sich um bloße Nebenarbeiten, die zur Erfüllung seiner bedarfsorientierten Aufgabe erforderlich sind. Zum Teil hängen diese Nebenarbeiten von Art und Umfang der einzelnen Einsätze ab (Aufräumen und Reinigen des Fahrzeugs, Auffüllen der Medikamente, Anfertigen eines Berichts). Zum Teil dienen sie der sofortigen Einsatzbereitschaft (Fahrzeugcheck, Umkleiden).
2. Für eine Arbeitszeitverlängerung nach § 14 Abs. 2 Unterabs. 3 DRK-TV ist außerdem erforderlich, daß der Arbeitnehmer überwiegend Arbeitsbereitschaft und nur zu einem geringeren Teil bedarfsorientierte Vollarbeit leistet. Auch diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall erfüllt.
a) § 14 Abs. 2 DRK-TV erlaubt wegen der geringeren Beanspruchung der Arbeitnehmer Arbeitszeitverlängerungen. In den erfaßten Fällen erbringt der Arbeitnehmer zu einem erheblichen Teil keine volle Arbeitsleistung. § 14 Abs. 2 Unterabs. 1 und 2 DRK-TV setzen voraus, daß regelmäßig in einem bestimmten Mindestumfang Arbeitsbereitschaft anfällt. Unter Arbeitsbereitschaft sind „Zeiten wacher Achtsamkeit im Zustande der Entspannung” zu verstehen (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BAGE 18, 273, 276 = AP Nr. 1 zu § 15 BAT; BAGE 51, 131, 137 f. = AP Nr. 7 zu § 15 BAT, zu I 3 a der Gründe, m.w.N.). Da die Arbeitsbereitschaft dem Arbeitnehmer eine Entspannung ermöglicht, belastet sie ihn erheblich weniger als Vollarbeit. Wartezeiten von Rettungssanitätern zwischen ihren Einsätzen sind auch dann als Arbeitsbereitschaft zu werten, wenn dabei keine völlige Entspannung eintritt, weil mit einer jederzeitigen Arbeitsaufnahme gerechnet werden muß. Lediglich „Splitterzeiten” von wenigen Minuten unterbrechen die Vollarbeit nicht (BAGE 51, 131, 138 f. = AP Nr. 7 zu § 15 BAT, zu I 3 a der Gründe; BAG Urteil vom 24. September 1992 – 6 AZR 101/90 – AP Nr. 24 zu § 15 BAT).
b) § 14 Abs. 2 Unterabs. 3 DRK-TV ist auch dann anwendbar, wenn die Anwesenheitszeiten als Arbeitsbereitschaft anzusehen sind und dem Arbeitnehmer nicht lediglich eine dem Bereitschaftsdienst entsprechende Leistung abverlangt wird. Die Anforderungen des Bereitschaftsdienstes sind noch geringer als die einer Arbeitsbereitschaft. Der Bereitschaftsdienst als solcher zählt zur Ruhezeit. Er ist nur eine Aufenthaltsbeschränkung verbunden mit der Verpflichtung, bei Bedarf unverzüglich tätig zu werden. „Wache Achtsamkeit” wird nicht verlangt. Der Arbeitnehmer kann ruhen oder sich sonstwie beschäftigen und muß nicht von sich aus tätig werden, sondern nur auf Anweisung des Arbeitgebers. Dieser Inhalt des Bereitschaftsdienstes ergibt sich aus der in § 14 Abs. 5 DRK-TV enthaltenen Begriffsbestimmung. Danach liegt ein Bereitschaftsdienst vor, wenn sich der Arbeitnehmer an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufhalten muß, „um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen”. Dagegen verlangt § 14 Abs. 2 Unterabs. 3 DRK-TV, daß der Arbeitnehmer an der Arbeitsstelle anwesend sein muß, „um im Bedarfsfall vorkommende Arbeiten zu verrichten”. Diese Bestimmung enthält nach ihrem Wortlaut nicht nur eine stärkere Beschränkung des Aufenthaltsortes, sondern sieht auch mehr Initiative der Arbeitnehmer beim Tätigwerden vor. Die Arbeitnehmer müssen nicht nur die im Bedarfsfall vorkommende Arbeit auf Anforderung des Arbeitgebers „aufnehmen”, sondern von sich aus diese Arbeiten „verrichten”. Bereits die unterschiedliche Wortwahl in der gleichen Vorschrift deutet auf einen unterschiedlichen Regelungsinhalt hin. Für § 14 Abs. 2 Unterabs. 3 DRK-TV kommt es auf die Unterscheidung zwischen Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst nicht an.
3. Die Vollarbeit muß aber weniger als die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit ausmachen. Entgegen der Auffassung des Klägers setzt § 14 Abs. 2 Unterabs. 3 DRK-TV nicht voraus, daß der Arbeitnehmer „nur ausnahmsweise und gelegentlich anfallende Arbeiten zu verrichten hat”. Eine derartige Einschränkung läßt sich dem Tarifvertrag nicht entnehmen.
a) Die Worte „im Bedarfsfall” sprechen nicht für die vom Kläger vertretene enge Auslegung. Im Gegenteil: Nach allgemeinem Sprachgebrauch kann ein Bedarfsfall in jeder Schicht auftreten. Da die Tarifvertragsparteien den Ausdruck Bedarfsfall ebenfalls im weiten Sinne verstanden, haben sie die Befugnis des Arbeitgebers zur Anordnung eines Bereitschaftsdienstes durch eine zusätzliche Bestimmung eingeschränkt. Nach § 14 Abs. 5 Satz 2 DRK-TV muß zu erwarten sein, „daß zwar Arbeit anfällt, erfahrungsgemäß aber die Zeit ohne Arbeitsleistung überwiegt”. Für eine unterschiedliche Bedeutung des Begriffs „Bedarfsfall” in ein und demselben Tarifvertrag gibt es keine ausreichenden Anhaltspunkte.
b) Auf Sinn und Zweck der Arbeitszeitverlängerung kann sich der Kläger nicht berufen. Eine für die Arbeitszeitverlängerung erforderliche geringere Beanspruchung des Arbeitnehmers liegt auch dann vor, wenn die Anwesenheitszeiten den überwiegenden Teil der Arbeitszeit ausmachen und auf die bedarfsorientierte Vollarbeit der geringere Teil der Arbeitszeit entfällt.
c) Ebensowenig gebietet eine verfassungskonforme Auslegung die vom Kläger geforderte Einschränkung. Die Tarifvertragsparteien wollen zwar im Zweifel Regelungen treffen, die mit zwingendem höherrangigem Recht zu vereinbaren sind (BAG Urteil vom 7. Februar 1995 – 3 AZR 402/94 – AP Nr. 6 zu § 4 TVG Verdienstsicherung, zu II 2 d der Gründe). Entgegen der Ansicht des Klägers verstößt es aber nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, daß für die nach § 14 Abs. 2 Unterabs. 3 DRK-TV verlängerte regelmäßige Arbeitszeit – im Gegensatz zu dem nach § 14 Abs. 5 DRK-TV angeordneten Bereitschaftsdienst – keine zusätzliche Arbeitsvergütung zu zahlen ist.
§ 14 Abs. 2 Unterabs. 3 DRK-TV setzt voraus, daß die regelmäßige Arbeitszeit überwiegend aus Anwesenheitszeiten besteht und der Arbeitnehmer dementsprechend weniger beansprucht wird. Wegen dieser geringeren Belastung darf die regelmäßige Arbeitszeit verlängert werden. Dagegen hängt der Bereitschaftsdienst nach § 14 Abs. 5 DRK-TV nicht vom Umfang der Beanspruchung während der regelmäßigen Arbeitszeit ab. Er ist außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit zusätzlich zu erbringen. Für diese zusätzliche Leistung erhält der Arbeitnehmer eine zusätzliche Vergütung. Die geregelten Sachverhalte sind demnach nicht vergleichbar. Zumindest ist die unterschiedliche Vergütungsregelung nicht willkürlich im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG, sondern sachlich gerechtfertigt.
d) Die vom Kläger vertretene Auffassung würde dazu führen, daß die Arbeitszeitverlängerung nach § 14 Abs. 2 Unterabs. 3 DRK-TV bei Arbeitnehmern im Rettungsdienst und Krankentransport kaum in Betracht käme. Dies entspricht jedoch nicht den Vorstellungen der Tarifvertragsparteien. Sie haben in die Anlage 2 „Sonderregelung für das Personal im Rettungsdienst und Krankentransport” eine Protokollnotiz zu § 14 Abs. 2 DRK-TV aufgenommen und darin die Arbeitszeitverlängerung nach § 14 Abs. 2 Buchst. c (= Unterabs. 3) DRK-TV eingeschränkt. Außerdem schreibt § 4 Abs. 1 Satz 2 der Anlage 2 für derartige Arbeitszeitverlängerungen eine erhöhte Verpflegungsmehraufwandsentschädigung vor. Im Zweifel wollen die Tarifvertragsparteien jedoch keine praktisch bedeutungslose Regelung schaffen (vgl. BAG Urteil vom 22. August 1995 – 3 AZR 42/95 – ZTR 1995, 558 f., zu II 3 der Gründe).
4. Aus der Systematik des § 14 Abs. 2 DRK-TV und dem Regelungszweck ergibt sich, daß die Anwesenheitszeiten überwiegen müssen.
An die Arbeitszeitverlängerung nach § 14 Abs. 2 Unterabs. 3 DRK-TV sind gesteigerte Anforderungen zu stellen. Nach § 14 Abs. 2 Unterabs. 1 und 2 DRK-TV darf regelmäßig nicht mehr als acht Stunden täglich Vollarbeit anfallen (10 bzw. 11 Stunden Arbeitszeit abzüglich mindestens zwei bzw. drei Stunden Arbeitsbereitschaft). § 14 Abs. 2 Unterabs. 3 DRK-TV begnügt sich nicht damit, den Mindestumfang der regelmäßig anfallenden Arbeitsbereitschaft zu erhöhen, sondern verlangt deutlich mehr. Mit der Formulierung „lediglich anwesend sein muß, um …” werden die Anwesenheitszeiten in den Vordergrund gerückt. Die regelmäßige Arbeitszeit darf nur dann nach § 14 Abs. 2 Unterabs. 3 DRK-TV verlängert werden, wenn der größere Teil der regelmäßigen Arbeitszeit auf Anwesenheitszeiten und der geringere Teil auf bedarfsorientierte Vollarbeit einschließlich Nebenarbeiten entfällt. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall unstreitig erfüllt.
II. Die Arbeitszeitverlängerung bedurfte weder einer arbeitsvertraglichen Abrede noch der Zustimmung des Betriebsrats.
1. Wie das Landesarbeitsgericht richtig erkannt hat, erweitert § 14 Abs. 2 DRK-TV ebenso wie der wortgleiche § 15 Abs. 2 BAT das Weisungsrecht des Arbeitgebers. Er wird ermächtigt, die Arbeitszeit seiner Arbeitnehmer unter den tarifvertraglichen Voraussetzungen einseitig zu verlängern. Mit dieser Auffassung ist das Landesarbeitsgericht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gefolgt (BAGE 51, 131, 140 = AP Nr. 7 zu § 15 BAT, zu I 4 der Gründe; BAGE 58, 19, 25 = AP Nr. 11 zu § 15 BAT, zu II 3 a der Gründe; BAG Urteil vom 24. September 1992 – 6 AZR 101/90 – AP Nr. 24 zu § 15 BAT, zu II 1 der Gründe). Es besteht kein Anlaß, diese Rechtsprechung aufzugeben, gegen die sich der Kläger nicht gewandt hat und die in der Literatur geteilt wird (vgl. u.a. Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, BAT, Stand: Oktober 1994, § 15 Rz 48; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT, Stand: Januar 1995, § 15 Erl. 10 b aa; Uttlinger/Breier/Kiefer/Hoffmann/Pühler, BAT, Stand: Februar 1995, § 15 Erl. 13).
2. Der Betriebsrat hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG nur über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage mitzubestimmen. § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG räumt ihm lediglich bei einer vorübergehenden Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit ein Mitbestimmungsrecht ein. Diese Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats erstrecken sich nicht auf die Dauer der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. u.a. BAGE 51, 131, 140 = AP Nr. 7 zu § 15 BAT, zu I 4 der Gründe; BAGE 73, 291, 303 = AP Nr. 22 zu § 23 BetrVG 1972, zu B III 2 c aa der Gründe; h.M. in der Literatur, vgl. Fitting/Kaiser/Heither/Engels, BetrVG, 18. Aufl., § 87 Rz 88 ff., m.w.N.).
Unterschriften
Dr. Heither, Kremhelmer, Bepler, Furchtbar, Horst Schmitthenner
Fundstellen
BB 1996, 1724 |
NZA 1996, 1164 |