Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung nach Einigungsvertrag
Normenkette
Einigungsvertrag Anl. I Kap. XIX Sachgeb. A Abschn. III Nr. 1 Abs. 4 Ziff. 1
Verfahrensgang
Sächsisches LAG (Urteil vom 19.08.1993; Aktenzeichen 4 Sa 198/92) |
ArbG Dresden (Urteil vom 08.09.1992; Aktenzeichen 6 Ca 743/91) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Chemnitz vom 19. August 1993 – 4 Sa 198/92 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die 1941 geborene Klägerin ist seit 1960 im Schuldienst beschäftigt. Zunächst war sie als Lehrerin an einer Oberschule in Dresden tätig, 1970 besuchte sie die Bezirksparteischule. Von 1972 bis 1982 war sie Schulinspektorin. Nachdem sie unter Hinweis auf ihren schlechten Gesundheitszustand um Entbindung von dieser Funktion gebeten hatte, wurde sie von 1982 bis 1984 als Direktorin an einer Oberschule eingesetzt. Anschließend war sie dann bis 1990 Direktorin des pädagogischen Kreiskabinetts im Stadtbezirk Dresden N. Außerdem war sie 1986 bis 1989 Leitungsmitglied der Parteiorganisation der Abteilung Volksbildung des Stadtbezirks Dresden N., schließlich war sie als gewähltes Kreisvorstandsmitglied des FDGB, Stadtbezirk Dresden N., Leiterin einer Arbeitsgruppe Bildung und Erziehung. Mit Schreiben vom 27. September 1991, der Klägerin zugegangen am 1. Oktober 1991, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 1991, hilfsweise zum nächstmöglichen Kündigungstermin. Mit Rücksicht auf den Zugang des Kündigungsschreibens am 1. Oktober 1991 ist die Klägerin bis 31. März 1992 weiterbeschäftigt worden.
Die Klägerin hält die Kündigung für unwirksam. Sie meint, sie sei nach wie vor persönlich geeignet für eine Unterrichtstätigkeit im Dienst des Beklagten. Sie hat geltend gemacht, in der Vergangenheit habe sie nicht ohne weiteres die Übernahme bestimmter Tätigkeiten bzw. deren politische Ausfüllung ablehnen können, jede Verweigerung habe zumindest die Androhung eines Verbots der Tätigkeit im Schuldienst nach sich gezogen. Die Funktion als Schulinspektorin habe sie aufgegeben, weil sie nicht mehr bereit gewesen sei, den zunehmenden politischen Druck durch übergeordnete Stellen an die Direktoren weiterzugeben. Deshalb habe sie schon in den Jahren 1975, 1979 und zuletzt 1980 eine Entbindung von dieser Funktion beantragt. Ihr sei zweimal in einem Parteiverfahren eine Rüge erteilt worden, weil sie 1978 in einem Bericht Hakenkreuzschmierereien an einer Oberschule keine Bedeutung beigemessen und 1980 über das Tragen von Plastiktüten aus der BRD keinen Bericht geschrieben habe. Als Schuldirektorin sei sie ständig kritisiert worden, weil die Parteigruppe an ihrer Schule die personell schwächste im Umkreis gewesen sei. Das Amt der Direktorin des pädagogischen Kreiskabinetts habe sie nur aufgrund psychischen Drucks durch die Behörde und auf Bitten von Fachberatern übernommen. Diese Tätigkeit sei fachlich ausgerichtet und nicht politisch gewesen. Im Oktober 1989 sei sie aus der SED ausgetreten. Aus der dienstlichen Beurteilung über ihre Lehrtätigkeit nach der Wende ergebe sich, daß sie sich fachlich und persönlich allen Anforderungen gewachsen gezeigt habe.
Die Klägerin hat, soweit für die Revisionsinstanz noch von Interesse, beantragt
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung des Beklagten vom 27. September 1991 mit dem 31. März 1992 beendet worden ist.
Der Beklagte hat zur Stützung seines Klageabweisungsantrags geltend gemacht, die Klägerin habe sich durch die von ihr freiwillig ausgeübten Funktionen in hohem Maße mit den Zielen der ehemaligen SED identifiziert. Sie sei deshalb nicht mehr als geeignet anzusehen, den durch das Schulgesetz vorgegebenen Bildungs- und Erziehungsauftrag zu erfüllen und die Grundwerte des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland zu vermitteln. Als Schulinspektorin sei die Klägerin unmittelbar dem Kreisschulrat unterstellt und insbesondere für die Kontrolle des politischen Klimas an den Schulen verantwortlich gewesen. Als Direktorin eines pädagogischen Kreiskabinetts sei sie ebenfalls verantwortlich für die Umsetzung der Bildungspolitik der ehemaligen SED gewesen. Diese von der Klägerin langjährig ausgeübten Tätigkeiten seien politisch geprägt gewesen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Klägerin sei aufgrund ihres Werdegangs für eine Tätigkeit als Lehrerin im öffentlichen Dienst i.S.v. Anl. I Kap. XIX Sachgeb. A Abschn. III Nr. 1 Abs. 4 Ziff. 1 Einigungsvertrag (im folgenden: Abs. 4 Ziff. 1 EV) persönlich nicht geeignet. Insbesondere die Funktion einer Schulinspektorin habe die Klägerin im Sinne der SED ausüben müssen und habe damit in leitender Position an der Verwirklichung der Staatsziele der DDR mitgewirkt. Dieses Amt habe sie aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben, ihr anderslautender Sachvortrag sei unsubstantiiert. Auch die in der Folgezeit übernommenen Funktionen zeigten, daß die Klägerin bis zur Wende in einem Schulwesen, das nach ihrem eigenen Vortrag rücksichtslos psychischen Druck auf Direktoren wegen militärischer Nachwuchsgewinnung ausgeübt habe, leitende Positionen innegehabt habe, in denen sie die Beschlüsse der SED habe durchführen müssen. Auch angesichts des Vorbringens der Klägerin über die beiden Parteiverfahren und ihre unbeanstandete Tätigkeit im Schuldienst nach der Wende müsse von ihrer persönlichen Nichteignung ausgegangen werden.
II. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Kündigung des Beklagten hat das Arbeitsverhältnis beendet.
1. Da die Klägerin als Lehrerin dem öffentlichen Dienst in den Beitrittsländern angehörte (Art. 20 Abs. 1 EV), ist die Kündigung zulässig, wenn die Klägerin wegen mangelnder persönlicher Eignung nach Abs. 4 Ziff. 1 EV den Anforderungen nicht entspricht. Dazu sind in der einschlägigen Rechtsprechung des Achten und Zweiten Senats des Bundesarbeitsgerichts (Urteile vom 28. April 1994 – 8 AZR 57/93 – AP Nr. 22 zu Einigungsvertrag Anlage I Kap. XIX, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, m.w.N.; vom 26. Mai 1994 – 8 AZR 248/93 – n.v.; vom 13. Oktober 1994 – 2 AZR 201/93 – AP Nr. 35 zu Einigungsvertrag Anlage I Kap. XIX, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen und vom 13. Oktober 1994 – 2 AZR 261/93 – zur Veröffentlichung vorgesehen) und neuerdings auch vom BVerfG (Beschluß vom 21. Februar 1995 – 1 BvR 1397/93 –, zur Veröffentlichung vorgesehen) zum Nachweis einer solchen mangelnden Eignung aufgrund besonderer Identifikation des Lehrers mit den grundgesetzfeindlichen Zielen der SED bzw. von Entlastungstatsachen – kurz zusammengefaßt – folgende Grundsätze entwickelt worden:
Die mangelnde persönliche Eignung im Sinne von Abs. 4 Ziff. 1 EV ist eine der Person des Arbeitnehmers anhaftende Eigenschaft, die dann indiziert ist, wenn z.B. ein in der früheren DDR tätig gewesener Lehrer sich in der Vergangenheit in besonderer Weise mit dem SED-Staat identifiziert hat. Positionen in Staat und Partei, die ein Lehrer seinerzeit innegehabt hat, können Anhaltspunkte für seine mangelnde Eignung sein. Allerdings erfordern Bedeutung und Tragweite des Grundrechts auf freie Arbeitsplatzwahl (Art. 12 Abs. 1 GG) und im öffentlichen Dienst ergänzend Art. 33 Abs. 2 GG eine konkrete, einzelfallbezogene Würdigung der Persönlichkeit des Arbeitnehmers, die sein Verhalten nach dem Beitritt der neuen Bundesländer unter Prüfung der Fähigkeit und inneren Bereitschaft einbezieht, seine dienstlichen Aufgaben nach den Grundsätzen der Verfassung glaubwürdig wahrzunehmen (BVerfG Beschluß vom 21. Februar 1995 – 1 BvR 1397/93 –). Die Beweislast für den Nachweis der mangelnden persönlichen Eignung obliegt dem Arbeitgeber, wobei allerdings die Darlegungslast für be- und entlastendes Vorbringen abgestuft ist: Schon angesichts der Tatsache, daß zahlreiche Personalakten nach der sog. Wende „gesäubert” wurden, würden die Anforderungen an die Darlegungslast des Arbeitgebers überspannt, wenn von ihm ohne konkretes Gegenvorbringen die detaillierte Darlegung verlangt würde, der mit der Umsetzung der grundgesetzfeindlichen SED-Ideologie beauftragte Funktionsträger habe im konkreten Fall die Funktion auch tatsächlich entsprechend diesen Zielen ausgeübt. Wie er im Einzelfall die Funktion tatsächlich ausübte, weiß der belastete Arbeitnehmer in aller Regel weitaus besser. Er hat sich deshalb zu der allgemeinen Funktionsbeschreibung konkret zu äußern. Das Maß der gebotenen Substantiierung von Entlastungsvorbringen hängt ebenfalls davon ab, wie sich die andere Seite darauf einläßt (§ 138 Abs. 2 ZPO). Es bedarf des Vortrages konkreter Entlastungstatsachen unter Benennung geeigneter Beweismittel. Der Arbeitgeber kann dann seine Ermittlungen auf die vorprozessual oder im Prozeß konkretisierten Tatsachen konzentrieren, wobei die Beweislast auch insoweit bei ihm verbleibt.
2. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt, daß die langjährige Tätigkeit der Klägerin in hohen Funktionen in der Schulverwaltung den Schluß zuläßt, sie sei für eine weitere Verwendung als Lehrerin im öffentlichen Dienst persönlich nicht geeignet.
a) Die Funktion des Direktors des pädagogischen Kreiskabinetts war nicht, wie es die Klägerin darstellt, mit einer rein fachbezogenen Aufgabenstellung verbunden. Es galt die Anordnung über das pädagogische Kreiskabinett vom 30. November 1973 (GBl-DDR I, 547). Danach waren die pädagogischen Kreiskabinette eingerichtet worden, um die Lehrer bei der Verwirklichung ihres gesellschaftlichen Auftrages wirksamer zu unterstützen. Der Direktor des pädagogischen Kreiskabinetts wurde vom Kreisschulrat berufen und abberufen, war ihm direkt unterstellt und rechenschaftspflichtig. Er arbeitete auf der Grundlage der Aufgabenstellung durch die Abteilung Volksbildung, hatte die Tätigkeit der Fachberater zu kontrollieren, dem Kreisschulrat laufend über die Lage im Unterricht zu berichten und ihm Vorschläge für entsprechende Führungsmaßnahmen zu unterbreiten. Der Direktor des pädagogischen Kreiskabinetts hatte dabei eine enge Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern der Abteilung Volksbildung und der Leitung der Gewerkschaft Unterricht und Erziehung des Kreises sicherzustellen (§ 3 der Anordnung). Die Fachberater, die dem Direktor des pädagogischen Kreiskabinetts unterstanden und von ihm angeleitet wurden, mußten ihrerseits eine hohe fachliche und politische Bildung besitzen und diese ständig vervollkommnen, u.a. durch politisch-pädagogische Qualifizierungsmaßnahmen. Sie hatten den zuständigen Kreisschulinspektor über besonders wichtige Feststellungen in einzelnen Schulen zu informieren und andererseits die Hinweise der Schulinspektoren für ihre Tätigkeit zu nutzen (§ 4 der Anordnung). Schon die gesetzlichen Grundlagen zeigen, daß der Direktor des pädagogischen Kreiskabinetts in leitender Funktion nicht zuletzt damit betraut war, die Ziele der SED im Schulbereich durchzusetzen. Für solche Funktionen wurden nur politisch zuverlässige Kader ausgewählt. Die Klägerin bestätigt dies selbst, wenn sie vorträgt, in einem Kaderentwicklungsplan sei sie als geeignet angesehen worden, das pädagogische Kabinett zu übernehmen. Dem entspricht auch das von der Klägerin der Sache nach nicht bestrittene Vorbringen des Beklagten zu der Fortschreibung der Kaderentwicklung aus dem Jahr 1988, wo zur Klägerin ausgeführt sei, sie sei zuverlässiger Partner des Stadtbezirksschulrats und es bewähre sich bei ihr die zunehmende Zusammenarbeit zwischen dem pädagogischen Kabinett und der Stadtbezirksschulinspektion, und das Vorbringen über eine entsprechende Beurteilung der Klägerin vom 14. November 1989. Die gleichzeitige Tätigkeit der Klägerin von 1986 bis 1989 in der Abteilungsparteiorganisation der Abteilung Volksbildung und dem Kreisvorstand des FDGB weisen ebenfalls auf eine besondere Identifikation der Klägerin mit den Zielen der SED hin.
b) Auch der Schuldirektor hatte nach der Schulordnung vom 29. November 1979 an der ideologischen Umsetzung der Ziele der SED mitzuwirken. Entscheidend braucht hierauf aber nicht abgestellt zu werden, denn die Klägerin hat dieses Amt nur vorübergehend ca. 1 1/2 Jahre lang ausgeübt, bevor sie die leitende Funktion im pädagogischen Kreiskabinett übernommen hat. Nach der eigenen Darstellung der Klägerin hat sie die Stelle als Direktorin ohnehin nur angetreten, weil sie ihrer Freundin, die an dieser Schule als stellvertretende Direktorin amtierte, angesichts eines „absoluten Notstands an der Schule” einen Freundschaftsdienst erweisen wollte.
c) Die Bedeutung der Funktion des Schulinspektors ergibt sich aus der Anweisung über die Stellung, die Vollmachten und die Tätigkeit der Schulinspektion und Berufsschulinspektion – Inspektionsordnung – vom 15. September 1961 (Verfügungen und Mitteilungen des Ministeriums für Volksbildung 1961, 287 ff.). Die Schulinspektion war danach das Kontrollorgan der Kreisschulräte bzw. Bezirksschulräte. Die Kontrolle diente u.a. der Erziehung der Jugend im Geist des Sozialismus, der planmäßigen Durchführung der Beschlüsse der SED und der Sicherung der planmäßigen Verbesserung der sozialistischen Erziehung. Die Schulinspektoren waren verpflichtet, die Schulfunktionäre und Leiter der Einrichtungen u.a. politisch-pädagogisch anzuleiten (vgl. zum Vorstehenden § 2 der Inspektionsordnung). Die Inspektoren hatten dabei ein Weisungsrecht gegenüber den Leitern der Volksbildungseinrichtungen, insbesondere den Direktoren, konnten Belobigungen und Eintragungen in die Personalakte veranlassen und Disziplinarverfahren anregen. Sie hatten sogar das Recht, Direktoren, Lehrer und Erzieher vom Dienst zu suspendieren (§ 3 Inspektionsordnung). Ihre Kontrolle und ihre Weisungen hatten sich dabei insbesondere auch auf den politisch-ideologischen Bereich zu erstrecken (§ 6 Inspektionsordnung). Nach alledem hatten die Schulinspektoren an den Schulen u.a. an der politisch-ideologischen Umsetzung der Ziele der SED mitzuwirken. Wer längere Zeit dieses Amt ausgeübt hat, bei dem kann angenommen werden, daß er sich mit den Zielen des SED-Staates besonders identifiziert hat, was ihn nun für die Tätigkeit als Lehrer ungeeignet machen kann (vgl. BAG Urteile vom 20. Januar 1994 – 8 AZR 658/92 – und vom 17. Februar 1994 – 8 AZR 194/93 – beide n.v.).
d) Wer wie die Klägerin seit 1972 praktisch durchgehend bis zur Wende solch politisch bedeutsame Funktionen in der Schulverwaltung übernommen hat, bei dem muß grundsätzlich von einer besonderen Identifikation mit den Zielen des SED-Staats ausgegangen werden. Nach zehnjähriger Tätigkeit als Lehrerin und dem Besuch der Bezirksparteischule ist die Klägerin in einer Art Senkrechtstart sofort in hohe Ämter und Funktionen aufgestiegen. Diese schnelle Karriere läßt sich nur als durch die SED gestützter beruflicher Aufstieg erklären.
e) Die im Kündigungsschreiben nicht erwähnten Funktionen der Klägerin, insbesondere ihre Tätigkeit in der Schulinspektion, sind auch personalvertretungsrechtlich verwertbar. Der Beklagte hat schon in der Klageerwiderung darauf hingewiesen, die Klägerin sei nach eigenem Bekunden von 1972 bis 1982 in der Schulinspektion tätig gewesen. Dem hat die Klägerin nicht widersprochen. Dies spricht dafür, daß die Tätigkeit der Klägerin in der Schulinspektion bereits Gegenstand der Erörterungen vor der Kündigung war. Jedenfalls ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, daß der Beklagte von dieser Funktion der Klägerin erst nach Ausspruch der Kündigung Kenntnis erlangt hat (vgl. Senatsurteil vom 11. Mai 1995 – 2 AZR 749/94 – n.v.) bzw. erst nach Installierung eines Bezirkspersonalrats diesen Sachverhalt zum Gegenstand seines Kündigungsentschlusses gemacht hat (vgl. Senatsurteil vom 11. Mai 1995 – 2 AZR 265/94 – n.v.). Eine entsprechende Rüge hat die Klägerin auch in den Tatsacheninstanzen nicht erhoben.
3. Es ist ebenfalls revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Landesarbeitsgericht das Entlastungsvorbringen der Klägerin nicht als ausreichend angesehen hat.
Das Vorbringen der Klägerin, sie habe aus politischen Gründen durch mehrere Abberufungsanträge versucht, von der Funktion des Schulinspektors entbunden zu werden, ist, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, inhaltlich nach Zeit und Umständen nicht konkret genug, um von dem Beklagten konkretes Gegenvorbringen und den Beweisantritt für das Gegenteil verlangen zu können. Der einzige von der Klägerin vorgelegte Abberufungsantrag nimmt auf gesundheitliche Gründe bezug. Das Vorbringen der Klägerin ist insoweit auch widersprüchlich, wenn sie noch in der Klageschrift vorgetragen hat, bei der Übernahme des Direktorenpostens habe es sich lediglich um einen Freundschaftsdienst gegenüber ihrer Freundin gehandelt. Dem Vorbringen der Klägerin, widerspricht zudem, daß sie schon nach verhältnismäßig kurzer Zeit wieder für geeignet befunden wurde, den gehobenen Posten als Direktorin des pädagogischen Kreiskabinetts zu übernehmen und dies auch getan hat. Ausreichende Revisionsrügen der Klägerin liegen insoweit auch nicht vor.
Ebenfalls zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß die beiden Parteiverfahren, die Richtigkeit des Vorbringens der Klägerin zu ihren Gunsten unterstellt, die Klägerin nicht entlasten können. Ob die Klägerin mehr oder weniger hart gegen Hakenkreuzschmierereien vorgegangen ist, läßt keinen entscheidenden Rückschluß auf ihre Einstellung zur SED-Ideologie zu. Der Vorfall mit der Plastiktüte ist zu unbedeutend, um einen Anhaltspunkt für eine kritische Einstellung der Klägerin zu gewähren. Eine „politische Renitenz” ihres Sohnes könnte die Klägerin allenfalls dann entlasten, wenn ihr ein solches Verhalten in irgendeiner Weise zuzurechnen wäre. Wie hoch der Anteil an SED-Mitgliedern unter den Fachberatern war, gibt keinen Aufschluß über die Arbeit der Klägerin. Die Fachberater wurden nicht durch die Klägerin, sondern durch den Kreisschulrat eingesetzt und dabei war u.a. sicherzustellen, daß sie eine hohe politische Bildung besaßen und diese ständig vervollkommneten. Über ihre konkrete Amtsausübung hat die Klägerin keine einer Beweisaufnahme zugänglichen hinreichend konkreten Angaben gemacht. Sie hat durch ihren Sachvortrag lediglich indirekt bestätigt, daß auf die Direktoren seitens der Kreisorgane massiver politischer Druck ausgeübt wurde. Soweit die Klägerin in der Revisionsinstanz zu der Art ihrer Amtsführung neuen Sachvortrag bringt, ist dies, wie sie selbst erkennt, nach § 561 ZPO unzulässig.
Es ist schließlich revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Landesarbeitsgericht die Tätigkeit der Klägerin nach der Wende zwar mitberücksichtigt hat, insoweit aber zu dem Ergebnis gelangt ist, aus der unbeanstandeten weiteren Tätigkeit der Klägerin im Schuldienst könne nicht geschlossen werden, daß die Klägerin nunmehr zu den Werten des Grundgesetzes stehe. Das Vorbringen der Klägerin zu ihrem Verhalten nach der Wende hat das Landesarbeitsgericht zu Recht als unsubstantiiert angesehen. Schon aufgrund der Rechtsprechung des Achten Senats des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 18. März 1993 – 8 AZR 356/92 – AP Nr. 12 zu Einigungsvertrag Anlage I Kap. XIX, für die Amtliche Sammlung vorgesehen) stand fest, daß es in Fällen wie dem vorliegenden entscheidend auch auf das Verhalten des betreffenden Arbeitnehmers nach der Wende ankommt. Die Klägerin hatte deshalb noch im Berufungsverfahren ausreichend Gelegenheit, zu ihrem Verhalten nach dem 3. Oktober 1990 konkrete entlastende Tatsachen vorzutragen. Dies hat sie aber auch nach der Pressemitteilung über die einschlägige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts weder in ihren Schriftsätzen vom 13. Mai 1993, 10. Juni 1993 und 30. Juni 1993, noch im Termin vom 19. August 1993 getan. Schriftsätzlich hat sich die Klägerin in den Tatsacheninstanzen nur darauf berufen, sie habe ihren Dienst als Lehrerin tadelsfrei versehen und habe sich vom Fachlichen und Persönlichen her allen neuen Anforderungen gewachsen gezeigt. Diesen Vortrag hat das Landesarbeitsgericht zu Recht als unsubstantiiert bewertet und deshalb unberücksichtigt gelassen. Auch soweit die Klägerin auf eine nach Bekanntgabe der Kündigungsabsicht durch den Beklagten erstellte Beurteilung durch ihre Schulleiterin Bezug nimmt, enthält diese keinen hinreichend konkreten Sachvortrag. Von der Klägerin besuchte Fortbildungsmaßnahmen sind nicht näher bezeichnet, so daß nicht nachprüfbar ist, ob sich die Klägerin nicht lediglich fachlich fortgebildet hat. Es fehlt auch in und zu dieser Beurteilung jeder konkrete Vortrag, aufgrund welcher Tatsachen die Schulleiterin zu ihrem Urteil gelangt, die Klägerin sei gewillt, ihre Pflichten auf der Grundlage der Verfassung des Freistaates Sachsen sowie des Grundgesetzes der BRD zu erfüllen. Hätte das Landesarbeitsgericht aufgrund dieses unsubstantiierten Vorbringens eine Beweisaufnahme angeordnet, so hätte es sich um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis gehandelt. Zulässige und begründete Revisionsrügen liegen in diesem Punkt auch nicht vor. Soweit die Klägerin in der Revisionsinstanz neue Tatsachen vorträgt, sind diese nach § 561 ZPO unbeachtlich.
Unterschriften
Etzel, Bitter, Bröhl, Fischer, Wolter
Fundstellen