1 Leitsatz
Die Berliner Verordnung über einen Genehmigungsvorbehalt gem. § 250 Abs. 1 Satz 1 BauGB für die Begründung oder Teilung von Wohnungseigentum oder Teileigentum in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten vom 3.8.2021 ist nichtig.
2 Normenkette
§ 8 WEG; § 250 Abs. 1 Satz 1 BauGB
3 Das Problem
Bei der Umsetzung einer Teilungserklärung durch das Grundbuchamt ist streitig, ob der aufteilende Eigentümer einer Genehmigung nach § 250 Abs. 1 Satz 1 BauGB aufgrund der Berliner Verordnung über einen Genehmigungsvorbehalt gem. § 250 Abs. 1 Satz 1 BauGB für die Begründung oder Teilung von Wohnungseigentum oder Teileigentum in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten vom 3.8.2021 (Umwandlungsverordnung; GVBl. 2021, S. 932) bedarf.
4 Die Entscheidung
Das KG Berlin verneint diese Frage! Die Umwandlungsverordnung sei nämlich nichtig. Denn die Begründung zur Umwandlungsverordnung sei erst am 13.8.2021 im Amtsblatt von Berlin (S. 2823 ff.) und damit zu spät veröffentlicht worden. Weil die Pflicht zur Begründung Bestandteil der Ermächtigungsgrundlage und eine Rechtsverordnung zur Bestimmung von Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten ohne öffentlich bekannt gemachte Begründung mit dem Wortlaut und Normzweck der Ermächtigungsgrundlage nicht vereinbar sei, handele es sich um eine Wirksamkeitsvoraussetzung, deren Fehlen zur Nichtigkeit der Verordnung führe. Die nachträgliche Veröffentlichung der Begründung ändere nichts.
5 Hinweis
Problemüberblick
Nach § 250 Abs. 1 Satz 1 BauGB bedarf in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten i. S. v. § 201a Satz 3 und 4 BauGB die Begründung oder Teilung von Wohnungseigentum oder Teileigentum nach § 1 WEG bei Wohngebäuden, die bereits am Tag des Inkrafttretens einer entsprechenden Rechtsverordnung bestanden, einer Genehmigung. Das Grundbuchamt darf bei in solchen Gebieten belegenen Grundstücken die Eintragung der Teilung im Grundbuch nur vornehmen, wenn ihm die Genehmigung oder das Nichtbestehen der Genehmigungspflicht nachgewiesen ist. Mit der Umwandlungsverordnung hat der Senat von Berlin das gesamte Land Berlin zu einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt i. S. v. § 201a Satz 3 und 4 BauGB bestimmt.
Umwandlungsverordnung
Umwandlungsverordnungen nach § 250 BauGB sind ein neues Instrument, um einer Gentrifizierung entgegenzutreten. Sie sind durch das sog. Baulandmobilisierungsgesetz in das BauGB eingefügt worden und treten gemäß § 250 Abs. 1 Satz 3 BauGB spätestens mit Ablauf des 31.12.2025 außer Kraft (es ist anzunehmen, dass diese Frist verlängert wird). Die Genehmigungspflicht erschwert die Umwandlung von Wohngebäuden mit Mietwohnungen in Wohnungseigentum und damit die Verdrängung der Mietenden aus ihren Wohnungen durch deren Verkauf an Dritte und in der Folge Entmietung, Luxusmodernisierung oder Eigenbedarfskündigung.
Parallelfall
Das KG Berlin hat in Parallelfällen identisch entschieden (KG Berlin, Beschluss v. 2.12.2021, 1 W 384/21; KG Berlin, Beschluss v. 30.11.2021, 1 W 355/21).
Problem ist überholt
Der Berliner Senat hat die Umwandlungsverordnung mittlerweile neu erlassen. Diese Umwandlungsverordnung wurde gemeinsam mit der Begründung im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin am 6.10.2021 veröffentlicht und trat am 7.10.2021 in Kraft. Beide Umwandlungsverordnungen beinhalten inhaltlich identische Regelungen.
6 Entscheidung
KG Berlin, Beschluss v. 24.11.2021, 1 W 347/21