1 Leitsatz
Gem. § 20 Abs. 1, Abs. 3 WEG können einem Wohnungseigentümer Maßnahmen einer baulichen Veränderung gestattet werden, wenn alle Wohnungseigentümer, deren Rechte durch die bauliche Veränderung über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden, einverstanden sind. Als Beeinträchtigungen kommen u. a. die Gefahr einer geringeren konstruktiven Stabilität und Sicherheit des gemeinschaftlichen Eigentums, Veränderungen der optischen Gestaltung, Entzug der Gebrauchsmöglichkeit oder eine intensivere nachteilige Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums in Betracht.
2 Normenkette
§ 20 Abs. 1, Abs. 3, Abs. 4 WEG
3 Das Problem
Die Wohnungseigentümer gestatten eine bereits errichtete Dachterrasse vor dem Wohnungseigentum 25 und den Abschluss eines Mietvertrags mit dem Sondereigentümer hinsichtlich der bereits errichteten Dachterrasse, deren Fläche im gemeinschaftlichen Eigentum steht.
Wohnungseigentümer K geht gegen diesen Beschluss vor. Er ist der Auffassung, der Beschluss widerspreche einer ordnungsmäßigen Verwaltung wegen der grundlegenden Umgestaltung der Wohnungseigentumsanlage. Außerdem sei keine Regelung über die Pflicht zur Kostentragung der Instandhaltung und Instandsetzung der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Terrasse getroffen worden. Zudem sei ein Sondernutzungsrecht eingeräumt worden. Auch die Vermietung widerspreche ordnungsmäßiger Verwaltung.
4 Die Entscheidung
Ohne Erfolg! Gem. § 20 Abs. 1, Abs. 3 WEG könnten einem Wohnungseigentümer Maßnahmen einer baulichen Veränderung gestattet werden, wenn alle Wohnungseigentümer, deren Rechte durch die bauliche Veränderung über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden, einverstanden seien. Diese Voraussetzungen lägen vor. Als Beeinträchtigungen kämen z. B. die Gefahr einer geringeren konstruktiven Stabilität und Sicherheit des gemeinschaftlichen Eigentums, Veränderungen der optischen Gestaltung, der Entzug einer Gebrauchsmöglichkeit oder eine intensivere nachteilige Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums in Betracht. K habe solche Beeinträchtigungen aber nicht vorgetragen oder behauptet. Der Einwand, nur dem Sondereigentümer des Wohnungseigentums 25 sei eine Nutzung möglich und hiermit werde im Ergebnis die Einräumung eines Sondernutzungsrechts verfolgt, verfange nicht. Gem. § 21 Abs. 1 Satz 2 WEG sei dem Miteigentümer, dem die bauliche Veränderung gestattet worden sei und der die Kosten trage, auch das Nutzungsrecht zugewiesen. Die bauliche Veränderung widerspreche auch nicht § 20 Abs. 4 WEG. Es liege keine grundlegende Umgestaltung der Wohnungseigentumsanlage vor. Als Bezugspunkte seien heranzuziehen die grundlegende Umgestaltung des Aussehens oder eines vollständigen Nutzungswechsels der Wohnungseigentumsanlage. Beide Elemente seien durch den eingeschränkten Ausbau eines bisherigen Dachbereichs zur Dachterrasse unmittelbar vor einem Sondereigentum nicht betroffen. Der Beschluss über die Vermietung der ausgebauten Dachfläche stelle eine Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung dar. Wohnungseigentümer seien berechtigt, durch einen Beschluss über die Vermietbarkeit von im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Flächen zu entscheiden. Auch die konkrete Ausgestaltung des Mietvertrags begegne keinen Bedenken.
5 Hinweis
Problemüberblick
Im Fall wird einem Wohnungseigentümer, der ohne Beschluss und damit rechtswidrig gebaut hat, der Bau nachträglich gestattet. Ferner wird ihm die Fläche, die er bebaut hat (einen Teil des Dachs), vermietet. Dagegen geht ein Wohnungseigentümer vor.
Gestattung einer baulichen Veränderung
Gestatten die Wohnungseigentümer freiwillig eine bauliche Veränderung, kommt es auf § 20 Abs. 3 WEG nicht an. Diese Bestimmung, die das AG wohl versehentlich prüft, ist eine Anspruchsgrundlage, um eine Gestattung, welche die Mehrheit der Wohnungseigentümer verweigert, zu erzwingen. Im Fall stand aber die Mehrheit der Wohnungseigentümer an der Seite des Wohnungseigentümers, der gebaut hatte. Eine Gestattung kann – das erkennt das AG richtig – auch nachträglich ausgesprochen werden.
Grenzen einer baulichen Veränderung
Bauliche Veränderungen, welche die Wohnungseigentumsanlage grundlegend umgestalten oder einen Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis gegenüber anderen unbillig benachteiligen, dürfen nach § 20 Abs. 4 WEG nicht beschlossen und gestattet werden. Diese Voraussetzungen liegen im Fall nicht vor. Das AG schließt sich dabei meiner Differenzierung an, es komme auf grundlegende Umgestaltung des Aussehens oder eines vollständigen Nutzungswechsels der Wohnungseigentumsanlage an.
Vermietung
Der Wohnungseigentümer, der die Dachterrasse gebaut hat, darf diese nach § 21 Abs. 1 Satz 2 WEG allein nutzen. Dieses Recht endet allerdings, wenn ein Wohnungseigentümer, der nicht berechtigt ist, diese Nutzungen zu ziehen, nach § 21 Abs. 4 Satz 1 WEG verlangt, dass ihm dies nach billigem Ermessen gegen angemessenen Ausgleich gestattet wird. Diesen Anspruch kann man durch eine Vermietung ausschließen.
Probleme für die Wohnung
Ist das gemeinschaftli...