Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 10 WEG, § 14 WEG, § 21 WEG, § 22 Abs. 1 WEG
Kommentar
Ein Verwalter hatte Dachflächenfenster entsprechend baurechtlicher Auflagen vergrößern und Laufstege und Abgangsstufen auf einem Dach anbringen lassen. Während das AG Moers Beseitigungsanträgen eines Eigentümers stattgab, sprachen sich das LG Kleve und das OLG Düsseldorf für eine Duldungspflicht dieser nachträglich vorgenommenen baulichen Veränderung aus.
Das OLG vermochte insoweit nicht der Meinung des LG zu folgen, dass es sich bei den Baumaßnahmen zur Verwirklichung der Auflagen noch um Herstellungsmaßnahmen im Sinne der Teilungsanordnung handele. Immerhin werde nämlich das optische Erscheinungsbild der Anlage verändert, was einem genauen Betrachter der Wohnanlage auch durchaus auffallen könne. In eigener Würdigung kommt das Gericht allerdings zu dem Ergebnis, dass § 21 Abs. 3 WEG nur durch ein Verbot "wesentlicher" Veränderungen begrenzt werde. Mithin könnezur Verwaltung auch die Wahrnehmung eines gemeinschaftlichen Interesses rechnen, sofern dabei nicht die Grenze zu einer wesentlichen Veränderung der gemeinsamen Sache überschritten werde.
Das Gericht wertet die baulichen Maßnahmen nicht als gravierende Änderung des Gemeinschaftseigentums, die den architektonisch-ästhetischen Gesamteindruck der Anlage negativ beeinflussen würde. Die geringfügigen Veränderungen der Bausubstanz würden sich organisch in das Gesamtbild einfügen. Maßgeblich sei auch, dass die Eigentümer aus der Teilungsanordnung gehalten seien, die Nutzung der Spitzböden als Aufenthaltsräume zu dulden.
Aus dieser bindenden Vereinbarung ergäbe sich die Verpflichtung aller Eigentümer, diejenigen Maßnahmen, die der Verwirklichung der Teilungsanordnung dienten, grundsätzlich hinzunehmen. Die Eigentümer aus einem Nachbarhaus würden auch durch die getroffenen Maßnahmen nicht in unzumutbarer Weise betroffen. Bei einer Vorteilsabwägung müssten geringfügige Änderungen hingenommen werden. Im Übrigen schütze den widersprechenden Eigentümer, was die Befürchtung vorzeitiger Bauschäden an geänderten Bauteilen beträfe, die Bestimmung des § 21 Abs. 6 WEG analog.
Link zur Entscheidung
( OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.10.1985, 3 W 300/84)
Zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer
Anmerkung:
Diese Entscheidung ist als richterliche Ermessensentscheidung sicher vertretbar, obgleich vielfach Entscheidungen, insbesondere des BayObLG vorliegen, die sehr viel strenger Veränderungen qualifizieren, die das optische Gesamtbild einer Anlage verändern. Im vorliegenden Fall sind Dachflächenfenster zum Zweck der Schaffung eines Fluchtwegs erheblich vergrößert worden und auf dem Dach Laufstege mit Trittstufen angebracht worden. Bei weit geringfügigeren baulichen Veränderungen haben bereits andere Obergerichte Duldungspflichten nach § 14 WEG verneint. Im Übrigen dienten die baulichen Veränderungen entgegen der Meinung des OLG nicht gemeinschaftlichen Interessen, sondern ausschließlich Interessen spitzbodennutzungswilliger Einzeleigentümer, die nur über diese baulichen Veränderungen öffentlich-rechtlich die Nutzungsgenehmigung der Spitzböden erhielten. Sind jedoch solche öffentlich-rechtlichen Genehmigungen nur dann realisierbar, wenn Eingriffe in das Gemeinschaftseigentum vorgenommen werden, so müssten m.E. die Interessen der Gemeinschaft am Bestand des bisherigen Gebäudes einschl. der Außenansicht Vorrang vor Einzelinteressen haben. Nur bei wesentlichen baulichen Veränderungen von einer Zustimmungspflicht anderer Eigentümer ausgehen zu wollen, ist doch eine angreifbare, m.E. zu weitgehende Auslegung der §§ 22 Abs. 1 und 14 WEG.