Ohne Erfolg! K verlange eine bauliche Veränderung i. S. v. § 22 Abs. 1 WEG. Denn die Anbringung eines Klimageräts auf einem Dach stelle unbeschadet der Montagedetails einen auf Dauer angelegten gegenständlichen Eingriff in die Substanz des gemeinschaftlichen Eigentums dar, die einen neuen Zustand schaffe und über die Pflege und Erhaltung des gegenwärtigen Zustands hinausgehe. Diesen Beschluss hätten die Wohnungseigentümer nicht gefasst. Auf den Beschluss habe K aber auch keinen Anspruch. Anders läge es nur, wenn die ablehnende Beschlussfassung keiner ordnungsmäßigen Verwaltung entspräche. Dies käme aber nur dann in Betracht, wenn kein Wohnungseigentümer durch die beabsichtigte bauliche Maßnahme über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden würde. Dies sei nicht der Fall. Denn die Anbringung des Klimageräts führte zu einer erheblichen optischen Veränderung des gesamten Gebäudes. Entscheidend sei insoweit, dass die optische Veränderung von außen sichtbar sei, also vom Standort eines Miteigentümers (etwa aus dessen Wohnbereich) oder jedes Miteigentümers wie auch eines unbefangenen Dritten, etwa von der Straße oder von Gemeinschaftsflächen aus. Eine Beeinträchtigung liege nur dann nicht vor, wenn die vorgenommene Veränderung lediglich aus einer ganz ungewöhnlichen Perspektive, etwa aus der Luft oder von einem für Wohnungseigentümer und Dritte gewöhnlich nicht zugänglichen Ort (etwa Dachfläche) zu erkennen sei. Dieser Nachteil überwiege auch das ohne Weiteres nachvollziehbare Anliegen der K, den Gebrauch ihrer Wohnung während der in Zeiten des Klimawandels zunehmend heißen Sommermonaten erträglich zu gestalten.
Hinweis
Im Fall will ein Wohnungseigentümer ein Klimagerät auf dem Dach der Wohnungseigentumsanlage anbringen. Insoweit fragt sich zunächst, ob es sich bei der Anbringung um eine bauliche Veränderung handelt. Diese Frage ist eine Tatfrage und wird vom Gericht meines Erachtens vertretbar bejaht.
Handelt es sich bei einem Eingriff in die Bausubstanz des gemeinschaftlichen Eigentums um eine bauliche Veränderung, müssen die anderen Wohnungseigentümer diese durch einen Beschluss billigen. Dies gilt selbst dann, wenn die Maßnahme die anderen Wohnungseigentümer nicht beeinträchtigt. Denn nach Sinn und Zweck des § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG und nach einer systematischen und historischen Auslegung bedarf es immer eines Beschlusses. Dieser dient dazu, den Verwalter, vor allem aber auch die anderen Wohnungseigentümer, von der substanziellen Veränderung ihres (Mit-)Eigentums zu informieren.
Kommt kein Beschluss zustande, kann jeder Wohnungseigentümer, gestützt auf § 21 Abs. 4, Abs. 8 WEG, versuchen, diesen gerichtlich zu erzwingen. Liegt – wie im Fall – eine bauliche Veränderung vor, die die anderen Wohnungseigentümer beeinträchtigt, hat diese Klage aber grundsätzlich keinen Erfolg. Anders ist es nur, wenn man im Einzelfall, z. B. wegen einer Behinderung, einen Anspruch auf eine bauliche Veränderung hat.
Repetitorium: Beschlussersetzungsklage
Treffen die Wohnungseigentümer eine nach dem Gesetz erforderliche Maßnahme nicht, so kann nach § 21 Abs. 8 WEG an ihrer Stelle das Gericht in einem Rechtsstreit gemäß § 43 WEG nach billigem Ermessen entscheiden, soweit sich die Maßnahme nicht aus dem Gesetz, einer Vereinbarung oder einem Beschluss der Wohnungseigentümer ergibt. Diese Klage nennt der BGH in ständiger Rechtsprechung "Beschlussersetzungsklage". Ein Gericht ist bei dieser Klage nicht an den konkreten Klageantrag gebunden. Maßgeblich ist vielmehr das hinreichend deutlich angegebene Rechtsschutzziel des Klägers. Wird daher beantragt, die Wohnungseigentümer zur Vornahme einer bestimmten Maßnahme nach gerichtlichem Ermessen zu verpflichten, so ist nicht nur die begehrte konkrete Regelung, sondern auch jede andere sachgerechte Regelung Streitgegenstand, die dem Wortlaut des Antrags zwar nicht entspricht, aber als ein dem Interesse aller Wohnungseigentümer berücksichtigendes "Aliud" oder Minus von ihm erfasst wird.
4.1 Entscheidung
LG Karlsruhe, Urteil v. 23.7.2019, 11 S 122/18