Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenfestsetzung. Terminsgebühr. Verbindung von Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung. Einzelstreitwerte. Gesamtstreitwert. Gewerbesteuer (Kostenfestsetzung). Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 22. Februar 2007
Leitsatz (amtlich)
Verbindet das Verwaltungsgericht nach Aufruf der Sache zwei Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung, errechnet sich die Terminsgebühr für die anwaltliche Vertretung in dieser Verhandlung nach den jeweiligen (Einzel-)Streitwerten, nicht anteilig nach deren Summe.
Normenkette
VwGO §§ 164, 93 S. 1; VV RVG Vorbemerkung 3 Abs. 3 zu Teil 3; VV RVG Nr. 3104
Verfahrensgang
VG Regensburg (Beschluss vom 22.02.2007; Aktenzeichen RN 11 M 07.196) |
Tenor
I. Der Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 10. Januar 2007 und der Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 22. Februar 2007 werden abgeändert.
Die dem Kläger erwachsenen notwendigen und zu erstattenden Aufwendungen werden auf 16.541,60 Euro festgesetzt.
II. Der Beklagte hat die Kosten des Erinnerungs- und des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 1.041,22 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde, mit der sich der Kläger gegen die Zurückweisung seiner Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 10. Januar 2007 wendet, ist zulässig und begründet. Zu Unrecht wurden die dem Kläger im Verfahren RN 11 K 05.1055 erwachsenen notwendigen und zu erstattenden Aufwendungen statt auf die beantragten 16.541,60 Euro unter Kürzung der geltend gemachten Terminsgebühr nur auf 15.500,38 Euro festgesetzt.
Das Verwaltungsgericht vertritt die Auffassung, dass die Terminsgebühr (Nr. 3104 VV RVG) nicht aus dem Streitwert zu berechnen sei, den es für das Verfahren RN 11 K 05.1055 durch Beschluss vom 28. November 2006 auf 1.376.893,72 Euro festgesetzt hat; da es dieses Verfahren zu Beginn der mündlichen Verhandlung mit dem zeitgleich anberaumten weiteren Verfahren des Klägers RN 11 K 05.1054 durch förmlichen Beschluss zur gemeinsamen Verhandlung verbunden habe, sei die Terminsgebühr vielmehr anteilig nach der Summe der Einzelstreitwerte beider Verfahren zu bestimmen (ebenso für eine vergleichbare Fallgestaltung VGH BW, B.v. 17.8.2006 – 3 S 1425/06, juris). Dem kann sich der Senat aus zwei Gründen nicht anschließen:
1. Die Terminsgebühr aus dem Einzelstreitwert des Verfahrens RN 11 K 05.1055 war bereits vor der Verbindung zur gemeinsamen Verhandlung entstanden und kann von dieser schon deshalb nicht mehr beeinflusst werden.
Die Höhe der Terminsgebühr richtet sich nach dem Wert des Gegenstandes, auf den sich der Verhandlungstermin bezog. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Gebührentatbestand erfüllt wird und die Gebühr damit entsteht (vgl. Madert in: Gerold/Schmidt, RVG, 17. Aufl. 2006, RdNr. 4 zu § 22); eine nachträgliche Veränderung des Wertes lässt die einmal verdiente Gebühr weder ganz noch teilweise entfallen. Nach der Vorbemerkung 3 Abs. 3 Alternative 1 zu Teil 3 VV RVG entsteht die Terminsgebühr „für die Vertretung in einem Verhandlungstermin”. Es genügt mithin, dass der Verhandlungstermin stattfindet und der Rechtsanwalt diesen Termin in dem Sinne wahrnimmt, dass er vertretungsbereit anwesend ist (Müller-Rabe in: Gerold/ Schmidt, a.a.O., RdNr. 29, 55 ff. zu Vorb. 3 VV, m.w.N.). Beide Voraussetzungen waren schon erfüllt, als das Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung am 28. November 2006 den Verbindungsbeschluss verkündete. Der Termin zur mündlichen Verhandlung begann mit dem Aufruf der Sache RN 11 K 05.1055 (§ 173 VwGO i.V.m. § 220 Abs. 1 ZPO). Zu diesem Zeitpunkt waren die Rechtsanwälte des Klägers ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 28. November 2006 vertretungsbereit anwesend. Mehr ist zum Entstehen der Terminsgebühr nicht erforderlich. Denn anders als bei der Verhandlungsgebühr nach alter Rechtslage (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO) ist unerheblich, was in dem Termin geschieht. Es ist insbesondere nicht erforderlich, dass zur Sach- oder Rechtslage verhandelt worden ist. So fällt etwa auch dann eine Terminsgebühr an, wenn das Gericht unmittelbar nach Aufruf die Sache etwa wegen Erkrankung des Berichterstatters vertagt (Müller-Rabe, a.a.O. RdNr. 62).
Bei Entstehen der Terminsgebühr war das Verfahren RN 11 K 05.1055 zweifellos selbständig. Allein die zeitgleiche Terminierung wie im Verfahren RN 11 K 05.1054 konnte eine Verbindung beider Verfahren zu einem einzigen nicht bewirken.
2. Die Berechnung der Terminsgebühr nach dem Gesamtstreitwert kann aber auch deshalb nicht überzeugen, weil dem Beschluss über die „Verbindung zur gemeinsamen Verhandlung” im vorliegenden Fall nicht die vom Verwaltungsgericht unterstellte Rechtswirkung zukommt.
Eine Verbindung mehrerer Verfahren sieht § 93 Satz 1 VwGO nur zu „gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung” vor. Sie bewirkt, dass die zuvor selbstständigen Verfahren nunmehr ein einziges (mit objektiver oder subjektiver Klagehäufung) bilden, s...