Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung der Wahl zum örtlichen Personalrat. Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Bayerischen Verwaltungsgerichts München. Fachkammer für Personalvertretungsangelegenheiten nach Bundesrecht vom 17. Juli 1996. Wahlanfechtung

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der schriftlichen Stimmabgabe (Briefwahl) können ohne Verschulden der Wähler verspätet eingegangene Freiumschläge auch dann nicht berücksichtigt werden, wenn die Wahlurne zu dem Zeitpunkt, zu dem die Freiumschläge in die Verfügungsgewalt des Wahlvorstandes gelangt sind, noch verschlossen war.

 

Normenkette

BPersVG § 25; WO-BPersVG § 18

 

Verfahrensgang

VG München (Beschluss vom 17.07.1996; Aktenzeichen M 14 P 96.2490)

 

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Verfahrensbeteiligten streiten um die Gültigkeit der Wahl zum örtlichen Personalrat beim Arbeitsamt I, die am 24. April 1996 stattgefunden hat.

Die Antragstellerin, eine in der Dienststelle vertretene Gewerkschaft, hat die Wahl rechtzeitig angefochten. Sie rügt die Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften, die das Wahlergebnis beeinflußt haben können. Sie bringt insbesondere vor, der Wahlvorstand habe 37 Wahlumschläge, die nach Abschluß der Stimmabgabe (14.00 Uhr) um 14.10 Uhr eingegangen seien, nicht ungeöffnet zu den Wahlunterlagen genommen, sondern in die noch verschlossene Wahlurne gelegt.

Der Beteiligte zu 1 (Personalrat) ist der Auffassung, die schriftlich abgegebenen Stimmen seien mitzuzählen gewesen, weil der Fahrer, der von den auswärtigen Dienststellen die 37 Briefwahlunterlagen für den Wahlvorstand entgegengenommen habe, noch vor 14.00 Uhr im Hauptamt in I eingetroffen sei und die Wahlurne bei Übergabe dieser Wahlumschläge noch nicht geöffnet gewesen sei.

Mit Beschluß vom 17. Juli 1996 hat das Verwaltungsgericht München – Fachkammer für Personalvertretungsangelegenheiten nach Bundesrecht – die Wahl unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 55,341) antragsgemäß für ungültig erklärt. Die 37 Briefumschläge seien verspätet eingegangen, weil sie erst nach 14.00 Uhr in den Verfügungsbereich des Wahlvorstandes gelangt seien.

Die Beteiligte zu 1 hat form- und fristgerecht Beschwerde mit der Begründung eingelegt, das Demokratieprinzip müsse zugunsten der Briefwähler dazu führen, daß deren Stimmen noch zu berücksichtigen gewesen seien. Die schriftlich abgegebenen Stimmen seien bereits vor 14.00 Uhr in den Herrschaftsbereich des Wahlvorstandes gelangt, weil der Kraftfahrer die 37 Briefwahlunterlagen als „Wahlhelfer des Wahlvorstandes” entgegengenommen habe. Zudem bräuchten sich die Briefwähler eine verspätete Vorlage der bereits in der Dienststelle befindlichen Briefwahlumschläge an den Wahlvorstand nicht entgegenhalten lassen.

Der Beteiligte zu 1 beantragt,

den Beschluß des Verwaltungsgerichts aufzuheben und den Antrag, die Personalratswahl für ungültig zu erklären, abzulehnen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Wahlvorstand habe um 14.00 Uhr noch keinerlei Zugriffsmöglichkeit auf die 37 Briefwahlunterlagen gehabt.

Wegen der übrigen Einzelheiten wird auf die in beiden Rechtszügen angefallenen Unterlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde ist nicht begründet.

Das Verwaltungsgericht hat die Wahl zum örtlichen Personalrat beim Arbeitsamt I zu Recht für ungültig erklärt. Zur Begründung wird gem. § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 91 Abs. 2 ArbGG und § 543 Abs. 1 ZPO zunächst auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen.

Das Beschwerdevorbringen kann nicht zu einer anderen Beurteilung führen. Entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 1 weist die hier gegebene Fallgestaltung gegenüber den Sachverhalt, der der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. April 1978 (BVerwGE 55,341 = ZBR 1978,345) zugrunde lag, keine rechtlich relevanten Besonderheiten auf. Nach dieser Rechtsprechung, der der Bayer. Verwaltungsgerichtshof folgt, sind Wahlbriefe dem Wahlvorstand nur dann rechtzeitig zugegangen, wenn sie vor Abschluß der Wahl derart in seinen Verfügungsbereich gelangt sind, daß er ohne weiteres von ihnen Kenntnis nehmen kann. Das ist z.B. bei ihrer Einlage in ein vom Wahlvorstand vorgehaltenes Brief- oder Postfach der Fall. Wird ein derart eingegangener Freiumschlag aus einem vom Wahlvorstand zu vertretenden Grund (z.B. unsorgfältige Leerung des vorgehaltenen Eingangsfachs) erst nach Ablauf der Frist für die Stimmabgabe aufgefunden und sogleich in die noch verschlossene Wahlurne eingelegt, so wird er noch als rechtzeitig eingegangen gelten und mitgezählt werden können (so Grabendorff/Windscheid/Ilbertz/Widmaier BPersVG, 8.Aufl., Rd.Nr. 5 zu § 18 WO).

Hingegen kommt es auf den Zeitpunkt der Übergabe an den Kraftfahrer, der lediglich Wahlhelfer gewesen ist, nicht an. Ebensowenig genügt es, wenn sich der Kraftfahrer mit den Wahlbriefen vor Abschluß der Stimmabgabe um 14.00 Uhr bereits irgendwo im Dienstgebäude des ...

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